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Archiv "Individualisierte Therapieentscheidungen: Welche Relevanz haben Biomarker?" (09.03.2012)

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A 484 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 10

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9. März 2012 en am häufigsten: Ihr Anteil an der Gesamtheit der Hypertoniker habe zum Beispiel in einer Analyse der Hypertonieambulanz Freiburg 63 und 16 Prozent betragen. Ein pri- märer Aldosteronismus lag bei zwölf Prozent der Patienten vor.

Die verschiedenen Typen dieser be- handelbaren, sekundären Hyperto- nieform würden noch zu selten diagnostiziert, wobei sich aus den Laborparametern (Serumkalium, Plasmarenin, Plasmaaldosteron) und der Familienanamnese die wich- tigsten Hinweise ergäben. Die An- sprechbarkeit des Blutdrucks auf nicht medikamentöse Maßnahmen sowie pharmakodynamische und -kinetische Aspekte bei der Verord- nung von Arzneimitteln gelte es einzuschätzen. „Genetische Merk- male des Bluthochdruckpatienten können bei allen zu berücksichti- genden Kriterien eine Rolle spielen, sie haben bislang aber eine eher unter geordnete praktische Bedeu- tung“, sagte Anlauf.

Insgesamt werde die klinische Relevanz von Biomarkern als Kom- ponenten einer „individualisierten Pharmakotherapie“ in Fach- und Publikumsmedien zu positiv darge- stellt, lautete der Tenor der Diskus- sion beim BÄK-Forum: Häufig sei eine medizinisch und pharmako- ökonomisch sinnvolle Anwendung prognostischer, prädiktiver oder phar- makodynamischer Biomarker nicht durch große randomisierte pro - spektive Untersuchungen belegt.

Teilweise würden Studien mit posi- tiven Ergebnissen selektiv publi- ziert, erklärte Prof. Dr. med. Wolf- Dieter Ludwig, Helios-Klinikum Berlin-Buch, Vorsitzender der AkdÄ.

Im Bereich der Onkologie, in dem die nach Biomarkern stratifizieren- den Therapien derzeit boomen, ge- be es nur einzelne Tumorentitäten, INDIVIDUALISIERTE THERAPIEENTSCHEIDUNGEN

Welche Relevanz haben Biomarker?

Polymorphismen im Zytochrom-P-450-System, über das viele Medikamente metabo- lisiert werden, spielen bei einem Drittel der gemeldeten Arzneimittelnebenwirkungen eine Rolle. Für einige Substanzen wird die Dosisoptimierung mit Gentests diskutiert.

Tests auf geneti- sche Biomarker –

dafür gibt es An- wendungen in der Onkologie. Auch bei Plättchenfunktions- hemmern werden sie diskutiert.

Foto: Fotolia

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er Begriff der individuali- sierten oder personalisierten Medizin wird derzeit nahezu infla- tionär verwendet: als Synonym für die Medizin der Zukunft, die mit Hilfe stärker zielgerichteter Be- handlungs- und Präventionsformen, als es sie bislang gibt, Gesundheits- probleme rascher und effektiver lö- sen soll. Aber welche Aspekte der individualisierten Therapie sind neu und auf welchen Gebieten? Welche Bedeutung haben Biomarker für die Therapieoptimierung? Dieser Fra- genkomplex ist bei einer Veranstal- tung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) während des 36. Interdisziplinären Forums der Bundesärztekammer in Berlin diskutiert worden.

