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Archiv "EU-Projekt Netc@rds: Gesundheitsleistungen barrierefrei nutzen" (06.04.2007)

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A938 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 14⏐⏐6. April 2007

T H E M E N D E R Z E I T

D

ie Europäische Union (EU) will den Zugang ihrer Bürger zu medizinischen Einrichtungen außerhalb ihres Heimatlandes ver- einfachen und dafür sorgen, dass die Mobilität innerhalb Europas so we- nig wie möglich durch Barrieren in den nationalen Gesundheitssyste- men behindert wird. Technische Lö- sungen – insbesondere der Telema- tik – können hierzu erheblich beitra- gen. Das EU-Projekt Netc@rds zielt deshalb darauf ab, die grenzüber- schreitende Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zu erleich- tern. In Versuchsregionen werden zwei Varianten getestet:

1. Die elektronische Umsetzung der europäischen Krankenversicher- tenkarte (EHIC), die zunächst nur als Sichtausweis im Juni 2004 für circa 420 Millionen EU-Bürger ein- geführt wurde.

2. Die Nutzung vorhandener na- tionaler Krankenversichertenchip- karten als grenzüberschreitender An- spruchsnachweis.

Zur Nutzung der elektronischen Zugangsverfahren wird zeitgleich eine europäische Telematikplattform aufgebaut, die Schnittstellen zu den nationalen Kommunikationssyste-

men hat. In Deutschland bei- spielsweise richtet zurzeit die Betriebsgesellschaft gematik für die neue Gesundheitskarte eine entsprechende Telematik-

infrastruktur ein.

Kernelement der europä- ischen Netc@rds-Architek- tur ist der Aufbau von na- tionalen Servern, die die Datenübertragung zwi- schen den EU-Ländern si- cherstellen. Nationale Aufgabe ist die Weiterleitung an die kostenüber- nahmepflichtige Krankenkasse. Mit der Online-Verifikation über diese europäischen Portale wird die Kar- tengültigkeit geprüft. Netc@rds er- probt damit ein zukunftsweisendes Sicherheitsmerkmal, das im derzei- tigen Abstimmungsprozess für ein künftiges europäisches Routinever- fahren eingebracht wird. Eine we- sentliche Voraussetzung ist die In- teroperabilität von Gesundheitskar- ten und Telematiknetzen in Europa, um die Entstehung von neuen tech- nischen Barrieren zu vermeiden.

Den gesetzlichen Projektrahmen geben die europäischen Verordnun- gen EWG Nr. 1408/71 und 574/72 vor. Geregelt ist darin die Inanspruch- nahme von medizinischen Leistungen während eines Auslandsaufenthaltes auf Sachleistungsebene. Von Anfang der 70er-Jahre bis Ende 2005 wurde das europäische Formular E-111 ver- wendet. Die Hauptmerkmale des Ver- fahrens waren die Beantragung bei der heimischen Krankenkasse vor ei- nem Auslandsaufenthalt, die zeitliche Befristung für den Urlaub sowie die Vorlage bei der ausländischen Kran- kenkasse zur Ausstellung eines aus- ländischen Berechtigungsscheins für den Leistungszugang.

EU-PROJEKT NETC@RDS

Gesundheitsleistungen barrierefrei nutzen

Am Projekt zur grenzüberschreitenden Inanspruchnah- me medizinischer Leistungen beteiligen sich inzwischen 15 europäische Länder. 2007 soll die Ersteinführung des Dienstes beginnen.

Abbildung 1:

Die Europäische Krankenversicher- tenkarte hat das alte E-111-Papier- formular, das von 1973 bis 2005

verwendet wurde, abgelöst.

kritische Evaluation der Evidenz durch international besetzte Exper- tengremien empfohlen.

