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Das didaktische Konzept der Übungsfirma

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Erschienen in; Aff, Josef (Hrsg.). 1998. Reader Wirtschaftsdidaktik. Schriften für Wirtschaftspädagogik, Band 1

.

Das didaktische Konzept der Übungsfirma

1.Einleitung:

Führungskräfte bemängeln immer wieder die mangelnde Praxisorientierung der Ausbildung an den Schulen (vgl u.a. Schneider, 1993, S 6, Welte/Hämmerle, 1988) Auch innerhalb der Scientific Community wird diese Meinung sehr stark vertreten. Es wird kritisiert, daß der Unterricht,

insbesondere in den Wirtschaftsfächern, zu stark wissenslastig (vgl. Kaiser 1993, 131, Dubs, 1996, S 43,) sei. Das reine Abbilden von Wissen wirkt sich in mehrfacher Hinsicht negativ aus (vgl. u.a. Dubs, 1996, S 43)

• Bei dieser Art des Unterrichtens bleiben die Schüler passiv. Weder das Denken noch das Handeln werden gefördert.

• Es kommt zu einer (manchmal willkürlichen) Reduktion des Wissens. Die Folge ist ein wirklichkeitsfremder Unterricht.

• Es besteht die Gefahr der rein additiven Vermittlung des Wissens.

• Die Schüler werden durch diese Art des Unterrichtens nicht besonders motiviert. Ihr natürliches Interesse geht verloren.

Wir finden also weitgehende Übereinstimmung, wenn es um die Kritik am bestehenden Unterricht geht. Es werden allerdings unterschiedliche Vorschläge zur Lösung dieser Problematik gemacht. Ein Vorschlag ist das Konzept der Übungsfirma, wie es u.a. im Lehrplan der Handelsakademien und – schulen in Österreich vorgesehen ist. Ziel dieses Aufsatzes ist es, die Übungsfirma vorzustellen und darzulegen, inwieweit diese Unterrichtsmethode die Vermittlung von Handlungskompetenz (siehe unten) fördern kann. Wir wollen uns auch mit der Kritik zu diesem Thema auseinandersetzen (vgl. Aff, 1993, S 195). Dies vor allem deshalb, weil die Einführung dieser Methode große Veränderungen innerhalb einer Schule und hohe Investitionen erfordert.

Verstärkt wird die Forderung nach einer anderen Form des Unterrichtens durch die Tatsache, daß wir uns in einer Welt der enormen Umwälzungen (Megatrends) befinden. Achtenhagen (1996, S 25) stellt deshalb Qualifikationen vor, die an Bedeutung gewinnen werden. Einige davon seien genannt:

• Ein Denken in komplexen, ganzheitlichen Strukturen

• Kognitive Fähigkeiten wie problemlösendes Denken und Lernfähigkeit

• Soziale Kompetenzen

• Beherrschung grundlegender kaufmännischer Fähigkeiten und Kenntnisse

• Verständnis von ökonomischen Prinzipien, Systemzusammenhängen und grundlegenden Prinzipien wirtschaftlichen Handelns

• Berufsübergreifende Orientierung u.a.

Die Ziele sollen nach Achtenhagen nicht isoliert in einzelnen Fächern angestrebt werden. Sie sollen als Unterrichtsprinzip in allen Fächern gelten.

Es werden von den Absolventen unserer Schulen also vor allem dynamische Fähigkeiten gefordert.

Dynamische Fähigkeiten werden aber vor allem durch schüleraktivierende Unterrichtsmethoden

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gefördert. Posch und Altrichter (1992) kommen in ihrer Studie zum Thema Bildung in Österreich zum ähnlichen Schluß.

Dubs schlägt vor, die Handlungskompetenz der Schüler zu fördern (Dubs, 1996, S 46).

Kategorisierung der Handlungskompetenz

Aufgabe der Schule ist also, den Schülern das notwendige Fachwissen zu vermitteln, sie aber auch in ihrer Persönlichkeits,- Methoden- und Sozialkompetenz zu fördern.

