© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Pilze – die Vielfalt
Schimmelpilze, Schlauchpilze, Ständerpilze und Hefen
Organismenreiche
•2 Reiche - von Aristoteles bis Linné
•Bis 1969 Robert H. Whittaker überzeugend 5 Reiche bezeichnete
•Erstmals stellten die Pilze ein eigenes Reich
•Aber auch im Protisten-Reich findet man Vertreter, die im Rahmen der Pilzkunde (Mykologie) untersucht werden
•Systeme der Klassifizierung ändern sich
•Die meiste Lebensvielfalt ist
mikroskopisch: Eubakterien und
Archaea werden in 2 eigenen Reichen
untergebracht (6 Reiche-System von
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Pilze in der Mikrobiologie
(was ihr schon von Pilzen gehört habt…)
n Angewandte Mikrobiologie, Biotechnologie
q
Saccharomyces cerevisiae (Bier, Brot)
q
Penicillium roquefortii (Käse)
q
Penicillium chrysogenum und Acremonium chrysogenum (Antibiotika)
q
Aspergillus niger (Citronensäure, „Apfelsaft!“)
n Forschung an schnell zu züchtenden haploiden Eukaryoten
q
Neurospora crassa
q
Aspergillus nidulans
q
Saccharomyces cerevisiae als „Versuchskaninchen“
n Ökologie, Physiologie, Diversität, Pflanzenpathologie
etc.
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Pilze sind...& haben...
n
Eukaryotisch, haploid (n)
q
Manchmal auch dikaryotische (n+n) und diploide (2n) Perioden
n
Unbeweglich
q
Ausnahme im Reich Fungi: Sporen der Chytridiomycota
q
Ausnahme Pilz-ähnliche Protisten: Oomycota
n
Zellwand besteht überwiegend aus Chitin (R=NH-CO-CH
3)
n
Einzellig (Hefen) und mehrzellig (fädige oder myzeliale Pilze)
n
Spitzenwachstum der zylindrischen Zellen, die sich verzweigen
n
Sporen als Verbreitungs- und Überdauerungseinheiten
Pilzsporen
n Verbreitungs- und Überdauerungseinheiten
q
Verbreitung - Mehrzahl
q
Überdauerung - verdickte Zellwände mit eingelagerten Pigmenten, sehr niedriger Wassergehalt
n Asexuelle (durch mitotische Teilung, an den Sporenträgern)
n Sexuelle (nach Verschmelzung der Zellen und Kernphasenwechsel, meistens in den Fruchtkörpern)
n In verschiedenen Stadien des Lebenskreislaufs
kommen beide Sporentypen vor
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Pilze und ihre Fruchtkörper
n Makroskopische Pilze – nur die Fruchtkörper
n Entstehen aus einem Geflecht mikroskopischer Hyphen
n Funktion der Fruchtkörper - Schutz und Verbreitung der Sporen
Morphologie der Pilze - Hyphe, Myzel, Kolonie
•Myzel (fädige Strukturen) mit dem Durchmesser von 1 bis 10 µm
•Spitzenwachstum
© Polona Zalar & Nina Gunde-Cimerman
© Prof. Trinci
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Hefen und Hyphen
•Zellwand besteht überwiegend aus Chitin, Glucanpolymeren, Proteinen und Pigmenten, z.B. Melanin
•Einzellig (Hefen) und mehrzellig (fädige oder myzeliale Pilze)
•Isotropisches „Ballon“-Wachstum bei Hefen, Spitzenwachstum bei Hyphen
•Erbgutorganisation
•DNA in Chromosomen, Kerne klein
•Mitose häufig innerhalb der Kernmembran - schwierig nachzuweisen
•Mehrzahl der Pilze hat mehrere Kerne pro Zelle (bis 50 bei manchen Arten)
Hefen und Hyphen
•Für Spitzenwachstum verantwortlich - Spitzenkörper, ein Ansammlung von Vesikeln an der Hyphenspitze fädiger Pilze (SpK)
•Vesikeln enthalten
•Bausteine für die Zellwand
•Enzyme für die Aufweichung der Zellwand
•Mitochondrien (Mi)
•ER - endoplasmatisches Retikulum
•Golgi Komplex (GC); auch Golgi-Apparat
•Vakuole
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Organisation der Pilzkolonie
•Mehrzellige Pilze sind durch Querwände oder Septen unterteilt
•Septen sind durchlässig für Cytoplasma und Stofffluss, manchmal sogar für Zellorganellen wie Zellkerne
