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Noch Einiges über die ^^nabatäische Land¬
wirthschaft"
Von Th. NSideke.
Dass die „nabatäische Landwirthschaft" eine Fälschung aus
arabischer Zeit ist, hat v. Gutschmid (Ztschr. Bd. XV) erwiesen.
Gleichwohl liess sich nach dem bisher Bekannten immer noch ver¬
muthen, dass dieses und die verwandten Werke hie und da längere
Stücke aus älteren Quellen entlehnt oder verarbeitet hätten, dass
aus ihnen nicht bloss für Botanik, Heilmittellehre und Landwirth-
schaftskunde, sondern auch für Geschichte und Geographie, für Re¬
ligions- nnd Sprachwissenschaft Einiges zu gewinnen wäre. Längst
war es daher mein Wunsch, mir diese Literatur einmal etwas ge¬
nauer anzusehen, und so wandte ich mich denn vor Kurzem an die
Leydener Bibliothek mit der Bitte, mir die in ihrem Besitz befind¬
lichen Ibn-Wahsija-Handschriften auf einige Zeit zuzusenden. Der
Wunsch ward mit gewohnter Zuvorkommenheit erfüllt, und so war
ich denu im Stande, das Hauptwerk „die nabatäische Landwirth¬
schaft" 1) und das astrologische Bilderbuch des Tenkelüsä näher
zu prüfen. Freilich sah ich bald, dass ein sorgfältiges Studium
dieser Schriften für mich eine unverzeihliche Zeitverschwendung
sein würde. Eine oberflächliche Durchsicht genügte vollkommen,
mir die Ueberzeugung beizubringen, dass das Buch des Tenkelüsä *)
gar keinen Werth hat, die „nabatäische Landwirthschaft" aber we¬
nigstens für den Philologen nnd Sprachforscher nur einen sehr ge¬
ringen. Wenn ich hier einiges Weitere über letzteres Buch sage,
so geschieht das, um Andere davon abzuhalten, sich mit demselben
unnütze Mühe zu macheu.
1) Ich bezeichne Cod. von welchem Cod. 476 ursprünglich einen
Theil bildete, mit I, Cod. 303 b mit II.
2) Das alberne Büchlein hat unzweifelhaft denselhen Verfasser wie die ..Landwirthschaft" und beruht durchaus nicht auf einer älteren Schrift. Es ge¬
schieht ihm fast noch zu viel Ehre damit, dass es mit einem von derselben Hand abgeschriebenen astrologischen Tractat des gewöhnlichsten Schlages in einem Bande zusammensteht.
446 Nöldeke, noch Einigea üher die „nabatäische Landwirthschaß".
Aus einigen Auszügen hatte der einsichtsvolle iJotaniker E.
Meyer schon erkannt, das das angeblich uralte Buch vom
griechischen Schriftthum abhängig wäre, und Gutschmid wies dann,
gleichfalls nur auf Auszüge angewiesen, die wahre Entstehung glän¬
zend nach. Dagegen haben sich zwei Arabisten, Quatremcre und
Chwolson*), denen der volle Text zu Gebote stand, durch diese
Fälschung gröblich täuschen lassen. Nachdem ich jetzt den Text
näher habe kennen lernen, ist mir das noch viel unbegreiflicher
als vorher. Denn der Gesammtcharacter des Buches, die ganze
Gedankenwelt nnd die Art der Darstellung ist so völlig die der
Araber, nachdem sie mit griechischen Werken bekannt geworden,
dass wir das Bnch unbedenklich auch dann für eine Fälschung halten
müssten, wenn uicht so zahllose Einzelheiten und die ganze Tendenz
den wahren Ursprung anzeigten. Schon der breite demonstrierende
Stil in zwar nicht ganz correctem *), aber fliessendem Arabisch ent- ,
scheidet dafür, dass hier mindestens ein von griechischer Prosa be-
einflusstes Schriftthum ist. Die wissenschaftlichen Voraussetzungen
entsprechen ungefähr dem, was iu den Schriften „der lauteren
Brüder" systematisch dargestellt ist. Es wird beständig mit den:
Aristotelischen Classen, warm, kalt, trocken, feucht gerechnet,|
worauf schon Meyer aufmerksam macht; wir hören in den weit¬
läufigen physicaliscben und sonstigen Erörterungen von den 4 Ele¬
menten {ys>\j£), vou der dvvafiis (»y) und ivkgyua (Jois), von
Substanz {fy>-) und Accidens (o^j;) , von der Weltseele und Theil¬
seele (»iKJt ^J<^I nnd iUij-^ lT^O , vom „bewohnten Erd¬
viertel" , von deu Ländern am Aequator (tl^:*.^! jos>) ') u. s. w.
