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Archiv "Entschließungen zum Tagesordnungspunkt IV : Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer" (09.06.1995)

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..,.. Bei der Verwendung der eingeworbenen Dritt- mittel soll derjenige, der sie eingeworben hat bezie- hungsweise den Forschungsoultrog ausführt, ein Mit-

spracherecht hoben." 0

Medizinische Forschung in Deutschland

"Der 9 8. Deutsche Ärztetag fordert den Gesetz- geber auf, sehr schnell Regelungen zu treffen, die es den Universitätskliniken der neuen Bundesländer ermögli- chen, in das Krankenhausinvestitionsprogramm einbezo- gen zu werden."

Begründung

ln den neuen Bundesländern können nichtuniver- sitäre Krankenhäuser zur Verbesserung der medizini- schen Versorgung Sondermittel aus dem oben genann- ten Programm gemäß Art. 14 GSG in Anspruch nehmen.

Die Hochschulkliniken sind aus dieser Förderung ausge- schlossen. Dies führt einerseits zu einer Differenz in der Ausstattung zum Nochteil der Hochschulkliniken, die ei- nen beträchtlichen Teil der Maximolversorgung trogen, und birgt andererseits die Gefahr, daß Forschungsmittel für die Ausstattung zur Krankenversorgung verwendet

werden. 0

Förderung der Grundlagen·

forschung über Entstehung und Behandlung

von Suchterkrankungen

"Angesichts der anholtenden und besorgniserre- genden Zunahme chronifizierter Verlaufsformen von Al- kohol-, Medikamenten-und Drogenabhängigkeit sind on den Universitäten bevorzugt Forschungsschwerpunkte und Lehrstühle zur Grundlogenforschung über Präventi- on, Behandlung und Rehabilitation von Suchterkrankun- gen aufzubauen.

Der Deutsche Ärztetag fordert den Gesetzgeber auf, dafür Steuermittel einzusetzen und gesetzliche Re- gelungen zu schoflen, auf deren Grundloge die alkoholproduzierende und tabakproduzierende Industrie dazu verpflichtet wird, Aufgaben für die oben aufgeführ- ten Forschungsschwerpunkte und Lehrstühle zu leisten."

Begründung

Die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgeloh- ren zählt hierzulande 3 Millionen behandlungsbedürftige Alkoholkronke, 1 Million Medikamentenabhängige und co. 500 000 Drogenabhängige. Jährlich sterben co.

40 000 Menschen on den Folgen der Alkoholkronkheit.

Diese Enrwicklung muß unter anderem durch den zweck- gebundenen Einsatz von Steuermitteln, die aus der Be- steuerung von Alkohol und Tabak stammen, zur För- derung der Volksgesundheit bekämpft werden. Die Soli-

...

98. DEUTSCHER ÄRZTETAG

, ....•• , .. . ..•.• ,.

dargemeinschalt der Versicherten muß durch solche Fi- nanzierungen im Sinne des Verursacherprinzips in bezug auf diese gesundheitlichen Folgeschäden enftostet wer-

den. 0

Medizinische Forschung in Deutschland

"Der 98. Deutsche Ärztetag fordert die Kranken- hausträger auf, ollen Ärzten die Beteiligung on klinischer

Forschung zu gestatten und nicht in Anstellungsverträgen

ausdrücklich zu verbieten." D

Untertarifliche Vergütung und Drittmittelförderung

"Der Einsatz von Drittmitteln im klinischen Be- reich darf- wenn Stellen für Ärzte geschaffen werden- nicht dazu führen, daß untertorifliehe Vergütung bezahlt

wird." 0

Entschließungen zum Tagesordnungspunkt IV

Tätigkeitsbericht

der Bundesärztekammer

Fortsetzung des Dialoges zwischen Ärzteschaft und Politik

"Der Deutsche Ärztetag fordert die Verhandlungs- führer der deutschen Ärzteschaft auf, unsere berechtigten Interessen und Forderungen auf der Grundloge des Ge- sundheitspolitischen Programms der deutschen Ärzte- schaft und auf der Ebene der konkreten Angebote des Bundesgesundheitsministers Seehafer anläßlich seiner Rede zu der Eröffnung des 98. Deutschen Ärztetages om 23.5.1995 in Stuttgortfortzusetzen." 0

Änderung § 19 Abs. 1 Satz 5 MBO (Kollegiales Verhalten)

"Der Vorstand der Bundesärztekammer wird be- auftragt, folgende Änderung der Müster-Berufsordnung in

§ 19 Abs. 1 Satz 5 vorzunehmen:

"Ein leitender Arzt, in dessen Abteilung ein Arzt/eine Ärztin unterhalb des geltenden Tarifrechts be- schäftigt wird und diesen weiterbildet, handelt damit un- lauter und unwürdig im Sinne der Berufsordnung." D

Berufsordnung

"Der Deutsche Ärztetag appelliert on die Lon- desärztekommern, auf die Einhaltung der Berufsordnung unter folgendem Aspekt zu achten:

Der wirtschofftiche Druck auf die Ärzteschaft in Kli- nik und Proxis darf nicht dazu führen, daß zunehmend Ärztinnen und Ärzte unter Mißachtung der Berufsordnung für ärztliche Arbeit unangemessen oder überhaupt nicht bezahlt werden. Wer hier die Notloge von Kolleginnen und Kollegen ausnutzt, trägt mit dazu bei, daß der wirk- liche Bedarf der Gesellschaft an ärzfticher Arbeit- und damit auch die notwendigen Kosten - verschleiert wer-

den. Ein Angebot ärztlicher Arbeitskraft unter Preis kann auch dazu dienen, in unlauterer Weise andere Mitbewer- . ber um die Chance einer Beschäftigung zu bringen, und verstößt deshalb ebenfalls gegen die Berufsornung. "D

Weiterbildung und Verträge zur Anstellung

"Eine untertorifliehe Beschäftigung von Ärzten in Klinik und Proxis widerspricht dem Kollegialitätsprinzip der ärzftichen Berufsordnung. Besonders Chefärzte kön- nen sich aus dieser Regelung nicht exkulpieren mit dem Hinweis, daß die Verwaltung der Vertragspartner des Arz- tes ist. Sie dürfen bei Kenntnis des Sachverhaltes diese unterbezahlten Kollegen nicht in ihrer Abteilung beschäf-

tigen." D

Untertarifliche Vergütung

"Abteilungsleiter und Chefärzte, die in ihrem Wirkungsbereich zulassen, daß junge Ärzte unterhalb der haus- und regional üblichen torifliehen Vergütung bezahlt werden, verstoßen gegen die Berufsordnung und laufen Gefahr, wegen einer fehlenden persönlichen Eignung die Weiterbildungsermächtigung entzogen zu bekommen.

Die Not junger Ärztinnen und Ärzte darf nicht aus-

genutzt werden." D

Nebeneinnahmen der Chefärzte

" Werden bei stationärer, teilstationärer oder am- bulanter Krankenhausbehandlung wohlärzftiche Leistun- gen gesondert berechnet, so sind die anderen Kranken- hausärzte on den hieraus erzielten Einnahmen im Rah-

men ihrer Leistungen zu beteiligen. Chefärzte, die die- sem Verlongen nicht nachkommen, verstoßen gegen die Berufsordnung(§ 15 Abs. 2)." D Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995 (69) A-1683

(2)

DOKUMENTATION

Experimentierklausel zur Approbationsordnung

„Der 98. Deutsche Ärztetag fordert Bundesge- sundheitsminister Seehofer auf, unverzüglich für den Er- laß einer Experimentierklausel zur ärztlichen Approbati- onsordnung Sorge zu tragen, gegebenenfalls durch Rechtsverordnung."

Begründung

Die derzeitig gültigen Regelungen der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten fördern die zukunftsweisende Vermittlung praxisrelevanten Wissens durch die Univer- sitäten nur unzureichend. Durch Initiativen mehrerer Me- dizinischer Fakultäten sind Modelle für eine schrittweise Reformierung der Ausbildungsmodalitäten entwickelt worden, deren praktische Erprobung an einzelnen Fakul- täten nur im Rechtsschutz einer Experimentierklausel möglich ist. Ein derartiger Erlaß reduziert den Zeitdruck für die Diskussion und Arbeiten an der 8. Novelle zur ärzt- lichen Approbationsordnung und kann durch die Verwer- tung von Erfahrungen mit veränderten Studiengängen zur Optimierung der künftigen ärztlichen Approbations- ordnung beitragen. Überdies können die Länder ohne die Zustimmung des Bundesgesundheitsministers keine Hilfe

geben. ❑

Wahlbeeinflussung durch

Sponsering der Pharma-Industrie

„Der Deutsche Ärztetag lehnt in aller Entschie- denheit Spenden der Pharma-Industrie zur Finanzierung von Wahlkämpfen bei Kammer- und KV-Wahlen ab. Die Annahme entsprechender finanzieller Zuwendungen ist

standeswidrig." ❑

Finanzierung der Weiterbildung

„Der 98. Deutsche Ärztetag fordert den Gesetz- geber und die Gesetzlichen Krankenversicherungen auf, eine angemessene Finanzierung der Weiterbildung zu

gewährleisten." ❑

Weiterbildungsstellen Allgemeinmedizin

„Der Deutsche Ärztetag fordert Politik und Kassen auf, Weiterbildungsstellen für Allgemeinmedizin in Arzt- praxen auf der Basis BAT II außerhalb der Gesamtvergü- tung zu finanzieren."

Begründung

Für eine effiziente Patientenbetreuung ist eine Ko- operation zwischen Hausarzt, Gebietsarzt und Kranken- hausarzt unverzichtbar. Nur so können Patientenproble- me auf der jeweils effizientesten Ebene gelöst werden.

