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Archiv ""Dies ist ein Buch, in dem steht, wie du leicht zu einer Krankschreibung kommen kannst"" (22.01.1981)

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Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

"Dies ist ein Buch, in dem steht,

wie du leicht

zu einer Krankschreibung kommen kannst"

Da soll noch mal ein Linkmichel behaupten, die Ärzte allein hätten einen Schlüssel zum Geldschrank der Krankenkassen und damit zu den Beitragsgeldern der Arbeitge- ber und Arbeitnehmer!

Kenntnisse aus subversiven Quel- len, wie man den Arzt täuschen kann, um an Medikamente („für die dritte Welt", insbesondere „für Nikaragua"), vor allem aber an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigun- gen für sich selbst zu kommen, werden von obskuren Verlagen auf geradezu kapitalistische Weise verbreitet: Eine Broschüre „Wege zu Wissen und Wohlstand — oder:

lieber krank feiern als gesund schuften!", vor einem halben Jahr noch als Machwerk linker „Medizi- ner" eher belächelt, von beson- ders Gutgläubigen gar als bloße Satire leichtgenommen, kommt jetzt als Nachdruck in einer bes- seren Taschenbuch-Aufmachung und in größerer Auflage als beim Erstdruck in „fortschrittliche Buchhandlungen".

„Dies ist ein Buch, in dem steht, wie du leicht zu einer Krankschrei- bung kommen kannst. Es ist kein medizinisches Nachschlage- werk!!!" Die „Warnung" steht an- stelle eines gesetzlich gebotenen Impressums vor den sinnig fingier- ten „Autorennamen": Dr. A. Nar- cho, Dr. Marie Huana, Privatdo- zent Dr. Kiff-Turner (statt der Kom- mata flimmern fünfgezackte Sterne!).

Schon das Inhaltsverzeichnis gibt einen Begriff vom „Wert" des Leit-

Titelblatt der Bro- schüre für Simulan- ten, die jetzt in grö- ßerer Auflage als beim Erstdruck ver- trieben wird

fadens für Simulanten, für Krank- feierer:

„Teil I Zur Einführung in den ,Pro- blemkreis': Die verlorene Zeit (J. Prevert) — Was dieses Buch soll

— Arztpraxis: Hexenküche, Fol- terkammer, Mythos, Reparatur- werkstatt, Dienstleistungsbetrieb, Nepplokal? — Die Anamnese oder Der Gang zum Arzt — Vertrauens- ärztliche Dienststelle (N. Born).

Teil II ‚Krankheitsbilder', leicht ge- macht: Niedriger Blutdruck bzw.

Nervöser Erschöpfungszustand — Migräne — Gehirnerschütterung —

Magenschleimhautentzündung (Gastritis) — Durchfall, Erbrechen, ,Darmgrippe` — Blasen- und Nie- renentzündung —Chronische Eier- stockentzündung — ,Herr Dok- tor . . . (B. Brecht) — Die kranke Halswirbelsäule (HWS-Syndrom) — Lendenwirbelsyndrom — Der Ten- nisellenbogen — Verstauchungen

—Die sogenannte ‚Weiche Leiste'

— Narbenschmerzen — Sehnen- scheidenentzündung.

Teil III Tricks und Tips gegen Arzt und Kasse: Was kannst du ma- chen, wenn du nicht krankenversi- chert bist . . . ?

Teil IV Was wir unbedingt noch sagen wollen: Warum wohl krank?

— Psychosomatische Zusammen- hänge — ,Wer krank ist, taugt nichts'. Aus dem Patienten-Info Nr. 25 des SPK — Verweigerung, individuell oder gemeinsam orga- nisiert."

Detailliert wird „dir" in diesen Ka- piteln „Hilfe zum Aussteigen aus dem krankmachenden Trott" ge- boten:

„4 Wochen Urlaub im Jahr sind doch einfach zu wenig . . . In die- sem Buch findest du einige

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 4 vom 22. Januar 1981 111

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44 WoCNE (UP Ojojoi!

VOAI WEH iACNTEN 3'S 0-STeRri

scHLA Tui.)! ;-.