Wir werden in diesem Aufsatz vorstellen, wie wir versuchen, in unseren Übungsfirmen, die Handlungskompetenz der Schüler zu fördern. Wichtig erscheint es uns in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die Schüler im Lehrplan der Handelsakademie drei Jahre im Fach

„Betriebswirtschaftliche Übungen und Projektmanagement“ auf die Arbeit in der Übungsfirma vorbereitet werden.

Zuerst wollen wir jedoch das Konzept der Übungsfirma vorstellen. Wir werden uns dabei vor allem auf die praktische Komponente dieser Unterrichtsmethode konzentrieren. Eine tiefgreifende theoretische Reflexion würde den vorgegebenen Rahmen sprengen.

2. Die Übungsfirma

Tramm (1992, S 4) definiert die Übungsfirma als „eine Variante der betriebswirtschaftlich

ausgerichteten Unternehmenssimulation im Rahmen des Zusammenwirkens einer großen Anzahl von Übungsfirmen auf einem Übungsfirmenmarkt“. Wir können uns dieser Definition anschließen, möchten jedoch vor allem den evolutionären Charakter dieses Modells erwähnen. Die Übungsfirma ist

gleichsam ein Prozeß des ständigen Entstehens und sich Weiterentwickelns. Wobei jeder Schritt in Richtung realer Betrieb Lernchancen für den Schüler beinhaltet.

Im österreichischen Modell dauert die Entwicklung mehrere Jahre Persönlich-

keits- kompetenz

Methoden- kompetenz Fach- kompetenz

Sozial- kompetenz Handlungs-

kompetenz

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Übungsfimen treten also nicht als perfekte Unternehmen auf dem Übungsfirmenmarkt auf. Es bleibt weitgehend dem Lehrer überlassen, inwieweit „seine“ Firma einer richtigen ähnelt. Eine Grundstruktur ist für das Funktionieren der Firma allerdings notwendig. Obwohl also wohl die meisten

Übungsfirmenleiter einen möglichst realitätsnahen Betrieb aufbauen wollen, bleiben doch einige Unterschiede. In der nachstehenden Tabelle seien die wichtigsten Unterschiede dargestellt.

Abgrenzung Übungsfirma – reale Firma

Kriterium Übungsfirma reale Firma

Außenkontakte: vor allem mit anderen Üfa´s (geschlossene Volkswirtschaft) – sehr oft durch den Lehrer

beeinflußt

Volkswirtschaft

Leistung: Keine Waren und

Dienstleistungen

Waren oder Dienstleistungen

Unternehmerrisiko: kein Unternehmerrisiko Unternehmerrisiko

Geldfluß: kein realer Geldfluß Geldfluß

Vollständigkeit der Aufgaben und Tätigkeiten:

Ausweitung der Aufgaben als Lernprozeß

Durchführung von Aufgaben und Tätigkeiten ist eine

Notwendigkeit Lernen und Reflexion: Reflexion und das Lernen sind

zentrale Elemente

Alltagsarbeit steht im Zentrum vieler Unternehmen

Aufbauorganisation: Job rotation als zentrales Element des Lernens

Job rotation als ein Element der Personalentwick-

lung in modernen und erfolgreichen Unternehmen Auswahl der Branche und des

Produkts:

Lehrer – Schüler – Übungsfirmen-markt

Markt - Unternehmer

Öffnungszeiten: 3 – 5 Stunden in der Woche „normale“ Öffnungszeiten Erfolgskriterien: Anzahl der Lernchancen

Eingehende Post, Anzahl der Aktivitäten

Gewinn, Erhalt der Arbeitspätze, usw.

Im Zentrum der Aktivitäten steht natürlich nicht der wirtschaftliche Erfolg der Firma, sondern die Anzahl der gebotenen Lernchancen sind entscheidend.

Um die Aktivitäten der Übungsfirmen zu koordinieren, benötigt ein Übungsfirmenmarkt eine

Koordinationsstelle. Sie simuliert die Behörde im Übungsfirmenmarkt, koordiniert, ist für die Aus- und Fortbildung der Lehrer zuständig, setzt besondere Aktivitäten wie Übungsfirmenmessen. Nicht verwechselt werden sollte die Übungsfirma mit den Begriffen Juniorfirma und Lernbüro.