Der eklatante Mangel an Weiterbildungsstellen für Allge-

98. DEUTSCHER ÄRZTETAG

meinmedizin gefährdet diese sinnvolle Aufgabenteilung

der Ärzteschaft. ❑

Weiterbildung in der Allgemeinmedizin

„Der 98. Deutsche Ärztetag fordert, die Weiterbil- dung in Allgemeinmedizin endlich durch Schaffung der not- wendigen universitären Strukturen: Lehrstühle für Allge- meinmedizin, Rotationsstellen im Klinikbereich und in ge- bietsärztlichen akademischen Lehrpraxen sowie akademi- sche Lehrpraxen für Allgemeinmedizin sicherzustellen, um die Qualität der Weiterbildung zu gewährleisten." ❑ Finanzierung der

Weiterbildungsstellen in der Allgemeinmedizin

„Der 98. Deutsche Ärztetag fordert die Kranken- kassen auf, Mittel für die Finanzierung von Weiterbil- dungsstellen des Faches Allgemeinmedizin bereitzustel- len."

Begründung

Die Weiterbildung zum Gebietsarzt, deren Ab- schluß eine Voraussetzung für eigenverantwortliche, selbständige Arbeit im Sinne der Qualitätssicherung ist, wird in der Regel (in den Gebieten) innerhalb kranken- kassenfinanzierter Tätigkeit in Einrichtungen des sta- tionären Gesundheitswesens absolviert. Die Weiterbil- dung zum Gebietsarzt für Allgemeinmedizin muß über- wiegend in ambulanten Einrichtungen erfolgen, bei de- nen die Finanzierung derzeit nur über die Erträge der vertragsärztlichen Tätigkeit möglich ist. Mit der Bereit- stellung von Mitteln für die allgemeinärztliche Ausbil- dung wird eine Gleichstellung mit anderen Gebieten er-

reicht. ❑

Abschaffung der AiP-Phase

„Bundesregierung und Bundesrat werden aufge- fordert, bei der derzeit vorbereiteten 8. Novelle zur Ap- probationsordnung für Ärzte die Ausbildungsphase

„Arzt/Ärztin im Praktikum" abzuschaffen und am Ende des Studiums die volle Approbation zu erteilen." Befristung von Arbeitsverträgen

„Der 98. Deutsche Ärztetag fordert die Kranken- hausverwaltungen und Chefärzte auf, für den Rest der Laufzeit des „Gesetzes über die Befristung von Arbeits- verträgen von Ärzten in Weiterbildung" vom Abschluß von zeitlich kurzen Arbeitsverträgen im Monats- und Ein- Jahres-Bereich Abstand zu nehmen."

Begründung

Zunehmend müssen sich junge Kolleginnen und Kollegen mit Drei- oder Sechs-Monats-Verträgen abspei-

sen lassen. Diese Verträge werden häufig als Disziplinie- rungsmaßnahme mißbraucht. Dieses Verhalten ist zu- tiefst unkollegial und unmoralisch. Fremdbefunde — Vertraulichkeit der innerärztlichen Kommunikation

„Die deutsche Ärzteschaft wendet sich gegen den Anspruch von Sozialleistungsträgern, die gesetzliche Ver- pflichtung von Ärzten, Auskunft zu erteilen, dahingehend auszudehnen, daß auch die Übersendung von Bleibe- funden und -berichten gefordert wird.

Der 98. Deutsche Ärztetag gibt seiner Auffassung Ausdruck, daß — ungeachtet des unbestrittenen Ein- sichtsrechts des Patienten in objektive Untersuchungs- und Behandlungsdaten — die innerärztliche Kommuni- kation im Grundsatz vertraulich ist und der Verfasser ei- nes Arztbriefes grundsätzlich nicht davon ausgehen muß, daß sein Arztbrief vom empfangenden Kollegen ohne Rücksprache an Sozialleistungsträger weitergeleitet wird."

Begründung

Rieger hat zu dem Problem der Einsicht von Be- triebsangehörigen in Arztbriefe, die an den Betriebsarzt gerichtet waren, zutreffend festgestellt (Dtsch. med.

Wschr. 116 [19911, 1290):

„Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß der Anspruch des Patienten ... auf Einsichtsgewährung sich nicht gegen den jeweiligen Besitzer, sondern nur gegen den jeweiligen Hersteller der Unterlagen richtet. Eine Aus- nahme gilt dort, wo der Betriebsarzt unter den gegebe- nen Umständen unterstellen darf, daß der Arztkollege mit der Überlassung der von ihm gefertigten Unterlagen an den Mitarbeiter zur Einsichtnahme einverstanden ist.

Dieses mutmaßliche Einverständnis des Kollegen kann in aller Regel angenommen werden, wo es um die Einsicht in objektivierbare Befunde und Behandlungsfakten geht.

Vorsicht ist jedoch geboten bei der Aushändigung frem- der Arztbriefe. Der Inahlt eines Arztbriefes ist nach dem Willen des Verfassers ausschließlich für den Arztkollegen bestimmt, an den er sich richtet. Die Unbefangenheit der ärztlichen Kommunikation wäre erheblich gestört, wenn der Arzt damit rechnen müßte, daß der Patient von sei- nem Inhalt Kenntnis erhält. Die Aushändigung eines Arzt- briefes an den Patienten bzw. Betriebsangehörigen ver- stößt daher grundsätzlich gegen das in der ärztlichen Be- rufsordnung verankerte Gebot kollegialen Verhaltens."

Dieses gilt um so mehr für die Weitergabe von Arztbriefen an Sozialleistungsträger. Ärztliche Schweigepflicht —

Gesetzliche Auskunfts- und Übermittlungspflichten

„Der Deutsche Ärztetag wendet sich entschieden gegen die zunehmend feststellbaren Praktiken, daß ge- setzliche Auskunfts- und Übermittlungspflichten der Ärzte von Sozialleistungsträgern und anderen Stellen dadurch A-1684 (70) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995

(3)

mißbraucht werden, daß Ärzte zusätzlich zur Auskunft- serteilung zur Übermittlung von Eigen- und Fremdbefun- den, Krankenhaus-Enflaßberichten etc. aufgefordert wer- den und damit Gefahr laufen, ihr Berufsgeheimnis

„Schweigepflicht" zu verletzen. Auskunftsersuchende müssen die Rechtsvorschrift nennen, die zur Auskunft verpflichtet ferner den Erhebungszweck bezeichnen und sich auf das „Erforderliche" begrenzen (vgl. § 67 a SGB X, § 276 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz SGB V)."

Begründung

Nach ärztlichem Berufsrecht ist die Herausgabe von ärztlichen Aufzeichnungen, Befunden und so weiter an nichtärztliche Stellen oder an Arzte, die nicht an der Behandlung beteiligt sind, in Verbindung mit der Erstat- tung eines Berichts oder Gutachtens nur zulässig, wenn es für das Verständnis erforderlich ist (vgl. § 15 Abs. 3 Berufsordnung für die Ärzte Bayerns). Die in § 100 SGB X normierte Pflicht des Arztes ist auf den Arzt, also jeden beteiligten Arzt, und nur auf „Auskunft" begrenzt. § 73 Abs. 1 b SGB V reglementiert die Erhebung von Patien- tendaten durch den Hausarzt bei anderen Ärzten (mit Pa- . tienteneinwilligung) auf den Zweck der Dokumentation.

Auch der Bundesmantelvertrag verpflichtet „den Ver- tragsarzt" zu schriftlichen Informationen (Auskünfte, Be- scheinigungen, Zeugnisse, Berichte und Gutachten), nicht aber zur Herausgabe von Unterlagen anderer Ärzte

und Krankenhäuser.

Ärztliche Schweigepflicht — Aushöhlung durch

Patienteneinwilligung

„Die deutsche Ärzteschaft wendet sich entschie- den gegen die zunehmend feststellbare Tendenz von So- zialleistungsträgern und anderen Stellen, bei fehlender Rechtsgrundlage für die Erhebung von Patienten-/Versi- chertendaten auf „Patienteneinwilligung" auszuwei- chen. Dabei besteht die Gefahr, daß das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Patienten nicht hinreichend gewährleistet wird. Sofern zulässigerweise eine Patien- teneinwilligung abverlangt wird, ist vom jeweiligen Sozi- alleistungsträger eine umfassende Patientenaufklärung zu fordern und die Datenerhebung auf diejenigen Ärz- te/Kliniken zu beschränken, die der Patient in seiner Ein- willigung ausdrücklich nennt und von der Schweigepflicht entbindet"

Begründung

Die Verpflichtung beziehungsweise Befugnis für die Erhebung von Sozialdaten durch Soziallei- stungsträger hat der Gesetzgeber abschließend katalog- mäßig begrenzt (vgl. z.B. § 284 SGB V, § 94 SGB XI - Pflegeversicherungsgesetz und andere). Gleichwohl wer- den von Patienten zunehmend Einwilligungserklärungen abgefordert, so zum Beispiel auch von Versor- gungsbehörden, wobei dem Patienten eine freie Willens-

entscheidung dadurch erschwert wird, daß er eine Lei- stungsverweigerung beziehungsweise eine Ablehnung seines Antrags (zum Beispiel auf Anerkennung einer Er- werbsminderung) befürchten muß. Es kann nicht hinge- nommen werden, daß sich Sozialleistungsträger Patien- tendaten über die gesetzlichen Datenerhebungskriterien hinaus über die Einwilligung Betroffener verschaffen. ❑

Ärztliche Schweigepflicht — Gefahr durch Telemedizin

„Die deutsche Ärzteschaft begrüßt die Möglich- keiten der Informationstechnik zur Informations- beschaffung und damit den unmittelbaren Zugang zum medizinischen Wissen unserer Zeit. Die Nutzung der DV- Technik und neuen Informationswege („Daten-High- ways") für dem Patientengeheimnis unterliegende sen- sible Daten ist abzulehnen, wenn dabei eine Verletzung des Patientengeheimnisses nicht auszuschließen ist.

