• Keine Ergebnisse gefunden

Bundeserbschaftssteuer: Grosser Schaden, wenig Nutzen | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Bundeserbschaftssteuer: Grosser Schaden, wenig Nutzen | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Dossier

58Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 3-2014

Über 80% der Unternehmen in der Schweiz sind Familienunternehmen. Knapp die Hälfte davon wird familienintern weitergegeben.

KMU-Nachfolgen sind heute schon häufig schwierig. Mit der Initiative würden weitere Hürden aufgebaut. Eine neue hohe Steuer zu bezahlen, statt zu investieren, allenfalls Eigen- kapital abbauen zu müssen oder Sparmass- nahmen einzuführen inklusive Stellenabbau:

Das sind Szenarien, die Unternehmerkreise heute fürchten. Nicht zuletzt aus Gründen der leichteren Nachfolgeregelung wurde in den meisten Kantonen die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen abgeschafft. Ihre flä- chendeckende Wiedereinführung wäre ein Schildbürgerstreich, der Tausende von Famili- enunternehmen existenziell gefährden könnte.

Rekordhohe Vermögensbesteuerung und fragliche Verfassungskonformität

Die Initiative ist im Ansatz problematisch und wirft auch in der Umsetzung viele Fra- gen auf:

– Die verlangte Steuer widerspricht dem Verfassungsgebot der rechtsgleichen Be- handlung: Eine Erbschaft von 1 Mio.

Franken an einen Einzelerben wäre steu- erfrei; eine Erbschaft von 3 Mio. Franken an drei Erben hätte eine Steuerschuld von 200000 Franken oder 65000 Franken je Erben zur Folge.

– Die kantonale Steuersouveränität würde verletzt, weil den Kantonen die Kompe- tenz zur Erhebung einer Erbschaftssteuer entzogen würde.

– Die weltweit kaum praktizierte Kombina- tion von Vermögenssteuer und Erb- schaftssteuer hätte zur Folge, dass die im internationalen Vergleich bereits hohe Schweizer Steuerlast auf Vermögen weiter stiege; den Schaden hätte, nebst den KMU, auch der Wirtschaftsstandort (Wegzüge, Nichtzuzüge, geringere Ver- mögensbildung).

– In der Praxis stellten sich schwierige Fra- gen der Unternehmensbewertung (Ver- kehrswertschätzung) und der Rechnungs- legung (Behandlung stiller Reserven); die Steuerbürokratie würde weiter ausgebaut.

– Aufgrund der angezweifelten Einheit der Materie stellt sich die Frage, ob die Initia- tive überhaupt gültig ist.

Die Initiative sieht für Unternehmens- nachfolgen Ermässigungen vor. Sie sind für aktuelle Nachfolgeplanungen wertlose Ver- sprechen, weil die genaue Ausgestaltung erst später erfolgt. Zudem besteht die Einschrän- kung, dass ein Betrieb für mindestens zehn Jahre weitergeführt werden muss. Eine Verpflichtung in dieser Grössenordnung ist betriebswirtschaftlich unverhältnismässig und wird darum nirgendwo praktiziert. Was, wenn der Betrieb nach acht Jahren verkauft oder liquidiert werden muss? Genügt die Weiterführung des Betriebs auch nur durch einen Erben, obwohl der Initiativtext von

«Erben» spricht? Anders als im Ausland sieht die Initiative oberhalb einer (unbestimmten) Freigrenze immer eine Steuerzahlung vor.

Von der in Aussicht gestellten Möglichkeit von Ratenzahlungen werden sich betroffene KMU-Kreise kaum beruhigen lassen. Bereits heute wird denn auch ein Nachfolgestau ver- zeichnet, der gemäss Experten direkt auf die Initiative zurückgeht. Dass diese bereits heute wirkt, die einschlägigen Bestimmungen aber bestenfalls in einigen Jahren bekannt sein werden, schafft lähmende Unsicherheit – Gift erster Klasse für Nachfolgeplanungen. Alle Nachteile zusammengenommen, ist der Preis der Initiative aus Sicht der Wirtschaft klar zu hoch – zumal der Nutzen fraglich ist.

Keine Lösung für die AHV

Die Initiative stellt die Lösung des demo- grafiebedingten Finanzierungsproblems der AHV in Aussicht. Eine solche Perspektive ist reines Wunschdenken. Die Initianten gehen von 2 Mrd. Franken zusätzlich für die AHV aus. Der Bundesrat prognostiziert deutlich weniger. Das schmerzt die Kantone, die ebenfalls begünstigt werden, aber mit Ein- nahmenausfällen rechnen müssen. Bei einer sich öffnenden Finanzierungslücke von über 8 Mrd. Franken nützen die möglichen Erträ- ge aber auch der AHV wenig. Diese braucht eine grundlegende Reform, die mit der der- zeit zur Vernehmlassung stehenden Alters- vorsorge-Vorlage in die Wege geleitet wird.

Die Wirtschaft engagiert sich ernsthaft für eine materiell gute und ausgewogene AHV- Reform – Scheinlösungen, die wenig brin- gen, vor allem aber grossen Schaden anrich- ten, lehnt sie dezidiert ab.

Bundeserbschaftssteuer: Grosser Schaden, wenig Nutzen

Die Erbschaftssteuer-Initiative ködert mit falschen Versprechen, verunsichert und lähmt Familien- KMU schon heute. Ist die Vorlage erst in Kraft, sind viele Betriebe und Arbeitsplätze existenziell gefährdet. Die Kombination von Vermögens- und Erbschafts- steuern ist international unüblich und sachlich verfehlt. Die Initia- tive ist auch als Eingriff in die Finanzautonomie der Kantone abzulehnen. Schliesslich würden die absehbaren Defizite der AHV lediglich um wenige Jahre verschoben und in der Zwischen- zeit wirksame Reformen ver- hindert.

Dr. Frank Marty Mitglied der Geschäfts- leitung, economiesuisse, Zürich

Sandra Spieser Stv. Leiterin Finanzen &

Steuern, economiesuisse, Zürich

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Autoren haben hierfür im Auftrag des Staatssekreta- riat für Wirtschaft (Seco) anhand von zwei realisierten Grossprojekten untersucht, ob und inwieweit sich

Der Durchbruch bei den Verhandlungen ge- lang, als den biodiversitätsreichen Staaten – zum grossen Teil Entwicklungsländer – ver- sichert wurde, dass der Nutzen, der zum

Eine Ecoplan-Studie aus dem Jahr 2013 zeigt: Nach einer Phase der Arbeitslosigkeit finden 9 von 10 Personen wieder eine

Bei der Suche nach hoch qualifizierten Spezialisten in für uns wichtigen Forschungs- gebieten oder nach Ingenieuren mit langjäh- riger Erfahrung beim Abwickeln komplexer

mäss einem direkt progressiven Tarif erhoben wird – lassen sich die fünf Forderungen nicht gleichzeitig realisieren. Die Wahl

Aber auch da gibt es Ausnahmen: Die Kantone Appenzell Innerrhoden, Neuenburg, Waadt und teil- weise Luzern erheben nach wie vor eine Erb- schaftssteuer auch für direkte

Wie noch nie zuvor in der Geschichte entwickeln zudem die Globali- sierung und der technische Fortschritt eine Dynamik, die zu immer schnelleren Veränderungen in allen

1 Im Rahmen der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit setzt sich auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in seinen Partnerländern unter dem neuen Rahmenkredit (2017 –