Gründung der Übungsfirma real existierendes

Unternehmen

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3. Lernbüro, Juniorfirma, Partnerfirma und Betriebswirtschaftliches Zentrum:

Eine genaue Darstellung der Begriffe ist in diesem Text nicht möglich. Trotzdem wollen wir sie kurz beschreiben, um eine Verwechslung mit der Übungsfirma zu vermeiden.

Lernbüro:

Im Unterschied zur Übungsfirma werden hier die Außenkontakte durch den Lehrer oder durch Schüler gestaltet (vgl. Hopf 1973, S 36). Es werden also nicht Waren oder Dienstleistungen auf einem Markt angeboten, der „Markt“ ist der Lehrer oder Schüler der gleichen Klasse. Trotzdem wird versucht, möglichst realitätsnah viele Unternehmensabläufe zu simulieren und über die Vorgänge zu reflektieren.

Juniorfirma:

Der Unterschied zur Übungsfirma liegt hier darin, daß eine Juniorfirma wohl von einer Schule oder einer anderen Ausbildungsinstitution geführt wird, daß jedoch tatsächlich Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht werden.

Partnerfirma:

Eine reale Firma unterstützt eine Übungsfirma bei ihrer Arbeit. Diese Hilfestellung kann auf

unterschiedliche Art und Weise geschehen (Präsentationsprodukte, Unterstützung bei der Gestaltung des Angebots, Hilfe bei Übungsfirmenmessen usw.)

Betriebswirtschaftliches Zentrum:

Das Betriebswirtschaftliche Zentrum (BWZ) ist der Raum indem die Übungsfirmen arbeiten. Die Gruppe kommt stundenweise in das BWZ. Nach Ablauf der Unterrichtsstunden verräumt die jeweilige Firma ihre Unterlagen in Kästen und die nächste Firma kann arbeiten. Die BWZ sind mit den neuesten Instrumenten der Bürokommunikation (PC, Fax, Internet, Kopierer, Telefonanlage, Scanner usw.).

ausgestattet. Ein Kritikpunkt am Konzept der Übungsfirma (vgl. Aff 1993, S 223) ist eben die teure Einrichtung der BWZ. Dies ist insbesondere deshalb problematisch, weil in der heutigen Zeit diese Dinge sehr schnell altern. Unsere Erfahrung zeigt allerdings auch, daß vermehrt in anderen Fächern (Projektmanagement) diese Einrichtungen benötigt werden. Daß also diese Einrichtungen auch für andere Aktivitäten enorme Vorteile bringen. Die Gestaltung des BWZ symbolisiert sehr schön die neue Rolle des Lehrers bzw. die Beziehung zwischen den Schülern und den Lehrern. Die Schüler sitzen nicht, wie im klassischen Unterricht, in Reihen in den Bänken, im Gegenteil, viele BWZ sind so gestaltet, daß es für den Lehrer gar nicht möglich ist, alle Schüler genau zu beobachten. Die meisten BWZ haben einen eigenen Raum für Besprechungen. Für uns ist dieser Raum auch eine Verbindung zu den Theoriefächern. Hier werden Strategien besprochen, hier wird über das Gelernte reflektiert und hier finden Einzelgespräche statt.

Auf die neue Rolle und die Beziehung zwischen den Schülern und dem Lehrer wollen wir jetzt näher eingehen.

4. Die Rolle des Lehrers in der Übungsfirma:

Der Erfolg der Übungsfirma hängt ganz entscheidend vom unterrichtenden Lehrer ab. Auch Greiml (1998 S 345) betont die zentrale Rolle des Lehrers. „Guter Übungsfirmenunterricht hängt also primär davon ab, mit welchem Einsatz und welchem Aufwand der Übungsfirmenleiter seine Übungsfirma betreut, gestaltet und die notwendigen Maßnamen umsetzt. Diese Umsetzung ist nicht zuletzt dadurch sehr aufwendig und komplex, als daß sich der Lehrer nicht auf ein Lehrbuch stützen kann, sondern selbständig die Übungsfirma initiieren und den Übungsfirmenbetrieb aufrechterhalten muß“.

