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Archiv "Traurig und tröstlich" (07.12.1989)

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Preisgabe der Gefühle

Amos Oz: Black Box, 1989, Frankfurt/M., Suhrkamp, 350 Seiten, 38 DM

Das ist der Stoff, aus dem große Erzählungen sind: eine Dreiecksgeschichte, eine lei- denschaftliche Haßliebe und ein Generationenkonflikt.

Der Roman spielt im heuti- gen Israel und vermittelt über allem Privaten viel auch von der Stimmungslage im Land.

Von der Brief-Form des Ro- mans, sonst häufig ein eher schwerfälliges Lese-Hemm- nis, sollte man sich nicht ab- schrecken lassen, sie ist in diesem Fall ein Stil-Mittel, das sich wunderbar dazu eig- net, die Psyche des jeweiligen Schreibers — je nachdem, wie viel er von sich preisgeben will — zu erkennen. Mit der Steigerung der Gefühlspreis- gabe, die in ihrer Heftigkeit

Nun hat es doch noch geklappt:

Rechtzeitig zum 60. Geburtstag von Horst Janssen am 14. No- vember ist der zweite Band sei- ner „autobiographischen Hüpfe- rei" mit Briefen an Johannes Gross erschienen. Eine Vor- zugsausgabe mit radiertem Selbstporträt kostet 195 DM, die gebundene Normalausgabe gibt es für 45 DM

Reinbek, Gynäkologe von Lisbeth und Freund des Ehe- paars, zur Entscheidung: Der Gesetzgeber drohe, die re- striktiven Vorschriften der Ärztekammern zur Leihmut- terschaft noch zu übertreffen.

Aus vagen Plänen werden Ta- ten: Günter Reinbek nimmt eine extrakorporale Befruch- tung vor und pflanzt den Em- bryo Sonja PetroviC ein, die das Kind gern austrägt. Die- ser ärztliche Eingriff hat Fol- gen: Reinbek wird angezeigt.

Hochhuth beleuchtet den Fall in vier Akten: Er stellt dar, wie der Plan feste For- men annimmt, wie die beiden Frauen einer Einladung fol- gen und einer Ethik-Kommis- sion ihre Beweggründe schil- dern, wie sie kurz vor der Nie- derkunft vom gesetzlichen Verbot der Leihmutterschaft überrascht werden und wie sich Reinbek schließlich vor Gericht verteidigen muß.

Hochhuth gelingt es, in sei- nem Theaterstück darzustel- len, wie hochmütig und vor- schnell Nicht-Betroffene über Betroffene urteilen können.

Im Vordergrund steht zudem immer wieder die Frage, in welchem Verhältnis das Recht des einzelnen zum ge- setzten Recht der Gemein- schaft steht. Das Votum Hochhuths ist eindeutig: Die Gesellschaft hat nicht das Recht, ihre (noch dazu häufig selbst ernannten) Vertreter derart tief in das Leben ein- zelner eingreifen zu lassen.

Seinen Darstellerinnen gibt Hochhuth scharfe Argu- mente an die Hand. Schade nur, daß er ihre Gegner, bei- spielsweise den katholischen Geistlichen, so schablonen- haft zeichnet — die Argumen- te der Frauen könnten auch den Einwänden von realisti- scher dargestellten Kritikern standhalten. Zumal Hoch- huth den denkbar einfachsten Fall gewählt hat — die beiden Frauen sind sich einig. Bleibt die Frage, wie ein Theater- stück aussähe, daß das alte Kreidekreis-Motiv zum In- halt hätte oder die Gefahren einer exzessiven Ausnutzung der Reproduktionstechnolo- gie . . . Sabine Dauth

und Ausführlichkeit die Briefform fast ad absurdum führt, wächst die Spannung des Lesers, der die jeweils sich in den Briefen darstel- lenden Personen inzwischen auch aus der Sicht der übri- gen Roman-Personen kennt.

