Scherenberg, M.; Seidel, A.
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) entstehen bei unvollständigen Verbrennungsprozessen von organischem Material.
Entsprechend ihrer Häufigkeit und ihrer kanzerogenen Potenz hat die US- Umweltbehörde EPA 16 PAHs ausgewählt, die in dieser Zusammenstellung häufig bei Umgebungsuntersuchungen in der Arbeits- und Umweltmedizin bestimmt wer- den.
Die umweltmedizinische Belastung erfolgt vornehmlich über das Rauchen. Nahrung (z.B. Pflanzenfette und -öle, gegrilltes Fleisch, geräucherter Fisch), Passivrauchen, und Hausstaub bei Kindern stellen ebenfalls relevante Aufnahmewege dar. Teerhal- tige Parkettkleber und Behandlung mit Teersalben stellen eine erhebliche Belastung dar, sind jedoch nur noch von historischem Interesse.
An bestimmten Arbeitsplätzen ist eine teils erhebliche Aufnahme möglich. Folgende Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten werden in der Literatur genannt: Kokerei, Aluminium- herstellung, Kohleelektrodenherstellung, Teertränkanlagen, Gießereien, Eisen- und Stahlerzeugung, Feuerfestbau, Gussasphaltverarbeitung, Motoremissionen – insbe- sondere von Dieselmotoren – und Arbeiten mit gebrauchten Motorschmierölen sowie Sanierung von PAH in Innenräumen.
Die akute Toxizität von PAH ist in arbeits- und umweltmedizinisch relevanten Kon- zentrationen gering. Die chronische Toxizität liegt in der Verursachung an der Bil- dung von bösartigen Tumoren, insbesondere der Lunge und der Haut. Vorausset- zung für die Entstehung eines Malignoms ist die Wechselwirkung mit der Erbsub- stanz DNA. Maßgröße für das Risiko der Krebsentstehung ist das unit risk. Gemeint ist das geschätzte zusätzliche lebenslange Krebsrisiko für eine Person, die
• lebenslang (70 Jahre)
• einer Einheitskonzentration
Unterschiedliche PAHs besitzen unterschiedliche karzinogene Potenz. Zur Ver- gleichbarkeit und Bewertung von PAH-Gemischen wird der Toxic Equivalence Factor (TEF) eingeführt, der die krebserzeugende Wirkung auf Benzo[a]pyren bezieht, wel- ches auf 1 normiert wird.
An unterschiedlichen Arbeitsplätzen ist das Spektrum der verschiedenen PAHs ver- schieden, jedoch können auch am gleichen Arbeitsplatz abhängig von den augen- blicklichen Arbeitsbedingungen und den verwendeten Stoffgemischen unterschiedli- che Profile von PAH auftreten. Dies ist beim Biomonitoring zu berücksichtigen.
Aufnahmepfade für PAH am Arbeitsplatz sind die Inhalation und die dermale Re- sorption. Im Intermediärstoffwechsel werden zur Entgiftung von PAH Phenole gebil- det, die insbesondere nur von niedermolekularen überwiegend nichtkarzinogenen PAH gut im Urin ausgeschieden und daher zum Biomonitoring herangezogen wer- den. Zurzeit stehen zur Routinebestimmung 1-OH- und 2-OH-Naphthalin, 1-OH- Pyren sowie verschiedene isomere OH-Phenanthrene als Biomarker einer PAH Be- lastung zur Verfügung. Auch das 3-OH-Benzo[a]pyren, welches sich vom karzinoge- nen Benzo[a]pyren (BaP) ableitet, ist ein Belastungsmarker, der allerdings nur in äu- ßerst geringen Mengen im Urin ausgeschieden wird.
Voraussetzung für die Krebsentstehung durch PAH ist die Wechselwirkung mit der Erbsubstanz DNA, die durch im Stoffwechsel gebildete reaktive Metaboliten zustan- de kommt und zu DNA-Addukten führt. Beim BaP, der Leitsubstanz für PAH- Gemische, stellt das BaP-7,8-diol-9,10-epoxid den entscheidenden Metaboliten dar.
