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(Un)vermeidbares Leid

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Academic year: 2022

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EDITORIAL

Vor 20 Jahren erschien ein aufsehenerregender Report zur Patientensicherheit im US-amerikanischen Ge- sundheitswesen (1). Gleich auf Seite 1 war dort zu le- sen, dass Behandlungsfehler in US-Spitälern Jahr für Jahr mehr Todesopfer forderten als Autounfälle, Brustkrebs und Aids zusammen.

Seitdem gab es weltweit unzählige Studien zur Patien- tensicherheit, in denen man das Ausmass von thera- piebedingten Schäden und Behandlungsfehlern zu erfassen suchte. Diverse mehr oder minder brauch- bare Sicherheits- und Qualitätskonzepte wurden für Spitäler, Pflegeheime oder auch Arztpraxen entwi- ckelt – nicht selten verbunden mit der Hoffnung, letztlich so gut wie jedes therapiebedingte Patienten- leid verhindern zu können. Mit der Zeit wurde klar, dass man bei der Erfassung therapiebedingter Schä- den genauer hinschauen muss (2). Mittlerweile wird zwischen «unvermeidbaren» Schäden, zum Beispiel durch Nebenwirkungen einer lege artis durchgeführ- ten Therapie, und «vermeidbarem» Leiden, etwa durch Behandlungsfehler, unterschieden.

In einer kürzlich publizierten Metaanalyse (3) ein- schlägiger Studien kommt man nun zu dem Schluss, dass therapiebedingte Schäden bei etwa der Hälfte

der Patienten vermeidbar gewesen wären. Insgesamt waren demnach 12 Prozent der Patienten von thera- piebedingten Schäden betroffen, als vermeidbar wur- den diese bei 6 Prozent der Patienten eingestuft. Die häufigste Ursache der vermeidbaren Schäden waren Medikationsfehler, die für ein Viertel der Fälle verant- wortlich waren. Ein weiteres Viertel ging auf das Konto verschiedener anderer Massnahmen, danach folgen chirurgische Fehler, nosokomiale Infektionen und feh- lerhafte Diagnosen. Die der Metaanalyse zugrunde liegenden Daten stammen grösstenteils aus Spitä- lern. Zur Situation in der Arztpraxis fanden die Auto- ren nur drei Studien, bei denen zwischen vermeidbaren und unvermeidbaren Schädigungen unterschieden wurde. Die spärlichen Daten erlauben keine allgemein gültigen Rückschlüsse für die Hausarztpraxis, und sie sind, je nach Studie, sehr unterschiedlich.

Vermutlich dürften aber auch in der Hausarztpraxis die Medikationsfehler die häufigste Ursache für ver- meidbares Patientenleid sein. Sehr lehrreich ist in die- sem Sinne die CIRS-Datenbank der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (4). Nach der Registrierung (www.forum-hausarztmedizin.ch) können Sie dort alle erfassten Fälle nachlesen und anonymisiert eigene Fallberichte eintragen. Dabei geht es nicht nur um Medikationsfehler, sondern um alle möglichen kritischen Ereignisse, die im Praxisalltag vorkommen.

Renate Bonifer Literatur:

1. Kohn L, Corrigan J, Donaldson M (eds.): To err is human: building a safer health system. Report from the Committee on Quality of Health Care in America. Washington, DC: National Academies Press; 1999.

2. Pronovost PJ, Colantuoni E: Measuring preventable harm: helping science keep pace with policy. JAMA 2009; 301(12): 1273–1275.

3. Panagioti M et al.: Prevalence, severity, and nature of preventable patient harm across medical care settings: systematic review and meta-analysis.

BMJ 2019; 366: l4185

4. Mengel V: Medikation, ein gefährliches «Handwerk»? Mit CIRS Fehlmedi- kationen vorbeugen. ARS MEDICI 2019; 17: 548–549.

ARS MEDICI 19 | 2019 617

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