über einige Regeln, die beim Drucken
mit arabischen Typen zu beachten sind
Von Hellmüt Ritter, Frankfurt a. M.
Die arabische Schrift, die Königin der Schriften, erscheint in den
europäischen Drucken, und, sonderbarerweise, auch in neueren Tj'pen-
drucken Persiens und Indiens, durch kalligraphische Fehler schwer ent¬
stellt, während die ägyptischen, syrischen und türkischen Drucke fast
diu-chweg völlig fehlerfrei sind. Der Araber lernt die kalligraphischen
Regeln in der Elementarschule, der Europäer könnte sie lernen, wenn er
sich die Mühe machte, ein arabisches Schönschreibeheft, am besten unter
Leitung eines einheimischen Lehrers, nach den Vorlagen vollzuschreiben,
oder wenn er die guten ägyptischen, syrischen oder türkischen Drucke
sich auf diese Regeln hin einmal ansehen würde. Da aber von den
Orientalisten weder der eine noch der andere Weg beschritten zu werden
pflegt und in unseren Grammatiken auch nichts darüber zu finden ist,
wird es nützlich sein, die wichtigsten dieser Regeln, die man beim
Korrektmiesen arabischer Texte unbedingt beachten muß, einmal zu¬
sammenzustellen.
1. Für die Anfangsformen der aus einem Zähnchen bestehenden Buch¬
staben b ptt n y und Zähnchen mit Hamza gibt es in jeder Druckerei
je eine niedrige und eine hohe Form, also j i jj ri ii* ii j j ' j . Die hohe
Form muß gebraucht werden vor s und S. Also
richtig J„j ^ ^ c — i ^ C-iJ> ^ ^ J-SCL', . . .
^ OLJ ^ Ja-ii, jLj Jii frLij, ^'li LJl)
falsch ^^j.^ (J^.**.* j^^j^ ^»*mj (_r~* C^*^ » ^^^^ o*-^ i^y^^-ts > . . .
0^-^ ]aJH ) jL-j ^j^j fr Llj ) A—Jl)
Dasselbe gilt für § d s t, also ^ Jiai
nicht ^ ^^Oi Jiai
In ahen anderen Fällen werden die niedrigen Formen gebraucht.
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2. Die Anfangs formen der einzähnigen Buchstaben gehen mit folgen¬
dem g {h h), mit m, mit Schluß-» und Schluß-«/ die bekannten Liga-
tmen ein:
^ ^, U, ä ti usw.
Gute ältere persische Handschriften machen aber einen Unterschied vor
Schluß-?/. Sie schreiben zwar (J <J <J <J > geht aber dem y ein anderes
y, bzw. ein Hamza voran, so schreiben sie ^ , also (jlj , aber \j ja
(Jl) Ji (vgl. darüber die Einleitung meiner Edition des Ilahinäme von
Earidaddin 'Attär (Bibl. Isl. 12, S. 14).
Ebenso bhdet das Anfangszähnchen mit folgendem r {z z) eine Ligatm.
Also richtig : j j J usw. ; fcdsch : ji j y usw.
3. Die Mittelformen der aus einem Zähnchen bestehenden Buchstaben
weisen ebenfalls eine niedrige und eine hohe Form auf, also ....Iii.,!.
• V „
neben x x I x i x 1.
