MEDIZIN EDITORIAL
Organtransplantation
Einführung in
das Schwerpunktthema
N
ach wie vor stellt die Transplantationsme- dizin eines der faszinierendsten Gebiete der Medizin dar. In keinem Bereich der Medizin sind interdisziplinäre Zusammenarbeit, Kooperation zwischen nationalen und interna- tionalen Bereichen so sehr von der Sache selbst her bestimmt. Darüber hinaus nimmt die Öf- fentlichkeit einerseits wegen der erfreulichen Ergebnisse, andererseits aber auch wegen der Probleme im Umfeld wie Organspende, Vertei- lungsgerechtigkeit und schließlich Organhandel besonderen Anteil.Es liegt in der Natur der Sache, daß ein so schwieriges Gebiet in der Darstellung der Medi- en verkürzt wird. Daraus entstehen immer wie- der Fragen, die nicht nur vom Spezialisten be- antwortet werden können und sollen. Deshalb ist es von großer Bedeutung, daß die Ärzte- schaft insgesamt sich mit den hier bestehenden Problemen befaßt und selbst einen Standpunkt dazu einnimmt
Oft wird darauf hingewiesen, daß die Trans- plantationsmedizin eine sehr kostspielige The- rapieform darstellt. Hier darf man aber feststel- len, daß die häufigste Organtransplantation, nämlich die der Niere, im Vergleich zu der Al- ternative einer Dialysebehandlung erhebliche Kosten einspart und auf diese Weise die Kosten der übrigen Organtransplantationen ausgegli- chen werden.
Voraussetzung für eine positive Entwick- lung ist aber, daß der Gedanke der Organspen- de in der Bevölkerung weiter akzeptiert wird.
Dabei ist ein besonderes Hindernis die Frage des Todes bei noch künstlich aufrechterhalte- nem Kreislauf. Gerade hier sind offenbar auch Unsicherheiten bei Kolleginnen und Kollegen,
die nicht mit den Fragen direkt konfrontiert sind. Man sollte sich aber als Arzt generell mit den Fragen des Todes befassen und das rational gut begründete Konzept des Todes bei völligem und unwiederbringlichem Ausfall der Hirnfunk- tion kennen. Die Situation wird ja am besten mit dem Begriff einer inneren Enthauptung um- schrieben. Sie markiert nicht nur die scharfe Grenze zwischen Leben, zu dem das Sterben gehört, und Tod für den Menschen, sondern für jeden Säugetierorganismus. Der Zustand ist bei Einhaltung der vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer veröffentlichten Re- geln eindeutig und sicher zu diagnostizieren.
Gerade auf diesem empfindlichen Sektor kommt allen Ärzten eine Aufgabe sachlicher Aufklärung zu. In diesem Sinne ist es sehr zu begrüßen, daß hier ein Schwerpunktthema zu der Gesamtproblematik der Transplantations- medizin vorgelegt wird.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1995; 92: A-38 [Heft 1-2]
Prof. Dr. med. Friedrich Wilhelm Eigler Direktor der Abteilung
für Allgemeine Chirurgie
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Transplantationszentren e. V.
Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55
45122 Essen A-38 (38) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 1/2, 9. Januar 1995