„Bei der Behandlung des Hy - pertoniepatienten ist die individua- lisierte Therapieentscheidung im Prinzip nichts Neues, aber sie ist eine zunehmende Herausforderung angesichts des höher werden An- teils älterer Patienten mit weite- ren behandlungsbedürftigen Erkran-

kungen“, sagte Prof. Dr. med. Man- fred Anlauf, Internist und Nephrolo- ge in Cuxhaven. So müsse der mut- maßliche Beitrag abgeschätzt wer- den, den die Höhe des Blutdrucks künftig auf die Gesundheit des Pa- tienten haben werde: das kardio - vaskuläre, das zerebrale, das renale Risiko. Die Basis dafür seien Da- ten großer Kohortenstudien wie PROCAM und Framingham. „Es gilt nicht mehr: je niedriger der Blutdruck, desto besser“, sagte An- lauf. „Wir streben einen Zielkorri- dor an. Im Allgemeinen liege er bei Blutdruckwerten von < 140 mmHg und > 120 mmHg systolisch und

< 90, aber > 70 mmHg diastolisch.

Zielkorridor für den Blutdruck Der Zielkorridor variiere dann nach Alter und Komorbidität. Weiteres Kriterium der individualisierten Behandlung sei die wahrschein- lichste Ursache, die ein differen- ziertes therapeutisches Vorgehen er- mögliche. Primär essenzieller und renal bedingter Bluthochdruck sei-

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9. März 2012 A 485 in denen Biomarker erfolgreich

Eingang in die Klinik gefunden hät- ten. Ein Beispiel sei die Phila - delphia-Chromosom(Ph)-positive chronische myeloische Leukämie, bei der die dem Ph-Chromosom zu- grundeliegende molekulare Verän- derung (BCR-ABL-Fusionsgen) als Prognose-, Verlaufsparameter und Zielstruktur für Tyrosinkinaseinhi- bitoren diene.

Gleichwohl hätten viele Studien mit sogenannten zielgerichteten Me- dikamenten in der Onkologie me- thodische Mängel und damit wenig Aussagekraft. Um den klinischen Nutzen einer neuartigen, biomar- kerbasierten Therapie zuverlässig einzuschätzen, sei es sinnvoll, alle die Auswahlkriterien erfüllenden Patienten in die Untersuchung auf- zunehmen, unabhängig vom Bio- markerstatus. Diese Patienten könn- ten dann in biomarkerpositive und -negative Untergruppen stratifiziert und innerhalb der Untergruppen in Studienarme mit Behandlung A oder B randomisiert werden. „Der Grund für ein solches methodisches Vorgehen ist, dass sowohl biomar- kerpositive wie -negative Patienten auf eine neuartige Therapie anspre- chen oder nicht ansprechen kön- nen“, erläuterte Ludwig.

Andererseits fehle es an unab- hängiger, evidenzbasierter Patien- teninformation, um die Therapie - adhärenz zu erhöhen und damit die Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln, sagte Prof. Dr. med.

Petra Thürmann vom Helios-Klini- kum Wuppertal. So sei einer inter-

nationalen Metaanalyse aus dem Jahr 2006 zufolge etwa ein Drittel der vermeidbaren, arzneimittelasso- ziierten Krankenhauseinweisungen durch mangelnde Compliance ver- ursacht, ein weiteres Drittel durch Verordnungsprobleme und etwa 20 Prozent durch Mängel beim Mo- nitoring. Allein die korrekte Be- rücksichtigung der Nierenfunktion könne zu einer deutlichen Reduk - tion unerwünschter Arzneimittel- wirkungen beitragen. Elektronische Verordnungsunterstützungssysteme könnten dabei hilfreich sein.

CYP-450-Allele oft relevant Bei einigen Medikamenten ließen sich vermutlich durch Tests auf ge- netische Polymorphismen von Stoff- wechselenzymen, Arzneimitteltrans- portern oder Zielstrukturen für Sub- stanzen die Effektivität und Sicher- heit von Arzneimitteln erhöhen, sagte die Pharmakologin. So stün- den bei knapp 30 Prozent der Pa- tienten, deren Daten beim Netz- werk der na tionalen Pharmakovigi- lanzzentren eingingen, die uner- wünschten Substanzwirkungen im Zusammenhang mit nur drei Sub- straten des Zytochrom-P-450-Sys- tems: CYP2C9, -2C19 und -2D6.