Nach der Einführung eines Scree- ningprogramms ist die kontinuierli- che wissenschaftliche Bewertung der kompletten Untersuchungskette vom Test über die Therapie oder andere Interventionen bis hin zur Todesursa- che essenziell. Es muss dabei ersicht- lich werden, dass der gewünschte Nutzen erreicht wird. Die Bewertung muss die gesamte Screening-Kette umfassen. Eine Nachverfolgung der Zielpopulation bis zur Ermittlung der Todesursache muss möglich sein, nur so kann das angestrebte Ziel der Mortalitätssenkung auch untersucht und belegt werden. Relevante Aussa- gen sind nur möglich mit flächen- deckenden bevölkerungsbezogenen Krebsregistern.

Typische Prozessparameter, wie Verschiebungen zu günstigeren Tu- morstadien zum Diagnosezeitpunkt, sind als Hinweis für die Effektivität zu deuten. Sie sind jedoch nur Cha- rakteristika der ersten Stufe und rei- chen als Beleg für die angestrebte Minderung der Sterblichkeit nicht aus. Im Fokus der Evaluation dürfen deshalb nicht nur Prozessparameter stehen. Die Teilnehmer am Scree- ning-Programm sollten zielgerich- tet, spezifisch und sprachlich ange- messen, neutral und evidenzbasiert über Sinn und Durchführung des Screenings informiert werden. Ne- ben der Erläuterung der Wirksam- keit müssen auch die möglichen Nachteile aufgezeigt werden.

Nicht zuletzt vor dem Hinter- grund abnehmender Ressourcen im Gesundheitswesen müssen hohe Qualitätsanforderungen an Scree- ning-Programme gestellt werden, um einen sinnvollen und ethisch zu rechtfertigenden Mitteleinsatz zu begründen. „Graue“ oder „opportu- nistische“ Screenings sind als un- strukturierte Maßnahmen abzuleh- nen, da sich Nutzen und Schäden hier nicht beurteilen lassen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2007; 104(14): A 937–8

Anschrift für die Verfasser Dr. med. Klaus Giersiepen, MPH Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS)

Linzer Straße 10, 28359 Bremen E-Mail: giersiep@bips.uni-bremen.de

(2)

A940 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 14⏐⏐6. April 2007

T H E M E N D E R Z E I T

Mit der Einführung der europä- ischen Krankenversichertenkarte (Be- schlüsse Nr. 189–191 der Verwal- tungskommission, 18. Juni 2003) wurde nicht nur das Trägermedium des Anspruchsberechtigungsnach- weises ersetzt, sondern auch eine grundsätzliche Verfahrensänderung mit Direktzugang beim ausländi- schen Leistungserbringer vorgenom- men (Abbildung 1). Die Hauptmerk- male des Verfahrens der EHIC sind:

>Ausstellung durch die heimi- sche Krankenkasse, häufig auf der Rückseite der nationalen Kranken- versichertenkarte,

>mehrmals einsetzbar, zeitraum- gebunden,

>direkter Zugang zum ausländi- schen Leistungserbringer,

>Identitätsprüfung durch den Leistungserbringer.

Elektronisches EHIC-Verfahren Die EHIC als Sichtausweis stellt nach Auffassung der Europäischen Kommission lediglich einen Zwi- schenschritt dar. Ab 2008 (mit bereits absehbarer Verzögerung) soll eine elektronische Kartenvariante einge- führt werden, die durch die techni- sche Kommission der Verwaltungs- kommission für die Mobilität von Wanderarbeitnehmern spezifiziert wird. Die elektronische EHIC soll aber keine neue Chipkarte sein, son- dern als europäischer Datensatz in interoperable vorhandene oder künf- tige nationale Krankenversicherten- karten integriert werden.