Oberstes Ziel des Arztes muß es sein, DV-Techniken nur insoweit zu nutzen, als dadurch die Berufspflicht zur Wahrung des Patientengeheimnisses (§ 203 StGB) nicht verletzt wird. Die ärztliche Selbstverwaltung wird aufge- fordert, der Ärzteschaft unverzichtbare und geeignete Sicherheitsmechanismen, wie zum Beispiel krypto- graphische Verschlüsselungsverfahren, aufzuzeigen und sie zu deren Nutzung anzuhalten. überdies sind der Arz- teschaft technische und organisatorische Lösungen zu empfehlen, die gewährleisten, daß die ärztliche Doku- mentation auf DV-Datenträger in ihrer Rechtswirkung nicht beeinträchtigt wird."

Begründung

Die Verwaltung von Patientendaten aller Art auf Praxis-PC, aber auch alle Formen der Datenübermittlung, bergen in hohem Maße die Gefahr, daß Unbefugte Kennt- nis davon erlangen und daß damit das Patientengeheim- nis verletzt wird. Ferner besteht die Gefahr des Daten- mißbrauchs, der Manipulation und des Datenverlustes.

Der modernen DV-Technik ist es möglich, wie die öffentli- che Diskussion zur Autobahngebühr zeigt, daß selbst über größere Entfernungen DV-Anlagen und Datenwege selbst berühungslos ausgeforscht werden können.

Ärztliche Dokumentationen auf DV-Datenträgern können ohne besondere technische Maßnahmen jeder- zeit verändert oder ergänzt werden mit der Folge, daß der Beweiswert solcher Aufzeichnungen im konkreten

Fall bis Null sinken kann. ❑

Publikationen der Arzneimittelkom- mission der deutschen Ärzteschaft

„Der Vorstand der Bundesärztekammer wird auf- gefordert, dafür Sorge zu tragen, daß die Arzneimittel- kommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) jederzeit die ihr vom Vorstand der Bundesärztekammer zugewie- senen Aufgaben statutgemäß wahrnehmen kann und ihr

somit die Möglichkeit gegeben sein muß, im Deutschen Ärzteblatt Informationen zu Arzneimittelrisiken (Be- kanntgaben; Stufenplanbescheide) in eigener Verant- wortung zu publizieren.

Sollten die Herausgeber des Deutschen Ärzteblat- tes aus rechtlichen beziehungsweise vertraglichen Grün- den einen solchen Antrag nicht umsetzen können, dann wird der Vorstand der Bundesärztekammer aufgefordert, eine Möglichkeit zu schaffen, daß Informationen zu Arz- neimittelrisiken sowie andere wichtige Mitteilungen über Arzneimittel der AkdÄ als eigenständige Information an- derweitig den Ärzten ohne Verzug oder Einflußnahme durch Dritte bekanntgegeben werden können. Die Wei- tergabe von Risikoinformationen an Arzte durch die AkdÄ als Stufenplanbeteiligte nach dem Arzneimittelgesetz muß in jedem Fall sichergestellt sein."

Begründung

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzte- schaft muß die Möglichkeit haben, jederzeit und unbe- einflußt durch Dritte Bekanntgaben zu Arzneimittelrisi- ken und andere wichtige Mitteilungen zu Arzneimitteln im Standesblatt der deutschen Ärzte, dem Deutschen Ärzteblatt, gemäß der ihr vom Vorstand der Bundesärz- tekammer zugewiesenen statusgemäßen Aufgaben zu veröffentlichen.

In jüngster Zeit wurde die Weitergabe von Be- kanntgaben und Risikoinformationen zu Stufenplänen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinproduk- te teilweise in Frage gestellt, verzögert oder abgelehnt beziehungsweise wurden Stufenpläne ohne Rücksprache mit der Arzneimittelkommission publiziert beziehungs- weise kommentiert. Ein Grund für dieses Verhalten könn- te die Abhängigkeit des Deutschen Ärzteblattes von Anzeigenaufträgen der pharmazeutischen Firmen sein.

Es ist aber eher unwahrscheinlich, daß aufgrund solcher Informationen der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft die Anzeigenaufträge zurückgehen.

Ganz im Gegenteil ist der Aufmerksannskeitgrad, der sol- chen Risikoinformationen zukommt der zusätzlichen Placierung von Anzeigen förderlich. Es ist unter standes- politischen Überlegungen aber unabdingbar, daß unab- hängig von dieser Werbung die Möglichkeit im Standes- blatt der deutschen Ärzteschaft geschaffen werden muß, daß offizielle Gremien der deutschen Ärzteschaft, wie zum Beispiel die Arzneimittelkommission, jederzeit und ungehindert und vor allem rasch entsprechende Texte in Eigenverantwortlichkeit publizieren können, um ihre sta- tutgennäßen Aufgaben, die ihr vom Vorstand der Bundesärztekammer zugewiesen wurden, auch erfüllen zu können. Es wird wohl niemand bestreiten, daß der frühzeitigen Information der Ärzteschaft zu Arzneimittel- risiken Vorrang vor allen anderen Überlegungen einge- räumt werden muß, zum Schutze der ihr anvertrauten Patienten und zum Schutze der Ärzte vor juristischen Konsequenzen.

Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, daß pharma- zeutische Unternehmer sich daran gewöhnt haben, daß Hinweise und Wahrnungen einer neutralen Kommission Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995 (71) A-1685

(4)

DOKUMENTATION

zu Arzneimitteln in den Blättern abgedruckt werden, in welchen sie beispielsweise für dasselbe Produkt Wer- bung betreiben. Es wird sogar die unmittelbare Nähe der Anzeigen zu solchen Hinweisen gesucht, um der Auf- merksamkeit des Lesers nicht zu entgehen. Es geht nicht an, daß die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzte- schaft mit erheblichem Zeit- und Personalaufwand sowie Kosten Expertenaussagen zu bestimmten Arzneimitteln erarbeitet (die einen breiten ärztlichen Konsens wider- spiegeln) und dann Gefahr läuft, daß die Information

nicht veröffentlicht wird. ❑

Obduktionen und neue Entgeltformen bei der Krankenhausfinanzierung

„Die Obduktion dient in besonderem Maße der Qualitätssicherung in der Medizin, insbesondere bei der Beurteilung ärztlicher Leistungen. Sie stellt ein wichtiges Element der Beantwortung epidemiologischer Fragestel- lungen dar und ist eine wesentliche Hilfe bei der Auf- klärung unklarer und nicht natürlicher Todesfälle.

Die innere Leichenschau ermöglicht die Ermittlung von Grundleiden und Todesursachen mit morphologi- schen Methoden im Einzelfall. Sie erbringt darüber hin- aus wichtige Erkenntnisse in Diagnostik und Therapie für die medizinische Wissenschaft.

Durch die neuen Entgeltformen (Sonderentgelte und Fallpauschalen) zur Finanzierung der Krankenhaus- leistungen besteht die Gefahr, daß aus Kostengründen auf Obduktionen verzichtet wird.

Der Deutsche Ärztetag fordert deshalb, für im Krankenhaus durchgeführte Obduktionen gesonderte, getrennte Abrechnungsformen neben Fallpauschalen, Sonderentgelten und Abteilungspflegesätzen zu schaf- fen.

Auch notwendige und aus ärztlicher Sicht sinnvol- le Obduktionen außerhalb des Krankenhauses verstorbe- ner Patienten müssen von den gesetzlichen Krankenkas- sen oder von der zuständigen Gesundheitsbehörde (zum Beispiel Gesundheitsamt) bezahlt werden.

Qualitätssicherung durch Obduktion ist auch für die vertragsärztliche Versorgung sinnvoll und wird durch die derzeitige Kostenregelung — Bezahlung durch die Hinterbliebenen — unmöglich.

Der Deutsche Ärztetag fordert deshalb eine gene- relle Kostenübernahme durch die Kassen oder die zu- ständigen Gesundheitsbehörden bei aus ärztlicher Sicht

notwendigen Obduktionen." ❑

Privatisierung von Krankenhäusern

„Der 98. Deutsche Ärztetag fordert die öffentlich- rechtlichen Krankenhausträger auf, eine beabsichtigte Privatisierung der Krankenhäuser in der Rechtsform einer GmbH erst dann zu beschließen, nachdem feststeht, daß die Führung des Krankenhauses in der Betriebsform des Eigenbetriebes nicht zu dem gewünschten wirtschaftli- chen und strukturellen Ergebnis führt." ❑

98. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Instandhaltungskosten der Kranken- häuser bezahlen

„Der 98. Deutsche Ärztetag hält es für einen Skandal, daß noch keine befriedigende Regelung dafür gefunden wurde, wer die Instandhaltungskosten der Krankenhäuser bezahlen muß. Der Streit zwischen Bund und Ländern und die ablehnende Haltung der Kranken- kassen gefährden die Substanz der Krankenhäuser. Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Jahre 1993, nach dem Instandhaltungskosten pflegesatzfähig und damit von den Krankenkassen zu tragen sind, hätte längst eine klare Regelung erfolgen müssen. Es ist uner- träglich, wenn die Bundesländer auf die Krankenkassen zeigen und sich über den Schritt zur monistischen Finan- zierung freuen, die Krankenkassen sich auf die durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) eingeführte Budget- deckelung berufen und die Instandhaltung von Kranken- häusern auf die Zeit nach 1995 verschoben wird. Auf die- se Weise wird mutwillig erreicht, daß die rechtzeitige In- standhaltung von Krankenhäusern unterbleibt, was größere Schäden nach sich ziehen kann oder zu Lasten der Patientenversorgung teuer vorfinanziert werden muß. Der 98. Deutsche Arztetag fordert ein Ende dieses

Schwarze-Peter-Spiels." ❑

Strukturreform der Universitätskliniken

„Der 98. Ärztetag hält eine Strukturreform der Universitätskliniken für notwendig. Er fordert wegen der weitreichenden sozial- und berufspolitischen Konsequen- zen die Mitwirkung der verfaßten Ärzteschaft bei den Be- ratungen und Entscheidungen zu einer solchen Reform.

