• Keine Ergebnisse gefunden

R. L. Stine. Doppelschocker 12

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "R. L. Stine. Doppelschocker 12"

Copied!
24
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

R. L. Stine

Doppelschocker 12

(2)

R. L. Stine wurde 1943 in einem klei- nen Vorort von Columbus/Ohio gebo- ren. Bereits mit neun Jahren entdeckte er seine Liebe zum Schreiben.

Seit 1965 lebt er in New York City, wo er zunächst als Lektor tätig wurde. Seine ersten Bücher waren im Bereich Humor angesiedelt. Seit 1986 hat sich R.L. Stine, der sein Büro mit einem Skelett und einigen afrikanischen Masken teilt, jedoch ganz den Gruselgeschichten ver- schrieben. 1992 kam für ihn mit der Kindergruselserie »Gänsehaut«

der ganz große und weltweite Erfolg.

»Gänsehaut« ist Kult! Bisher in 16 Sprachen übersetzt, wird »Gänse- haut« (GOOSEBUMPS) weltweit als beliebteste Kinderbuchserie ge- feiert. Die Zeitung USA Today hat 1999 ermittelt, dass R. L. Stine der erfolgreichste Kinderbuchautor aller Zeiten ist. Wie lässt sich dieser außergewöhnliche Erfolg erklären? Ganz einfach: R.L. Stine erzählt nicht nur gruselige Geschichten, sondern bringt seine Leser auch zum Lachen. Mit dieser besonderen Mischung hat er erreicht, dass – dies belegen zahlreiche Briefe an den Autor – viele Kinder, die sich bis dato nicht sonderlich für Bücher interessiert haben, zu Lesern geworden sind.

DER AUTOR

DIE SERIE

Foto: © privat

(3)

R. L. Stine

Doppelschocker 12

Gib Acht,die Mumie erwacht Wer die

Geistermaske trägt

Aus dem Amerikanischen von Günter W. Kienitz

(4)

Siehe Anzeigenteil am Ende des Buches für eine Aufstellung der bei OMNIBUS erschienenen Titel.

Umwelthinweis:

Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuches sind chlorfrei und umweltschonend.

1. Auflage Oktober 2004

Gesetzt nach den Regeln der deutschen Rechtschreibung Die Originalausgaben erschienen unter den Titeln

»Goosebumps # 23: Return of the Mummy« und

»Goosebumps # 31: The Haunted Mask II«

bei Scholastic Inc., New York

© 1994 und 1995 by The Parachute Publishing, Inc.

All rights reserved.

Published by arrangement with Scholastic Inc., 555 Broadway, New York, NY 10012, USA.

»Goosebumps«TMand »Gänsehaut«TMand its logos are registered trademarks of The Parachute Press, Inc.

© 1998 für die deutsche Übersetzung OMNIBUS Taschenbuch/C. Bertelsmann Jugendbuch Verlag GmbH, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Die deutschsprachigen Erstausgaben erscheinen in der Serie

»Gänsehaut« unter den Titeln »Gib Acht, die Mumie erwacht«

und »Wer die Geistermaske trägt«.

Alle deutschsprachigen Rechte dieser Ausgabe, insbesondere auch am Serientitel »Gänsehaut«, vorbehalten durch OMNIBUS Taschenbuch/C. Bertelsmann Jugendbuch Verlag, München.

Dieses Werk wurde vermittelt durch die

Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, Garbsen.

Übersetzung: Günter W. Kienitz Lektorat: Janka Panskus

Umschlagkonzeption: Atelier Langenfass, Ismaning at · Herstellung: ReD

Gesetzt aus der Sabon Satz: Uhl + Massopust, Aalen Druck: Clausen & Bosse, Leck ISBN 3-570-21350-1 Printed in Germany

Der Taschenbuchverlag für Kinder Verlagsgruppe Random House www.omnibus-verlag.de

Band 21350

(5)

Inhalt

Gib Acht, die Mumie erwacht 7 Wer die Geistermaske trägt 127

(6)
(7)

Gib Acht,

die Mumie erwacht

(8)
(9)

1

»Robert, wir landen bald«, sagte die Stewardess zu mir. Sie hatte sich über den Sitz gebeugt. »Holt dich je- mand vom Flughafen ab?«

»Ja, wahrscheinlich ein uralter ägyptischer Pharao«, erklärte ich ihr. »Vielleicht aber auch eine widerliche, halb verweste Mumie.«

Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.