Die Hydrolyseprodukte dieser Metaboliten, die so genannten Tetrole, könnten daher
als Beanspruchungsmarker für die biologisch effektive Dosis dienen. Da diese Meta-
boliten des BaP jedoch aufgrund der geringen Konzentration nicht leicht im Urin be-
stimmt werden können, wird als Surrogatmarker das Phenanthren-tetrol vorgeschla-
gen, dass sich vom nichtkarzinogenen Phenanthren ableitet und aufgrund seiner
Biomonitoring PAH Biomonitoring PAH
Dr. Michael Scherenberg Dr. Michael Scherenberg
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Velbert Velbert Priv.
Priv. - - Doz Doz . Dr. Albrecht Seidel . Dr. Albrecht Seidel Biochemisches Institut f
Biochemisches Institut fü ür r Umweltcarcinogene Umweltcarcinogene, ,
PAH - Entstehung
Entstehung von PAH im
Rahmen unvollständiger
Verbrennungsprozesse
EPA - PAH
Auswahl nach:
Î Vorkommen
Î Karzinogenität
unit risk – Konzept (EPA) unit risk:
• geschätztes zusätzliches lebenslanges Krebsrisiko für eine Person, die
Î lebenslang (70 Jahre)
Î einer Einheitskonzentration ausgesetzt ist.
• Als akzeptabel gilt ein zusätzliches Krebsrisiko von
1 : 10 000 bis 1 : 1 000 000
unit risk für PAH
• unit risk der WHO:
Î Benzo(a)pyren in einer Spanne von 8 bis 10 x 10 -2 pro µg/m³ BaP.
• Der EU-Zielwert für PAH beträgt 1 ng/m³ BaP.
Î Dies entspricht einem Risiko von 8,7 x 10 -5 .
Akute Toxizität von PAH
• In arbeits- und umweltmedizinisch vorkommenden Mengen geringe akute Toxizität
• Bekannt sind:
Î Photosensibilisierung
Î Einige PAH: Einfluss auf das lymphatische System
• Atrophie von Milz und Lymphknoten
• Leukopenie
Î Einfluss auf Wechselgewebe
• Hämatopoiese
• Intestinale Epithelien
• Nebenniere
Chronische Toxizität von PAH
• Kanzerogenität
Î Haut
Î Lunge
Î Blase (zusammen mit aromatischen Aminen)
Plattenepithelcarcinom der Haut
Plattenepithelcarcinom der Lunge
DNA-Schädigung durch PAH und Metabolite
O
OH HO
OH HO
OH HO
O
NH NH N N
N
O
OH HO
O HO O O CYP1A1
CYP1B1
mEH
HO
OH O
HO Hb
B[a]P - Ester-Hb-Addukt
B[a]P - N2-Desoxyguanosin- DNA-Addukt
B[a]P - 7,8-oxid
O
B[a]P - trans-7,8-diol
O N B[a]P - trans-7,8-diol
H
B[a]P - 7,8-diol- 9,10-epoxid CYP1A1
CYP1B1
DNA Benzo[a]pyren (B[a]P)
Belastung aus der Umwelt
• Nahrung
Î Pflanzenfette und –öle
Î Gegrilltes Fleisch
Î Geräucherter Fisch
Î Babynahrung
Î Grillen
• Rauchen
• Passivrauchen
• Hausstaub bei Kindern
• Teerhaltige Parkettkleber
• Behandlung mit Teersalben
Grenzwerte für Nahrungsmittel
Î 2 ppb
Î 5 ppb
Î 1 ppb
PAH – Studie Umweltbundesamt Österreich
PAH – Studie Umweltbundesamt Österreich
Rückgang der Emissionen durch
Î Verbot des Verbrennens von Stroh in der Landwirtschaft
Î Einstellung der Primärproduktion von Aluminium in
Österreich
PAH – Kleber für Parkettböden
Berufliche Belastung mit PAH
• Hautkrebs an der Skrotalhaut
• Erstbeschreibung von Percival
Pott bei Kaminkehrern 1775
Berufliche Belastung mit PAH
• Kokerei
• Aluminiumherstellung
• Kohleelektrodenherstellung
• Teertränkanlagen
• Gießereien
• Eisen- und Stahlerzeugung
• Feuerfestbau
• Gussasphalt
• Motoremissionen, insbesondere Dieselmotoren
• Gebrauchte Motorschmieröle
• Sanierung von PAH in Innenräumen
PAH – Profile bei Gussasphaltverarbeitung
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
Flu or an th en
Py re n
[a]a nth ra ce n
Ch ry se n
luo ira nt he ne
nz o[ e]p yr en
nz o[ a]p yr en
Pe ry len
gh i]p er yle n
Bitumen C Bitumen B Bitumen A
Fb 431
PAH – Profile in % an verschiedenen Arbeitsplätzen
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Gussasphaltverarbei...