Wenn das Alles immerhin noch in vorarabischer Zeit möglich wäre,
so sind doch die Anschauungen von Staat und Religion durchaus
arabisch. Bei allem Rationalismus ist der Verf. in seiner sehr
äusserlichen Auffassung der Propheten uud Wahrsager, der Offen¬
barung, des Verhältnisses der Religionen zu einander ganz und gar
1) Leider sind mir Cliwolson's beide Schriften üher diese Literatur augen¬
blicklich nicht zur Hand.
2) Der Verf sagt i. B. gern statt j3 bei Verben wie (JjCi; mehrfach ßnden sich Sätze wie . . . IjJLi (die Construetion vi>ojC.|_Jt ^.IjJl^ t) u. s. w.
Von aramäischen Wörtern, die er im Arabischen verwendet, ist namentlich
\^^S\ = jLoys/ „Ackerbau" zu bemerken.
3) Natürlich wird auch überall das gewöhnliche Ptolemäisch-arabische System der Astrologie vorausgesetzt. Da dieses aber wirklich aus Babylon stammt und ich nicht weiss, welche Veränderungen dasselbe erst in Alexandrien erfahren hat, so will ich darauf kein JSewicht legen.
Nöldeke, noch Einiges über die „nabatäische Landtcirthschaft^'. 447
von den islamischen Vorstellungen abhängig. Und zwar zeigt sich
in alledem kein Unterschied zwischen den einzelnen Abschnitten
des Buches. Gauz derselbe völlig arabische Ton der Belehrung und
der Polemik, ganz dieselbe breite Behaglichkeit, ganz dieselben
wissenschaftlichen und religiösen Ansichten herrschen in den Stücken,
in welchen Ibn Wahsija spricht, wie in denen des uralten Qütämi
und des noch 18,000 Jahre älteren Janbü^ädso dass damit auch
jeder Gedanke an eine theilweise Echtheit schwinden muss. Alles
ist gleichartig. Alles ist von demselben Fälscher aus dem Anfange
des vierten Jahrhunderts der H., der allerdings für seine Zeit, welcher
unsre heutigen Mittel der Kritik fehlten, sehr geschickt verfuhr.
Die von Gutschmid entdeckte Tendenz des Vrf.'s tritt aus dem
Gesammttext noch viel deutlicher hervor als aus Chwolson's Mit¬
theilungen. Diese Literatur soll ebeu zeigen, dass die Vorfahren
des Vrf.'s, die alten Babylonier, in jeder Hinsicht ausgezeichnet ge¬
wesen, dass sie Künste und Wissenschaften (u. A. auch die Koch¬
kunst) zur höchsten Höhe gefördert, dass ihre Weisen auch, dem
Wahne des Pöbels gegenüber , eine rein vemunftgemässe .Religion
gehabt hätten. Offen und verdeckt werden sie den Persern, Griechen
(deren Werken nach einer Anmerkung Ibn Wah^ija's I, 408 f. die
christlichen Aerzte, die doch selbst nabatäischer *) Herkunft wären,
leider so viel Gewicht beilegten zum Schaden ihrer Herreu, der
muslimischen Fürsten ')) und auch den Arabern bei Weitem vor¬
gezogen. Gewisse Dinge des babylonischen Alterthums, welche
lächerlich erscheinen, sind nach Qütämi symbolisch zu erklären;
damit war ein Hauptanstoss beseitigt. Der politische Gegensatz
gegen die fremden Fürsten macht sich nicht so sehr geltend, wie
1) Im Grunde ist ja schon die lächerliche Behauptung, dass diese Haupt¬
autorilät 18,000 Jahre vor dem angeblichen Verf. Qütämi gelebt haben soll, genügend, das Ganze in den dringendsten Verdacht der Fälschung zu bringen.
Gutschmid hat a. a. O. S 73 gezeigt , dass wir es mit einem Weltsystem von 7 Cyklen zu je 7000 Jabren zu thun haben, deren jeder von einem Planeten regiert wird. Der Ausdruck : „das 7. Tausend von den 7000 Jahren des Saturn, d. i. das Tausend , in welchem Saturn den Mond zum Genossen hat" (j^ jüt
^♦äJ! [sic] L^jÖ iJ>^*3 i^L-io) ergiebt, dass jeder Cyclus in 7 einzelne Jahr¬
tausende zerfällt , welche wieder je einen Planeten in derselben Reihenfolge als ünterregenten haben. Die Keihenfolge ist Sat ur n , Jupiter, Mars, Sonne,
Venus, Mercur, Mond (also die Umkehr des natürlichen naeh der Ent¬
fernung von der Erde); diese ist wirklich schon den alten Babyloniern bekannt gewesen, vgl. Brandis im Hermes 11, 263 f. — Dagrit undjanbüsäd lebten nacb unserm Buche im letzteu Jahrtausend des 1. Cyclus, Qütämi naeh Ab¬
lauf des 4. Jahrtausends des 4. (oder mittleren) Cyclus; da liegt nun die An¬
nahme nahe, dass der eigentliche Verf. sich in den letzten Cyclus setzte. Dann hätte der angebliche Urheber des Werks spätestens 16,000 (schreib, sechzehn¬
tausend) vor Chr. gelebt! Sicher ist diese Rechnung nieht, aber auf alle Fälle ist sie viel eher zulässig als die völlig haltlosen Reductionen Chwolson's.