Um diese Prozesse voranzutrei- ben, werden in den Netc@rds-Pilot- behandlungszentren bereits Kran- kenversichertenkarten aus Deutsch- land, Frankreich, Österreich, Slo- wenien und der oberitalienischen Region Lombardei auslesbar ge- macht. Für Besucher aus anderen Ländern wird eine automatisierte optische Erfassung der EHIC als Sichtausweis eingesetzt. Durch die Anerkennung der nationalen Kran- kenversichertenkarten erhöht sich die Zahl der einbezogenen Patienten in den Modellversuchen insbeson- dere in den Grenzregionen zu

Frankreich und Österreich deutlich.

Die Anerkennung ausländischer Krankenversichertenkarten als Al- ternative zum Regelverfahren wur- de in einer projektbezogenen Rah- menvereinbarung („Netc@rds Gen- eral Agreement“) zwischen den teilnehmenden Krankenversiche- rungen und Verbindungsstellen für die grenzüberschreitende Abrech- nung geregelt. Diese umfasst die Grundsätze des Projektbetriebs, ins- besondere die Kostenübernahme durch die leistungspflichtigen Kran- kenkassen innerhalb der 15 beteilig- ten EU-Länder während der Mo- dellversuche. Das General Agree- ment ist zeitlich unbefristet und of- fen für den Beitritt aller EU-Länder.

Seit 2002 wird Netc@rds durch das eTEN-Programm der General- direktion „Informationsgesellschaft“

gefördert. Inzwischen beteiligen sich Einrichtungen aus elf Ländern (Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlan- de, Österreich, die Slowakische Re- publik, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn). In Deutsch- land koordiniert das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung gemeinsam mit der AOK Baden- Württemberg das Projekt. Im Som- mer 2005 sind alle Landes-AOKen dem Projekt beigetreten. Die Deut- sche Verbindungsstelle Krankenver- sicherung Ausland (DVKA) ist Mit- unterzeichner der Rahmenvereinba- rung. Für den Zeitraum 2007 bis 2009 ist die Ersteinführung des Dienstes vorgesehen. Ein Projektantrag von 26 Partnerorganisationen aus 15 Län- dern wird zurzeit mit der EU-Kom- mission verhandelt (Grafik 1).

In Deutschland koordiniert die AOK-Baden-Württemberg das Pro- jekt mit den Landes-AOKen und be- reitet gemeinsam mit der AOK-Sys- tems die Anbindung von Netc@rds an den Verifikationsdienst vor. In ei- ner nationalen Arbeitsgemeinschaft unter Leitung des Zentralinstituts wird die Projektaktivität mit der Ge- samtheit der gesetzlichen Kranken- versicherung sowie dem Bundes- gesundheitsministerium abgestimmt – mit dem Ziel einer grundsätzlichen Öffnung für alle Krankenkassen.

Die grenzüberschreitende Nutzung von Krankenversichertenkarten be-

NETC@RDS-PILOTREGIONEN

Deutschland 30 Behandlungszentren, bundesweit

Frankreich Paris

Österreich Vorarlberg, Oberösterreich, Tirol Griechenland Athen, Thessaloniki

Italien Lombardei, Venezien

Finnland Turku

Tschechische Prag, Znojmo, Hodonin Republik

Slowakei Bratislava, Zámky

Slowenien Pomurje

Ungarn Budapest, Balaton, Györ GRAFIK 1

Wachstum des Netc@rds-Projekt- konsortiums

Stand: Ende 2006

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A942 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 14⏐⏐6. April 2007

T H E M E N D E R Z E I T

rücksichtigt bereits die Infrastruktur der neuen Gesundheitskarte, die zur- zeit entwickelt wird.

Anwendungsszenario

Die Netc@rds-Piloteinrichtungen befinden sich überwiegend an Tou- rismuszielen oder in Grenzregio- nen (Kasten). Insgesamt beteiligen sich zurzeit 80 Behandlungszen- tren am Projekt. Krankenhäuser nehmen die Installation häufig an mehreren Arbeitsplätzen vor. Mit der Ausweitung des Pilotbetriebs in der Einführungsphase sollen ab 2007 mehr als 300 Standorte einge- richtet werden, davon 80 allein in Deutschland.

