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Archiv "Vom frühen Mittelalter bis zur Neuzeit: deutsch-türkische Beziehungen in der Medizin" (09.04.1981)

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Abbildung 5: Die Professoren, Dozenten, Assistenten und Schwestern vor dem Gül- hane-Krankenhaus im Jahre 1905/06

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen GESCHICHTE DER MEDIZIN

Um das militärische und zivile Ge- sundheitswesen zu verwestlichen, wurde im Jahre 1839 die erste mo- derne türkische Medizinschule nach dem Muster der Josephs-Akademie in Wien im Istanbuler Viertel Galata- saray eröffnet.

Obwohl die deutschen Ärzte der Wiener Schule, Karl Ambros Bern- hard, Jakob Neuner, Sigmund Spit- zer schon seit 1839 diese türkische Medizinschule nach dem Wiener Modell reorganisierten und andere deutsche Ärzte aus Österreich wie Lorenz Rigler, Eder, Julius Warth- bichler und Reinwald die türkischen Militärspitäler modernisierten, be- ginnen die eigentlichen deutschen Einflüsse auf dem Gebiet der Medi- zin und des Krankenhauswesens erst zur Zeit des türkischen Kaisers Abdul Hamid II. Ende des 19. Jahr- hunderts.

Ende des 19. Jahrhunderts Beginn der deutschen Einflüsse auf das türkische

Krankenhauswesen

Im Jahre 1896 wurde das moderne Yildiz-Militärkrankenhaus im Istan- buler Besiktas-Viertel mit den vorge- fertigten Baracken, die aus Deutsch- land importiert wurden, errichtet.

In diesem Yildiz-Militärkrankenhaus wurde zum ersten Mal im April 1897 der aus Deutschland importierte Röntgenapparat in Betrieb genom- men. Dieses nach deutschem Mu- ster errichtete Krankenhaus ist eines der ersten Militärkrankenhäuser der Welt, das eine Röntgenabteilung hatte.

Die deutlichsten deutschen Einflüs- se auf derii Gebiet des Krankenhaus- wesens kann man bei dem am 5.

Juni 1899 in Betrieb genommenen türkischen Kinderkrankenhaus Ha- midiye-i Etfal in Istanbul feststellen, das nach dem Muster des Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkran- kenhauses zu Berlin gebaut wurde.

Beim Bau dieses Krankenhauses ha- ben der deutsche Architekt Franz Niebermann und der Hofarzt Ibrahim Bey, der in Deutschland ausgebildet worden war und die Pläne des er- wähnten Berliner Kinderkranken- hauses mitgebracht hatte, eine sehr große Rolle gespielt. Mit der Gestal- tung der Gartenanlagen dieses in Pavillonbauweise gebauten Kinder-

krankenhauses wurden die deut- schen Architekten ebenfalls beauf- tragt. In dieser Anstalt wurden fünf Berliner Krankenschwestern ange- stellt, die gleichzeitig für die Ausbil- dung der türkischen Krankenschwe- stern verantwortlich waren.

Als der berühmte deutsche Arzt Emil von Behring von Sultan Abdul Ha- mid II. nach Istanbul eingeladen wurde, zeigte ihm Chefarzt Ibrahim Pascha die einzelnen Pavillons die- ses Kinderkrankenhauses. Die Ein- drücke und Empfehlungen Emil von Behrings dienten der weiteren Ent- wicklung dieses nach deutschem Muster gebauten Krankenhauses.

1890: Bonner Professor

Generalinspekteur der Kaiserlich- Ottomanischen Medizinschulen Als der Professor der Chirurgie an der Bonner Universität, Robert Rie- der, im Mai 1890 mit einem in der türkischen Botschaft in Berlin unter- zeichneten Vertrag zum Generalin- spekteur der Kaiserlich Ottomani- schen Medizinschulen und Direktor des zukünftigen Krankenhauses Gülhane ernannt wurde, begann ein neues Kapitel in der Geschichte der