Und diese Personen prallen in ihrer Gegensätzlichkeit von religiöser, politischer und emotionaler Gegensätzlich- keit aufeinander. Da ist der sich gefühlskalt gebende ge- schiedene Ehemann, großge- wachsen, reich und angesehe- ner Professor, die Ehefrau, kapriziös und ganz aus ihren Gefühlen lebend, der jetzige Ehemann, kleinwüchsig, im Gegensatz zu seinem Vorgän- ger sephardischen Ursprungs, mittellos und beruflich mittel- mäßig, der seine tiefsitzenden Minderwertigkeitsgefühle mit fanatischen politischen Akti- vitäten auszugleichen sucht.

Da ist der „mißratene" halb- wüchsige Sohn aus der ersten Ehe, um dessen Gunst alle drei Erwachsenen auf ihre Art buhlen. Und wie in jedem guten Roman gibt es auch ei- ne Reihe wunderbar gezeich- neter Nebenfiguren: der ex- zentrische Vater, der jetzt seine alten Tage in einem Ir- renhaus verdämmert, die überaus vernünftige Schwe- ster der Frau, die diversen Freundinnen des Sohnes, die es aus einer unspezifischen Sehnsucht nach Israel ver- schlagen hat. Dieser Figuren- reichtum des israelischen Völkergemischs ist es wohl, der für uns so faszinierend ist.

Adelheid Müser

Preiswerter Dom

Arnold Wolff: Der Kölner Dom, Mit Fotos von Rainer Gaertner, Vista Point Verlag, Köln, 1989, 136 Seiten, davon 94 Seiten Farbtafeln, gebun- den, 39,80 DM

Wenn der Dom fertig ist, geht die Welt unter — so trö- sten sich die Kölner darüber hinweg, daß ihre bekannteste Kirche eine ewige Baustelle ist. Frei von Gerüsten ist das mächtige Bauwerk meist nur

in Bildbänden zu bewundern.

Der vorliegende wird nicht nur deswegen vielen gefallen.

Er vereint gleich dreierlei: ei- nen knappen, informativen Text des derzeitigen Dom- baumeisters Arnold Wolff zur Geschichte des Kölner Dorns, eine Fülle qualitativ hochwer- tiger Innen- und Außenauf- nahmen von Rainer Gaertner

— und einen niedrigen Preis.

Der Verlag konnte nämlich auf Aufnahmen zurückgrei- fen, die Gaertner für einen wesentlich teureren, inzwi- schen vergriffenen Band ge- macht hatte. th

Traurig und tröstlich

Gabriele Wohmann: Kas- sensturz, Erzählungen, Luch- terhand Literaturverlag 1989, 256 Seiten, 29,80 DM

Auch in Wohmanns jüng- stem Band kann man sich, ob- wohl man sich beispielsweise nur noch schnell eine einzige Gutenachtgeschichte gönnen wollte, festlesen. Ihr Thema sind Liebesbeziehungen: zwi- schen Geschwistern, Ehepart- nern, Eltern und Kindern, Freunden. Beziehungen, voll von Mißverständnissen, Äng- sten, Unsicherheit, alten Ge- schichten; voll von Fragen nach dem Sinn des eigenen Tuns. Denn jeder macht in sei- ner Geschichte gerade Kas- sensturz: Gottfried, dessen Zwillingsbruder zu Besuch kommt, um finanzielle Dinge zu regeln; Winifred am 25. Jah- restag ihrer Verlobung; Ulla nach der x-ten Auseinander- setzung mit Teddy; Raimunds Mutter, nachdem sie entdek- ken muß, daß ihr Sohn nicht studiert, sondern trinkt.

Die Menschen in Gabriele Wohmanns Erzählungen lei- den, aber sie zerbrechen nicht. Sie versuchen Neuent- decktes, so schmerzlich es auch sein mag, in ihr Leben zu integrieren und das Beste daraus zu machen. Manche Geschichten sind traurig, fast alle melancholisch, aber:

Tröstlich zu lesen, daß sich alle so gut durchwursteln, wie sie es eben können. th A-3822 (78) Dt. Ärztebl. 86, Heft 49, 7. Dezember 1989

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