Als erfahrene Übungsfirmenleiter können wir diese Analyse bestätigen. Die Arbeit in den

Übungsfirmen erfordert vom Lehrer einen höheren Einsatz, mehr Kreativität und Führungsstärke. Wir wollen anhand einer Grafik die Anforderungen an den Lehrer näher erläutern.

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Die Rolle des Lehrers in der Übungsfirma

Dem aufmerksamen Lehrer wird auffallen, daß wir auch für die Definition der Lehrerrolle die Begriffe zur Stärkung der Handlungskompetenz gewählt haben. Wir haben bewußt diese Auswahl getroffen, um zu dokumentieren, daß die Anforderungen an den Lehrer sehr vielschichtig sind.

Zentral herausgreifen wollen wir das Thema Lernfähigkeit. Die Rolle des Lehrers in der Übungsfirma ist eine neue. Inwieweit sich der Lehrer gegenüber seinem üblichen Unterricht umstellen wird müssen, hängt davon ab, ob er bereits über Erfahrungen im handlungsorientierten Unterricht besitzt. Wir schlagen vor, daß in einer Übungsfirma nur erfahrene Lehrer eingesetzt werden. Fachwissen und Kenntnisse der Instrumente der modernen Bürokommunikation sind Grundvoraussetzungen um erfolgreich zu sein. Kenntnisse in diesem Bereich sind allerdings nicht hinreichend. Viel mehr sollte der Übungsfirmenleiter Moderationstechniken beherrschen. Die Anwendung dieser Techniken demonstrieren wir anhand des Themas. „Die Gründung einer Übungsfirma“.

Die Organisation von Übungsfirmenmessen, Aktivitäten zur Intensivierung des Übungsfirmenmarktes, die Weiterbildung u.a. erfordern von Lehrer den Willen zur Zusammenarbeit. Insgesamt ist die

Einführung der Methode der Übungsfirma aus Sicht des Lehrers sicher ein aufwendiges und riskantes Unterfangen. Untersuchungen zeigen allerdings positive Entwicklungen auf. (vgl. Greimel, 1998, S 346 ff.)

5. Die Beziehung zwischen dem Lehrer und dem Schüler in der Übungsfirma

Fast zwangsläufig, alleine schon der Organisation wegen, ändert sich die Beziehung zwischen Schüler und Lehrer in der Übungsfirma. Ist der Schüler im klassischen Frontalunterricht eher passiv, so wird er in der Übungsfirma gleichsam zur Mitarbeit „gezwungen“. Insbesondere die operativen Tätigkeiten werden durch die Schüler ausgeführt. Der Lehrer hat hier maximal eine Kontrollfunktion.

Auch an strategischen Entscheidungen werden die Schüler sinnvollerweise partizipieren, da insbesondere diese Entscheidungen enorme Lernchancen bieten. Die Lehrer werden, als

Übungsfirmenleiter eine Balance finden müssen zwischen Führung und loslassen. Keine Frage ist, daß wir, wie in der Praxis auch, auf unterschiedliche Führungsstile stoßen werden. Wir meinen jedoch, eine Kultur der Partizipation und der Förderung der Selbständigkeit das Lernen sehr fördert.

PRÄSENTATIONSFÄHIGKEIT

LEHRERROLLE

SOZIALKOMPETENZ

METHODENKOMPETENZ

FACHKOMPETENZ PERSÖNLICH

KEITS- KOMPETENZ

PROJEKTMANAGEMENT MODERATIONSTECHNIK

BETRIEBSWIRTSCHAFT

RECHNUNGSWESEN BÜROKOMMUNIKATION VISIONEN

SELBSTORGANISATION

KONFLIKTFÄHIGKEIT

LERNFÄHIKGEIT

FÜHRUNGS FÄHIKGE

IT

PRAXISBEZUG DELEGATION

DELEGATION

(6)

Auch Kaiser (1993, S 130f) betont die Bedeutung des autonomen und selbstbestimmten Lernen im Lernbüro. Greimel (1997, 331ff) schlägt als Handlungsstrategie in der Übungsfirma vor, die

Selbständigkeit der Schüler zu fördern.