2) D. i. natürlich „aramäischer", wie immer in diesen Werken.
3) Dns deutet ein wenig auf Brodneid.
Bd. XXIX. y(j
3 2
448 Nöldeke, noch Einiges üher die „nalatäische Landwirthschaft."
man nach Gutschmid's Vorgänge vermuthen sollte-, die politische
Abhängigkeit ist eben dem Semiten nicht so unerträglich wie nns.
Desto stÄrker ist dagegen die, freilich stets verhüllte, Polemik gegen
den Isläm, der unter dem Bilde der abergläubischen *) Religion des
Seth (LiJwi-j! , auch [1/Ji\ nnd LL^) bekämpft wird. Diese Religion
herrsche in Babylonien, Mesopotamien, Syrien und den Nachbar¬
ländern, habe alle übrigen Religionen überwunden (Jj:
j^LiJl h 404) und werde wohl ewig dauern. Der G'^egen¬
satz gegen den Isläm, dem der eigentliche Verf. freilich durch
gelegentliche feurige Betheurungen seines reinen Glaubens die für
ihn selbst gefährliche Spitze abbricht, ist das einzige wahr¬
haftinteressante an dieser Literatur. Aehnliche aus dem
Schosse des Isläm selbst hervorgegangene, zum Theil ihrer selbst
nicht recht bewusste, antiislämische Bestrebnngen sind bekanntlich
in jener Periode nicht selten, und der Verf. ist auch so ganz Kind
seiner Zeit. Freilich musste zu der Abneigung gegen den unduld¬
samen Isläm noch viel Lust an phantastischem Schwindel und
wohl auch viel Stammeseitelkeit kommen, um ein so dickes Bnch
hervorzubringen.
Aus der Tendenz gegen den Isläm ist anch zu erklären das
eifrige Eintreten Qütämi's für die von Alters her festgestellten
Sonnenmonate, wenn auch die Anhänger l^itä's den Einfluss der
Sonne auf die Vegetation verkennten (I, 156) Wir sehen iier
deutlich die an sich durchaus richtige Bekämpfung des insbesondere
für den Landbau unbrauchbaren muhammedanischen Mondjahres zu
Gunsten des julianischen Sonnenjahres. Denn die Monate unsres
Buches sind , wie schon Gutschmid geschlossen hat , durchaus die
syrisch-jnlianischen. ünter den verschiedenen Systemen, die Jahres¬
zeiten zu beginnen, wird das rein calendermässige, welches als Ab¬
schnitte den 21. Adär (März), Hazirän (Juni), Elül (Sept.) und
Känün I (Dec.) rechnet, als das System der „Grundbesitzer (^Wj!
^Luiait) Babyloniens" bezeichnet (es soll also ein alter Bauern-
calender sein!). Damit eigentlich identisch, aber genauer ist das
System „der Astronomen, Talismankünstler (oU-wJlU! nnd
Zauberer", welche als Abschnitte den Eintritt der Soune in den
Widder, den Krebs, die Wage und den Steinbock rechnen. Der
Verf. sagt, dass die Sonne in den Krebs träte am 20. Hazirän oder
etwas früher u. s. w. Zum julianischen Calender stimmt ebenso,
dass der Sirius nach II, 606 in der Nacht auf den 19. Tammüz
(Juli) aufgeht. Von älteren Calendern treten nur wenige Spuren
1) Die Anliänger der Setli-Religion glaulien nacii ilim an Ginnen, Satane, Glifile, die 'Anqft und andern Unsinn (II, 98).
2) „Wer nicht annimmt, was sie von den Propheten überliefern, den er¬
klären sie für ungläubig u. ?. w." (II, 98).
3 2
Nöldeke, noch, Einiges üher die „nabatäische Lanidtoirthschaft." 449
auf*). Von älteren, echt babylonischen Monatsnamen scheint der
Verf. keine Ahnung zu haben, ein Zeichen dafür, dass er sich nur
bei Christen oder IJarräniern erkundigte, die nach dem Edessenisch-
Harräuischen Calender rechneten Kennt er doch sogar die
Calendae Januariae.- ,j*!v>JJLäJI sei der 1. Känün II (I.Jan.)
