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Kohärente Alkoholpolitik – zum Wohl von Individuum und Gesellschaft | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Academic year: 2022

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Dossier

66 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 1/2-2012

Genuss- und Suchtmittel mit Folgen Alkohol wird von der breiten Bevölkerung als Genussmittel geschätzt, das zur schweize- rischen Kultur gehört. Daneben ist Alkohol aber ebenso ein Suchtmittel, dessen Konsum schädliche Folgen für die Konsumierenden und für Dritte haben kann. Bei Jugendlichen tritt der problematische Konsum vor allem in Form des Rauschtrinkens auf. So werden im Schnitt täglich sechs Jugendliche oder junge Erwachsene wegen Alkoholmiss- brauchs ins Spital eingeliefert. Im Alter nimmt hingegen der chronische Konsum zu.

Damit hat der problematische oder abhängi- ge Alkoholkonsum negative Auswirkungen in verschiedenen Bereichen: Er bringt psy- chische, physische und finanzielle Belastun- gen für die Konsumierenden und ihr soziales Umfeld mit sich, verursacht volkswirtschaft- liche Kosten, führt gehäuft zu Verkehrsunfäl- len und kann die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden.1

Volkswirtschaftliche Folgekosten im Fokus

Die Kosten des Alkoholmissbrauchs für die Gemeinschaft können auf jährlich rund 6,7 Mrd. Franken (Schätzung für das Jahr 2000, dies entspricht 1,7% des Bruttoinland- produkts) beziffert werden. Sie setzen sich zusammen aus direkten Kosten (Kosten für das Gesundheitswesen, materielle Schäden, Polizei und Justiz), indirekten Kosten (Ver- luste an Arbeitskraft durch Unfälle, Krank- heit, Invalidität und Todesfälle) sowie imma- teriellen Kosten (Verlust an Lebensqualität).2 Aus volkswirtschaftlicher Sicht müsste die Gesellschaft ein Interesse daran haben, diese Folgekosten zu reduzieren. Dies wäre über höhere Preise für Alkohol möglich. Da die

Produzenten und Vertreiber alkoholischer Getränke jedoch kein Interesse daran haben, die sozialen Kosten zu übernehmen, indem sie die Preise erhöhen (Problem der soge- nannten externen Effekte), müsste die Politik über Steuern dafür sorgen.

Alkoholpolitik –

nur Kohärenz führt zum Erfolg

Die volkswirtschaftliche Rechnung macht deutlich: In der Alkoholpolitik geht es nicht nur um Eigenverantwortung, sondern auch um gesellschaftliche Verantwortung. Die Ge- sellschaft setzt über die Politik die Rahmen- bedingungen für den Konsum von Suchtmit- teln und ist so mitverantwortlich für die Gesundheit aller.

Für die NAS-CPA ist das zentrale Kriteri- um für eine erfolgreiche Alkoholpolitik de- ren Kohärenz: Die politischen Entscheide müssen mit den Erwartungen an die Indivi- duen übereinstimmen und dürfen sich nicht gegenseitig widersprechen. Aus Sicht der NAS-CPA ist der vom Bundesrat geplante Ausbau des Jugendschutzes zu begrüssen; er macht aber noch keine kohärente Politik aus.3 Wenn neben den sinnvollen Massnah- men – wie Alkoholtestkäufen – gleichzeitig die Werbebeschränkungen für Spirituosen gelockert werden, wird ein widersprüchliches Signal an die Jugend ausgesendet. Zudem kann Jugendschutz nicht effektiv sein, wenn der Bundesrat nichts gegen Billigalkohol un- ternehmen möchte. Und Jugendschutz allein reicht nicht aus, weil der problematische Al- koholkonsum auch ältere Bevölkerungs- schichten trifft, dessen Folgen nicht immer so sichtbar sind wie bei Botellones oder van- dalierenden Jugendlichen.4

Die NAS-CPA forderte deshalb bereits 2010 in der Vernehmlassung zur Alkoholge- setzrevision mehr Kohärenz durch stärkere Werbebeschränkungen, die Eingrenzung der Erhältlichkeit von Alkohol und preisliche Massnahmen (z.B. Lenkungsabgabe).5 Für diese und weitere Ziele – wie z.B. Alkohol- testkäufe, Weitergabeverbot – wird sie sich auch in der parlamentarischen Diskussion der Gesetzesvorlage engagieren. Die NAS- CPA ist überzeugt, dass eine kohärentere Al- koholpolitik im Interesse aller Schweizerin-

nen und Schweizer ist. m

Kohärente Alkoholpolitik – zum Wohl von Individuum und Gesellschaft

Jugendliche Rauschtrinker – Botellones – Vandalismus – Litte- ring. Das sind nur einige Begriffe zum Thema Alkohol, die von den Medien häufig aufgegriffen wer- den. Da scheint die Lösung des Bundesrates unter dem Stichwort

«Fokus auf den Jugendschutz»

gerade recht zu kommen. Doch aus Sicht der Suchtprävention reicht dieses Credo nicht aus.

Denn die negativen Folgen von problematischem oder abhängi- gem Alkoholkonsum betreffen alle: junge und alte Konsumieren- de, Familien, die Gesellschaft und die Volkswirtschaft. Die Nationale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik (NAS-CPA) verfolgt deshalb bei der Alkoholgesetz- revision vor allem ein Ziel: mehr Kohärenz.

NR Dr. Marina Carobbio Ärztin, Präsidentin Natio- nale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik (NAS-CPA) 1 Steuergruppe Herausforderung Sucht (2010): Bericht

und Leitbild Herausforderung Sucht. Bern: S. 79.

2 Jeanrenaud, Claude, Gaëlle Widmer und Sonia Pellegrini (2005): Le coût social de la consommation de drogues illégales en Suisse. Neuchâtel: S. 6.

3 Vgl. zur Kohärenz der Alkoholpolitik das Grundlagen- papier der NAS-CPA (2010): Grundposition der NAS-CPA zur Alkoholpolitik.

4 Bundesrat (2011): Medienmitteilung. Alkoholgesetz:

Fokus auf Jugendschutz und Erhältlichkeit von Alkohol in der Nacht.

5 Nationale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik (2010):

Vernehmlassungsantwort Nationale Arbeitsgemein- schaft Suchtpolitik (NAS-CPA). Totalrevision Alkohol- gesetz (AlkG).

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