M E D I Z I N
Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4722. November 2002 AA3189
Nutzen-Analyse aus dieser Untersu- chung ergab, dass die Aufwendungen zur Prävention eines Diabetesfalles mithilfe von Änderungen des Lebens- stils bei etwa 4 000 Euro und mit Met- formin bei etwa 11 000 Euro liegen (berechnet für im Alltag praktikable Interventionsmaßnahmen und kosten- günstige Generika von Metformin) (9).
Vor diesem Hintergrund ist daher anzunehmen, dass eine frühe thera- peutische Intervention im Stadium der IGT zwar mit einer aktuellen Kosten- zunahme verbunden ist, längerfristig jedoch zu einer deutlichen Verminde- rung der Aufwendungen für die Be- handlung eines Typ-2-Diabetes und der assoziierten Folgekomplikationen führt.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Entstehung eines Typ-2-Diabetes kann aufgehalten werden. Diese Bot- schaft lässt sich klar aus den großen Interventionsstudien ableiten. Die wirkungsvollste Maßnahme besteht ohne Zweifel in einer eingehenden Veränderung der Lebensgewohnhei- ten.
Hierbei ist es jedoch nicht mit der einfachen Empfehlung zu mehr Bewe- gung und ausgewogenerer Ernährung getan. Umfangreiche, multiprofessio- nelle Strategien müssen von Ärzten, Psychologen, Ökotrophologen, Ko- stenträgern und Politikern gemeinsam erarbeitet werden. Praktikable und akzeptable Hilfestellungen zu einer Ernährungsumstellung, die die Be- dürfnisse des Patienten individuell be- friedigt, müssen geleistet werden. Zu- dem müssen Sportmöglichkeiten an- geboten werden, die für den Normal- bürger finanzierbar und erreichbar sind und insbesondere nicht nur von einer jugendlichen Fitness-Generati- on genutzt werden, in der sich ältere und möglicherweise übergewichtige Patienten von vornherein ausgegrenzt fühlen.
Auch reicht die einmalige Schulung der Patienten sicher nicht aus, um die Diabetesentwicklung aufzuhalten. Viel- mehr muss auch die Prävention den
Patienten lebenslang begleiten, bera- ten und schulen. Erste strukturierte Behandlungsprogramme bei adipösen Kindern zeigen, dass eine intensive, multiprofessionelle kontinuierliche Betreuung notwendig ist, wenn bereits die Lebensweisen bestehen, die eine Adipositas mit begünstigt haben. Un- ter diesem Aspekt wäre es sicher gün- stig, mit einer niedrigschwelligen In- tervention, die auf eine Änderung des Lebensstils abzielt, bereits in Kinder- gärten und Schulen zu beginnen.
Derartige Veränderungen bedürfen zunächst deutlicher finanzieller Un- terstützung, des politischen Willens und eines gesellschaftlichen Konsens.
Dennoch ist es an der Zeit, den Wan- del von einer reparativen hin zu einer präventiven Medizin zu vollziehen. In- wieweit derartige Visionen jedoch vor dem Hintergrund der heutigen ge- sundheitspolitischen Finanz- und Stra- tegieplanung realisierbar sind, ist eine noch offene Frage.
Manuskript eingereicht: 22. 7. 2002; angenommen:
16. 9. 2002
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2002; 99: A 3182–3189 [Heft 47]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit4702 abrufbar ist.
Anschrift für die Verfasser:
Priv.-Doz. Dr. med. Baptist Gallwitz Medizinische Klinik I
St. Josef-Hospital
Klinikum der Ruhr-Universität Bochum Gudrunstraße 56, 44791 Bochum
E-mail: Baptist.Gallwitz@ruhr-uni-bochum.de Interventionsziele in der finnischen Präventionsstudie
Verringerung des Körpergewichtes um > 5 % Verminderung des Fettgehaltes der Nahrung
auf < 30 %
Verringerung des Anteils gesättigter Fettsäuren auf < 10 %
Zunahme der Ballaststoff-Aufnahme auf
> 15 g/1000 kcal
Moderate Bewegung für mindestens 30 min/Tag
modifiziert nach (45) Textkasten
Jede neu eingeführte Methode zeitigt zunächst exzellente Ergebnisse; im Rou- tinebetrieb zeigt sich dann, dass die hochgesteckten Erwartungen doch nicht erfüllt werden können.
Die Autoren, die die Endosonogra- phie im Gastrointestinaltrakt über lan- ge Zeit vorangetrieben haben, legen ei- ne kritische Bilanz vor, in dem die Vi- deoaufnahmen von 32 Ösophaguskarzi- nomen, 33 Magenkarzinomen und 36 Pankreaskarzinomen retrospektiv un- ter Routinebedingungen analysiert wurden, später ein zweites Mal blind und ein drittes Mal mit zusätzlichen In- formationen über Endoskopie und CT.
Die Genauigkeit des endoskopischen Ultraschalls bezüglich T-Staging wurde unter Routinebedingungen mit 73 Pro- zent ermittelt. Dieser Wert fiel bei blin- der Evaluierung auf 53 Prozent ab und stieg unter Zuhilfenahme der beiden er- gänzenden Verfahren auf 62 Prozent an.
Die Sensitivität bei T1/T2-Tumoren lag unter Routinebedingungen bei 72 Pro- zent, bei blinder Evaluierung bei 59 Prozent und unter Zuhilfenahme ande- rer bildgebender Verfahren bei 70 Pro- zent. Die entsprechenden Werte für fortgeschrittene Tumoren lagen bei 85 Prozent, 74 Prozent und 72 Prozent.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die früher publizierten guten Ergebnisse der Endosonographie wahrscheinlich auf eine klinische Ge- samtschau des Patienten zurückzu-
führen waren. w
Meining A, Dittler HJ, Rösch T et al.: You get what you ex- pect? A critical appraisal of imaging methodology in en- dosonographic cancer staging. Gut 2002; 50: 599–605.
Prof. Dr. Thomas Rösch, Innere Medizin II, TU München Klinikum rechts der Isar, Ismaninger Straße 22, 81675 München, Thomas.Roesch@Irz.tu-muenchen.de.
Referiert