A-2554
M E D I Z I N
(62) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 41, 9. Oktober 1998 Zu unterstützen sind Überle-
gungen, bezüglich der forensisch- psychiatrischen Tätigkeit weitere Qualifizierungsmöglichkeiten bereit- zustellen. Hingewiesen sei auf Über- legungen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), einen Weiterbildungsschwerpunkt „Foren- sische Psychiatrie“ zu etablieren. Un- seres Erachtens sollten diese Be- mühungen nicht nur für die psychia- trische Gutachtertätigkeit gelten, son- dern auch für die Arbeit mit Patienten in forensisch-psychiatrischen Klini- ken, wie umgekehrt für die Gutach- tertätigkeit nicht nur die Facharzt- qualifikation, sondern auch eingehen- de spezielle Erfahrung mit dieser Gruppe von Kranken vorausgesetzt werden sollte.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1998; 95: A-2552–2554 [Heft 41]
Literatur
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Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. med. Gunter Heinz Abteilung Forensische Psychiatrie der Universität Göttingen
Abteilung Forensische Psychiatrie am Niedersächsischen
Landeskrankenhaus Göttingen Rosdorfer Weg 70
37081 Göttingen
DIE ÜBERSICHT/FÜR SIE REFERIERT
Der Effekt von Schwangerschaft und Wochenbett auf den Verlauf der Multiplen Sklerose bei jungen Frauen ist noch weitgehend ungeklärt. An- hand der Verlaufsbeobachtung von 254 Multiple-Sklerose-Patientinnen aus zwölf Europäischen Ländern während insgesamt 269 Schwanger- schaften versuchte eine Gruppe fran- zösischer Wissenschaftler, die Rück- fallraten während dieser Zeit zu er- mitteln. Da es schwierig erschien, eine Kohorte von schwangeren Multiple- Sklerose-Patientinnen mit jungen Frauen zu vergleichen, welche an der gleichen Krankheit litten, aber nicht schwanger werden durften, wurden die Frauen als ihre eigenen Kontroll- personen verwendet, indem ihre Krankheitswerte während des ersten bis dritten Trimenons ermittelt und mit den Rückfallraten während des Jahres vor der Schwangerschaft ver- glichen wurden.
Dabei zeigte sich, daß die Zahl der Rückfälle sich während der Schwan- gerschaft, insbesondere im dritten Tri- menon, verringerte. Allerdings traten innerhalb der ersten drei Monate post partum vermehrt Schübe auf; da- nach pendelte sich deren Zahl meist wieder auf ähnlicher Höhe wie vor der Schwangerschaft ein. Stillen und Epiduralanästhesien zeigten keinen Effekt auf den Verlauf der Multiplen Sklerose.
Aus immunologischer Sicht, fol- gerten die Autoren, scheint eine nor- mal verlaufende Schwangerschaft zu einer Aktivitätsverschiebung vom zellulären zum humoralen Anteil des Immunsystems zu führen. Die von der fetoplazentaren Einheit sezer- nierten Zytokine wie Interleukin-10 hemmen die Produktion anderer Zy- tokine, welche die zelluläre Immu- nität der Mutter aktivieren – dies könnte die Toleranz des Fetus durch das mütterliche Immunsystem er- klären. Im Gegensatz dazu könnte die Geburt zu einer Umkehr der Immunlage, in manchen Aspekten möglicherweise vergleichbar mit ei- ner Transplantatabstoßung, führen.
Dieses Konzept könnte erklären, warum es während Schwangerschaf-
ten oft zu Spontanremissionen, in der Wochenbettperiode dagegen zu erneutem Wiederaufflammen von T-Zell-modulierten Autoimmuner- krankungen, wie Multipler Sklerose oder chronischer Polyarthritis, kom- men kann. Ein besseres Verständnis dieser Mechanismen könnte nach Ansicht der Autoren zu neuen und effektiveren Behandlungsmethoden führen. silk
Confavreux C et al.: Rate of pregnancy- related relapse in multiple sclerosis.
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Prof. Christian Confavreux, EDMUS Coordinating, Center Hôpital de l’Anti- quaille, 1 rue de l’Antiquaille, 69321 Lyon, Cedex 05, Frankreich.
Verlauf der Multiplen Sklerose während Schwangerschaft und Wochenbett
Immer wieder ist diskutiert wor- den, ob die Therapie chronisch ent- zündlicher Darmerkrankungen wäh- rend der Schwangerschaft unterbro- chen werden muß. Die Autoren un- tersuchten das teratogene Potential von 5-ASA bei 165 Schwangeren. Es fand sich keine erhöhte Mißbildungs- rate, lediglich eine Zunahme frühzei- tiger Entbindungen. In einer zweiten Studie wurde der Einfluß von 5-ASA- Klysmen auf den Schwangerschafts- verlauf bei 19 Patientinnen unter- sucht. Auch hier zeigte sich, daß die lokale 5-ASA-Applikation sicher und wirksam ist und nebenwirkungsfrei
toleriert wird. w
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Department of Medicine, University of Toronto and Division of Gastroenterolo- gy, Toronto Hospital, Toronto, Kanada.