Vorlesung 19
Kurven und Wege in der Ebene
Seien Grenzena,b,c,d 2Rabgeschlossener beschränkter IntervalleX DŒa; bund Y D Œc; d mita < b und c < d, desweiteren ein beliebiges Intervall S Rsowie eine offene MengeU Cgegeben.
Kurven in der komplexen Zahlenebene. 1. Jede stetige Funktion W X !C mit ŒX U wird alsKurve inU mit demAnfang.a/und demEnde.b/bezeichnet.
2. Im Falle.a/D.b/nennt man einegeschlossene Kurve inU.
3. Ist eine konstante Funktion, soreduziert sich auf einen Punkt.a/2U.
Entgegengesetzte und zusammengesetzte Kurven. 1. Ist W X ! C eine Kurve, so wird die durch .t / D .aCb t /fürt 2 X definierte Kurve W X !C mit demselben Bild ŒX D ŒX diezu entgegengesetzte Kurvegenannt.
2. Ist WY !Ceine Kurve, deren Anfang .c/ D.b/mit dem Ende der Kurve W X ! Cübereinstimmt, so definiert man dieZusammensetzung ˚ W Z ! C von und inZ DŒa; bCd c D Œa; b[Œb; bCd cdurch.˚ /.t / D.t / fürt 2Œa; bsowie durch.˚ /.t / D .tCc b/fürt 2Œb; bCd c, wobei stets .˚ / D ˚ gilt und ˚ eine geschlossene Kurve ist.
Wege und Streckenzüge. 1. Eine Kurve W X !C heißtWeg(bzw.Streckenzug), wenn sie Stammfunktion einer regulierten Funktion (bzw. einer Treppenfunktion) ist.
2. Die zu einem Weg (bzw. Streckenzug) entgegengesetzte Kurve ist wieder ein Weg (bzw. Streckenzug), ebenso die Zusammensetzung zweier Wege (bzw. Streckenzüge).
Uneigentliche Wege und Streckenzüge. Eine stetige Funktion W S ! C wird alsuneigentlicher Weg(bzw.Streckenzug) bezeichnet, wenn die Einschränkung von auf jedes abgeschlossene beschränkte Teilintervall vonS jeweils ein eigentlicher Weg (bzw. Streckenzug) ist.
Länge eines Weges. AlsLänge eines Weges W X ! C definiert man das Integral Rb
a jD.t /jdt 0über den Betrag der Geschwindigkeit im ZeitintervallX DŒa; b.
Unabhängigkeit der Weglänge von der Parametrisierung. Sind W X !C und W Y ! C zwei Wege sowie' W X ! Y eine monoton wachsende Funktion mit 'ŒX D Y und D ı', welche Stammfunktion einer regulierten Funktion ist, so stimmen die Längen der Wege und überein, denn es gilt
Z b
a
jD.t /jdt D Z b
a
jD .'.t //jD'.t / dt D Z '.b/
'.a/
jD . /jd D Z d
c
jD . /jd :
2
.1/ .1/
.2/ .2/
Parametrisierung nach der Länge eines Weges. Gilt für einen Weg W Y ! C und irgendein (und somit für jedes)s 2Y die Beziehung
Z t
s
jD . /jd Dt s für allet 2Y DŒc; d ;
so nennt man WY !Ceinennach seiner Länge parametrisierten Weg.
Tangentiale Berührung. Ist der Weg W X ! Cin 2 X differenzierbar und gilt jD. /j> 0, so liefert die Linearisierung
g.t /D. /CD. /.t / fürt 2R
einen uneigentlichen Wegg W R ! C längs einer Geraden,welcher den Weg in tangential berührt.
Krümmung eines Weges. Sei WY !Cein differenzierbarer Weg, der nach seiner Länge parametrisiert sowie in 2Y zweimal differenzierbar ist.
Da der Betrag jD .t /j D 1 der Geschwindigkeit nicht vom Zeitpunkt t 2 Y ab- hängt, verschwindet die Ableitung der durchh.t / D D .t /D .t / D 1für t 2 Y definierten FunktionhWY !C. Zum Zeitpunkt 2Y gilt somit
Dh. /DD2 . /D . /CD . /D2 . /D0;
das heißt, es gibt eine reelle Zahl. /2 Rderart, so daß folgender Zusammenhang D2 . /D. /iD . /2 C
zwischen Beschleunigung und Geschwindigkeit besteht. Dieser Faktor. /2Rwird alsKrümmung des Weges in 2Y bezeichnet.
3
Wege mit konstanter Krümmung. Sei0 2Rbeliebig vorgegeben.
1. Wird ein uneigentlicher Weg W R ! C durch den Punkt .0/ D 0 2 C entlang einerGeradenmit der Geschwindigkeitv 2C,jvj D1durch
.t /D0Cv.t 0/ fürt 2Rvorgegeben;
so giltD .t /DvundD2 .t /D0sowie.t /D0für die Krümmung von int 2 R.
2. Wird für beliebig vorgegebenes~ ¤0ein Weg WŒ0 ı; 0Cı!Clängs einerKreislinieum den Mittelpunkt0 2Cmit dem Radiusı D j~1j > 0durch
.t /D0CıExp.i~.t 0// fürt 2Œ0 ı; 0Cıdefiniert;
dann giltD .t / D i~. .t / 0/sowie D2 .t / D i~D .t /und somit .t / D ~ für die Krümmung von int 2 Œ0 ı; 0Cı.
Wege mit vorgegebener Krümmung. Seien ein Punkt 0 2 S, ein Winkel 0 2 R und ein Punkt0 2 C vorgegeben. Bildet man für die stetige Funktion W S ! R eine Winkelfunktion WS !Rund eine Geschwindigkeitv WS !Cdurch
. /D0C Z
0
.t / dt 2R und v. /DExp.i. //2C für 2S ;
so erhält man einen zweimal differenzierbaren uneigentlichen Weg W S ! C, der durch .0/D0 in Richtungv.0/DExp.i0/läuft, nach seiner Länge parametri- siert ist und in jedem 2 S die vorgegebene Krümmung. /besitzt, wenn man
. /D0C Z
0
v.t / dt 2 C für 2S definiert:
Tangentiale Berührung höherer Ordnung. Sei W Y ! C ein differenzierbarer Weg, der nach seiner Länge parametrisiert sowie in 2Y zweimal differenzierbar ist.
1. Verschwindet die Krümmung. /D0, so liefert die Linearisierung g.t /D . /CD . /.t / fürt 2R
denuneigentlichenWegg WR !Clängs einerGeraden,der nach seiner Länge para- metrisiert ist und den Weg in von mindestenszweiterOrdnung tangential berührt.
2. Gilt jedoch . / ¤ 0 und definiert man den Mittelpunkt . / 2 C und den Radiusı. / > 0desKrümmungskreises an den Wegin 2 Y durch
. /D . /C iD . /
. / 2C sowie ı. /D j . / . /j D 1
j. /j > 0;
so erhält man mittels
g.t /D. /C. . / . //Exp.i. /.t // fürt 2 Œ ı. /; Cı. /
denjenigengeschlossenenWegg WŒ ı. /; Cı. /!Centlang einerKreislinie, der nach seiner Länge parametrisiert ist und den Weg in von mindestenszweiter Ordnung tangential berührt.