(I, 373).
Sehr gering ist jedenfalls die Ausbeute aus unserm Buche für
Religionsgescbichte. Von den mancherlei heidnischen oder halb¬
heidnischen Secten, welche es z. B. nach dem Fihrist damals noch
in Babylonien und den Nachbarländern gab, hatte der Verf. keine
nähere Kunde. Mit den Schriften der Mandäer, welche bei
ihrer grotesken Phantastik doch überall auf ältere Religionsformen
deuten, hat dies willkürliche Schrifttbum fast gar keine Be¬
rührung. Die interessanteste Nachricht aus diesem Gebiet ist
wohl die in Ibn Wah^ija's eignem Namen gegebene über das von
den heidnischen yarräniern und Babyloniern noch damals zu Ehren
des Tammüz gefeierte Klagefest.
Dass die Geschichte im engeren Sinne aus unserem Buche keine
Förderung erhalten kann, liegt auf der Hand. Die zahlreichen geo¬
graphischen Namen, welche in demselben vorkommen, sind zum
grössten Theil auch sonst ans jener Periode bekannt. Ueber die
bis dahin unbekannten erfahren wir kaum je etwas Näheres von
Werth, und dazu müssen wir immer gewärtigen, mit reinen Phantasien
zu schaffen zu haben. Ein gelehrter Babylonier, welcher über eine
von ihm sehr oft genannte Nachbarlandschaft so wenig Bescheid
weissj dass er die iJwty?- von den Bewohnern von Loy>-ij (östlich
vom Tigris) unterscheidet wird uns auch auf diesem Gebiet wenig
Vertrauen einflössen. Uebrigens ist, wie schon angedeutet, die geo¬
graphische Nomenclatur durchaus die der Zeit Ibn Wah^ija's*).
1) Dahin mag gehören, dass die Sonne früher am 1. Nisän in den Widder getreten sein soll, was sich aber Im Lauf der Zeit verschoben habe. Am 1. Nisän ist auch das Fest des „Neujahrs" (jJLwJl (j-lj). Ist das bloss das jüd. ISN"!?
2) Von einem doppelten Tisri nnd Känün , welehe hier als altbabyluniscii vorausgesetzt und durcb eine Geschichte erläutert werden, weiss weder der Calender von Palmyra, nocb der von Ba'albek, noch der jüdisehe, noch der mandäische, welcher letztere gewiss echt babylonischen Ursprungs ist, sondern allein jener Edessenische.
3) Auch andre Araber (wie Hamza) haben zuweilen den Nomen (iarämiqa mit Unrecht weiter ausgedehnt, so selbst Barhebraeus, Hist. dyn. 132.
4) Babel, welches als Dorf aucb damals existierte, wird natürlich als grosse Stadt vorausgesetzt. Die beiden Ninive's sind das bekannte, damals gleichfalls noch ein Dorf, und das andre in Babylonien (s. Hermes V, 464), das bier als
JjL (Jyi-f^ bezeichnet wird. — LsjJ, wovon das Gentilicium (wie
li^jy^ von l^j-w u. A. m.), ist nicht etwa, wie Gutschmid meinte, als LsjJ 30*
450 Nöldeke, noch Einiges Uber die „nabatäische Laruhoirthschaft."
Leider ist auch der Gewinn für die Kenntniss des Aramäischen
weit geringer, als man annehmen durfte. Freilich finden wir in dem
Buche sehr viele „nabatäische" Wörter, besonders Pflanzennämen,
da auch unser Verf. dem löblichen Vorgange des Dioscorides folgt,
Synonymen für die Namen der besprochnen Pflanzen zu geben. Und
zwar hat er manchmal nicht bloss schlechtweg „nabatäische", „baby¬
lonische", „chaldäische" (^tiX«^) Namen, sondern selbst Synonymen
aus verschiedenen Dialecten z. B. dem der Garamäer (jüi^iLs-),
dem von Mosnl, Taizanäbädh, Sürä u. s. w. Auf die Richtigkeit
dieser Dialectunterschiede vverden wir aber von vorne herein nicht
Viel geben könuen, schon weil wir nicht voraussetzen dürfen, dass
der Verf. , wenn sich wirklich die „Nabatäer" grade dieser zum
Theil ganz nahe bei einander liegenden Gegenden sprachlich in
solcher Weise sollten unterschieden haben all diese mundartlichen
Benennungen so genau gekannt hätte. Wir würden sehr zufrieden sein,
wenn wir hier durchweg uur überhaupt echt aramäisches Sprachgut
aus den Tigrisgegenden hätten. Nun ist das allerdings mit manchen
Worten wirklich der Fall. In ^tj , dem nabatäischen Namen einer
Rohrart (v^^iaäit erkennen wir leicht JJj(I, 37). Liu,, lies
Li|^, heisst wirklich „der Wind": (I, 277). ^j^, lies ^ßJf^,
ist so Viel wie iLUOüt , was es „in einigen Dialecten der Nabatäer"
bedeuten soll (I, 377), nämlich Jjjtoo (opo/Jog); s. Novaria 139;
Geop. 77, 8 und öfter; Dion. Teim. 135, 2; Jac. Ed. in Ztschr.