»Nein, im Ernst«, hakte sie nach. »Wer holt dich in Kairo ab?«

»Mein Onkel Ben«, antwortete ich. »Aber er spielt gerne Streiche. Manchmal tritt er in seltsamen Verklei- dungen auf und versucht, mir einen Schrecken einzuja- gen.«

»Du hast mir doch erzählt, dass dein Onkel ein be- rühmter Wissenschaftler ist«, sagte die Stewardess.

»Das ist er auch«, antwortete ich. »Aber ein biss- chen schrullig ist er trotzdem.«

Sie lachte. Ich mochte sie richtig gern. Sie hatte hüb- sches blondes Haar. Und mir gefiel die Art, wie sie beim Sprechen den Kopf schief legte.

Sie hieß Nancy und sie war während des ganzen lan- 9

(10)

gen Fluges nach Ägypten sehr nett zu mir gewesen. Sie wusste, dass ich zum ersten Mal alleine flog.

Sie sah ständig nach mir und fragte mich, wie es mir ging. Aber sie behandelte mich wie einen Erwachsenen.

Sie brachte mir keines dieser albernen Malbücher oder ein Plastikflugzeug zum Anstecken, das Kinder in Flug- zeugen immer geschenkt bekommen. Und sie steckte mir ein paar extra Tüten Erdnüsse zu, obwohl sie das eigentlich gar nicht durfte.

»Wieso besuchst du deinen Onkel?«, fragte Nancy.

»Nur so zum Spaß?«

Ich nickte. »Im letzten Sommer war ich auch bei ihm«, erzählte ich ihr. »Das war echt irre! Aber heuer hat Onkel Ben in einer unerforschten Pyramide gegra- ben und dabei eine uralte heilige Grabkammer entdeckt.

Und er hat mich eingeladen, dabei zu sein, wenn er sie öffnet.«

Sie lachte und legte den Kopf noch ein bisschen schiefer. »Du hast eine erstaunliche Fantasie, Robert«, sagte sie. Dann wandte sie sich ab, um die Frage eines Mannes zu beantworten.

Ich habe tatsächlich eine erstaunliche Fantasie. Aber diese Geschichte hatte ich mir nicht ausgedacht.

Mein Onkel Ben Hassad ist ein berühmter Archäo- loge und führt schon seit vielen Jahren Ausgrabungen in Pyramiden durch. Ich habe viele Zeitungsberichte über ihn gelesen. Und einmal war sogar ein Artikel

10

(11)

über ihn in der Zeitschrift National Geographic abge- druckt.

Im letzten Sommer war ich mit der ganzen Familie zu Besuch in Kairo. Meine Kusine Sari – sie ist Onkel Bens Tochter – und ich haben ein paar unglaubliche Aben- teuer tief unten in den Kammern der Großen Pyramide erlebt.

Diesen Sommer würde Sari auch wieder da sein, fiel mir ein, während ich zum Flugzeugfenster hinaus in den strahlend blauen Himmel blickte. Ich fragte mich, ob sie mich diesmal ausnahmsweise nicht ständig pie- sacken würde.

Ich mag Sari, aber sie ist schrecklich wettbewerbs- süchtig! Ständig muss sie die Erste, Stärkste, Schlaues- te oder Beste sein. Sie ist das einzige dreizehnjährige Mädchen, das ich kenne, das selbst ein Frühstück in einen Wettkampf verwandeln kann!

»Flugbegleiter, bereitmachen zur Landung«, ver- kündete der Flugkapitän über die Lautsprecher.

Ich setzte mich auf, um einen besseren Blick aus dem Fenster zu haben. Während das Flugzeug sank, konn- te ich unter uns Kairo liegen sehen. Ein schmales blau- es Band wand sich durch die Stadt. Das war der Nil, wie ich bereits wusste.

Die Stadt dehnte sich zu beiden Seiten des Flusses aus. Ich ließ meinen Blick über hohe, glasverkleidete Wolkenkratzer und niedrige Tempel mit Kuppeldä-

11

(12)

chern schweifen. An den Rändern der Stadt begann die Wüste. Gelber Sand breitete sich bis zum Horizont aus.