Der Versuchsbetrieb unterstützt verschiedene Medien zur Datenerfas- sung beim Leistungserbringer (Gra- fik 2). Ausländische Krankenversi- chertenchipkarten werden mit einem interoperablen Lesegerät eingelesen.

Alternativ wird die EHIC optisch ein- gescannt und ein XML-Datensatz er-

zeugt. Das Auslesen von Chipkarten wird in Grenzregionen mit starken Patientenbewegungen häufiger ver- wendet. Das Einscannen ist der allge- meine, überall nutzbare Anwen- dungsfall. Die Identifikationsdaten des Versicherten müssen nicht mehr manuell eingegeben werden. Der Leistungserbringer hat einen elektro- nischen Datensatz, den er intern im Krankenhaus- oder Arztinformati- onssystem weiter verarbeiten kann.

Die Verifikation der Anspruchsbe- rechtigung über die europäischen Portale bei der zuständigen Kranken- kasse bietet größtmögliche Sicher- heit. Sie erfolgt über einen gesicher- ten Netzzugang des authentisierten Leistungserbringers über den Net- c@rds-Server des Besuchs- und den des Ursprungslandes durch einen Ab- gleich mit der jeweiligen Bestandsda- tenbank der Krankenversicherung. In Deutschland betreibt das Zentralin- stitut den Server, der seit Herbst 2006 mit Netc@rds-Servern in Frankreich,

Österreich, den Niederlanden und der Lombardei kommuniziert und inner- halb Deutschlands die Daten an die AOK weiterleitet. Für die Zugangs- kontrolle zum deutschen Server wird auf bereits bewährte sichere sektor- spezifische Verfahren der Registrie- rung von Leistungserbringern zurück- gegriffen. In der vertragsärztlichen Versorgung ist dies das Verfahren D2D (Doctor to Doctor), das bundes- weit bereits mehr als 3 000 Ärzte als Kommunikationsplattform nutzen.

Für den Krankenhausbereich wird der Zugang über Zertifikate geregelt, die von der Deutschen Krankenhaus Trustcenter und Informationsverar- beitung GmbH ausgegeben werden.

Nach erfolgreicher Verifikation erhält der Leistungserbringer einen vertrauenswürdigen Datensatz, der die Kostenübernahmegarantie und die Korrektheit der persönlichen Da- ten gewährleistet. Angestrebt wird, diesen Datensatz in die nationalen Abrechnungsdatensätze zu integrie- ren (Grafik 3).

Fazit und Ausblick Das Projekt Netc@rds:

>fördert die Mobilität europä- ischer Bürger,

>leistet einen wesentlichen Bei- trag, um die EHIC in der elektroni- schen Form zu etablieren,

>ist die technische Antwort auf die Rechtsprechung des Europä- ischen Gerichtshofs zum Recht von Versicherten der sozialen Kranken- versicherung, Gesundheitsleistun- gen auch im europäischen Ausland nachzufragen,

>rationalisiert das interne Da- tenmanagement von ausländischen Versicherten bei den Leistungser- bringern und Krankenkassen,

>leistet einen Beitrag zur europa- weiten Interoperabilität der Telema- tikinfrastrukturen in den verschiede- nen Ländern,

>kann eine Basis darstellen, um künftig über die europaweite Portal- struktur auch Abrechnungsdaten so- wie medizinische Diagnose- und Be- funddaten elektronisch in einer siche- ren Umgebung zu kommunizieren. I

Ramin Tavakolian, Gerhard Brenner, Sebastian Rothe Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung, Herbert-Lewin-Platz 3, 10623 Berlin Integration des

Netc@rds-Daten- satzes (eEHIC) in den regulären nationalen Abrech- nungsverkehr

GRAFIK 2

GRAFIK 3 Parallele Optionen

zur Datenerfassung beim Leistungs- erbringer

Referenzen

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