D. M. G. XXIV, 269, 13«). LJi^^ = |.\oj-*a ist, wie bekannt'),
ein Synonym für äoLi;!, „Fenchel" II, 23 *). In dem Pflanzennämen
Koche (bei den Christen nach |oQ3 richtig ^^^i>-j^'), sondern v_jj3 j*c unweit Baghd&d. Diese Orte Sürä, KÜthä u. s. w. Icöunten übrigens immer¬
hin uralt sein.
1) Nach I, 627 heisst das Caryophyllum (jÄij) altnabatäisch Li^iftijÄ, I >
garamäisch yj^isQ^^ bei den Bewohnern von ^^yS' (^^^j-jj>., s. Mand.
Grammatik S. 319 Anm. 5) LU.Uj^, bei denen von Lj^LwjJ (wohl = ^ji^i
Borsippa), Sürft und Qussin Laaa,^ . Ist eine solche Verschiedenheit der Benennung bei einer derartigen, aus Indien stammenden Pflanze wahrscheinlich ?
2) Vgl. Lagarde, Ges. Abhh. 8. 59; Meyer Gesch. d. Botanik HI, 83.
3) S. Ibn Baitar und die Wörterbücher.
4) Da Adam diese Pflanze aus dem „Sonnenlande" mitgebracht haben soll, so scheint man hei dem Namen allerdings an ijXioc gedacht zu h.aben. Die
Nöldeke, noch Einiges Hier die .,nabatäische Londicirthscha/t". 451
JjJ^'-c (1, 393) ist die eiue Hälfte aramäisch j^JJjÜL s. Maud.
Gramm. S. 17 Anm. 5), die andre deren griech. Uebersetzung XwTÖg.
Und so finden sich noch hier nnd da unzweifelhaft gut aramäische
Worte. Aber sehr viele dieser „nabatäischen" Benennungen sind,
wie schon Gutschmid gesehen hat, erst aus den entsprechenden
arabischeu künstlich gemacht: ich verweise auf _jl-,.*i>. das =
^cj^ sein soll (I, 36); ^Lot = ^\ (I, 37); K_^b „West¬
wind" =^ f^j ^' °- ^- ^° selbst das an¬
gebliche Lfjj (so lies für ^j) „Wind" aus gemacht, denn
wenn der Verf. hier richtig statt des ^ nach babylonischer Weise
» setzt, so hat er doch vergessen, dass im Aramäischen
„Duft" und |*,o» „Wind" bedeutet *). Das „Immergrün" {ätl^mov)
^'ijiJI ist plump in ein ^Uj* L^»-') umgesetzt (I, 79),
während es — heisst (Geop. 4, 4 nnd öfter; Nov. 129).
Eine Krankheit heisst u.i; ^^^"^ , ""^^ »-^'j bedeuten soll
(I, 79); ^^^-«ju ist hier ^^-i^ aber aus dem arab. ^
gemacht; dazn die Voranstellung des attributiven Adjectivs ohne
jede besondere Veranlassung! So werden wir auch nicht zu Viel
darauf geben, wenn ^^ulJJ-y< *) (Pflanzenname) bedeuten soll ^j-it
JJmJI »-Jli c^y^ tj^^ *^7^' ^'^^^ immerhin in
i-i-y» niit babylonischer Auswerfung des erkennen kann.
>
Dass irgend welche Nabatäer den Wind ■Ji'^Uiu genannt hätten
(I, 277), glaube ich dem Verf. erst recht nicht, wenn er darin
^.,bUc. „die Ghüle" (arab. PI. von jyi) findet; ich sehe darin eben¬
sowohl eine Erdichtung*) wie in der frechen Behauptung, die
Kanaaniter und die syrischen Nabatäer nennten den Wind ^LX«J!
Augabe uuseres Buches, ^-f^-- sei ein Name des Planeten Jupiter, ist dann eine neue Verwechslung. Die ursprüngliche Form des Wortes ist aber j \ . (5. Payne-Smith : und die Abschwächung des n zu fl erst mundartlich.
I i So auch im Hebr. T'^ „Duft", mi .,Wind".
2) Die nächstliegende Verbesserung wäre ^L^^, wodurch aber Nichts gewonnen würde.