Das Ziel einer Reform ist es, die Leistungsfähigkeit in For- schung, Lehre und Krankenversorgung zu verbessern und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Eine hiermit verbunde- ne Änderung der Personalstruktur muß den ärztli- chen/wissenschaftlichen Mittelbau durch Mitbestim- mungsmöglichkeiten in den Klinikgremien in Entschei- dungsprozesse mit einbeziehen. Dies wird dazu beitra- gen, die Leistungsmotivation zu erhöhen. Eine Reform ohne Demokratisierung in diesem Bereich wird nicht er-

folgreich sein." ❑

Sicherung der Intensivmedizinischen Versorgung in Deutschland

„Der 98. Deutsche Ärztetag fordert die Landesre- gierungen auf, die für die Versorgung notwendige Zahl von Intensivbetten funktionstüchtig offen zu halten."

Begründung

Polytraumabehandlung, Alterschirurgie, Infarktbe- handlung, Transplantationschirurgie und andere sind oh- ne ausreichende Zahl von funktionstüchtigen Intensivbet- ten nicht erfolgreich.

1. Eine hohe Zahl von Intensivbetten ist nach wie vor durch Pflegekräftemangel gesperrt.

2. Da die Zahl der Intensivbetten abhängig ge- macht wird von der Gesamtzahl der Krankenhausbetten, werden bei abnehmender Bettenzahl auch weitere Intensivbetten geschlossen werden.

3. Intensivmedizin ist außerordentlich teuer:

Einsparungen an dieser Stelle gefährden die Qualität der Medizin und damit die Gesundheit der Bevölkerung. ❑ Lehrstühle für Allgemeinmedizin

„Der Deutsche Ärztetag fordert die Einrichtung von Lehrstühlen für Allgemeinmedizin an allen deutschen Universitäten."

Begründung

Zur Umsetzung der geltenden Approbationsord- nung hinsichtlich des Faches „Allgemeinmedizin"

genügt es nicht, diese Aufgabe ähil. durch die Beauftra- gung von niedergelassenen Allgemeinärzten zu erfüllen.

In zunehmendem Maße muß sich die Grundlagen- forschung im hausärztlichen Bereich erhöhen. Als Basis der Lehre und Forschung sind daher Lehrstühle für All- gemeinmedizin in ganz Deutschland unerläßlich. ❑ Lehrstühle für Unfallchirurgie

„Der 98. Deutsche Ärztetag fordert erneut alle Medizinischen Fakultäten auf, Lehrstühle für Unfallchir- urgie zu errichten.

Mehrere Deutsche Ärztetage haben durch ihre Beschlüsse (1989, 1991, 1992) diese Forderung im- mer wieder aufgestellt. Nur wenige Universitäten sind dieser Forderung nachgekommen. Neuerdings werden bereits genehmigte Lehrstühle für Unfallchirurgie aus sogenannten Kostengründen wieder eingezogen oder mit der gleichen Argumentation Neueinrichtungen ver- hindert.

Die Folgekosten nach Unfällen belasten das Ge- sundheitssystem und die Volkswirtschaft mit hohen Milli- arden-Beträgen. Daher erwartet der Bürger, daß die unfallchirurgische Versorgung auch nach den schwersten Unfällen zu jeder Zeit und an jedem Ort optimal erfolgt.

Dies ist nur dann möglich, wenn alle Universtitäten eine hochqualifizierte unfallchirurgische Aus- und Weiterbil- dung ihren Studenten und angehenden Ärzten anbie-

ten." ❑

Förderung der Allgemeinmedizin

„Der Deutsche Ärztetag 1990 in Würzburg hat nach jahrelangem Tauziehen die Allgemeinmedizin zu ei- ner Pflichtdisziplin mit festem Curriculum erhoben. In Konsequenz dieser Entscheidung ist es erforderlich, adä- quate Weiterbildungsstrukturen für den spezifischen Auf- gabenbereich der Allgemeinmedizin zu schaffen. Hierzu ist es auch notwendig, für die Ausbildung von Ärzten/In- nen in der Approbationsordnung die notwendigen Grund- lagen besonders der praktischen ärztlichen Tätigkeit zu schaffen.

A-1686 (72) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995

(5)

Das bedeutet

~ die Schaffung von Lehrstühlen für Allgemein- medizin endlich an ollen deutschen Universitäten,

~ flankierend die Errichtung akademischer Lehr- praxen für Forschung und Lehre,

~ ausreichend Assistentenstellen für die Weiter- bildung in Klinik und Praxis_

Die Finanzierung dieser Strukturen ist systemim- mament gemeinsame Aufgabe der öffentlichen Hand un- ter wesentlicher Beteiligung der gesetzlichen Krankenversicherung, die diese Verpflichtung in allen an- deren medizinischen Disziplinen längst übernommen ha-

ben." 0

Lehrstühle für Geriatrie

"Der Deutsche Ärztetag fordert die Einrichtung von Lehrstühlen für Geriatrie an ollen deutschen Univer- sitäten."

Begründung

Bisher wird die fokultätive Weiterbildung in klini- scher Geriatrie lediglich in geriatrischen Abteilungen von Krankenhäusern oder geriatrischen Kliniken angeboten, Lehre und Forschung nur on zwei Universitäten! ln den anderen Ländern der Europäischen Union (zum Beispiel Schweden, Großbritannien, Italien, Frankreich) dagegen ist die Geriatrie fast an ollen medizinischen Fakultäten

vertreten_ 0

Eigenblutspende

"Die Möglichkeiten zur Eigenblutspende müssen weiter ausgebaut werden_ Insbesondere müssen in den Krankenhäusern Voraussetzungen geschaffen werden, Patienten bei entsprechender Indikation diese aus ärztli- cher Sicht notwendige Möglichkeit anzubieten.

Durch die neuen Entgelriormen (Sonderentgelte und Fallpauschalen) zur Finanzierung der Krankenhauslei- stungen besteht die Gefahr, daß aus Kostengründen die Möglichkeit der Eigenblutspende nicht in dem erforderli- chen Umfang genutzt werden kann. Der Deutsche Ärzte- tag fordert deshalb, für die Eigenblutspende gesonderte, getrennte Abrechnungsformen neben Follpouscholen, Son- derentgelten und Abteilungspflegesätzen zu schaffen."

Begründung

Es ist geplant, die Gewinnung von Eigenblut unter die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes zu stellen, anstoll diese Bestimmungen in einem Transfusionsge- setz einzuführen_ Dieser auch rechtlich fragwürdige Plan bedeutet eine wesentliche Erschwernis der Eigenblut- spende in weiten Bereichen der Potientenversorgung_ 0 Vergütung ambulanter Leistungen von Universitätskliniken

"Der Deutsche Ärztetag unterstützt die Bemühun-

gender Universitätskliniken für ambulant erbrachte hoch- spezialisierte Leistungen adäquate Vergütungen zu er- holten_ Das gilt insbesondere, wenn im Einzugsbereich der Universitätsklinik keine entsprechenden Leistungen niedergelassener Ärzte angeboten werden."

Begründung

Universitätsambulanzen und Polikliniken überneh- men vielfach Versorgungsaufgagen der hochspezialisier- ten Medizin, die aus unterschiedlichen Gründen (zum Beispiel nicht ausreichende Zahl von niedergelassenen Spezialisten, hoher methodischer Aufwand, kosteninten- siv und so weiter) nicht in ausreichendem Maß angebo- ten werden_ Durch zu niedrig angesetzte Poliklinikspou- schalen entstehen unangemessene Defizite für die ent- sprechenden Abteilungen, die die Versorgung durch dann notwendige Einschränkungen gefährden_ 0

Registrierungspflicht für öffentlich-rechtliche Ethik-Kommissionen

"Der 98. Deutsche Ärztetag ist der Auffosssung, daß die in § 17 Abs_ 7 Medizinproduktegesetz (MPG) verankerte Verpflichtung der Ethik-Kommissionen, sich bei der zuständigen Bundesoberbehörde registrieren zu lassen, für die noch Landesrecht gebildeten Ethik-Kom- missionen der Landesärztekammern oder der Medizini- schen Fakultäten nicht sachgerecht ist.

Der Vorschlag des Präsidenten der Bundesärzte- kammer an den Bundesgesundheitsminister vom 22.2.1995, in einer Verwaltungsvorschrift nach § 40 MPG zu bestimmen, daß die nach Landesrecht gebilde- ten Ethik-Kommissionen als registriert gelten, wird aus- drücklich unterstützt."

Begründung

Die Registrierungspflicht ist im Gesetzgebungsver- fahren oufgrund der Bemühungen der Vertreter der pri- vatrechlieh gebildeten, sogenannten "freien" Ethik-Kom- missionen in das Medizinproduktegesetz aufgenommen worden_ Sie hat auch nur für derartige Ethik-Kommissio- nen eine Berechtigung_ Die Einrichtung und das Verfah- ren von ENhik-Kommissionen der Landesärztekammern und der Medizinischen Fakultäten sind Iondesgesetzlich oder durch Satzung der jeweiligen Körperschaft geregelt.

