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K U R Z - I N F O
Arbeiten im Keller
Hefen, Weinhefen und Trockenreinzuchthefen sind Lebewesen
Die meisten Betriebe haben sicher für die anstehende Trauben ernte bereits die ihrer Meinung nach «besten Hefen»
eingekauft. Die Auswahl ist ja recht gross bei über 300 Han- dels produkten! Das Angebot geht von Aromahefen über kältetolerantere Präparate bis zu Sauvignon-blanc-Aroma fördernden Hefen. Auf jeden Fall glaubt jeder Händler, die beste und geeignetste Hefe für eine hochstehende Weinqua- lität anzubieten. Über 99% der verkauften Hefen gehören zur Art Saccharomyces cerevisiae und werden in Trockenform e abgegeben. Es ist dann Aufgabe des Kellerpersonals, die Hefen aus dem Granulatzustand in eine Suspension mit möglichst vielen lebenden Zellen zu überführen.
Zahlenspiele
In einem Milliliter Saft von gesunden Trauben sind bereits 104 (10’000) lebende Hefezellen vorhanden; bei angeschlagenem Traubengut kann diese Zahl auf bis 106 (1 Mio.) ansteigen.
Was heisst das für den Trockenhefeeinsatz? Ein Gramm Trockenhefegranulat enthält 1010bis 1011(10 bis 100 Mrd.) He- fezellen. Die meisten Anbieter empfehlen, mit 20 Gramm Tro- ckenhefe pro Hektoliter zu beimpfen. Das heisst, dass mit die- ser Menge gegenüber der natürlichen Hefepopulation ein gut 20- bis 200-facher Überschuss an Trockenreinzuchthefe in den Traubensaft oder die Maische gegeben wird. Das stimmt mit unserer Empfehlung überein.
Sparen am falschen Ort
Betriebe, die mit der Hefezugabe geizen, sparen am falschen Ort. Eine zu kleine Hefemenge kann nach unserer Erfahrung auch mit den besten Nährstoffpräparaten nicht aufgefangen werden. Immer wieder wird die Frage gestellt, ob man auch zu viel Trockenhefe zugeben könne. Nein, Zugaben bis zu 50 g/hl sind bedenkenlos und sogar bei Problemweinen, bei denen es bis 100 g/hl brauchte für eine erfolgreiche alko- holische Gärung, führten selbst diese Mengen nicht zu Hefe- noten im Endprodukt.
Rehydratisierung
Die Trockenreinzuchthefen gelangen als Trockengranulat (Abbildung) zum Anwender. Durch die Zugabe der zehnfa- chen Menge Wasser werden sie wieder zum Leben erweckt.
Das Wasser ist für die Hefen ein absolutes Muss! Es ist viel ef- fi zienter als andere Flüssigkeiten, hauptsächlich wegen des osmotischen Potenzials. Die Temperatur sollte zwischen 37 und 42 °C liegen, damit die sogenannten Hitzeschockgene ak- tiviert werden, was die Vitalität der Hefezellen steigert. Auf keinen Fall aber über 42 °C – das mögen die Hefezellen nicht und sterben ab! Sie dürfen auch nicht länger als 20 min im Wasser gelassen werden, sonst verhungern sie! Bei der Zugabe zum Traubensaft oder zur Maische aufpassen, dass nicht zu grosse Temperaturunterscheide bestehen: Hefen nie in einen Saft unter 15 °C geben!
In eigener Sache
Ich arbeite nun seit 40 Jahren mitSaccharomyces cerevisiae.
Es war immer spannend und ich habe diesem recht genügsa- men Pilz immer wieder neue Geheimnisse entlocken können.
Aber ich bin überzeugt, dass noch weitere Entdeckungen möglich sind.
Traubenreifemessungen 2016
Unter folgenden Links fi ndet man die aktuellen Messungen für die wichtigsten Parameter des Reifeverlaufs in verschiede- nen Schweizer Weinregionen:
www.agrometeo.ch/de/node/93 oder
www.agrometeo.ch/de¤ Weinbau ¤ Reifeverlauf ¤ Standort.
Die Daten werden schon seit vielen Jahren erhoben und können alle eingesehen beziehungsweise verglichen werden.
Jürg Gafner, Agroscope Q
Die Hefen Lalvin W15 und 1895C sind auch in 125-g-Beuteln erhältlich.