Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 6|
12. Februar 2010 A 249 RISIKOPATIENTENFacettenreiches Lipid management
Die Kombination aus Nicotinsäure und Laropiprant als Tredaptive ist zur Therapie von kombinierten Fettstoffwechselstörungen indiziert.
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as kardiovaskuläre Risiko wird nicht nur durch erhöhte LDL-Cholesterolwerte gesteigert, sondern auch durch niedrige HDL- Cholesterol-Konzentrationen und erhöhte Triglyceridspiegel. Die Da- ten der Dyslipidemia International Study zeigten jedoch, dass eine große Lücke zwischen den in Leit- linien festgelegten Zielwerten und tatsächlich gemessenen Werten be- steht.So hatten nach Aussage von Prof. Dr. med. Anselm Gitt (Lud- wigshafen) von 19 145 Patienten, die seit mindestens drei Monaten einen CSE-Hemmer einnahmen, 48,2 Prozent den LDL-Choleste - rol-Zielwert, 38,2 Prozent den Triglycerid-Zielwert und 26,3 Pro- zent den HDL-Cholesterol-Zielwert nicht erreicht. Prof. Dr. Christie Bal- lantyne (Houston/Texas/USA) sieht als Grund für die Änderung des Ri- sikoprofils mit häufiger erniedrig- ten HDL-Cholesterolwerten und er- höhten Triglyceridspiegeln in erster Linie die Zunahme von Patienten mit Übergewicht, metabolischem Syndrom und Diabetes mellitus.
CSE-Hemmer wirken primär auf erhöhte LDL-Cholesterolkonzentra- tionen, weniger oder gar nicht auf HDL-Cholesterol-, non-HDL-Choles - terol-, Apolipoprotein-B
100(Abo-B)-, Triglycerid- und Lipoprotein(a)- Spiegel. Bei Patienten mit diesen Risikofaktoren ist deshalb nach Ballantyne eine Kombinationsthe- rapie erforderlich.
Nicotinsäure als Kombinationspartner
Die seit dem Jahr 1955 als Lipid- senker eingesetzte Nicotinsäure hat ein breites Wirkungsspektrum, sie senkt die Spiegel von LDL-Choles- terol (15 bis 25 Prozent), Triglyce- riden (20 bis 40 Prozent), Apo-B, non-HDL-Cholesterol und Lp(a)
und erhöht den HDL-Cholesterol- spiegel (20 bis 35 Prozent). Beson- ders gut wirksam sei, so Prof. Dr.
John Kastelein (Amsterdam, Nieder- lande), eine Kombination aus CSE- Hemmer plus Nicotinsäure.
Für eine optimale Wirkung muss Nicotinsäure in einer Dosis von mindestens 1,5 g/Tag eingenommen werden. Diese Dosis wird aufgrund der Flush-Symptomatik jedoch häu- fig nicht erreicht. An der Auslösung der Flush-Symptomatik sind spezi- fische über Prostaglandin D
2 und E vermittelte Reaktionen beteiligt. 2
Nicotinsäure stimuliert insbesonde- re in der Haut die Synthese von Prostaglandin D
2, das vorwiegend über DP1-Rezeptoren vasodilatato- risch wirkt.
Mit Laropiprant steht nun ein DP1-Rezeptorantagonist zur Ver- fügung, der in verschiedenen Tier- modellen und Untersuchungen am Menschen die nicotinsäureindu- zierte Gefäßerweiterung verhin- dern konnte. Ein Kombinationsprä- parat aus Nicotinsäure (1 000 mg) und Laropiprant (20 mg) ist seit September 2009 als Tredap tive® verfügbar. Die empfohlene An- fangsdosis beträgt in den ersten vier Wochen eine Tablette pro Tag.
Anschließend wird die Dosis auf zwei Tabletten pro Tag erhöht. Rat- sam ist die Einnahme abends mit dem Essen oder vor dem Schlafen- gehen. Wie andere Nicotinsäure- präparate ist Tredaptive bei Pa - tienten mit Leberfunktionsstörung kontraindiziert und bei Patienten mit Niereninsuffizienz mit Vor- sicht anzuwenden.
Die Wirksamkeit und Verträg- lichkeit der Kombination wurde unter anderem in einer großen Phase-III-Studie bei Patienten mit primärer Hypercholesterolämie oder gemischter Dyslipidämie nachge- wiesen. Die Wirkungen auf den
Fettstoffwechsel waren bei den mit Nicotinsäure behandelten Pa- tienten mit und ohne Zusatz von Laropiprant ähnlich. In der Kombinationsgruppe wurde jedoch signifikant seltener eine Flush- Symptomatik beobachtet. Die Glu- kosekonzentrationen im Plasma nahmen unter der Nicotinsäure- therapie im Median um 4 mg/dl zu (Placebo 0,5 mg/dl), der HbA
1c-Wert stieg im Median um 0,2 Pro - zentpunkte (Placebo 0 Prozent- punkte).
Prüfung der Kombination auf kardiovaskuläre Endpunkte
Wegen der bekannten Wirkung von Nicotinsäure auf den Glukose- stoffwechsel wurde die Kombi - nation in einer weiteren rando- misierten doppelblinden Studie bei Patienten mit Diabetes melli- tus Typ 2 über 36 Wochen im Vergleich zu Placebo untersucht.Auch in dieser Studie konnten durch Nicotinsäure und Laropi- prant die Parameter des Fettstoff- wechsels signifikant günstig be- einflusst werden. Bei zehn Prozent der Patienten war eine Modifikati- on der antidiabetischen Therapie erforderlich, die meist aus der Er- höhung der Dosis des Antidiabeti- kums um eine Stufe bestand.
In der derzeit laufenden Studie HPS2-THRIVE (Treatment of HDL cholesterol to reduce the incidence of vascular events) wird die Wirk- samkeit der Kombination auf kar- diovaskuläre Endpunkte wie kar- diovaskulären Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall untersucht. ■
Dr. rer. nat. Susanne Heinzl
Pressekonferenz „It’s not one lipid or another.
Advancing the standard of care in cholesterol management“ beim ESC-Kongress 2009 in Barcelona: Satellitensymposium „Comprehensive lipid management: an evolving atherosclerosis treatment paradigm“. Veranstalter: MSD Sharp &
Dohme