. V
Die hohen Formen müssen gebraucht werden
a) wenn ein solches Zähnchen vor s (§) zu stehen kommt, also
richtig: JlI-ju« j\Jüi\ 1.5^ O-aj ^jJo
fcdsch: ^ JJ— o—u (oder gar ) Ji^^
(oder gar ^
b) wenn mindestens drei Zähnchen aufeinander folgen^. Dabei gelten
s (S) und die Schlußzähnchen von s (d) als wirksam, ebenso die Schlu߬
formen von b p 11. Es wird dann das zweite Zähnchen erhöht. Also
richtig : C-Ju .tJ^ llä-i. z^L^ , C^x^
AjSj^ iZ^x^a >
falsch: c-l) (oder ) C-^ (oder gar ) C —■ •t.-^ C-Li
. 4 _LfcMi"L,.C»*!'«f, -C« "* I W»'"*
1 Vgl. schon Süli, 4da6 at-Kuttäb, K. 1341, S. 55: J »1; oUJ |j>|j
<ib, cib. Ji. yi Oijj üj^lj <>JI JU^ I 0 13C»U-T
Regeln, die beim Drucken mit arabischen Typen zu beachten sind 579
Folgen fünf oder sechs Zähnchen aufeinander, so wird das zweite und
vierte erhöht. Also
richtig : c^il—l Ulxlu«!
falsch : ^^»Jll— 1 LLT..t..<il
Verschwindet ein Zähnchen dadmch, daß es mit Schluß-r (2), Schluß-»
oder Schluß-«/ zu einer Ligatur verbunden wird (siehe 4!) so wird es in
Bezug auf diese Regeln unwirksam. Also:
c
, aber ; > aber j^iC-»! ,
4. Die Mittelformen von bpttny und Zähnchen mit Hamza gehen
mit folgendem Schluß-r (z), Schluß-» und Schluß-«/ Ligatmen ein. Also
richtig: jj* jj> j^lU Jri» jjlLU ^^ju»
falsch: ^ jL» \^ ^yl*
5. Das Schlußzähnchen von Anfangs- und Mittel-s (ä) s {d) gehen mit
folgendem r (2) und Schluß-«/ Ligatmen ein. Damit dies möglich wird,
gibt es im Setzkasten zweizähnige Formen von s (ä) und zähnchenlose
Formen von § {d): * _ .<>
Diese werden vor den Ligatmen des Schlußzähnchens mit r (2) und
Schluß-«/ verwendet. Zu beachten ist dabei, daß die Ligatur Mittel-6 p
ti'"' y + r {z) (4) anders aussieht als die Ligatur Schlußzähnchen von
5 (S) ^ {d) +r (2). Also
richtig: ^ ^ j.~ai jj-J>
fcdsch: jJii j
richtig: i_s-'.J^> falsch:
Beachte den Unterschied zwischen den Ligatmen in ^ md ,
y-tf und !
6. k ig) bildet mit folgendem Alif, l und Lämalif stets Ligatmen:
^ y ^
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Seltsamerweise fehlen in den meisten Setzkästen die Ligaturen
g + Alif und g -{- 1. Dann hilft man sich damit, daß man zwischen g und
Alif, bzw. g und l einen Verlängerungsstrich setzt (von den türkischen
Setzern ke§ide genannt). Also: J^i**
Niemals darf man gewöhnliches k (g) dicht an Alif oder l heransetzen,
also nie iT € S-
Bei vokahsiertem Druck muß man zum Teil auf die Ligaturen ver¬
zichten und Verlängenmgsstriche (keside) einschieben.
7. Der Gottesname muß so geschrieben werden, daß er nach links
schräg abfällt. Zu diesem Zwecke befindet sich im Setzkasten eine be¬
sondere Ligatm, meist mit Tagdiddie man stets verwenden muß. Also
richtig: <üil falsch: 4JJI
Hiermit sind die kalligraphischen Regeln der arabischen Schrift keines¬
wegs erschöpft, aber es sind diejenigen, gegen die von den Orientahsten
am meisten verstoßen wird. Es ist sehr zu empfehlen, sich die Beachtung
dieser Regeln schon beim Niederschreiben von Texten in arabischer
Schrift anzugewöhnen. Es werden dadmch manche Korrekturkosten
erspart.
8. Jede arabische Handschrift beginnt mit dem Text auf Seite 1 verso,
so daß man beim Aufschlagen des Buches sogleich zwei Seiten vor sich
hat. Diese beiden ersten Seiten sind oft reich mit Ornamenten geschmückt.
