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Untersuchungen zum Angriffspunkt der resultierenden Kräfte im Reifenlatsch

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TRAKTORTECHNIK

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58 LANDTECHNIK 5/2003

Matthias Schreiber, Christian Brinkmann und Volkmar Schlotter, Hohenheim

Untersuchungen zum Angriffspunkt der resultierenden Kräfte im Reifenlatsch

D

as Reifenmodell ist bei der Gesamt- fahrzeugsimulation von entscheidender Bedeutung, da der Reifen das Bindeglied zwischen Fahrzeug und Fahrbahn darstellt.

Eine genaue Kenntnis der auftretenden Kräf- te und Verschiebungen ist daher unerlässlich für die Entwicklung eines realitätsnahen Modells. Die Ermittlung der Kraftangriffs- punkte in der Reifen-Boden-Kontaktfläche ist dabei Grundlage für die Bestimmung von Rückstell- (Lenk-) und Sturzmoment.

Untersuchungsmethode

Mit der Hohenheimer Einzelradmessein- richtung, auf deren Basis bereits mehrere Forschungsarbeiten entstanden, können mit- tels einer 6-Komponenten-Messnabe die Trieb- oder Bremskraft Fx, Seitenkraft Fy

und Aufstandskraft Fz sowie das Sturzmo- ment Mx, Antriebs- oder Bremsmoment My

und das Rückstellmoment Mzbestimmt wer- den. Nachdem in [1] bereits umfangreiche Untersuchungen zum Seitenkraftverhalten durchgeführt wurden, sollen im Rahmen dieses Beitrags Längs- und Querverschie- bungen der Angriffspunkte der Trieb-, Sei- ten- und Aufstandskraft sowie deren Auswir- kungen auf die Nabenmomente betrachtet werden. Alle Abstände, Kräfte und Momen- te sind in Bild 1 dargestellt.

Angriffspunkt der Aufstandskraft Zur Ermittlung der vom Boden auf den Rei- fen wirkenden Kräfte wird mit der Einzel- radmesseinrichtung bei ausgehobenem Rad ein Nullabgleich für alle Kräfte und Mo- mente durchgeführt. Mit der Messnabe kön- nen dann die Kräfte und Momente in der Reifen-Boden-Kontaktfläche eindeutig be- stimmt werden. In dieser Kontaktebene, die bei asphaltiertem Boden den Abstand r vom Radmittelpunkt hat, kann der exakte An- griffspunkt der Aufstandskraft Fz (im Fol- genden als Aufstandspunkt bezeichnet) durch die Momentengleichgewichte um die x- und y-Achse bestimmt werden. Es gilt:

e = (My- Fkx• r) / Fkz (1) hy= (-Mx- Fky• r) / Fkz (2) Dabei ist e der Hebelarm der Radlast, der von Plesser [2] bereits genauer untersucht wurde. Dementsprechend vergrößert sich der Hebelarm mit zunehmender Geschwin- digkeit und Radlast und nimmt auf befestig- ter Fahrbahn Werte zwischen 10 und 25 mm an. Bei variierendem Schräglauf zeigen sich nur minimale Veränderungen. In diesem Beitrag steht die seitliche Verschiebung hy

des Aufstandspunktes von der Radmitte im Vordergrund. Diese ist einerseits neben e ei- ne wichtige Größe zur Berechnung der ex- akten Radlasten bei Kurvenfahrt, Zugarbeit

Um die Mehrkörper-Simulation bei der Entwicklung landwirtschaftli- cher Fahrzeuge mit vertretbarem Aufwand durchführen zu können, bedarf es einfacher, aber hinrei- chend genauer Teilmodelle. Zum Fahrverhalten von Traktorreifen wurden bislang vor allem Vertikal- und Längsdynamik untersucht. Für ein realitätsnahes Reifenmodell ist es notwendig, den Einfluss von Sei- tenkräften näher zu betrachten.