Wann ist Übungsfirmenarbeit erfolgreich? Kaiser (1993, S 130) nennt die Voraussetzungen.

• Formalisierungsgrad (Komplexität der Aufgabenstellung, festgelegte Arbeitsteilung, Freiheits- und Entscheidungsspielräumen)

• Kenntnisstand der Lernenden

• Heuristische Fähigkeiten der Schüler

Wir können diese Analyse bestätigen und betonen insbesondere den Kenntnisstand der Lernenden.

Ohne tiefer auf die Diskussion eingehen zu wollen, wo denn nun das Zentrum des Lernens sein soll (vgl. Aff, 1993, S 223ff), stellen wir kurz unsere Überlegungen zum Lernen von Fachinhalten in der Übungsfirma vor.

Wir meinen, daß der Schüler mit Kenntnissen in den Fächern Betriebswirtschaft, Rechnungswesen, Informatik und Schriftverkehr in den Übungsfirmenunterricht kommen sollte. Dies ist bei der

derzeitigen Struktur und der begrenzten Anzahl der Stunden (3-5 Stunden pro Woche) nicht anders möglich. Was in der Übungsfirma geschieht, ist ein Vertiefen und Verfestigen des Wissens und eine Ausweitung von Wissenstrukturen. Der Schüler erkennt die Sinnhaftigkeit des Gelernten und lernt vor allem, sein erworbenes Wissen anzuwenden. Der Lehrer kann diesen Prozeß fördern, indem er Reflexionsphasen in den Unterricht einbaut.

Wir legen sehr viel Wert auf die schriftliche Beantwortung der folgenden Fragen am Ende des Semesters (exemplarische Antworten der Schüler weiter unten):

• Was habe ich in diesem Semester gelernt?

• Welche Bezüge zu anderen Fächern gibt es?

• Welche Vorteile- und welche Nachteile hat das Übungsfirmenkonzept?

• Welche Beiträge zum Erfolg unserer Übungsfirma habe ich geleistet?

Diese und andere Fragen sind Basis für das „Mitarbeitergespräch“, das wir mit jedem Schüler führen.

Der Schüler soll also einmal aus der Simulation heraustreten und über die Simulation nachdenken.

Wir halten die Reflexion aus verschiedenen Gründen für sehr wichtig.

1. Übungsfirmenunterricht ist kein Vorsagen und Replizieren. Der Erfolg ist schwer quantifizierbar.

Die Reflexion soll dem Schüler helfen, einmal Bilanz zu ziehen.

Lernen von fachlichen Begriffen, Prozessen usw.

in der Übungsfirma

„Konventionelle“

Fächer

Betriebswirtschaft- liche Übungen

Lernen durch

• Reflexionsfragen

• Tutorenprinzip

• Hilfestellung des Lehrers

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bereits ganz gut? Was könnte besser gemacht werden?

3. Wie oben erwähnt, führen wir Mitarbeitergespräche durch. Hat sich der Schüler schon schriftlich Gedanken gemacht, ist dieses Gespräch leichter zu führen.

Die Schüler nehmen unserer Erfahrung nach diese Reflexionsfragen sehr ernst. Wir können sie sehr empfehlen. Auch Greimel (1997, S 343) schlägt diese Phasen als Strategie für eine erfolgreiche Übungsfirma vor.

Ein wichtiges Element zur Förderung der Selbständigkeit ist das Tutorenprinzip, das wir in der Übungsfirma eingeführt haben. Es ist in einem engen Zusammenhang mit der job-rotation zu sehen.

Schüler bewerben sich bei uns zu Beginn des Schuljahres für eine bestimmte Stelle in einer Abteilung in der Übungsfirma. Üblicherweise bewerben sie sich für einen Themenbereich, indem sie sich relativ sicher sind. Es erscheint uns auch sinnvoll zu sein, die Schüler zuerst dort einzusetzen, wo sie ihre Stärken haben. Nach einer gewissen Zeit (1-2 Monate) wechselt ein Schüler die Abteilung, ein anderer bleibt, um den neu einwechselnden einzuschulen. Der Lehrer überläßt die Einschulung weitestgehend dem Tutor und greift nur ein, wenn es dringend notwendig ist.