Die Information:

Bericht und Meinung Simulanten-Fibel

‚Krankheiten', die sich unserer Meinung nach eignen, eine Krank- schreibung zu erreichen. Also Sa- chen, die sich nicht so leicht im Rahmen der Schulmedizin entlar- ven lassen .. Lies dir das Krank- heitsbild genau durch und achte noch mal auf den ,Allgemeinen Teil'. Präge dir die Tricks ein, mit denen du von seiten der Ärzte bei der Untersuchung zu rechnen hast und spiele das Ganze mehrmals jemandem vor.

DAS MÜSSTE EIGENTLICH DEN BEGEHRTEN GELBEN SCHEIN BRINGEN!"

Eine, zwei, drei, vier und mehr Wo- chen Krankschreibung — je nach- dem — verspricht das Handbuch geschickten Simulanten. Hier, zum Beispiel, ein Auszug aus dem Kapitel „Migräne":

„Wie lange: maximal eine Woche, dafür aber häufig!

Wer wird krank: Jede und jeder.

Außerdem leiden wirklich viele darunter und arbeiten damit!

Beschwerden:

1. Es beginnt damit, daß du gereizt und unausgeschlafen aufgewacht bist.

2. Zum Frühstück hast du kaum was ,runterbekommen', weil dein Magen wie zugeschnürt war.

3. Nachdem du dich so eine halbe bis zwei Stunden rumgeschleppt' hast, haben dann die Kopfschmer- zen begonnen.

4. Diese haben folgende Eigen- schaften ...

—dumpf-drückend und pulsierend bis bohrend pulsierend

—einseitig oder beidseitig

— besonders stark im Bereich der Stirn, Schläfe(n), des bzw. der Augen.

5. Du wurdest gegen Licht emp- findlich und mußtest die Gardinen vorziehen.

6. Lärm konntest du ebenfalls nicht ertragen.

7. Allmählich wurde dir schlecht, schlimmstenfalls mußtest du gal- lig (gelb, bitter) erbrechen, wobei du Schweißausbrüche hattest.

8. Weil die Kopfschmerzen nicht weggegangen sind und dir ab und zu noch mal schlecht wird, bist du nach ein oder zwei Tagen zum Arzt gegangen.

9. Du hast solche Migräneanfälle schon öfters gehabt, oft — aber nicht unbedingt — nach Alkohol (ein Glas Wein reicht aus), nach Streß, Wetterwechsel, bei Frauen gekoppelt an die Periode.

10. Es kann aber auch später be- gonnen haben: Nach dem Mittag- essen hattest du dich plötzlich un- ruhig und unkonzentriert gefühlt,

bis nach einer oder anderthalb Stunden Kopfschmerz und Übel- keit sowie die übrigen Beschwer- den eingesetzt haben ...

Du kannst bei dieser Krankheit ru- hig offen die Diagnose ‚Migräne' aussprechen. Schließlich ist sie ja schon öfters an dir diagnostiziert worden, und in deiner Familie lei-

den auch mehrere daran. Er [der Arzt, auch „Arsch" genannt — Red.

DÄ] kann, da es auch schwerste Formen der Migräne mit Organ- störungen geben kann, dich auch nach Beschwerden wie Augen- flimmern, schweren Sehstörun- gen, Sprachstörungen oder Krib- beln in Händen und Armen fragen.

Würde ich alles verneinen, gibt nur Scherereien, und mehr als ei- ne Woche liegt sowieso nicht drin ..."

So geht das auf 120 Druckseiten!

Gewiß wird der Arzt auch künftig nicht in jedem langhaarigen Mann und jeder strähnigen Frau Betrü- ger dieser Art vermuten. Die weit überwiegende Mehrheit der Pa- tienten kann gewiß soviel Vertrau- en erwarten wie vice versa der Arzt. Wer immer aber sich sonst so oft zum Sprecher der Patienten gemacht hat, findet hier eine pu- blizistische Aufgabe, nämlich die Versicherten darüber aufzuklären, wie die Solidargemeinschaft der Versicherten von solchen Ma- chenschaften bedroht ist, wie die Gesamtheit der Beitragszahler von einer mehr oder weniger starken Minderheit „ausgebeutet", wie hier Gelder der Krankenkassen und damit aller Beitragszahler er- schlichen und sinnlos vergeudet werden (sollen). DÄ 112 Heft 4 vom 22. Januar 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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