Vorgestellt werden deshalb Unter- suchungen zur Verschiebung der Angriffspunkte der resultierenden Kräfte in der Reifen-Boden-Kon- taktfläche. Betrachtet wird der frei rollende Traktorreifen auf Asphalt- Fahrbahn.

Dipl.-Ing. sc. agr. Matthias Schreiber, Dipl.-Ing.

Christian Brinkmann und Dipl.-Ing. Volkmar Schlot- ter sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim, Fachgebiet Verfahrenstechnik in der Pflanzenpro- duktion mit Grundlagen der Landtechnik (Leiter:

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. H.D. Kutzbach), Garbenstr. 9, 70599 Stuttgart; e-mail: schreib@uni-hohenheim.de.

Schlüsselwörter

Reifen, Seitenkraft, Rückstellmoment, Reifenmodell, Mehrkörpersimulation

Keywords

Tyre, lateral force, aligning torque, tyre model, multi- body simulation

Literatur

Literaturhinweise sind unter LT 03514 über Internet http://www.landwirtschaftsverlag.com/ landtech/lo- cal/fliteratur.htm abrufbar.

Bild 1: Wirkende Kräfte und Momente am Ackerschlepperreifen mit den zugehörigen Hebelarmen r, e, hxund hy

Fig. 1: Forces and torques for an agricultu- ral tyre and their corre- sponding lever arms r, e, hxand hy

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oder Fahren am Hang. Andererseits ist hybe- deutsam für das Kippverhalten des Traktors.

Anschaulich macht es sich durch ein gemes- senes Sturzmoment bemerkbar, welches von dem allein durch Seitenkraft Fkyund Rollra- dius r erzeugten Moment abweicht.

In Bild 2 ist die seitliche Verschiebung hy

in Abhängigkeit vom Schräglaufwinkel für verschiedene Radlasten dargestellt.

Es zeigt sich eine Verschiebung, die annähernd linear mit dem Schräglaufwinkel ansteigt. Die größere Aufstandspunktver- schiebung bei höheren Radlasten ist durch die entsprechend größeren Seitenkräfte be- dingt. Stellt man die hyWerte in Abhängig- keit von der Seitenkraft dar, so ergibt sich für alle Radlasten ein nahezu gleicher, leicht progressiv ansteigender Kurvenverlauf.

Folglich ist die seitliche Verschiebung des Kraftangriffspunktes radlastunabhängig und kann als seitenkraftabhängige Größe be- trachtet werden. Hierdurch kann die Ver- suchsanzahl zur experimentellen Bestim- mung des hy Wertes wesentlich reduziert werden.

Die visuelle Auswertung der Karkassen- verformung zeigt im Vergleich mit der be- rechneten Aufstandspunktverschiebung hy, dass der Versatz des Latsches lyaus Bild 2 größere Werte annimmt.

Dies hängt mit der in Bild 3 qualitativ dar- gestellten Flächenpressungsverteilung in der Kontaktfläche zusammen. Die daraus resul- tierende Normalkraft wandert bezogen auf die Latschfläche in negativer y-Richtung. Da die Verschiebung der Latschfläche lyin posi- tiver y-Richtung bei der weichen Karkasse des Traktorreifens jedoch größer ist, ergibt sich für hyeine Verschiebung in positiver y- Richtung. Im Gegensatz hierzu nimmt hybei PKW-Reifen bedingt durch höheren Luft- druck und die im Verhältnis steifere Struktur negative Werte an [3]. Diese resultierende Verschiebung des Aufstandspunktes hy ist auch für das Umsturzverhalten des Traktors wichtig, da durch die starke Verformung der Karkasse ein früheres Kippen als bei nicht verformbaren Reifen zu erwarten ist.

Näherungsweise wird angenommen, dass auch die Trieb- oder Bremskraft an dem ver- änderten Aufstandspunkt angreift.