Die fachliche Hilfestellung des Lehrers ist vor allem bei strategischen Fragen notwendig.

Ist die Arbeit der Schüler in den Übungsfirma sehr selbständig, sind doch immer wieder Teamsitzungen notwendig. Sie dienen dazu:

• Überlegungen über die strategische Orientierung der Übungsfirma anzustellen

• die Aufgaben zu verteilen

• Konflikte zu besprechen

Insgesamt wirken also die Instrumente des job-rotation, Teambesprechung, Mitarbeiterbesprechung und der Moderation unseres Erachtens sehr positiv auf das Lernen der Schüler aus.

6. Die Beziehung zu den Schülern, dokumentiert am Beispiel der Gründung einer Übungsfirma:

Wie oben erwähnt, ist uns die Beteiligung der Schüler an strategischen Entscheidungen ein zentrales Anliegen. Dadurch steigt die Identifikation der Schüler, sie lernen demokratische Prozesse kennen und auch Verantwortung zu tragen. Die Gründung der Übungsfirma ist eine ganz zentrale

Entscheidung.

An diesem Beispiel werden wir dokumentieren, wie wir in unseren Firmen mit den Schülern arbeiten.

Möglicher Ablauf bei der Gründung einer Übungsfirma

Vorstellung des Konzepts

„Markt forschung“

Mai des Vorjahres Jahrgang I - III

Klasse 1 - 2

Auswahl eines Produktes, einer Branche

Juni Name, Rechtsform, Logo

Aufbau- und Ablauforganisation Vorbereitung

auf die ÜFA Aktivitäten zur

Einrichtung der Übungsfirma

Anmeldung ACT Etablierung am

Markt Job rotation

Schulanfang Oktober Jänner

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In der Grafik ist eine mögliche Vorgangsweise, abgestimmt auf die Verhältnisse in Österreich, beschrieben.

Die einzelnen Schritte werden den Schülern vorgestellt, um dann mit dem Gründungsprozeß zu beginnen.

Vorgangsweise bei der Auswahl des Produktes/der Branche:

(1) Brainstorming:

Aufforderung an die Schüler: Nennt Branchen / Produkte die Euch interessieren würden.

Der Lehrer sammelt die Antworten an der Tafel.

(2) Kritische Prüfung der Vorschläge anhand von Kriterien:

Mit den Schülern werden Kriterien besprochen mit denen wir die Vorschläge kritisch analysieren Absatzchancen

Konkurrenz

Wissen in diesem Bereich

Interesse der Schüler und des Lehrers Partnerfirma

regionale Gegebenheiten

(3) Demokratische Auswahl von drei Produkten oder Branchen

Die Schüler können ihre Präferenzen nennen und Punkte für „Ihre“ Firma abgeben. Die drei Vorschläge mit den meisten Punkten werden ausgewählt.

(4) Abwägung der Vorschläge

Die drei Vorschläge werden noch einmal analysiert. Die Vor- und Nachteile werden abgewägt.

(5) Entscheidung für ein Produkt oder eine Branche

Vorgangsweise bei der Auswahl des Firmennamen.

(1) Bildung von Assoziationsketten:

Jeder Schüler erhält den Auftrag, eine Assoziationskette zu bilden.

Beispiel für eine Assoziationskette (Sie kann unendlich ausgeweitet werden):

Aus dieser Assoziationskette hat sich der Name „Urlaubsoase“ für eine Übungsfirma ergeben.

Reisebüro Urlaub

Zeit Sonne

Fun Musik

fremde Länder

Sprachen

Natur Berge

Wüste

Oase

(9)

(3) Auswahl mehrere Namen

Die Namen, die die meisten Punkte erhalten haben, werden auswählt.

(4) Schüler erstellen freiwillig ein Logo (zu Hause) zu den ausgewählten Namen (5) Präsentation der Logos und Auswahl eines Namens und eines Logos Vorgangsweise bei der Entwicklung der Aufbauorganisation:

(1) Erklärung des Zwecks

(2) Entwicklung der Aufbauorganisation für die spezielle Firma (3) Reflexion über die Aufgaben einer Abteilung/Stellen

(4) Besprechung und Einübung der Ablauforganisation anhand konkreter Fälle.