In meinem Bauch kribbelte es ein wenig. Irgendwo da draußen in der Wüste lagen die Pyramiden. Und in ein oder zwei Tagen würde ich in eine hinabsteigen und meinem Onkel in eine Grabkammer folgen, die seit tausenden von Jahren nicht geöffnet worden war.

Was würden wir wohl darin finden?

Ich zog die kleine Mumienhand aus der Jeanstasche und betrachtete sie. Sie war ziemlich winzig – nicht grö- ßer als eine Kinderhand. Ich hatte sie einem Jungen auf einem privaten Flohmarkt für zwei Dollar abgekauft.

Er hatte behauptet, dass man sie »Herbeirufer« nennt und dass sie uralte böse Geister herbeirufen könnte.

Sie sah wirklich wie eine Mumienhand aus. Die Fin- ger waren mit fleckigen Binden umwickelt, durch die ein wenig dunkles Harz hindurchschimmerte.

Trotzdem hatte ich sie zuerst für eine Attrappe aus Gummi oder Plastik gehalten. Ich meine, ich hätte nie gedacht, dass sie eine echte Mumienhand sein könnte.

Doch letzten Sommer hatte die Hand uns allen das Leben gerettet. Der Junge, der sie mir verkaufte, hatte Recht gehabt. Sie erweckte wirklich ein paar Mumien zum Leben! Es war unglaublich!

Natürlich hatten mir meine Familie und meine Freun- de zu Hause nicht geglaubt, als ich ihnen von meinen abenteuerlichen Erlebnissen erzählte. Und sie glaubten

12

(13)

auch nicht, dass der Herbeirufer wirklich funktionierte.

Sie sagten, die Mumienhand wäre nur eine Art Scherz- artikel aus einer Fabrik für Souvenirs und wahrschein- lich in Taiwan hergestellt worden.

Aber ich trage sie immer bei mir, egal wohin ich gehe.

Sie ist mein Glücksbringer. Ich bin nicht besonders abergläubisch. Ich meine, ich spaziere jederzeit unter Leitern hindurch. Und meine Glückszahl ist die Drei- zehn. Aber ich glaube wirklich, dass mich die kleine Mumienhand beschützt.

Das Seltsame an der Mumienhand ist, dass sie im- mer warm ist. Sie fühlt sich nicht wie Plastik an. Sie fühlt sich so warm an wie eine echte Menschenhand.

Zu Hause in Michigan war ich gewaltig in Panik ge- raten, als Mom und Dad meinen Koffer für die Reise packten. Ich konnte nämlich zuerst die Mumienhand nicht finden. Und ich wäre auf gar keinen Fall ohne sie nach Ägypten geflogen!

Ich war sehr erleichtert gewesen, als sie sich endlich fand. Sie steckte in der hinteren Hosentasche einer zu- sammengeknüllten Jeans.

Jetzt, als das Flugzeug zur Landung ansetzte, griff ich in die Tasche meiner Jeans nach der Hand. Ich zog sie heraus – und schnappte nach Luft.

Die Hand war kalt. Eiskalt!

13

(14)

2

Wieso war die Mumienhand plötzlich kalt geworden?

War das eine Art Botschaft? Eine Warnung?

Lauerten hier etwa Gefahren auf mich?

Mir blieb keine Zeit, lange darüber nachzudenken.

Das Flugzeug rollte zum Vorfeld, und es gab ein hekti- sches Durcheinander, als die Passagiere ihr Handge- päck herunterholten und zu den Flugzeugausgängen drängelten.

Ich schob die Mumienhand in die Tasche meiner Jeans zurück, schnappte mir meinen Rucksack und schob mich nach vorn. Nachdem ich mich von Nancy verabschiedet und mich für all die Erdnüsse bedankt hatte, folgte ich den anderen durch den langen Lauf- gang in den Flughafen hinein.

So viele Menschen! Und sie schienen alle in Eile zu sein. Sie trampelten einander fast nieder. Männer in dunklen Geschäftsanzügen. Frauen in weiten, fließen- den Gewändern, das Gesicht hinter einem Schleier ver- borgen. Junge Mädchen in Jeans und T-Shirts. Eine Gruppe dunkelhäutiger, ernst aussehender Männer in seidigen weißen Anzügen, die Pyjamas ähnelten. Eine Familie mit drei kleinen Kindern, die alle weinten.