Zu diesen Medikamenten gehö- ren Gerinnungshemmer wie Warfa- rin. Eine genomweite Assoziations- studie aus Schweden bestätige frü- here Befunde: Polymorphismen im Gen für CYP2C9 und für die Vit - amin-K-Epoxid-Reduktase, der Ziel- struktur von Vitamin-K-Antagonis- ten, bestimmen die Sensitivität für

Warfarin mit und sind damit für die hohe interindividuelle Dosisvarianz verantwortlich (PloSGenetics 2009;

5: e1000433). Risiken sind Überdo- sierungen mit erhöhter Blutungs - gefahr oder Unterdosierungen mit mangelnder Effektivität. Derzeit wird die Dosis von Warfarin über die Prothrombinzeit angepasst. Die US-amerikanische Zulassungsbehör- de FDA weist bereits auf die Mög- lichkeit hin, für die Initialdosis ei- nen Gentest zu Hilfe zu nehmen, wie der Pharmakologe Prof. Dr. med. Dr.

rer. nat. Ingolf Cascorbi, Campus Kiel, berichtete. Auch Thürmann meinte, ein pharmakogenetischer Test bei Warfarin könne sinnvoll sein. Die Substanz werde allerdings in Deutschland selten angewandt.

Auch vom Thrombozytenaggre- gationshemmer Clopidogrel ist ein Zusammenhang zwischen dem CYP-2C19-Genotyp und dem An- sprechen auf die Substanz bekannt.

Die klinische Relevanz von Gentests für die Optimierung der Wirksam- keit und Sicherheit von Clopidogrel werde derzeit noch kontrovers dis- kutiert, sagte Cascorbi mit Bezug auf die Literatur (JAMA 2011; 206:

2221–3; JAMA 2011; 306: 2704–12;

Studien im Fokus in diesem Heft). In der Fachinformation gebe es inzwi- schen einen Hinweis darauf, dass ein Test auf den CYP-2C19-Genotyp möglich sei, um zwischen langsa- men und schnellen Metabolisierern

zu unterscheiden

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

@

Vorträge unter www.akdae.de

Biomarker sind charakteristische biologische Merkmale, die gemessen werden können und auf einen normalen biologischen oder krank- haften Prozess im Körper hinweisen können.

Es kann sich also um komplexe Organfunktio- nen oder charakteristische Veränderungen bio- logischer Strukturen handeln. Der „klassische“

Biomarker für die Medizin ist ein Laborpara- meter, den der Arzt als Entscheidungshilfe für die Diagnosestellung und die Therapieent- scheidung heranzieht. Wird der Begriff „Bio- marker“ im Zusammenhang mit der (persona-

lisierten) stratifizierenden Medizin verwendet, sind damit im Allgemeinen klinisch relevante individuelle molekularbiologische Variationen von Genen oder Genprodukten gemeint. Sie werden auf DNA-, RNA-, Protein- oder Stoff- wechselebene untersucht.

Dabei wird unterschieden zwischen krank- heits- und arzneimittelbezogenen Biomarkern.

Krankheitsbezogene Biomarker können als Ri- sikoindikatoren die Erkrankungswahrschein- lichkeit anzeigen. Prognostische Marker dienen dazu, den Verlauf einer Erkrankung einzu-

schätzen, bei einem Malignom zum Beispiel das Rezidivrisiko. Ein prädiktiver Test soll das Ansprechen eines Patienten auf eine bestimm- te Therapie vorhersagen.

Die arzneimittelbezogenen Biomarker zeigen an, ob und wie ein Patient voraussichtlich auf ein Medikament anspricht und/oder welche un- erwünschten Wirkungen zu erwarten sind. So werden für pharmakodynamische Tests zum Beispiel individuelle Varianten von Stoffwechsel - enzymen untersucht, um die Dosierung eines Arzneimittels entsprechend anzupassen.

WIE BIOMARKER DEFINIERT WERDEN

M E D I Z I N R E P O R T

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