Beispiel: Wir erhalten eine Rechnung. Was geschieht mit dieser Rechnung?

(5) Vergabe der Stellen nach einer Bewerbung

Die Bewerbung für eine Stelle sehen wir als große Lernchance für den Schüler. Wir versuchen daher, möglichst praxisgerecht ein Bewerbungsverfahren durchzuführen. Grundsätzlich setzen wir die Schüler dort zuerst ein, wo sie ihre Stärken haben.

Mit diesen Beispielen wollen wir dokumentieren, daß wir uns sehr ausführlich mit dem

Gründungprozeß auseinandersetzen, die Schüler bewußt partizipieren lassen, daß wir versuchen, ihre Kreativität zu fördern und außerdem, daß wir sehr starke Bezüge zur Betriebswirtschaft herstellen.

Kritisch ist anzumerken, daß die Firma nur einmal gegründet wird und daß die Schüler oft bestehende Firmen übernehmen müssen. Daß also die Möglichkeit, den Gründungsprozeß mitzuerleben für diese Schüler wegfällt. Allerdings bestehen immer wieder die Möglichkeiten, strategische Problemstellungen in der Übungsfirma zu simulieren (Auftritt bei einer Übungsfirmenmesse, Produktinnovation,

Werbestrategie usw.). Eigentlich sind der Kreativität des Lehrers kaum Grenzen gesetzt.

Auf die konkreten Schritte beim Gründungsprozeß einer Übungsfirma im bulgarischen Übungsfirmenmarkt wird weiter unten eingegangen.

7. Bewertung des Konzepts der Übungsfirma durch die Schüler und die Lehrer

Obwohl die Methode der Übungsfirma in Österreich erst vor fünf Jahren und in Bulgarien später eingeführt wurde, gibt es bereits Untersuchungen darüber, wie die Schüler und Lehrer diese Methode annehmen (vgl. u.a. Greimel 1998). Neben diesen wissenschaftlichen Untersuchungen, die sehr wichtig sind, sollte sich jeder Lehrer von seinen „Übungsfirmenmitarbeitern“ zumindest einmal im Jahr Rückmeldung holen. Wir machen dies einerseits mit Hilfe der oben vorgestellten Reflexionsfragen und andererseits mit Hilfe von Gesprächen. Die wichtigsten Ergebnisse der wissenschaftlichen

Untersuchung von Greimel und der Befragung unserer Schüler wollen wir kurz vorstellen.

(1) Die Sichtweise der Schüler:

Schüler bewerten laut Greimel (1998) die Methode der Übungsfirma dann als erfolgreich und interessant, wenn

sie selbständig und im Team arbeiten können für ausreichende Arbeitsauslastung gesorgt ist die Rolle des Lehrers klar definiert ist

wenn sie intrinsisch motiviert sind – wenn für einen ausreichenden Praxisbezug gesorgt wird Greimel schlägt eine Fülle von Maßnahmen vor, die oben genannten Orientierungen zu erreichen.

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Die wichtigsten sind in diesem Aufsatz aufgelistet

Die Sichtweise unserer Schüler (vgl. Tagebuch IVB 1998):

Was gefällt ihnen an der Übungsfirma?

Die Möglichkeit selbständig arbeiten zu können.

Abwechslung Praxisnähe Gesamtüberblick Job-rotation gutes Klima

Was gefällt ihnen nicht?

Teilweise die Ausstattung Benotung

Mängel im System (ACT-Bank) Was haben sie gelernt?

Sie können sich Abläufe in einer Firma vorstellen Sie können ihr Wissen anwenden

Sie erkennen die Notwendigkeit von Ordnung Sie lernen das Umsetzen von Konzepten

Sie lernen den Umgang mit den modernen Instrumenten der Bürokommunikation Sie lernen demokratische Entscheidungsprozesse kennen.