Das Rückstellmoment

Der in Bild 1 eingezeichnete Hebel hx, der auch als Reifennachlauf bezeichnet wird, kann aus

hx= (Mz- Fkx• hy) / Fky (3) berechnet werden. Beim frei rollenden Rad wird das Rückstellmoment Mz fast aus- schließlich durch die Seitenkraft Fkyund den Reifennachlauf hxerzeugt. Der Einfluss des Rollwiderstands mit dem Hebel hyist mini- mal, erst bei ziehenden oder gebremsten Rä- dern gewinnt er an Bedeutung. Weitere Ein- flussfaktoren können hier vernachlässigt werden.

Das Rückstellmoment steigt mit zuneh- mender Seitenkraft erst an, erreicht bei et-

was mehr als der halben übertragbaren Sei- tenkraft ein Maximum und fällt dann wieder ab. Ein Rückgang des Rückstellmoments in den negativen Bereich, wie er von den PKW- Reifen bekannt ist [4], konnte für Traktorrei- fen bei Schräglaufwinkeln bis 20° nicht fest- gestellt werden. Die Zusammenhänge von Seitenkraft, Rückstellmoment, Reifennach- lauf, Radlast und Schräglaufwinkel lassen sich im Gough-Diagramm darstellen (Bild 4).

Die Linien gleichen Nachlaufs werden aus Fyund Mzberechnet. Bei Betrachtung eines stationären Fahrzustands mit Seitenkraftein- wirkung können beispielsweise Radlast und Seitenkraft für jedes Rad bestimmt werden.

Anhand dieser Parameter werden dann aus dem Gough-Diagramm Rückstellmoment, Schräglaufwinkel und Reifennachlauf er- mittelt. Die Kurvenverläufe können mathe- matisch beschrieben werden, um ein empiri- sches Teilmodell zu entwickeln.

Für frei rollende Räder auf befestigter Fahrbahn ist damit eine wichtige Grundlage für die Gesamtfahrzeugsimulation geschaf- fen worden. Insbesondere die Kurvenfahrt auf der Straße, bei der die Räder große Sei- tenkräfte aufnehmen müssen und sich ent- sprechender Schräglauf einstellt, kann so gut beschrieben werden.

Ausblick

Mit den gezeigten Verfahren wird das Rei- fenverhalten bezüglich der auftretenden Nabenmomente gut beschrieben. Die grundsätzlichen geometrischen Aussagen sind auch auf angetriebene und gebremste Räder auf fester Fahrbahn übertragbar, ge- naue Messungen zur Bereitstellung entspre- chender Datensätze stehen in Zukunft an. Da für das einsinkende Rad auf nachgiebigem Untergrund kein genauer Radius bestimmt werden kann, müssen hierfür noch weitere Untersuchungen zum Reifenverhalten durchgeführt werden.

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Bild 3: Bild eines unter Seitenkraft deformierten Traktorreifens mit qualitativ dargestellter Druck- verteilung. Die schwarze Kontur zeigt den unbelasteten Zustand

Fig. 3: Picture of a tractor tyre deformed by lateral force with qualitative distribution of pressure displayed. The black contour denotes an unstressed state

Bild 2: Seitliche Verschiebung des Aufstandspunktes hyin Abhängigkeit des Schräglaufwinkels für verschiedene Radlasten (Reifen: 520/70 R34, pi = 0,8 bar, v = 5 km/h, Asphalt)

Fig. 2: Lateral displacing of hyas a function of the slip angle for different tyre loads. (tyre: 520/70 R34, pi= 0,8 bar, v = 5 kph, asphalt)

Bild 4: Zusammenhang von Seitenkraft, Rückstellmoment, Reifennachlauf, Aufstandskraft und Schräglaufwinkel im Gough-Diagramm (Reifen: 520/70 R34, pi= 0,8 bar, v = 5 km/h, Asphalt)

Fig. 4: Relations of lateral force, aligning torque, tyre trail, tyre load and slip angle in the Gough diagram (tyre: 520/70 R34, pi= 0.8 bar, v = 5 kph, asphalt)

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