Einer Überprüfung und nachfolgender Registrierung durch die Bundesoberbehörde bedarf es daher nicht. 0

Aktive Sterbehilfe

"Mit Sorge verfolgt der Deutsche Ärztetag die Ent-

wicklung der Proxis und gesetzlichen Regelung der Eu- thanasie in den Niederlanden_ Auch wenn diese Entwick- lung von humanen Motiven der beteiligten Ärzte getra- gen ist, droht mit ihr doch die Tötung unheilbar kranker

Menschen zu einem Bestandteil ärztlicher Aufgaben zu werden_

Grundlage des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient ist seit jeher der ärztliche Auftrag, menschlichem Leben nicht zu schaden, sondern es zu er- halten und zu fördern_ Dieses Vertrauensverhältnis wäre erheblich gefährdet, wenn der Arzt dem Patienten nicht mehr allein in seiner traditionellen Rolle als Heilender und Helfender, sondern ebenso als Tötender begegnen könnte_

Der Auftrog des Arztes verlangt nicht die Verlänge- rung des Lebens um jeden Preis, schließt aber seine ge- zielte Verkürzung durch ärztliche Eingriffe aus. Die Angst vor unerträglichem Leiden und vor den medizinischen Möglichkeiten der Lebensverlängerung über ein sinnvol- les Maß hinaus darf nicht dazu führen, daß der Arzt auch mit der Erlaubnis zu töten ausgestattet wird. Der Deut- sche Ärztetag tritt daher allen Bestrebungen zur Durch- führung und Legolisierung aktiver ärztlicher Euthana- siemaßnahmen entschieden entgegen_"

Begründung

Seit der letzten Stellungnahme der Bundesärzte- kammerzur Sterbehilfe von 1993 ist die öffentliche Dis- kussion dieser Frage neu enriacht worden, nicht zuletzt unter dem Einfluß der unlängst legalisierten Euthanasie- Proxis in den Niederlanden_ Dort erfolgen inzwischen 2,1 Prozent (2700) der jährlichen Todesfälle durch ärztliche Tötung auf Verlangen oder Beihilfe zum Suizid_ Bei wei- teren 0,8 Prozent beziehungsweise 1 000 Patienten wird die aktive EuNhonasie ohne ihre ausdrückliche Zu- stimmung vorgenommen_ Noch der veränderten Gesetz- gebung vom U .1994 ist eine ärztliche Tötungshand- lung zwar nur dann zulässig, wenn sie auf einem freiwil- ligen Entschluß beruht; in der Proxis wird aber der erklär- te Tötungswunsch nicht als unerläßliche Voraussetzung für die Euthanasie angesehen (Von der Moos et oL [1991] Euthanosio ond other med_ decisions concern.

the end of life_ Loncet II, 669-67 4; De Wochter M [1992] Euthanosia in the Netherlands_ Hostings Center Report 3/4 1992, 23-30) _

Die Befürworter aktiver Sterbehilfe berufen sich zum einen auf das Selbstbestimmungsrecht des Patien- ten, der die Möglichkeit haben müsse, den selbst ge- wählten Tod einem als menschenunwürdig empfundenen Sterben vorzuziehen; zum anderen auf die Forderung der Humanität, unerträgliches Leiden noriolls auch durch den Tod zu beenden_

Das Selbstbestimmungsrecht muß jedoch seine Grenze dort finden, wo zentrale gesellschaftliche Werte wie der Schutz des menschlichen Lebens in Mitleiden- schaft gezogen werden. Humanität und Mitleid dürfen nicht so weit gehen, daß sie zur Identifikation von Person und Leiden führen und mit der Bekämpfung des Leidens

zugleich die Person vernichtet wird. Die

Tötung

eines

Menschen durch eine zugeführte Noxe unterscheidet sich im Sinngeholt und auch dem inneren Empfinden noch ra- dikal von dem Verzicht auf lebensverlängernde Eingriffe, der dem Sterben des Patienten Raum gibt.

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995 (73) A-1687

(6)

DOKUMENTATION

Die Einschätzung des Sterbewunsches eines Men- schen unterliegt immer der Irrtumsmöglichkeit. Nicht ein- mal der Patient selbst kann sicher ausschließen, daß hin- ter seinem Wunsch nach einem raschen Ende vorüberge- hende Gefühle stehen wie Angst, Depression, das Be- dürfnis nach Nähe und Verständnis oder auch der emp- fundene äußere Druck, den Angehörigen finanzielle und emotionale Belastungen zu ersparen. Die Erfahrungen in Hospizen belegen, daß der Sterbewunsch eines Patien- ten durch die menschliche Begegnung ebenso wie eine adäquate medizinische Betreuung in hohem Maße be- einflußbar ist.

Wie das Beispiel der Niederlande zeigt, besteht auch bei anfänglicher Eingrenzung der aktiven Euthana- sie auf Freiwilligkeit und terminale Leidenszustände die massive Gefahr einer schrittweisen Ausweitung solcher Beschränkungen. Schon jetzt bedroht der Druck steigen- der Gesundheitskosten und der Überalterung der Bevöl- kerung den Lebensschutz für chronisch kranke, behinder- te und pflegebedürftige Menschen. Gerade die Erhaltung der Humanität erfordert, auch nur den Anschein zu ver- meiden, die Gesellschaft könnte ihre schwächsten Mit- glieder zu einer vorzeitigen Beendigung ihres Lebens ver- anlassen oder gar sich ihrer entledigen. Die Forderung nach aktiver Euthanasie ist in dieser Situation das falsche

Signal.

Richtlinien der Bundesärzte- kammer für die Sterbebegleitung

„Der Vorstand der Bundesärztekammer wird ge- beten, die Richtlinien für die „Sterbehilfe", veröffentlicht im April 1979 und aktualisiert im Juni 1993 nach dem am 13.9.1994 ergangenen BGH-Urteil (Az.: 1 STR 357/94), den neu gesetzten Rahmenbedingungen an- zupassen. Hierbei sollte insbesondere der Stellenwert sogenannter Patiententestamente klar definiert wer- den."

Begründung

Neu ist, daß nach dem BGH-Urteil bei einem un- heilbar erkrankten, nicht mehr entscheidungsfähigen Pa- tienten auch schon vor Einsetzen des Sterbevorganges ein zum Tode führender Behandlungsabbruch zulässig sein kann, wenn es dem mutmaßlichen Willen des Kran- ken entspricht. Der mutmaßliche Wille des Patienten wird durch dieses Urteil ganz in den Vordergrund gerückt, bei vorsichtiger Erweiterung des Handlungsspielraumes in der passiven Sterbehilfe.

Der Umstand, daß in jüngster Zeit von seiten ver- schiedenster Institutionen — so von sozialen Einrichtun- gen, konfessionellen Vereinigungen und Selbsthilfegrup- pen — vermehrt Patiententestamente und Verfügungen für Patienten (und solche, die es vielleicht noch werden) erstellt werden, verlangt eine exakte Bewertung des Stellenwertes solcher Patiententestamente. Es muß berücksichtigt werden, daß solche Verfügungen unter Umständen für einen behandelnden Arzt als schriftlich er-

98. DEUTSCHER ARZTETAG

klärter Wille bindenden Charakter bekommen können.

Wir Ärzte wissen nur zu gut, daß ein gesunder Mensch in guten Zeiten eine ganz andere Meinung über intensiv- medizinische Maßnahmen und Gerätemedizin haben kann als einer, der unmittelbar hiervon betroffen ist.

Daraus ergibt sich, daß die Patiententestamente von den Juristen vielleicht als hilfreich angesehen wer- den, von uns Ärzten aber mit größter Skepsis betrachtet werden müssen. In jedem Fall sollten wir Ärzte uns bemühen, solcherart Patientenverfügungen zusammen mit unseren Patienten zu diskutieren, zu formulieren und gegebenenfalls auch zu erfüllen. Klare diesbezügliche Vorgaben in den Richtlinien der Bundesärztekammer sind unerläßlich, zumal sich auch die Gerichte bis zu dem oben genannten BGH-Urteil exakt an diese Ausführungen

gehalten haben. ❑

Organhandel

„Die Verwendung eines Organs zur Organtrans- plantation erfordert den zweifelsfreien Nachweis über die Herkunft des Organs und das Vorliegen einer „Ein- willigung zur Organentnahme" analog zu den Verfah- rensweisen der Rechtsprechung.

Die Verwendung von schwarz importierten Orga- nen zum Beispiel aus sogenannten „Dritte-Welt-Län- dern" wird entschieden abgelehnt." ❑

Internationale Hilfseinsätze

Für deutsche Hilfsorganisationen (DRK, Ärzte ohne Grenzen, Malteser und so weiter) wird es zuneh- mend schwieriger, Ärzte für internationale Hilfseinsätze zu bekommen (Kurdenhilfe, Ruanda und ähnliche).

Unter dem Druck der Arbeitsplatzsituation kann sich der einzelne hilfswillige Kollege nicht mehr zur Ver- fügung stellen.

Der Deutsche Ärztetag fordert die Krankenhausträ- ger auf, die hilfswilligen Kollegen im Bedarfsfalle freizu- stellen.

Der Gesetzgeber wird aufgefordert, die notwendi- gen gesetzlichen Regelungen zu schaffen.

Das Modell könnte sich am schwedischen Hilfs-

corps orientieren." ❑

Schwangerschaftsabbruch

„Der Deutsche Ärztetag 1995 in Stuttgart stellt fest:

Der zur Zeit vorliegende Entwurf der Bundesregie- rung zur Änderung eines Schwangeren- und Familienhil- fegesetzes, also der Regelungen zum Schwanger- schaftsabbruch, ist in wesentlichen Teilen aus unserer Sicht nicht hinnehmbar.

Der Deutsche Bundestag wird aufgefordert, eine weitere und überflüssige Strafandrohung gegen die Ärz- tinnen und Ärzte, ihre Patientinnen und deren Angehöri- ge nicht zuzulassen."

Begründung

In dem Gesetzentwurf werden über einen neu zu schaffenden § 218 c StGB den Abbruch durchführenden Ärztinnen und Ärzten Beratungspflichten aufgezwängt, die im Ergebnis einer Pflicht zur zweiten Beratung gleich- kommen. So soll sich ein Arzt, der eine Schwangerschaft abbricht, „ohne sich zuvor die Gründe für das Verlangen der Frau nach Abbruch der Schwangerschaft darlegen"

gelassen zu haben, strafbar machen (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe), auch wenn alle anderen Voraussetzungen für die Straflosigkeit vorliegen.