3'i Das Wort kommt mehrmals vor, doch fehlen die Puncte xam TheU.
4) Schwebte ihm vielleicht jl^^^ vor?
452 Nöldeke, noch Einiges über die „nabatäische Landioirthschaß".
„die Schechina's"^. Wer jenes (^jIj „Westwind*' bildete, dem werde
ich auch nicht ohne Weiteres trauen, wenn er ^^^yi = LuaJt
„Ostwind" setzt; und dass Ljjtyia:> im Altchaldäischen = »jLJLJ!
^Sy^^ Js^Ij i>Ji»Jl wäre (I, 623), ist mir noch mehr als zweifel¬
haft. Die für altnabatäisch ausgegebnen griechischen Namen ')
werden zum Theil willkührlich entstellt, wie wenn das „Assaron"
(^.^5jLv!*)) in dieser Sprache Uj^Lv! heissen soll (I, 476)»). Kurz,
wir finden auch hier Willkühr über Willkühr und durchaus keine
Beweise von einer genaueren Kenntniss des Araraäischen, so wenig
uns die als Ferghänisch, Türkisch, Bailaqänisch, Andalusisch u. s. w.
ausgegebenen Naraen Belege für eine Bekanntschaft des Verf.'s mit
den betreifenden Sprachen geben. Gar mancher Pflanzenname wird
rein ans der Luft gegriffen sein, und wir dürfen uns auf keinen
verlassen, wenn er nicht von andrer Seite bestätigt ist *).
Es wäre allerdings der Mühe werth, zu untersuchen, ob sich
die im „Buche der Gifte", welches ich nicht gesehen habe, vor¬
kommenden Beschwörungsformeln deuten lassen. In der einen von
Chwolson veröffentlichten ist ja von Ewald und Steinschneider im
Wesentlichen auf dieselbe Weise das Meiste als aramäisch nach¬
gewiesen *).
Durchaus incompetent bin ich leider hinsichtlich der Pflanzen¬
beschreibungen und der Ackerbauvorschriften nnseres Buches. Auf
jene legt Meyer grossen Werth. Dennoch möchte ich auch hier
1) So 2. B,: Die Bewohner von Taizanäbidh, L>j>j>yit(?) und L-jJoJt
o f > ^
(= i_A_it\JL!!) nennen die Myrrhe (y) LyM (Ljy-w) = OftvQva (II, 401) (cfr. |j^Q2l^ Ps. 44, 9 Aq.).
2) Syr. .,^^]cd/, ^^VaD/ s. Payne-Smith; Nov. 123; bei Sachau, Ined.
97, 11 OpO'^ol . Natürlich gehören solche Worte im Syriscben wie im
Arabischen nur der Gelehrtensprache an.
3) Die Bewohner von Taizanäbädh und Sürä nannten eine besondere Art l^jjLdu! , lies Ljj Loj^Lwt . Das letztere Wort ist das arab. (JTj-J
.! V "
„wild"; die Aramäer sagen dafür gewöhnlich j'^^J oder )^\^J; doch ist I .*• ^
l^^i nicht unmöglich.
4) Natürlich wird die Bestimmung der Formen für uns noch sehr
erschwert durch die Entstellungen , welche dieselben von den Abscbreibern erfahren haben, sowie durch das häufige Feblen der diacritischen Pnncte.
5) Bedenklich ist mir aber noch das letzt« Wort L^S»^, da n eben
nicht aramäisch ist.
Nöldeke, noch Einiget Uber die „nabatäüche Landwirthschaft". 453
zur grössten Vorsicht mahnen. Ein Mann, der so keck erfindet,
wird auch als Botaniker schwerlich bloss beobachtet haben. Ich
fürchte, hier ist überall Wahres mit Ersonnenem gemischt, und
zweifle sogar kaura, dass manche Pflanzen gradezu erdichtet sind.
Erfunden sind jedenfalls so gut wie sämmtliche Angaben über die
ursprüngliche Heimath der Pflanzen, So soll der Kirschenbaum
(L-wl jJl j^?vÄ) aus dem fast tropisch heissen Jordantbale stammen
(II, 348 f.)! Es wird sich am Ende herausstellen, dass auch die
botanischen Angaben des Buches nur so weit Glauben verdieneu,
als sie durch zuverlässigere Zeugnisse Bestätigung finden. Die
Vorschriften über den Landbau und Landhaushalt und die An¬
gaben über den regelmässigen Wechsel des Wetters lassen sich bei
vorsichtiger Benutzung vielleicht noch ausgiebiger verwerthen. Dabei
sind die sympathetischen und Zaubermittel, sowie mancherlei sonstige
Albernheiten noch am leichtesten auszuscheiden. Was aber unser
Verf. seinen Lesern zu bieten wagt, das mag man daraus sehen, dass
er beschreibt, wie man durch richtige Behandlung der Saatkerne
Gurken hervorbringt, die gleich sauer, und solche, die gleich süss
sind. Wendet man bei der Behandlung der Kerne Weinessig an,
so werden sie etwas reichlich sauer , während durch Dattelessig
H>
ein angenehmes Sauersüss (y) erzengt wird!