Plötzlich rutschte mir das Herz in die Hose. Wie sollte ich Onkel Ben in der Menge jemals finden?

14

(15)

Mein Rucksack schien immer schwerer zu werden.

Hektisch ließ ich den Blick hin und her wandern. Rings um mich herum hörte ich nur Stimmen, die in fremden Sprachen und lautstark durcheinander redeten. Nie- mand sprach englisch.

»Au!«, schrie ich auf, als mich ein heftiger Schmerz in der Seite durchfuhr.

Rasch drehte ich mich um und stellte fest, dass mich eine Frau mit ihrem Gepäckwagen gerammt hatte.

Bleib ruhig, Robert, befahl ich mir. Bleib ganz ru- hig!

Onkel Ben ist hier und sucht nach dir. Er wird dich finden. Du musst nur die Ruhe bewahren.

Aber was würde ich tun, wenn mich mein Onkel ver- gessen hatte?, fragte ich mich. Was wäre, wenn er sich mit dem Tag meiner Ankunft vertan hatte? Oder wenn er tief unten in der Pyramide so beschäftigt war, dass er jedes Zeitgefühl verloren hatte?

Ich kann ein schrecklicher Schwarzseher sein, wenn ich erst einmal damit anfange.

Und im Augenblick machte ich mir Sorgen für drei!

Falls Onkel Ben nicht hier ist, gehe ich zu einem Telefon und rufe ihn an, beschloss ich.

Aber klar doch!

Ich konnte mich selbst schon hören: »Vermittlung, kann ich bitte meinen Onkel in den Pyramiden spre- chen?«

15

(16)

Ich glaube nicht, dass das besonders gut funktionie- ren würde.

Ich hatte keine Telefonnummer von Onkel Ben. Ich war mir noch nicht einmal sicher, ob er da draußen, wo er sich aufhielt, überhaupt ein Telefon besaß. Alles, was ich wusste, war, dass er irgendwo in der Nähe der Pyramide, in der er gerade arbeitete, in einem Zelt wohnte.

Verzweifelt schaute ich mich in der Ankunftshalle um und war kurz davor, in Panik zu geraten – als ein großer Mann auf mich zumarschierte.

Sein Gesicht konnte ich nicht sehen. Er trug einen langen, weiten Mantel mit Kapuze, den man Burnus nennt. Und sein Gesicht war unter der Kapuze verbor- gen.

»Taxi?«, fragte er mit hoher, schriller Stimme.

»Taxi? Amerikanisches Taxi?«

Ich lachte schallend los. »Onkel Ben?«, rief ich freu- destrahlend.

»Taxi? Amerikanisches Taxi? Taxi fahren?«, wie- derholte er unbeirrt.

»Onkel Ben! Ich bin so froh, dich zu sehen!«, rief ich, schlang die Arme um seine Hüfte und drückte ihn fest. Während ich über seine alberne Verkleidung lachte, langte ich nach oben und zog ihm die Kapuze herunter.

Der Mann unter der Kapuze hatte einen kahl ge- 16

(17)

schorenen Kopf und einen dicken schwarzen Schnurr- bart. Er funkelte mich bitterböse an.

Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen.

3

»Robert! Robert! Hier drüben!«

Ich hörte jemanden meinen Namen rufen. Als ich an dem wütenden Mann vorbeiblickte, sah ich Onkel Ben und Sari. Sie standen vor dem Reservierungsschalter und winkten mir zu.

Das Gesicht des Mannes lief knallrot an und er schrie mich auf Arabisch an. Ich war froh, dass ich ihn nicht verstehen konnte. Er schimpfte unablässig vor sich hin, während er sich die Kapuze seines Burnusses wieder über den Kopf zog.

»Es tut mir Leid!«, rief ich ihm zu. Dann drückte ich mich an ihm vorbei und eilte zu Onkel Ben und meiner Kusine.

Onkel Ben schüttelte mir die Hand und sagte: »Will- kommen in Kairo, Robert.« Er hatte ein weit sitzendes, kurzärmeliges Sporthemd und eine ausgebeulte Kaki- hose an.

Sari trug eine abgeschnittene verwaschene Jeans und 17

(18)

ein leuchtend grünes, ärmelloses Oberteil. Sie lachte über mich. Das ging ja schon gut los! »War das ein Freund von dir?«, hänselte sie mich.