Anodenherstellung
Stahlhärtung
Gesenkschmiede
Kokere i
Benzo[a]pyren Benzo[e]pyren Benzofluoranthene Chrysen
Benz[a]anthracen
Fb 431
Für das Biomonitoring stehen zur Verfügung:
OH
OH
OH OH
1-OH- und 2-OH-Naphthalin
1-OH-Phenanthren
1-OH-Pyren
Tetrole
OH O
H O H
O H
OH OH O
H
O H
1,2,3,4 Tetrol des Phenanthrens
7,8,9,10 Tetrol des Benzo[a]pyrens
O
OH OH O
OH HO
OH HO
O
OH HO
HO OH
OH OH
OH OH
O OH
HO 6
7 10
1
9
11 2 12
CYP450 O2
2
10 3
6
3 4 5 8
4
7 5
8 9
Phenanthrene (PHE)
1
CYP450 O2
mEH H2O
B[a]P B[a]P-7,8-oxide B[a]P-trans-
7,8-diol
anti-B[a]P-7,8-diol- 9,10-oxide
trans, anti-B[a]P- tetrol
CYP450 O2
mEH CYP450 H2O
O2 PHE-1,2-oxide PHE-trans-
1,2-diol
anti-PHE-1,2-diol- 3,4-oxide
trans, anti-PHE- tetrol
Hecht et al (2003) Cancer Epidemiol Biomark & Prev, 12, 1501-1508
Toxic Equivalence Factors (TEF) für PAH
EPA TEF EPA/EFSA TEF EFSA TEF
Naphthalin 0,001 Benzo[a]anthracen 0,1 Benzo[c]fluoren Acenaphthylen 0,001 Benzo[a]pyren 1 5-Methylchrysen
Acenaphthen 0,001 Benzo[b]fluoranthen 0,1 Dibenzo[a,l]pyren 10 Fluoren 0,001 Benzo[k]fluoranthen 0,1 Dibenzo[a,h]pyren 10 Phenanthren 0,001 Benzo[ghi]perylen 0,001 Dibenzo[a,i]pyren 10
Pyren 0,001 Chrysen 0,001 Dibenzo[a,e]pyren 1
Fluoranthen 0,001 Indeno[1,2,3-cd]pyren 0,1 Benzo[j]fluoranthen 0,1
Anthracen 0,01 Dibenzo[a,h]anthracen 1 Cyclopenta[cd]pyren 0,1
Biomonitoring von PAH bei Konverterzustellung
1-OH-Pyren [µg/g Krea]
56,88
25,34 14,79
128,63
380,66
98,87
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450
A B C A B C
Konverter 1 Konverter 2
Quelle
Wasser, Luft, Nahrung, Boden, Staub, Sedimente
Exposition
Ingestion
Inhalation Hautresorption