I 009/2008 POM 20. Februar 2008 POM C Interpellation
0245 Jenk, Liebefeld (SP-JUSO)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 21.01.2008
Neue Bedrohung für die Zivilbevölkerung: WK-Soldaten schieben Wache mit durchgeladener Waffe
Gemäss Medienberichten absolvieren die Soldaten der Schweizer Armee den Wachtdienst, etwa vor Kasernen oder Munitionsdepots, seit dem 1. Januar mit durchgeladener Waffe.
Die neue Weisung gelte für den Armeeeinsatz am Davoser Weltwirtschaftsforum WEF und bei der Bewachung der Botschaften vorläufig nicht, weil dort die kantonalen Polizeiorgane das Kommando leiten. Offen sei auch, ob der Wachtdienst mit durchgeladener Waffe bei Einsätzen zur Sicherung der Euro 08 zur Anwendung komme.
Angesichts der Tatsache, dass die Schweiz in den letzten Jahren vom internationalen Terrorismus verschont wurde, erscheint eine solche Massnahme als unnötige Panikmache.
Ich befürchte allerdings, dass diese Regelung zu vermehrten tödlichen Unfällen sowohl bei den wachhabenden Soldaten als auch bei der Zivilbevölkerung führen wird.
Ich bitte den Regierungsrat deshalb um die Beantwortung folgender Fragen:
Gilt die Weisung des VBS über den Wachtdienst auch für Truppen, welche ihren WK mitten im Siedlungsgebiet (z.B. in Zivilschutzbunkern von Schulhäusern) leisten?
Teilt der Regierungsrat die Ansicht, dass sich die Bedrohungslage so stark verschlechtert hat, dass eine solche Massnahme aus seiner Sicht gerechtfertigt ist?
Wäre es bei einer deutlich verschlechterten Bedrohungslage sowohl für die Zivilbevölkerung wie für das Militär nicht sicherer, wenn Soldaten und Material nur noch in speziell gesicherten Anlagen wie Kasernen untergebracht würden?
Denkt der Regierungsrat nicht auch, dass es unnötig gefährlich ist, wenn ein WK-Soldat z.B. eine Gruppe betrunkener Fussballfans oder Nachtschwärmer mit durchgeladener Waffe abwehren soll?
Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass der Einsatz von Schusswaffen bei öffentlichen Anlässen nur professionell geschulten Personen (Polizisten, Festungswächter) erlaubt sein darf?
Gedenkt der Regierungsrat sich dagegen zu wehren, dass der Wachtdienst mit durchgeladener Waffe auch bei den Einsätzen zur Sicherung der Euro 08 zur Anwendung kommt?
Es wird Dringlichkeit verlangt. Gewährt: 24.01.2008
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Antwort des Regierungsrates
Ausgangslage
Laut Weisung des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) haben Soldaten vor Kasernen oder Munitionsdepots seit dem 1. Januar 2008 grundsätzlich mit gesicherter, aber durchgeladener Waffe Wache zu halten. Wie den Medien zu entnehmen ist, hat das VBS die entsprechende Weisung unterdessen relativiert und angepasst.
Zur ersten und vierten Frage
Für den Regierungsrat steht fest, dass durchgeladene Waffen im Wachtdienst die Gefahr für die Bevölkerung erhöhen. Er begrüsst daher die Äusserungen des VBS, dass geladene Waffen nur dort eingesetzt werden, wo es um die Bewachung von heiklem militärischem Material wie Munition und Waffen geht. Damit dürfte die Problematik grösstenteils entschärft sein, da solche gefährdeten Einrichtungen grundsätzlich nicht inmitten von Dörfern und Städten liegen.
Zur zweiten und dritten Frage
Zusätzliche Vorsichtsmassnahmen zum Schutz bedrohter militärischer Anlagen mögen heute zwar nicht zwingend erforderlich erscheinen. Präventives Handeln kann sich aber - wenn es in einem angemessenen Rahmen stattfindet - auch als sehr nützlich erweisen.
Das VBS hat nach Ansicht des Regierungsrates nunmehr das nötige Augenmass bewiesen, indem es seine Weisung relativiert und Ausnahmen zugelassen hat. Wie einem aktuellen Medienbericht zu entnehmen ist, prüft das VBS derzeit auch, ob nicht beispielsweise Reizstoffspray zur Durchsetzung des Wachauftrags ausreichen könnte.
Auch für das VBS bleibe das Verhältnismässigkeitsgebot oberstes Gebot. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die zuständigen Kommandanten vor Ort ihren grossen Handlungsspielraum in angemessener Weise nutzen.
Die Unterbringung von heiklem militärischem Material in geeigneten Anlagen könnte die Sicherheit für alle Beteiligten in der Tat erhöhen. Das VBS dürfte solche Überlegungen in seinen Planungen sicherlich berücksichtigten.
Zur fünften und sechsten Frage
Die innere Sicherheit wird grundsätzlich von der Polizei gewährleistet. Dementsprechend sorgt sie auch bei öffentlichen Anlässen für die Sicherheit. Armeeangehörige kommen selbst beim Grossereignis EURO 2008 lediglich subsidiär zum Einsatz. Die Armee leistet keinen Ordnungsdiensteinsatz und Kontakte zwischen Armeeangehörigen und Besuchern der EURO 2008 sollen möglichst vermieden werden. Die Armee ist in erster Linie für logistische Einsätze und den Objektschutz vorgesehen.
Der Entscheid, ob Armeeangehörige während der EURO 2008 Wachtdienst mit durchgeladener Waffe leisten, liegt bei den zivilen Behörden vor Ort. Der Regierungsrat ist klar der Ansicht und wird entsprechende Anweisung geben, dass WK-Soldaten während der EURO 2008 ihren Wachtdienst nicht mit durchgeladener Waffe leisten sollen.
An den Grossen Rat