»I-ich habe mich vertan«, gab ich zu. Ich warf einen Blick zurück. Der Mann schimpfte noch immer.

»Dachtest du wirklich, er wäre Dad?«, wollte Sari wissen.

Ich murmelte etwas Unverständliches. Sari und ich waren gleich alt. Aber ich sah, dass sie noch immer gut zwei Zentimeter größer war als ich. Sie hatte ihr schwar- zes Haar wachsen lassen und es fiel ihr jetzt in einem langen Zopf über den Rücken.

Ihre großen dunklen Augen blitzten begeistert. Sie liebte es, sich über mich lustig zu machen.

Während wir zum Gepäckbereich gingen, um mei- nen Koffer zu holen, erzählte ich ihnen von meinem Flug. Ich berichtete ihnen, wie Nancy, die Stewardess, mir ständig Tütchen mit Erdnüssen zugesteckt hatte.

»Ich bin letzte Woche hergeflogen«, entgegnete Sari.

»Und da hat mich die Stewardess in der ersten Klasse sitzen lassen. Wusstest du, dass man in der ersten Klasse Eiskrem bekommen kann?«

Nein, das hatte ich nicht gewusst. Sari hatte sich an- scheinend kein bisschen geändert.

Sie geht auf ein Internat in Chicago, seit Onkel Ben die meiste Zeit in Ägypten zubringt. Natürlich hat sie nur Einsen. Und sie ist ein Schi-Ass und spielt Tennis.

18

(19)

Manchmal tut sie mir ein bisschen Leid. Ihre Mut- ter starb, als Sari fünf war. Und ihren Dad bekommt Sari nur während der Ferien und im Sommer zu Ge- sicht.

Doch im Moment, während wir darauf warteten, dass mein Koffer auf dem Gepäckband erschien, tat sie mir ganz und gar nicht Leid. Sie prahlte gerade damit, dass diese Pyramide doppelt so groß sei wie die, in der ich im letzten Sommer gewesen war. Und dass sie schon ein paarmal drin gewesen wäre und dass sie mich über- all herumführen würde – falls ich mich nicht zu sehr fürchtete.

Endlich tauchte mein prall gefüllter blauer Koffer auf. Ich zerrte ihn vom Gepäckband herunter und ließ ihn vor meinen Füßen auf den Boden plumpsen. Er wog sicher eine Tonne!

Ich versuchte, ihn anzuheben, aber ich bekam ihn kaum vom Fleck.

Sari schob mich beiseite. »Lass mich das machen«, sagte sie. Sie packte den Koffer am Griff, hob ihn hoch und marschierte los.

»He …!«, rief ich ihr nach. Was für eine Angeberin!

Onkel Ben grinste mich an. »Ich glaube, Sari hat in der letzten Zeit trainiert«, sagte er. Er legte mir eine Hand auf die Schulter und führte mich zu den Glastü- ren. »Lass uns zum Jeep gehen.«

19

(20)

Wir hievten den Koffer hinten in den Jeep und fuhren dann Richtung Stadt. »Tagsüber ist es glühend heiß«, erzählte mir Onkel Ben, der sich mit einem Taschen- tuch die breite Stirn abwischte. »Und am Abend dann kühl.«

Der Verkehr floss zäh in der engen Straße dahin.

Dauernd hupte es. Die Fahrer drückten unentwegt auf die Hupe, egal ob sie fuhren oder standen. Der Lärm war ohrenbetäubend.

»In Kairo halten wir gar nicht erst an«, erklärte Onkel Ben. »Wir fahren direkt zu der Pyramide bei Al- Jizah. Wir wohnen dort alle in Zelten, damit wir’s nicht weit zur Arbeit haben.«

»Ich hoffe, du hast ein Insektenspray mitgebracht«, sagte Sari. »Die Moskitos sind so groß wie Frösche!«

»Nun übertreib nicht so«, rüffelte Onkel Ben sie.

»Robert fürchtet sich doch nicht vor ein paar Mücken, stimmt’s?«

»Natürlich nicht«, antwortete ich leise.

»Und was ist mit Skorpionen?«, wollte Sari wissen.