Diese Bestimmung verletzt die eindeutige Festle- gung, daß eine Trennung zwischen Beratung und medizi- nischer Seite des Schwangerschaftsabbruchs bestehen muß. Weiter wird dadurch die eigene Entscheidungsmög- lichkeit der Frau gefährdet, die die Gründe, aus denen sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, bei der Beratung nicht darlegen muß.

Die Ärztinnen und Ärzte werden hierdurch ge- zwungen, die Schwangeren nicht nur aufgrund ihrer be- rufsrechtlichen allgemeinen Pflicht zur Aufklärung über die medizinischen (psychischen und physischen) Risiken des Abbruchs zu informieren; sie sollen sich darüber hin- aus unter Hinweis auf die Verfassung und den Schutz des ungeborenen Lebens von der Frau, die bereits das Proce- dere bei der Beratungsstelle oder niedergelassenen Ärz- ten durchlaufen hat, deren Beweggründe mitteilen las- sen.

Durch die Hintertür soll über die Regelung des § 218 c StGB eine Indikationslösung eingeführt werden.

Dies bedeutet, daß der Abbruch nur durchgeführt werden darf, wenn der Ärztin oder dem Arzt die Gründe, die die Frau vorbringt, einsichtig sind, da der Abbruch nur dann ärztlich zu verantworten sei.

Durch diese Anforderungen der Ausforschung, die an den die Schwangerschaft abbrechenden Arzt gestellt werden, wird das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzte- schaft und Patientinnen schwer belastet. Die ärztliche Pflicht des den Abbruch durchführenden Arztes liegt dar- in, der Patientin einen nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführten Schwangerschaftsabbruch zu ge- währleisten und so geringe physische und psychische Schäden und Folgen für die Patientin wie möglich zu ver- ursachen. Die ärztliche Pflicht darf nicht darin bestehen, die Motive der zum Abbruch entschlossenen Frau nochmals zu erforschen.

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts kann ein Arzt nur dann, wenn er die Gründe der Frau, einen Schwangerschaftsabbruch zu wollen, kennt, richtig über die ärztliche Verantwortbarkeit der Durchführung des Ab- bruchs entscheiden. Dies darf aber nicht und nie Gegen- stand einer strafrechtlichen Norm sein. Der Versuch, die- se Regelungen in das Strafgesetzbuch aufzunehmen, kri- minalisiert Ärztinnen und Arne und geht weit über die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts hinaus.

Es drängt sich der Verdacht auf, daß die Regelun- gen des § 218 c StGB dazu geschaffen werden, die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen für die Ärzte so gefährlich und unangenehm zu machen, daß A-1688 (74) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995

(7)

sich nur noch wenige Ärztinnen und Ärzte dazu Bereitfin- den werden.

Der Gesetzentwurf ist auch in vielen anderen Punkten kritikwürdig:

Die für § 24 b SGB V vorgesehenen Regelungen über die von den Krankenkassen zu übernehmenden Ko- sten sind viel zu starr und für den einzelnen realen Fall nicht anwendbar. So sind Leistungen, die aus ärztlicher Sicht unstreitig dem Schutz der Gesundheit der Frau und der Vorsorge für zukünftige Schwangerschaften dienen, aus dem Leistungskatalog ausgenommen, zum Beispiel die Gabe von Prostaglandinen in Form von Zäpfchen, Ta- bletten beziehungsweise Injektionen.

Die statistische Erfassung soll verschärft werden, indem Name, Anschrift und Telefonnummer der Einrich- tung, in der der Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wurde, mit angegeben werden müssen. Dadurch erhöht sich die Gefahr, daß unter Zuhilfenahme der anderen In- formationen ohne größere Schwierigkeiten die Identität der Patientin und ihre Lebensumstände nachvollzogen werden können. Aus Datenschutzgründen ist diese Er- weiterung der eigentlich sinnvollen statistischen Erfas- sung des Schwangerschaftsabbruchs absolut unzulässig und bedeutet für die beteiligten Ärzte und Ärztinnen wie- derum Strafandrohung bei Nichtbefolgen.

Dieses Gesetzesvorhaben ist ein massiver Eingriff in die Arbeit von Frauenärztinnen und -ärzten und eine Brüskierung der gesamten deutschen Ärzteschaft. Dies ist um so unverständlicher, da alle Ärztinnen und Ärzte in Deutschland Mitglieder der Landesärztekammern sind und der ärztlichen Berufsordnung unterliegen. Diese Berufsordnungen sind staatlich und gesellschaftlich aner- kannt und völlig ausreichend, etwaiges ärztliches Fehl- verhalten zu ahnden, dies insbesondere, da die Ärztekammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts einer direkten Staatsaufsicht unterliegen. ❑

Entwurf der Liste verordnungs- fähiger Fertigarzneimittel nach

§ 92 a, Abs. 5 und 6 SGBV (sogenannte Positivliste)

„Der außerordentliche Deutsche Ärztetag 1992 in Köln hatte vorgeschlagen, eine Positivliste für verord- nungsfähige Arzneimittel einzuführen. Aus diesem Grund begrüßt der 98. Deutsche Ärztetag grundsätzlich, daß das Institut „Arzneimittel in der Krankenversicherung"

beim Bundesministerium für Gesundheit Anfang April 1995 einen ersten Entwurf für eine Postivliste vorgelegt hat.

Allerdings lehnt der 98. Deutsche Ärztetag diesen Entwurf für die Positivliste in der vorliegenden Form aus folgenden Gründen ab:

0 Der Entwurf sieht den Ausschluß von Arznei- mittelgruppen vor, die in der hausärztlichen Betreuung ei- ne große Rolle spielen, wodurch möglicherweise eine gravierende therapeutische Lücke in der hausärztlichen Versorgung entstehen kann.

OO Die Entscheidungskriterien, die zu einem Ausschluß von Wirkstoffen beziehungsweise Arzneimit- teln geführt haben, sind nicht transparent.

© Das Anhörungsverfahren zur Positivliste sieht eine derart kurze Anhörungsfrist vor, daß den Orga- nen der ärztlichen Selbstverwaltungskörperschaften so- wie den wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaf- ten und ärztlichen Berufsverbänden keine Möglichkeit bleibt, in qualifizierter Weise inhaltlich zum Entwurf der Positivliste Stellung zu nehmen.

Aufgrund der großen gesundheitspolitischen Be- deutung einer Positivliste fordert der 98. Deutsche Ärz- tetag den Bundesminister für Gesundheit auf, den vorlie- genden Entwurf der Liste verordnungsfähiger Fertigarz- neimittel nach § 92 a, Abs. 5 und 6 SGB V zur voll- ständigen Überarbeitung an das Institut „Arzneimittel in der Krankenversicherung" zurückzuüberweisen.

Der Gesetzgeber wird aufgefordert, in § 25 Abs. 2 des AMG in dem nach Punkt 8 eingefügten Abschnitt den 1. Satz („Die Zulassung darf nach Satz 1 Nr. 4 nicht des- halb versagt werden, weil therapeutische Ergebnisse nur in einer beschränkten Zahl von Fällen erzielt worden sind") ersatzlos zu streichen.

Die bisherige mangelhafte Konkretisierung der Verordnungsmöglichkeiten von Arzneimitteln muß mit Hilfe industrie-unabhängiger Drittmittelförderung durch die Krankenkassen verbessert werden mit folgender Ziel- setzung:

—Ausschluß obsoleter medikamentöser Behand- lungsmethoden

—Kosteneinsparung

—Unwirksamkeitsnachweis

—neue Verfahren der Qualitätssicherung." ❑

Standardmethoden Labor

„Aufgrund eines Beschlusses des Bundesärzte- kammervorstandes sollen für die Enzymtests GOT, GPT, CK, AP, LDH, CHE, GLDH, 7GT zum 1.1.1996 neue Stan- dardmethoden eingeführt werden. Es wird beantragt, diesen Beschluß zu annullieren."

Begründung

Zum 1.1.1996 wird voraussichtlich ein wesentli- cher Teil des EBM mit einer für den Arzt völlig neuen kom- plexen Struktur eingeführt. Weiterhin muß er ab 1.1.1996 Patientendiagnosen entsprechend dem ICD- Schlüssel angeben. Beides stellt für ihn eine massive zu- sätzliche Belastung dar. Eine Umstellung von Laborme- thoden verbunden mit neuen Normalwerten ist in dieser Situation nicht vertretbar.

Die neuen Standardmethoden für Enzymtests bringen dem Arzt im niedergelassenen und Kranken- hausbereich keinen diagnostischen Gewinn, da die Optimierung der Methoden vorwiegend unter biochemi- schen Gesichtspunkten stattfindet.

Die Einführung dieser neuen Methoden ist mit neuen vorläufigen Normalwerten verbunden. Weitere

Normalwertänderungen sind in Zukunft daher nicht auszuschließen.

Bisher gibt es keine Normalwerte für Kinder — im Gegensatz zu den jetzt gültigen Methoden.

Alte und neue Patientenwerte können wegen des Verbots von Umrechnungsfaktoren nicht miteinander ver- glichen werden. Damit geht langjährige ärztliche Erfah- rung durch diese Umstellung verloren.

Da der Arzt durch EBM-Umstellung und den neuen ICD-Schlüssel zum 1.1.1996 bereits stark belastet wer- den wird sowie eine stichhaltige medizinische Begrün- dung für die Methodenumstellung fehlt, ist der obige

BÄK-Beschluß zu revidieren. ❑

Labor-Standardmethoden 1994

„Der von einer Kommission gefaßte und vom Vor- stand der Bundesärztekammer als für die gesamte Bun- desrepublik bindende Beschluß, ab 1.1.1996 neue Normalwerte bei neuen Standardmethoden innerhalb der klinischen Chemie für die Enzymteste von GOT, GPT, yGT, AP, LDH, CK usw., basierend auf Umstellung der Meßtemperatur von 25 auf 37° Celsius, einzuführen, wird abgelehnt.