Auf alle Fälle wäre es, so lange noch so manche hochwichtige
arabische Werke der Herausgabe harren, gänzlich verkehrt, das
sehr umfangreiche Werk vollständig zu veröffentlichen. Auf lange
Zeit, vielleicht für immer, würde es genügen, wenn ein Arabist,
welcher genügende Kenntnisse von Botanik und Landwirthschaft
besitzt, das aus dem Buche auszieht, was für diese beiden Dis¬
ciplinen Wichtigkeit hat. Der Tenkelüsä hat gar keinen Werth.
Ob das „Buch der Gifte" höher steht, mögen die beurtheilen, welche es gelesen haben.
Eine Veranlassung dazu, die Bücher nicht ganz zu ignorieren,
haben wir übrigens noch in dem Umstände, dass leider viele sonst
schätzbare arab. Schriftsteller historische nnd andre Angaben jener
in gutem Glauben aufgenommen haben; zur richtigen Würdigung
des von solchen aus besseren Quellen Beigebrachten, müssen wir
nun diese „nabatäischen" Sachen ausscheiden. —
Ist aber Ibn Waljsija wirklich der Verfasser? Die bisherigen
Untersuchungen führten mit Nothwendigkeit darauf hin, und doch
habe ich nun entschiedne Zweifel daran. Die nabatäische Land¬
wirthschaft ist nach der einleitenden Bemerkung im Jahre 291 d. H.
(903/4 n. Chr.) von Ibn Wahsija übersetzt und im Jahre 318 (930)
dem Abü Tälib Ahmed b. Alhusain Azzaijät ') (zur Reinschrift) in
1) S. über ihn Fihrist S. 312.
454 Nöldeke, noch Einiges iiier die „nabatäüiche Landwirthschaft".
die Feder dictiert. Nach einer andern Stelle (II, 291) gilt das
uuch von mehreren anderen ans dem Nabatäischen übersetzten
Werken, bei diesem Buche grade aber nur von etwa 80 Blättern,
wäbreud Abü Tälib, wie er sagt, das Uebrige aus dem Concepte des
Verstorbenen abgeschrieben hat; denn Ibn Wahsija habe beim
Sterben seiner Frau den Auftrag gegebeu, ihm alle seine Schriften
zu übergeben. Ibn Waliiija redet deu Abü Tälib denn auch mehr¬
fach in dem Bucbe gradezu ,,o mein Sohn" an, als wäre dasselbe
eigentlich nur für ihn bestimmt. War das Verhältniss der Beiden
uun wirklich so, wie es hiernach erscheint, dann ist es kaum mög¬
lich, dass der vertraute Schüler von der wabren Natur der Schriften
seines Meisters keine Kunde hatte, und hatte er die, danu ist es
wieder höchst unwahrscheinlich, dass er sich an der Fabrik dieser
seiuer Hand überlassenen Schwindelliteratur gar nicht selbsttbätig
betbeiligt habe. Die Nachricht, dass ihm der Lehrer sterbend sein
ganzes literarisches Eigentbum vermacht habe, klingt denn doch
von vorne herein nicht allzu glaubwürdig. Man bedenke, dass damit
feststeht, dass die Bücher erst nach Ibn Wahsija's Tode und durch
Abü Tälib an's Licht getreten sind, während sich doch jener, wie
die Listen des Fihrist zeigen, nicht scheute, auch bei Lebzeiten
allerlei albernes Zeug zu veröffentlichen. Dass aber Abü Tälib
wirklich die Tendenz theilt, welche in dem ganzen Buche erscheint,
mag nun Ihn Wahiija, Qütämi oder ein sonstiger babylonischer
Weiser reden, zeigt sich eben an der beregten Stelle (II, 291).