Der Verkehr ließ nach, als wir die Stadt hinter uns ließen und in die Wüste fuhren. Der gelbe Sand schim- merte im Licht der hellen Nachmittagssonne. Vor uns flimmerten Hitzewellen, als wir die enge zweispurige Straße entlangrumpelten.

Es dauerte nicht lange, bis eine Pyramide in Sicht kam. Hinter dem Hitzevorhang, der vom Wüstenbo-

20

(21)

den aufstieg, wirkte sie wie eine flirrende Fata Morga- na. Sie sah vollkommen unwirklich aus.

Während ich ihr entgegenstarrte, schnürte sich mei- ne Kehle vor Aufregung zu. Ich hatte im vergangenen Sommer zwar schon einmal Pyramiden gesehen, aber ihr Anblick war immer noch aufregend.

»Ich kann einfach nicht glauben, dass die Pyramiden über viertausend Jahre alt sind!«, rief ich.

»Ja, die sind sogar noch älter als ich!«, scherzte Onkel Ben. Dann wurde er ernst. »Sie zu sehen, erfüllt mich jedes Mal mit Stolz, Robert«, sagte er. »Es ist ein erhebender Gedanke, dass unsere uralten Vorfahren das Wissen und Können besaßen, diese Wunderwerke zu er- bauen.«

Onkel Ben hatte Recht. Die Pyramiden haben auch für mich eine besondere Bedeutung, weil meine Fami- lie ägyptisch ist. Meine Großeltern mütterlicher- und väterlicherseits stammen aus Ägypten. Sie kamen um 1930 in die Vereinigten Staaten. Meine Mom und mein Dad wurden in Michigan geboren.

Obwohl ich mich selbst für einen typisch amerikani- schen Jungen halte, hat es etwas Prickelndes an sich, das Land zu besuchen, aus dem meine Vorfahren stammen.

Während wir näher kamen, schien die Pyramide vor uns in die Höhe zu wachsen. Ihr Schatten bildete ein lang gezogenes blaues Dreieck im gelben Sand.

Auf dem kleinen Parkplatz davor drängten sich 21

(22)

Autos und Reisebusse. Ich entdeckte eine Reihe gesat- telter Kamele, die an einer Seite des Parkplatzes ange- bunden waren. Eine Vielzahl Touristen stand verteilt im Sand, bestaunte die Pyramide, schoss Fotos und unterhielt sich lautstark.

Onkel Ben lenkte den Jeep in eine schmale Seiten- straße, wodurch wir uns von der Menge entfernten, und steuerte auf die Rückseite der Pyramide zu. Als wir in den Schatten kamen, wurde die Luft sofort kühler.

»Was würde ich jetzt für ein Eis geben!«, jammerte Sari. »Mir ist in meinem ganzen Leben noch nie so heiß gewesen.«

»Über die Hitze will ich jetzt nichts hören«, ant- wortete Onkel Ben, dem der Schweiß über die Stirn in die Augenbrauen rann. »Lass uns lieber darüber reden, wie glücklich du bist, dass du deinen Vater nach so vie- len Monaten wieder siehst.«

Sari stöhnte. »Ich wäre noch glücklicher, dich zu sehen, wenn du mir eine Tüte Eis bringen würdest.«

Onkel Ben lachte.

Ein Wachmann in Kakiuniform trat vor den Jeep.

Onkel Ben hielt ihm einen blauen Ausweis hin und der Wachmann winkte uns durch.

Gleich hinter der Pyramide kam eine Reihe niedriger weißer Zelte in Sicht. »Willkommen im Pyramiden- Hilton!«, witzelte Onkel Ben. »Dort ist unsere Luxus- suite.« Er deutete auf das nächstgelegene Zelt.

22

(23)

»Es ist ziemlich komfortabel«, sagte er, während er den Wagen neben dem Zelt parkte. »Aber der Zim- merservice ist lausig.«

»Und du musst dich vor Skorpionen in Acht neh- men«, warnte mich Sari.

Sie würde alles sagen, nur um mir Angst einzuja- gen.

Nachdem wir meinen Koffer abgeladen hatten, führ- te uns Onkel Ben zum Fuß der Pyramide.

Ein Kamerateam packte gerade seine Ausrüstung zusammen. Ein junger, staubbedeckter Mann kletterte aus dem niedrigen Eingang heraus, der in einen der Kalksteinquader geschlagen war. Er winkte meinem Onkel zu und eilte dann zu den Zelten.