Es soll bei der bisherigen bewährten Regelung bleiben."

Begründung

In seinem allseits anerkannten Lehrbuch für Klini- sche Chemie und Mikroskopie hat Rick bereits 1990 dar- auf hingewiesen, daß für die Einführung einer Meßtem- peratur von 37°C ausschließlich kommerzielle Gesichts- punkte eine Rolle spielen. Durch Einsatz höherer Sub- stratkonzentrationen erhöhen sich die Laborkosten, ganz zu schweigen von der Tatsache, daß auf Krankenhäuser bzw. niedergelassene Kollegen hohe Kosten zukommen infolge von Umstellung beziehungsweise auch Neu- anschaffung als Ersatz ihrer bisherigen Analysengeräte.

Hieran verdient nur die Industrie.

Neue Normwerte schränken die Verwendung früher erstellter Patientenwerte und deren Vergleichbar- keit drastisch ein. Dies führt nicht nur zur Verunsicherung von Arzt und Patient, sondern auch zu der Tatsache, daß die gesamte Ärzteschaft sich neue Normalwerte einprä- gen muß und pathologische Werte für längere Zeit nach der Umstellung schwierig zu interpretieren sind.

Zur Klinischen Chemie selbst: Die Affinität der En- zyme zu ihren Substraten ist bei 37°C im Allgemeinen geringer als bei 25°C, demnach sind höhere Substrat- konzentrationen nötig.

Reagenzien, Hilfsenzyme und Proben müssen län- ger vortemperiert werden, dies ergibt die Gefahr einer Denaturierung von Proteinen.

Während des Pipettierens und notwendigen Schüttelns fällt die Temperatur von 37°C im Vergleich zu 25°C erheblich schneller ab, das gleiche gilt für Küvet- ten, die auf 37°C vorgewärmt werden müßten. Dadurch ergeben sich erhebliche Ungenauigkeiten.

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995 (75) A-1689

(8)

DOKUMENTATION

Besonders schwerwiegend ist die Tagsache, daß sich die Ergebnisse der einzelnen Enzymaktivitätsmes- sungen entsprechend ihrem 010-Wert in ganz un- terschiedlicher Weise — um Faktoren zwischen 1,2 und etwa 4 — ändern. Zu erwähnen ist hier, daß die LDH al- leine aus 5 Isoenzymen besteht! 111 Weiterentwicklung der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte

„Der 98. Deutsche Ärztetag protestiert gegen die Ungleichbehandlung der Ärzteschaft im Vergleich zu an- deren Freien Berufen bei der Anpassung der Amtlichen Gebührenordnung (GOÄ). Er fordert die Bundesländer er- neut mit Nachdruck auf, zuzulassen, daß die GOÄ endlich an den Stand der medizinischen Wissenschaft angepaßt wird. Die für den Arzt verbindliche Abrechnungsgrundlage hinkt 20 Jahre hinter der medizinischen Entwicklung her.

Auch die dringend notwendige Verbesserung der Vergü- tung der „sprechenden Medizin" wird trotz politischer Zusagen immer weiter hinausgezögert. Fehlentwicklun- gen in der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung, zu- nehmende Konflikte und Rechtsstreitigkeiten über die Auslegung der veralteten GOÄ werden offensichtlich in Kauf genommen. Mit dieser einseitigen Orientierung an den finanziellen Interessen der Beihilfe vernachlässigt der Staat in grob fahrlässiger Weise seinen ge- sundheitspolitischen Auftrag.

Der 98. Deutsche Ärztetag bekräftigt seinen Be- schluß aus dem Jahre 1994 zur GOA-Novelle, fordert je- doch wegen der erneuten zeitlichen Verzögerung als In- flationsausgleich für inzwischen 7 Jahre eine Punkt- wertanhebung auf DM 0,14 sowie die zügige Aktualisie- rung der übrigen Kapitel des Leistungsverzeichnisses der GOA in einem zweiten Novellierungsschritt.

Der Deutsche Ärztetag fordert darüber hinaus die Bundesregierung und den Bundesrat auf, in den neuen Bundesländern ab 1996 keine Abschläge mehr von der Vergütungshöhe bei Privatliquidationen festzusetzen.

Der Zeitpunkt der Vergütungsangleichung ist überfällig."

Kinder- und Jugendärztlicher Dienst an den Gesundheitsämtern

„Der Deutsche Ärztetag fordert die Landesge- sundheitsminister auf, dafür Sorge zu tragen, daß der Ab- bau des kinder- und jugendärztlichen Diestes an den Gesundheitsämtern verhindert wird."

Begründung

Über 20 Prozent eines Kinderjahrgangs nimmt nicht oder nur teilweise an den kostenlosen Vorsorgeun- tersuchungen (ab U3 bis U9) teil.

Der Impfschutz älterer Schüler entspricht nicht dem, der epidemiologisch zur Verhinderung von Erkran- kungen erforderlich ist (zum Beispiel Diphtherie, Masern, Mumps, Röteln).

98. DEUTSCHER ARZTETAG

Mehr als 25 Prozent der untersuchten Kinder- und Jugendlichen bedurften der Nachkontrolle und -betreu- ung durch Haus- und Fachärzte.

Die Zahl der beruflichen Umschüler/innen aus ge- sundheitlichen Gründen steigt, weil die Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz zu spät angesetzt sind.

Schließlich werden die epidemiologisch relevan- ten Daten über die gesundheitliche Entwicklung von Kin- dern und Jugendlichen nicht mehr verfügbar sein, wenn gartritsia- t erhobene Untersuchungsergebnisse feh-

len.

Untersuchung von Pflegebedürftig keit bei Privatversicherten

„Der Deutsche Ärztetag stellt mit Befremden fest, daß der Verband der Privaten Krankenversicherungen für die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit einen arbeits- medizinischen Dienst vertraglich verpflichtet hat.

Dieser Dienst ist für eine solche Aufgabe fachlich nicht vorbereitet. Der Deutsche Ärztetag ist der Auffas- sung, daß solche Begutachtungen, soweit sie nicht durch die behandelnden Ärzte selbst erfolgen können, von ei- nem Gutachterdienst der zuständigen Ärztekammer übernommen werden sollten. Sachverständige Ärzte für solche Begutachtungen stehen dafür überall und in aus- reichender Zahl zur Verfügung.

Die privaten Krankenversicherungen werden aufge- fordert, sich zur Durchführung der Begutachtung der Pfle- gebedürftigkeit an die Ärztekammern zu wenden." 111

Qualitätsgesicherte Behandlungsmethoden

„Die gesetzlichen und privaten Krankenkassen werden aufgefordert, die Kosten für nicht-qualitätsgesi- cherte alternative Behandlungsmethoden den Versicher- ten nicht zu erstatten."

Begründung

Pseudomedizinische Verfahren wie „Hildegard- Medizin", „Pendeldiagnostik", „Irisdiagnostik",

„Geistheiler" und andere haben keinen Platz in der wis- senschaftlich begründeten Medizin, können nicht qua- litätsgesichert werden. Trotzdem werden sie angeboten und nachgefragt, teilweise auch von Krankenkassen be- zahlt. Eine klare Distanzierung ist hier nötig. ❑

Umwandlung von Vertragsarztsitzen in Versorgungssitze

„Die Bundesärztekammer möge auf den Gesetz- geber einwirken, daß im Rahmen der Bedarfsplanung die Ausweitung eines Vertragsarztsitzes auf einen Versor- gungssitz, in dem mehrere Ärzte tätig sein können, mög- lich wird. Dabei muß sichergestellt sein, daß die Ho-

norarforderungen dieses Versorgungssitzes (unter Berücksichtigung der Entwicklung der Grundlohnsumme) nicht stärker steigen als der Quartalsumsatz der entspre- chenden Fachgruppe."

Begründung

Für den gesamten ärztlichen Nachwuchs wie auch für Ärztinnen und Ärzte mit Familienpflichten bedeutet die in vielen Regionen eingeschränkte Nieder- lassungsmöglichkeit das Ende beruflicher Tätigkeit. Die Möglichkeit der Teilung von Vertragsarztsitzen in Verbin- dung mit der Verpflichtung zur Einkommensbegrenzung würde den genannten Arztgruppen Chancen zur Berufs-

ausübung bieten. ❑

Bedarfsplanung neu gestalten

„Die Aufrechterhaltung der Begrenzung der ver- tragsärztlichen Niederlassung kann in der bestehenden Form nicht hingenommen werden. Sie verhindert jegli- che Innovation und flexible Anpassung der ärztlichen Ver- sorgungsstruktur an den Fortschritt der Medizin und die sozialen und gesellschaftlichen Veränderungen. Die auf den einzelnen Arzt abgestellte Zulassungsbeschränkung muß abgelöst werden durch eine Bedarfsplanung, die sich an kooperativen Versorgungsstrukturen orientiert und insbesondere die Umwandlung eines Vertragsarztsit- zes in einen Versorgungssitz ermöglicht." ❑

Ärztliche Versorgung

„Der Deutsche Ärztetag fordert das Bundesmini- sterium für Gesundheit und die Länderministerien auf, dafür Sorge zu tragen, daß durch den Deutschen Ärzte- tag beschlossene neue Gebiete in zukünftigen Planungen (Krankenhausplanung, Niederlassungsplanung) zu berücksichtigen sind."