Vom frühen Mittelalter

bis zur Neuzeit: deutsch-türkische Beziehungen in der Medizin

Fortsetzung von Heft 13/1981, Seite 637 ff., und Schluß

Arslan Terzioffiu

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 9. April 1981 745

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

Deutsch-türkische Beziehungen

deutsch-türkischen Beziehungen in der Medizin. Zwei große türkische militärärztliche Schulen, Gülhane und Haydar-Pascha, verdanken Ro- bert Rieder ihre Gründung. Nach seinen Vorschlägen wurde das be- reits als Ruine bestehende Kriegs- schulgebäude nach deutschen Vor- bildern in vier Monaten ausgebaut und am Geburtstag des Sultans Ab- dul Hamid II. am 30. Dezember 1898 als Gülhane-Militärmedizinische Akademie eingeweiht. Nahezu die gesamte Einrichtung dieses Lehr- krankenhauses wurde von der deut- schen Firma F. A. Eschbaum in Bonn geliefert. Die Röntgenabtei- lung besaß eine tadellose Ausstat- tung. Die erste Verbandstoff-Fabrik in der Türkei wurde in diesem Kran- kenhaus unter Aufsicht der deut- schen Krankenschwester Helene Meier in Betrieb genommen.

Später, während des Ersten Welt- krieges, wurden in diesem Kranken- haus zum ersten Mal in der Türkei mit aus Deutschland importierten Maschinen Arzneimittel wie zum Beispiel Chinin und Aspirin herge- stellt. Die deutschen Ärzte Rieder, Deycke, Wieting, Hoffmann, Rein- hard und zahlreiche deutsche Kran- kenschwestern aus dem Hamburger Krankenhaus Eppendorf haben nach Gülhane auch die deutsche Krankenhausorganisation über- tragen.

Rieder Pascha hat bei der Planung der Militärmedizinischen Akademie Haydar-Pascha in Istanbul mit den italienischen Architekten Alexandre

Vallauri und D'Aranco als ärztlicher Berater entscheidend mitgewirkt.

Für die einzelnen Pavillons von Hay- dar-Pascha wurde auf Wunsch von Rieder Pascha der Curschmannsche Pavillon des Krankenhauses Ham- burg-Eppendorf, wo er einige Zeit als Arzt gearbeitet hatte, als Vorbild genommen. Für die Planung des Hörsaals in Haydar-Pascha diente das Auditorium der Chirurgischen Klinik in Leipzig als Modell, dessen Pläne Rieder Pascha von Geheimrat Trendelenburg bekam.

Die Heizungs- und elektrischen An- lagen dieser Militärmedizinischen Akademie, die am 6. November 1903 eingeweiht wurde, wurden von den deutschen Firmen Körting (Hanno- ver-Wien) und Siemens & Halske ge- baut.

Gesamtes Gesundheitswesen reorganisiert

Der deutsche Einfluß auf dem Gebiet der Medizin blieb auch nach der Rückkehr von Robert Rieder und Georg Deycke in ihre Heimat beste- hen. Durch die Hilfe dieser deut- schen Ärzte wurde nicht nur das Me- dizinstudium in der Türkei moderni- siert, sondern auch das gesamte Ge- sundheitswesen reorganisiert.

Der Begründer der modernen Syphi- lis- und Leprabekämpfung in der Türkei war der deutsche Arzt Ernst von Düring (1858-1944), welcher auf Empfehlung des berühmten Ham-

burger Dermatologen Unna zum Professor für Syphilidologie an die Kaiserlich-Ottomanische Medizin- schule in Istanbul im Jahre 1889 be- rufen wurde. Er hat ab Frühsommer des Jahres 1896 mit acht Ärzten und zwei Apothekern die nordwestlichen Gebiete Anatoliens, die Viläyets Ka- stamoni und Ankara bereist, um die Verhältnisse der Syphilis an Ort und Stelle zu studieren. Zu den großen Verdiensten Dürings gehört, daß in diesen Gegenden innerhalb von drei Jahren fast ein Dutzend Kranken- häuser nach seinen Angaben gebaut und mehrere Polikliniken errichtet wurden.

Es sollten hier die Verdienste der deutschen Ärzte wie Georg Hermann Ritter von Mühling (1826-1907) und seiner Kollegen im Deutschen Krankenhaus in Istanbul, sowie der deutschen Militärärzte im Balkan-Krieg (1912-1913) und im Er- sten Weltkrieg besonders gewürdigt werden.