»Einer meiner Leute«, murmelte Onkel Ben. Er deu- tete auf die Pyramide. »So, da wären wir also, Robert.

War ein langer Weg von Michigan hierher, wie?«

Ich nickte. »Sie ist gigantisch«, stellte ich fest, wäh- rend ich meine Augen beschirmte und zur Spitze hi- naufsah. »Ich hatte ganz vergessen, wie riesig Pyrami- den sind, wenn man leibhaftig vor ihnen steht.«

»Morgen nehme ich euch zwei mit in die Grabkam- mer hinunter«, versprach Onkel Ben. »Ihr seid genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Wir graben schon seit mehreren Monaten. Und jetzt stehen wir zu guter Letzt kurz davor, das Siegel aufzubrechen und die Grabkammer zu betreten.«

23

(24)

Gänsehaut - Doppelschocker 12

Taschenbuch, Broschur, 256 Seiten, 12,5 x 18,3 cm ISBN: 978-3-570-21350-6

cbj

Erscheinungstermin: Oktober 2004

Enthält die Gänsehaut-Einzelbände »Gib Acht, die Mumie erwacht« (Band 23) und »Wer die Geistermaske trägt« (Band 24).

»Gib Acht, die Mumie erwacht«

Robert und seine Kusine Sari, eifrigen "Gänsehaut-Lesern bekannt aus "Der Fluch des Mumiengrabs", dürfen Saris Vater wieder zu den Ausgrabungsarbeiten an einer ägyptischen Pyramide begleiten. Unermessliche Reichtümer erwarten das Archäologenteam bei Öffnung der Grabkammer, doch am darauf folgenden Abend, als alle ihren Fund feiern, ist Roberts Onkel plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Hat die geheimnisvolle, bildschöne Reporterin Nila etwas damit zu tun? Robert und Sari machen sich in der Dunkelheit allein auf die Suche.

»Wer die Geistermaske trägt«

Die Erstklässler deren Fussballtraining der 12jährige Steve betreut, machen ihm das Leben zur Hölle. Steve nimmt sich vor, es ihnen heimzuzahlen. Während er sich noch den Kopf darüber zerbricht, wie er ihnen zu Halloween einen gehörigen Schrecken einjagen kann, läuft ihm Carla über den Weg. Sie hatte ein Jahr zuvor mit einer furchtbaren Maske Angst und Schrecken verbreitet. Trotz Carlas Warnung besorgt sich Steve die hässliche Maske eines uralten Mannes.

Als er sie aufsetzt, fühlt er sich plötzlich so schwach und gebrechlich wie ein Greis - und zu kraftlos, um sich zu rächen. Aber absetzen lässt sich die Maske auch nicht mehr, denn Carlas Methode versagt!

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wie sehr ließe man sich ganz sprichwörtlich fallen, sähe sich persönlich nicht mehr in der Verantwortung und würde darauf vertrauen, dass dieser eine Superheld schon alles

Vor allem, wenn das natürliche Scheidenmilieu – durch hor- monelle Umstellungsprozesse in den Wechseljahren oder wäh- rend einer Schwangerschaft, durch Spermizide zur

➔ Sie können sich auch an eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in oder eine Kinder- und Jugendpsychiater*in wenden, wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Kind

Rheumaliga Bern, Rheumaliga Schweiz, Spitex für Stadt und Land, Hüsler Nest, Vita Health Care AG, ErgotherapeutInnen- Verband Schweiz, Berner

Die überarbeitete Broschüre «Arthrose» informiert auf 56 Seiten über das Krankheitsbild, zeigt Therapiemöglichkeiten auf und möchte dazu animieren, selbst aktiv zu werden.

Dies hat seine Gründe auf der einen Seite in den schlechten Zugangsvoraussetzungen – gemeint sind hier schulische Leis- tungen – auf der anderen Seite, und darüber

Die NBFF Zukunftswerkstatt – eine vielversprechende Form der Zusammenarbeit Die Zukunftswerkstatt ist ein Raum, in dem alle eingeladen sind, offen über sämtliche Aspekte

Eigentlich war Die Bremer Stadtreinigung immer schon da, wenn er wach wird – doch heute schaut Martin aus dem Fenster auf die vollen Tonnen.. Wo soll er jetzt mit seinem