Begründung

Jedes Gebiet hat seine eigenen spezifischen Auf- gaben im medizinischen Behandlungskonzept. Jedes Ge- biet hat seine eigene spezifische Weiterbildung. Die Übernahme der Aufgaben eines Gebietes durch ein ande- res ist vom Grundsatz her nicht möglich. Die flächen- deckende Patientenversorgung in jedem Gebiet ist Pflicht der Planungsverantwortlichen und Recht eines jeden Pa- tienten zugleich. Diesen Pflichten kommen die Planungs- und Zulassungsgremien in vielen Regionen unseres Lan- des nur sehr schleppend und unvollkommen nach. III

Jugendliche Asylbewerber

„Der 98. Deutsche Ärztetag wendet sich ent- schieden gegen die röntgenologische Untersuchung zur Altersfeststellung bei jugendlichen Asylbewerbern. Die

A-1690 (76) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995

(9)

deutsche Ärzteschaft fordert die politisch Verantwortli- chen in Bund und Ländern auf, unverzüglich dafür Sorge zu tragen, daß die Altersbestimmung mittels Röntgen- aufnahmen der Epiphysenfugen des Skeletts bei jugend- lichen Asylbewerbern nicht mehr durchgeführt wird, da diese nicht nur aus ethisch-moralischen Überlegungen, sondern auch aus methodischen Gründen abzulehnen ist."

Begründung

Die wenigen wissenschaftlich verwertbaren Be- funde zu dieser Fragestellung umfassen ausschließlich Daten aus einer Population weißer nordamerikanischer und nordeuropäischer Kinder aus guten sozio-ökonomi- schen Verhältnissen. Diese Ergebnisse sind nicht an- wendbar auf Kinder und Jugendliche aus dem südeu- ropäischen und dem asiatischen Raum, die sowohl eine raschere, aber auch eine verzögerte somatische Reifung (im Vergleich zu nordamerikanischen Kindern) durchma- chen können. Konstitutionelle, unter Umständen krank- hafte Abweichungen, wie ernsthafte chronische Erkran- kungen oder endokrinologische Störungen, lassen eine röntgenologische Altersbestimmung nicht zu. Diese Da- ten können zwar die biologische Entwicklungssituation unter Umständen spezifischer beschreiben, nicht aber das chronologische Alter hinreichend exakt präzisieren.

Wenn daher eine juristische Vorgabe exaktere Aussagen fordert, können diese mittels der röntgenologi- schen Skelettaltersbestimmung nicht erfüllt werden. Die Zuordnung der röntgenologischen Befunde kann aus ethischen und medizinischen Gründen keine gesicherten Beweise für die Feststellung des exakten chronologi- schen Alters liefern.

Die Legitimation einer solchen Untersuchung ist unter diesen Voraussetzungen nach § 81 A StPO nicht

gegeben.

Röntgenuntersuchung im Rahmen des Asylverfahrens

„Die Beteiligung an der Durchführung und Befun- dung von Röntgenaufnahmen im Rahmen des Asylver- fahrens mit dem Zweck der Altersbestimmung ist ärztlich unethisch und ist mit der Berufsordnung nicht vereinbar."

Asylbewerber-/Ausländerleistungs- gesetz

„Der 98. Deutsche Ärztetag bekräftigt seine Ent- schließung im Vorjahr, in dem das Asylbewerberlei- stungsgesetz wegen des darin enthaltenen Zwangs zur Ungleichbehandlung von Patienten abgelehnt wird. Die- ses Gesetz ist immer noch in Kraft und verstößt gegen ethische Grundsätze der Medizin und gegen das Berufs- recht.

Durch das „Ausländerleistungsgesetz" soll dieser Zustand noch auf weitere Gruppen von Menschen, die

sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, aus- gedehnt werden. Da dieses geplante Gesetz einen noch erweiterten Verstoß gegen die Berufsordnung darstellt, lehnt der Ärztetag auch dieses Gesetzesvorhaben strikt

ab."

Einschränkung ärztlicher Tätigkeit im Rahmen des Asylverfahrens

„Die im Asylbewerberleistungsgesetz formulierte Einschränkung der ärztlichen Tätigkeit nur auf akute Er- krankungen ist zurückzuweisen. Sie stellt einen Eingriff in das Berufsrecht, die medizinische Ethik und Mensch- lichkeit im allgemeinen dar. Die Ausdehnung des Geset- zes auf andere Menschengruppen (Ausländerleistungs- gesetz) wird von der deutschen Ärzteschaft entschieden zurückgewiesen. Die Ärzteschaft setzt sich für die Außer- kraftsetzung des Gesetzes ein und gegen eine Auswei- tung auf andere Menschengruppen."

Gesundheitsförderung durch Arbeits- und Betriebsmedizin

„Der Deutsche Ärztetag begrüßt die Bemühungen der in der Arbeits- und Betriebsmedizin tätigen Ärzte, für die Einführung gesundheitsfördernder Programme im Be- trieb Sorge zu tragen, bei denen die Förderung der Ge- sundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einzig im Vordergrund steht. Zahlreiche Krankenkassen engagie- ren sich zwar seit Einführung des § 20 SGB V für derarti- ge gesundheitsfördernde „Angebote" im Betrieb, stellen dabei aber vielfach werbende Aspekte stärker in den Vor- dergrund als gesundheitsfördernde Elemente.

Aufgabe der Arbeitsmedizin ist es, das Verhältnis zwischen Mensch und Arbeit zu harmonisieren und durch entsprechende Maßnahmen Schäden an Leben und Ge- sundheit zu verhüten sowie darüber hinaus auf eine ge- sundheitsfördernde Gestaltung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufen hinzuwirken. Diese grundsätzlich präventive Orientierung der Arbeits- und Betriebsmedizin sowie die Tatsache, daß die arbeitenden Bürger täglich eine Vielzahl von Stunden durch den betriebsärztlichen Dienst in gesundheitsförderndem Sinne beeinflußt wer- den können, eröffnen der Arbeits- und Betriebsmedizin chancenreiche Möglichkeiten zur positiven Beeinflussung des Gesundheitsverhaltens. Zu diesem Zweck kann auf eine Vielzahl wissenschaftlich fundierter und evaluierter Maßnahmen zurückgegriffen werden, die für die Gestal- tung derartiger Programme geeignet sind.

Dies gilt zunächst für Informations-, Beratungs- und Unterstützungsleistungen — beispielsweise die Auf- klärung über Gesundheitsrisiken, die Gründung von Risikogruppen, die Unterstützung von Selbsthilfe-Initiati- ven im Betrieb —, darüber hinaus aber auch für struktu- relle Maßnahmen wie die Einführung von Bewegungs- pausen, rauchfreien Zonen und die Einflußnahme auf ein gesundheitsgerechtes Ernährungsangebot in der Gemein-

schaftsverpflegung."

Bedeutung der Ernährungsmedizin

„Die Kosten für ernährungsbedingte und ernährungsabhängige Erkrankungen liegen in der Bun- desrepublik Deutschland jährlich bei über 80 Milliarden DM. Dem Einsatz von Maßnahmen zur Änderung der Ernährung kommt daher nicht nur zur Prävention und Therapie dieser Erkrankungen, sondern auch zur Kosten- reduktioin im Gesundheitswesen große Bedeutung zu.

Voraussetzung dafür ist eine intensive Ausbildung von Studenten und Weiterbildung von Ärzten.

Der Deutsche Ärztetag fordert deshalb, daß an Universitätskliniken und Lehrkrankenhäusern Abteilun- gen für Ernährungsmedizin geschaffen werden, die die Aufgaben der Lehre und Weiterbildung in der Ernährungs-

medizin übernehmen."

Frührehabilitation am Akutkrankenhaus

„Der Deutsche Ärztetag begrüßt die Bemühungen der in der Rehabilitation engagierten Ärzte, die damit ver- bundenen Dienste so zu organisieren und zu intensivie- ren, daß eine frühzeitige und kontinuierliche fachüber- greifende Rehabilitation im Akutkrankenhaus sowie eine kompetente Überweisung der Patienten in eine Anschlußheilbehandlung oder in eine ambulante Rehabi- litation erfolgen kann. Die rechtzeitige (noch in der Akut- behandlungsphase im Krankenhaus beginnende) Einbin- dung des hausärztlich weiterbetreuenden Arztes ist Grundvoraussetzung für eine funktionsfähige ambulante Rehabilitation und Nachsorge!

Das heute sehr weit gesteckte Feld der Rehabilita- tion erstreckt sich auf die medizinische, berufliche und soziale Wiedereingliederung. Nach übereinstimmender Auffassung von Rehabilitationsfachleuten muß eine effi- ziente und effektive Rehabilitation bereits im Akutkran- kenhaus so früh wie nur möglich und — wo dies geboten ist — fachübergreifend einsetzen. Eine so verstandene Rehabilitation verbessert die Chancen einer günstigen physischen und psychischen Prognose und fördert die Wiedereingliederung des Patienten in den Beruf und in das soziale Umfeld, Gerade auch bei älteren Patienten kann mit Hufe frühzeitig und fachübergreifend eingesetz- ter Rehabilitationsmaßnahmen der Eintritt von Pflegebe- dürftigkeit verzögert oder sogar verhindert werden. Von den verbesserten Heilungschancen, der verminderten Pflegebedürftigkeit und der früheren Wiedereingliede- rung in den Beruf sind überdies Kosteneinsparungen zu erwarten.

Die bereits in einer Reihe von Akutkrankenhäu- sern umgesetzten und zum Teil modellhaft erprobten Maßnahmen zur fachübergreifenden Rehabilitation gilt es, weiterzuentwickeln und auszuweiten. Zur reibungslo- sen Koordination der Rehabilitationsleistungen sollten die bestehenden (und gegebenenfalls zu ergänzenden) Rehabilitationseinrichtungen einer Klinik einer eigens hierfür zuständigen Stelle zugeordnet werden. Im Ideal- Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 23, 9. Juni 1995 (77) A-1691

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