Für die Behandlung der osmani- schen Herrscher Abdulhamid II. und Mehmed Resad kamen bekannte deutsche Ärzte wie Ernst von Berg- mann (1836-1907), Friedrich Kraus (1858-1936) und James Israel (1840-1926) nach Istanbul. Später wurde auch Mustafa Kemal Atatürk von den nach der Türkei eingelade- nen berühmten deutschen Ärzten wie Friedich Kraus, Ernst von Rom- berg (1865-1933), Alfred Marchioni- ni (1899-1965), Gustav von Berg- mann (1878-1955) und Hans Eppin- ger (1879-1946) behandelt.

Abbildung 6: Ansicht der Militärmedizinischen Akademie Haydar-Pascha in Istanbul

746 Heft 15 vom 9. April 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Deutsch

-

türkische Beziehungen

Abbildung 7: Einer der Krankenpavillons der Militärmedizinischen Akademie Haydar-Pascha in Istanbul, welcher nach dem Vorbild des Curschmannschen Pavillon des Krankenhauses Hamburg-Eppendorf geplant wurde

Nach 1933

deutsche Mediziner im türkischen Exil

Nach der Machtübernahme der Na- tionalsozialisten im Jahre 1933 emi- grierte eine große Anzahl Gelehr- ter aus politischen Gründen aus Deutschland in die Türkei, wo sie infolge der Modernisierung der Istanbuler Universität durch Atatürk in Istanbul Lehrstühle bekamen oder im Nümune-Krankenhaus und im Refik-Saydam-Hygiene-lnstitut in Ankara arbeiteten. Unter ihnen wa- ren auch berühmte Professoren der Medizin wie Hugo Braun (1881-1962), Friedrich Dessauer (1881-1963), Erich Frank (1884-1957), Felix Haurowitz (geb.

1886), Karl Hellmann (1892-1959), Julius Hirsch (1892-1963), Josef lgersheimer (1879-1965), Wilhelm Liepmann (1878-1939), Werner Lip- schitz (1892-1946), Karl Löwenthal (1892-1948), Rudolf Nissen (geb.

1896), Siegfried Oberndorfer (1876-1944), Berta Ottenstein (1891-1956), Tibor Pötörf i (1883-1956), Zdenko Stary (1899-1968), Philipp Schwartz (geb.

1894), Max Sgalitzer (geb. 1884), Hans Winterstein (1879-1963), Al- fred Marchionini (1899-1965).

Man kann mit Recht sagen, daß die heutige türkische Medizin diesen deutschen Professoren der Medizin anhaltende Impulse verdankt.

Heute: enge wissenschaftliche Kontakte zwischen

deutschen und türkischen medizinischen Fakultäten

In letzter Zeit sind die gemeinsamen Veranstaltungen der medizinischen Kongresse in beiden Ländern und der Austausch von Gastprofessoren noch häufiger geworden.

Als bestes Beispiel dafür kann man die engen wissenschaftlichen Kon- takte der Medizinischen Fakultät der Justus-Liebig-Universität Gießen und der medizinischen Fakultät der türkischen Universitäten in Istanbul und Ankara hier erwähnen, die sich seit 1968 bewährt haben.

Da die deutsch-türkischen Bezie- hungen in der Medizin zu untersu- chen für die Medizinhistoriker eine reizvolle Aufgabe ist, haben die bei- den Lehrstühle für Geschichte der Medizin der Universität Istanbul und das Institut für Geschichte der Medi- zin der Ludwig-Maximilians-Univer-

sität München am 18. und 19. Okto- ber 1976 in Istanbul ein Symposium über „die Medizinischen Beziehun- gen zwischen Deutschland und der Türkei" veranstaltet. Die Verhand- lungen dieses Symposiums wurden 1978 in deutscher Sprache von Prof.

Dr. Dr. h. c. Heinz Goerke und von mir gemeinsam als Buch herausge- geben. Die türkische Fassung wird von der Istanbuler Universität in Kür- ze veröffentlicht.

Die Verhandlungen dieses Sympo- siums sollen die ersten Ergebnisse der Studien der Teilnehmer vermit- teln und gleichzeitig zu weiterer Ver- tiefung der engen Beziehungen zwi- schen Deutschland und der Türkei beitragen.

Vortrag, gehalten bei der Tagung des Deutsch- Türkischen Ärztevereins anläßlich der 2. Istan- buler Woche an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Dr. A. Terziofflu

Istanbul Universitesi Tip Fakultesi Tip Tarihi Kürsüsü

Istanbul-Bayezit Türkei

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 9. April 1981

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