(Vergleiche jede beliebige Koranlithographie.) Es besteht nicht der ge¬
ringste Anlaß, von dieser guten alten Sitte abzuweichen, und ich habe
dann auch von Band 2 der Bibliotheca Islamica darauf geachtet, daß die
Setzer nicht nach emopäischer Manier den Text mit 1 recto = S. 1 be¬
ginnen lassen. Dagegen sollten Prosatexte, wie es die klassischen Philo¬
logen seit langem tun, in numerierte Absätze eingeteilt werden, damit
man nicht beim Zitieren an die von Auflage zu Auflage wechselnden
Seitenzahlen gebunden ist. Daß ich erst im Band 15 der Bibl. Isl. diese
Numerierung eingeführt habe, bedame ich heute aufs lebhafteste.
Die Pronomina im Alttürkischen
Von Annemarie von Gabain, Hamburg
Pronomina bilden bekanntlich eine wunderliche Schwierigkeit für
Sprachwissenschaftler, da sie zuweilen in Sprachen, die keineswegs ver¬
wandt zu sein scheinen, ganz verblüffende Ähnlichkeiten aufweisen.
An der Existenz einer altaischen Sprachgruppe zweifeln noch immer
manche Skeptiker, Aveil es in jeder ihrer Unterabteilimgen eine Unzahl
von Wörtern gibt, die man auch mit den feinsten Lautgesetzen in den
übrigen nicht wiederfinden kann. Wir möchten jedoch diesen Umstand
durch das jeweils verschiedene Substrat und die verschiedenen eth¬
nischen Mischungen der Urväter erklären.
Seit dem Erscheinen der Arbeit von W. Kotwicz „Les pronoms dans
les langues altaiques" ist die Urverwandtschaft der Pronomina in dieser
Gruppe von Sprachen endgültig bewiesen ; hier kann man nicht von zu¬
fähigen Ähnlichkeiten oder einzelnen Entlehnungen sprechen.
Als Mongolist war Kotwicz mit den türkischen Einzelheiten nicht so
vertraut wie mit denen seines eigenen Gebietes. Natürlich hat er mit
üblicher Gründlichkeit die turkologischen Arbeiten über dies Thema,
die zu seiner Zeit vorlagen, und alle Lexica herangezogen ; aber manche
wichtigen Besonderheiten blieben ihm doch fremd, wie die Ublichkeit
und Seltenheit einer Form, oder verschiedene Lesbarkeit eines nur lite¬
rarisch überlieferten Wortes.
Beim Vergleichen der altaischen Sprachen wird es sich empfehlen,
möglichst frühe Formen des Türkischen zu betrachten. Die Gruppe der
Türkdialekte dürfte sich erst in den menschenmordenden imd vöIker-
mischenden Kämpfen der „Sechzehn Reiche", d. h. im 4. bis 6. Jahr¬
hundert n. Chr. in der südlichen Mongolei und westlich davon aus einer
proto-türkischen Sprache entwickelt haben. Was wir vom Hunnischen
und vom Toba-Idiom erfahren, läßt sich ebenso oft als türkisch, wie als
mongolisch oder auch als unbekaimt feststehen. Man kann diese Sprachen
nicht als ,, türkisch" ansprechen, weh man nur eine Reihe von Wörtern
als türkisch erkannt hat, oder als „mongolisch", weil man 5 oder 6 For¬
mantien aus dieser Sprache festgesteht hat. Seitdem wir die Sprache der
türkischen Inschriften vom Talas, vom Jenisei imd Orchon kennen ge¬
lernt haben, und die große Zahl der turkistanischen Handschriften
studieren konnten, werden wir ein früheres Stadium des typischen
Türkisch nicht mehr suchen, denn in diesen Texten spürt man noch das
Entstehen der Formen auf Schritt und Tritt. Der Plural, z. B., hat zu-
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