•Zwischen den Septen liegen „Zellen“ oder Hyphenkompartimente
•Septen dienen als systematisches Merkmal
•An der Spitze wachsende zylindrische Zellen, die sich verzweigen und vernetzen
•Netzwerke des Myzels im Substrat – mehrere Meter, Transportfunktion
n
Basis für die Systematik:
n
Unterschiede in Vermehrung, vor allem bei der Meiose und meiotischen Sporen
n
Kernphasenwechsel/
Generationswechsel
n
Merkmale
untermauert durch
molekularbiologische
Daten
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Jochpilze (Zygomycota)
n
Chitin in der Zellwand
n
Sporen werden innerhalb der Sporangien entstehen
n
Keine Fruchtkörper
Jochpilze (Zygomycota)
n
Zersetzer (Zuckerpilze, erfolgreiche Strategie an leicht verdaulichen Stoffen)
n
Parasiten von Insekten
n
Symbionten
(VAM
Mykorrhiza)
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Schlauchpilze (Ascomycota)
n
Chitin in der Zellwand
n
Sporen asexuell – exogen; sexuell – in Asci
n
Größte Pilz-Gruppe
n
Fruchtkörper von verschieden Typen, auch makroskopische
Schlauchpilze (Ascomycota)
n
Parasiten (Echter Mehltau)
n
Symbionten (Flechten, Mykorrhiza)
n
Zersetzer
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Ständerpilze (Basidiomycota)
n
Chitin in der Zellwand
n
Dikaryotische Phase (zeitlich verzerrter Vermehrungs- prozess)
n
Sporen exogen an der Basidie;
Basidien an dem
Fruchtkörper (Schutz und Verbreitung)
Ständerpilze (Basidiomycota)
n
Saprotrophe
q
(z. B.
Holzzerstörer)
n
Parasiten (lebendige Wirte)
n
Symbionten
(Mykorrhiza
oder
Pilzwurzel)
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Rolle der Pilze in Ökosystemen
n Absorptive Ernährungsweise und vielfältige Enzyme machen die Pilze zu wichtigen Zersetzern und Mineralisierern
n Wachstum in fädigen Strukturen gewährleistet eine große Kontaktoberfläche mit dem
Substrat oder anderen Organismen
n Pilzliche Biomasse in manchen Ökosystemen erreicht 75%
n Chemoorganoheterotroph - org. Materialien notwendig
Lebensweise der Pilze
q
Saprophyten:
n
Boden (1g enthält 10-100 m Pilzmyzel)
n
Holz (Abbau und Verfärbung)
n
Sämtliche organische Materialien
n
Anorganische Materialien als Wachstumsunterlage
q
Parasiten
n
auf Pflanzen, Algen, Tieren
q
Symbionten
n
mit Bäumen (Mykorrhiza), Algen, Cyanobakterien
(Flechten)
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
SAPROPHYTEN
•Substratmyzel, Exoenzyme und Osmotrophie
•Aufschliessbare Nährstoffe
-Kohlenhydrate (Cellulose, Stärke, Pektine, Lignin, Lignocelulose)
-Proteine (auch Keratin) -Fette
PARASITEN
•Direkter Kontakt und geregelte ernährungsphysiologische
Beziehungen
•Myzel auf der Oberfläche oder
zwischen den Zellen, aber immer in
die Zelle eindringend, um direkten
Plasmalemmakontakt zu
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
PARASITEN
•Metabiotrophe Parasiten: zuerst parasitisch, dann von dem
abgestorbenen Wirt
•Biotrophe Parasiten: Ernährung von dem lebenden Wirt
(Pflanzen, Insekten), häufig nur Krankheit, kein Absterben
•Umkehrung der Balance: Pilze als Wirte bei den Orchideen
Mutterkorn – ein lokaler Parasit
Geregelter Lebenszyklus, Geregelter Lebenszyklus, weil angepasst an den weil angepasst an den Wirt Wirt
Nur ein Korn wird Nur ein Korn wird befallen, noch als Blüte befallen, noch als Blüte Überdauerungsform für Überdauerungsform für den Winter, danach den Winter, danach werden die Fruchtkörper werden die Fruchtkörper geformt (
geformt (meiotische meiotische Sporen)
Sporen) Mannigfaltige Mannigfaltige
Stoffwechselprodukte
Stoffwechselprodukte
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