Dieselbe steht hinter dem Abschnitt vom Weinbau. Abü Tälib
erzäblt nuu , hier finde er im Mannscript eine Lücke, welche un¬
gefähr 20 Blätter umfasse (äj,^ crlr^ -'^-'^ O^-^j). werde
eutweder daher rühren, dass im nabatäischen Original hier auch
eine Lücke geweseu, oder aber daher, dass hier eine ausführliche
Lobrede auf den Wein gestanden hätte, welche der Uebersetzer als
frommer Muslim uud Anhänger des §üfismus >) nicht habe über¬
liefern wollen; möglich sci allerdings auch eine andere unbekannte
Ursache. Uuter dieseu Gründen soll offenbar der wegen des reli¬
giösen Anstosses von den Lesern geglaubt werden. In dem Ab¬
schnitt vorher war, gewiss nach der wahren Meinung des Verfassers,
so Viel zum Lobe der Rebe gesagt, dass ein Mittel zur Vermeidung
des Tadels rechtgläubiger Muslime wegen der Beschäftigung mit
-olcher Literatur nothweudig erschien, ganz wie Ibn Wahsija auch
sonst iu dem Buche wiederholt mit Emphase als ein Rechtgläubiger
auftritt, der er doch nicht gewesen sein kann, wenn er dies Buch
schrieb oder veranlasste. Wir sehen hier also dasselbe Versteck-
1) An einer anderen Stelle zieht Ihn Wahsija scharf gegen die Süfi's los, welche uach .Art der altnabatäischen Büsser. der Brahmanen und christlichen Möncbe übertriebne Askese üben und behaupten , dadurch geistig zu steigen (1. 181 ff.).
Nöldeke, noch Einiges üier die „nabatäische L<tndw{rthscha/l". 455
spiel, welches durch das ganze Werk geht. Dazn ist nun die Aus¬
drucksweise in dieser Erklärung ganz die sonst in den Erörterungen Ibn Wahsija's und Qütämi's herrschende.
Somit bin ich geneigt anznnehmen, dass der wahre Verf. der
Landwirthschaft und der verwandten Bücher Abu Tälib Azzaijät ist,
der sie, um ihnen mehr Credit zu geben und sich vor allen bösen
Folgen von Seiten eifriger Muslime zn wahren, dem als Meister
geheimer Künste bekannten, schon verstorbenen Ibn Wahsija beilegte, sich selbst nur als Copisten darstellend.
Nachtrag zu S. 452, letzte Zeile. Bd. III, S. 151 tadelt
übrigens Meyer eine aus unserem Buche genommene Pflanzen¬
beschreibung bei Ibu Baitär (s. Ed. Bulaq. I, 88), deren wahre Her¬
kunft er nicht erkannte.
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Der grosse Sesostris-Text von Abydos.
Uebersetzt von Prof Dr. Lanth in München.
Abydos, eine wenig ausgedehnte Stadt des thinitiscben Gaues,
wird von Strabo unmittelbar nach Theben aufgeführt. Den Grund
hiefür lässt uns Plutareh errathen, wenn er in seinem Buche über
Isis und Osiris c. 20 bemerkt, dass daselbst das wahre Grab des
Osiris sei, weshalb sich die reichen und mächtigen Aegypter mit
Vorliebe dort bestatten liessen, um ihr Grab mit dem Körper des
Osiris gemeinsam zn haben. Der gnostiscbe Pap3Tus in Leiden *)
hat mir in einer seiner griechischen Stellen sowohl die Beisetzung
der Lade (raqp^) des Osiris in Abydos bestätigt, als auch die
Namen der dortigen Nekropolis geliefert: aX^ai u. raatal. Die
demotische Beischrift liefert alq-hahu und sonstige hieroglyphische Texte bieten sowohl diese Bezeichnung als eine zweite: t'ast-hahu, in denen man unschwer die Prototype jener graecisirten Benennungen
erkennt. Die Bedeutung ist durchsichtig genug: termiuus, elatio
multitudinnm. In der That hat man in den ausgedehnten Ruinen¬
feldern, die Abydos als eine wirkliche Todtenstadt documentiren,
manche Inschriften auf Grabstelen gefunden, welche beweisen, dass
die dort beigesetzten Verstorbenen nicht nnr ans Abydos, sondern
auch ans Theben und andern Orten Aegyptens herstammten. Die
Ausbeute an solchen Texten wäre gewiss viel bedeutender, wenn
nicht der natronhaltige Boden so zerstörend gewirkt hätte. So
z. B. hatte H. Mariette, der bekannte fouilleur des Vicekönigs, vor
Jahren eine grosse Wand freigelegt, an welcher Grabstelen aus der
IKIII. Dyn (2100 v. Chr.) angebracht waren. Er hatte nnr noch
Zeit, aus dem dynastischen Namen Neferhotep dieses zu constatiren;
denn als er Anstalten treffen wollte, die Texte abzuklatschen, waren
sie durch den Contact mit der Luft schon zersetzt und herab¬
gefallen. Insoferne war also diese Nekropolis, sonst mit Recht
„Sitz der Ewigkeit" genannt, sehr unglücklich gewählt nnd man
'1) Vergl. meinen Aufsatz in der Zeitschrift für aegypt. Spr. 1866.
2) Wilkinson: Manners and customs of tbe ancient Egyptians IV 346.