Betrachtet man die Antworten der Schüler, so scheint es zu gelingen, das oben genannte Ziel, nämlich die Handlungskompetenz der Schüler zu stärken, zu erreichen. Wir betonen aber die zentrale Rolle des Lehrers. Ohne das große Engagement des Lehrers werden die Ziele bei weitem verfehlt.

(2) Die Sicht der Lehrer

Die Lehrer betonen das enorme Engagement, aber auch die Chancen, die das neue Konzept erfordert bzw. bietet. Sie legen sehr viel Wert auf die fachliche Vorbereitung der Schüler. Die Arbeit in der Übungsfirma erfordert vom Lehrer eine sehr gute Ausbildung in den oben genannten Bereichen.

Auch eine Untersuchung der Uni Linz (Prinz, 1997) bestätigt diese These. Lehrer in den

Übungsfirmen sind überdurchschnittlich engagiert und motiviert und sie unterrichten gerne in den Übungsfirmen. Sie meinen, daß die Lernerfolge sowohl im motivationalen als auch im emotionalen Bereich überdurchschnittlich sind.

Auch wir unterrichten sehr gerne in der Übungsfirma, meinen allerdings, daß der Lehrer sowohl durch entsprechende Rahmenbedingungen, als auch durch eine entsprechende Honorierung für sein Engagement unterstützt werden sollte.

Literaturverzeichnis:

Achtenhagen, F.: Situationsorientierung als Beitrag zur fachdidaktischen Innovation. In: Fortmüller, R./Aff,.J.: Wissenschaftsorientierung und Praxisbezug in der Didaktik der Ökonomie, Manz: Wien 1996 Aff, J.: Handlungsorientierung – Mythos oder (wirtschafts)didaktische Innovation? In: Schneider, W.:

Komplexe Methoden im betriebswirtschaftlichen Unterricht, Manz: Wien 1993

Dubs, R.: Fachwissenschaftliche Orientierung als Beitrag zur Didaktik der Wirtschaftswissenschaften.

In: Fortmüller, R./Aff,.J.: Wissenschaftsorientierung und Praxisbezug in der Didaktik der Ökonomie, Manz: Wien 1996

(11)

Evaluation, Dissertation, Wirtschaftsuniversität Wien 1998

Hopf, B.: Bürosimulation im Rahmen der kaufmännischen Grundbildung, Schriften zur Berufsbildungsforschung Band 9, Gebrüder Jänecke Verlag: Hannover 1973

Kaiser, FJ.: Bedeutung und Stellenwert der Lernbüroarbeit im Rahmen der wirtschaftsberuflichen Bildung. In: Schneider, W.: Komplexe Methoden im betriebswirtschaftlichen Unterricht, Manz: Wien 1993

Posch, P./Altrichter, H.: Bildung in Österreich. Analysen und Entwicklungsperspektiven.

Österreichischer Studienverlag: Innsbruck 1992

Prinz, E.: Übungsfirmen gestern – heute – morgen, Kurzfassung des Forschungsberichtes der Wipäd- Projektgruppe, Johannes Kepler Universität Linz, Abteilung für Wirtschaftspädagogik, Linz 1997 Schneider, W.: Komplexe Methoden im betriebswirtschaftlichen Unterricht aus curricularer und lernpsychologischer Sicht. In: Schneider, W.: Komplexe Methoden im betriebswirtschaftlichen Unterricht, Manz: Wien 1993

Tagebuch der IVB: Dokumentation der Übungsfirmenarbeit eines Jahres, Handelsakademie und Handelsschule Bregenz, Bregenz 1998

Tramm, T.: Konzeption und theoretische Grundlagen einer evaluativ-konstruktiven Curriculumstrategie – Entwurf eines Forschungsprogramms unter der Perspektive der Lernhandelns, Dissertation,

Seminar für Wirtschaftspädagogik der Georg August Universität Göttingen, Göttingen 1992 Welte, H./ Hämmerle M.: Praxisorientierung an Vorarlberger höheren Schulen: Eine Evaluation, Diplomarbeit am Institut für Wirtschaftspädagogik und Personalwirtschaft, Innsbruck, 1989

Referenzen

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