SYMBIONTEN
•Symbiose, oder Zusammenleben
•Mutualismus
•Gegenseitiges Nutzen
•Kontakt der Lager
•Stabile Verhältnisse des Stoffaustausches
•Charakteristische morphologische Strukturen an den Kontaktstellen
•Die Grenzen zwischen Parasitismus (para – daneben, sitos - Brot) und Mutualismus (physiologisch und ökologisch fakultativ) sind fließend
Symbiotische Pilze
q Mykorrhiza – Symbiose mit höheren Pflanzen (Bäume, Gräser)
q Flechten – Symbiose mit Algen oder/und
Cyanobakterien
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Mykotrophie der Pflanzen
• 80% der Pflanzen sind obligat mykotroph, 10% fakultativ mykotroph
•Pilze wachsen in engem Kontakt mit der Pflanzenwurzel
•In der Zelle
•Als Pilzmantel um die Wurzel
•Charakteristische Morphologie
•Charakteristische Physiologie
Mykotrophie der Pflanzen
n Gegenseitiger Nutzen
q
Wasser, P-, N- und Ca-Verbindungen für die Pflanze (Funktion der Saugwurzel wird an die Hyphen übergeben)
q
Assimilierte Kohlenhydrate für den Pilz
n Kontakt der Lager
q
Auflösung der eingedrungenen Hyphen
q
alkalische Phosphatasen in den Kontaktbereichen
q
Glukose und Saccharose werden in der
Hyphe sofort in Trehalose und Mannitol
umgewandelt
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Ektotrophe Mykorrhiza der Bäume
Fs – fungal sheath (Mantel aus Pilzhyphen, die auch außerhalb der Wurzel weiter in den Boden wachsen)
Hn – Hartig`sches Netz (Myzel zwischen den Zellen)
Epi - Wurzelepidermis
Mykorrhiza als Wachstumförderer –
Wachstum der Pflanze als Antwort auf die
Phosphorzugabe
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Flechten
•Duale Organismen
•Mykobiont – Pilz
•Photobiont – Alge oder Cyanobacterium
FLECHTEN
•Photobionten: Grünalgen und Cyanobakterien
•Mykobionten: Asco- und Basidiomyzeten
•Photobionten kommen auch freilebend vor, und der Name gehört dem Mykobionten
•Mykobiont ist formgebend und vermehrt sich sexuell
•Photobiont ist photosynthetisch sehr aktiv und teilt sich nur
•Kontakte: Zellwand/Zellwand bis Membran/Membran
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
FLECHTEN
•Aufbau des Lagers:
•Rinde (Cortex),
•Photobionteschicht und
•Markschicht (Medula)
•Fruchtkörper der Flechten
•Vegetative Vermehrung beider Bionten
•Soredien (Öffnung in der Rinde, und Gruppen von Algenzellen mit Hyphen umflochten)
•Isidien (Auswüchse mit der Rinde)
•In unwirtlichen Habitaten dominieren häufig die Flechten
Flechtenlager
n Form und Struktur durch Mycobiont bestimmt
n Lagerform
q
Krustenflechten
q
Blattflechten
q
Strauchflechten
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Krustenflechten
q
dem Untergrund dicht aufliegend, mit dem Substrat verwachsen
q
besitzen nur die obere Rinde
q
Wachstumszone am Rand
Blattflechten
q dem Untergrund locker aufliegend
q Geschützt durch Rinde von oben und von unten
q Wachstumszone am „Blattrand“
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006
Strauch- und Bartflechten
q Strauchförmig, rund im Querschnitt
q Rinde rundum
q Wachstumszone am Ende der Äste
q Nur in Reinluftgebieten, besonders sensitiv gegen der Luftverschmutzung
Vorkommen
n Nahezu alle Lebensräume
n Verschiedene Substrate
q
Holz, Bäume
q
Gestein, Glas, Boden
q
Blätter (tropisch)
n Konkurrenzschwach, da Wachstumsgeschwindigkeit sehr niedrig ist
n An Extremstandorten, wo die Vegetationsperioden kurz sind (Wüste, Hochgebirge, Permafrostböden, Tundren) oft den Blütenpflanzen überlegen
n In Tundra vegetationsbestimmend, weil Photosynthese
schon bei sehr niedrigen Temperaturen anfangen kann
© Anna Gorbushina, WS 2005/2006