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Archiv "Verhaltenstherapie für Typ-Il-Diabetiker?" (03.04.1992)

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Berücksichtigung der in Holland und den angelsächsischen Ländern ent- standenen und vom Gesetzgeber mitgetragenen Euthanasiebewegun- gen.

Neben Vorschlägen zum Ab- bruch oder Unterlassen lebenserhal- tender Maßnahmen (§ 214 StGB) findet sich der weitestgehende Vor- schlag — im Sinne einer aktiven Ster- behilfe — (Tötung auf Verlangen) im geänderten § 216 StGB. Dieser Al- ternativentwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe wurde vom Gesetzgeber bisher zwar nicht weiter verfolgt, aber die Diskussionen darüber wer- den fortgesetzt. So wurde im vergan- genen Jahr die deutsche Ärzteschaft mit einem Übersichtsreferat der Phi- losophin Helga Kuhse, Direktorin am Zentrum für „Human Bioethics"

an der Universität Melbourne in Au- stralien konfrontiert, das die Über- schrift trug: „Warum Fragen der ak- tiven und passiven Euthanasie auch in Deutschland unvermeidlich sind"

(6). Der provozierendste Satz in die- sem Referat lautet: „Ein Patient soll nicht am Leben erhalten werden, wenn nach bester Diagnose und Pro- gnose nur ein Leben voll Leid und Elend zu erwarten ist". Abschlie- ßend hat die Autorin dann der deut- schen Ärzteschaft folgende Sätze zu- gemutet: „Aktive Euthanasie ist ge- genwärtig illegal. Aber Gesetze kön- nen geändert werden. Wenn ein Ge- setz also ein schlechtes ist, dann ha- ben wir die Pflicht, es zu ändern."

Sollte dies der Anfang vom Be- ginn der Endlösung im Alter sein?!

Sollten die eben kürzer werdenden Schatten des Dritten Reiches erneut zur Verdunklung führen, und soll er- neut eine Tötungsbereitschaft der Ärzte provoziert werden, um „nutz- loses Leben zu erlösen" (7) und

„Ärzte, Pflegende und Kosten frei zu machen", wobei weiter festgestellt wird: „Der Blick in Alters- und Pfle- gestationen läßt befürchten, daß ei- nes Tages der Zustand mancher Pa- tienten eine Erlösung naheliegt, die irgend jemandem nutzt" (7).

Noch sind gesetzliche Regelun- gen, Rechtsprechung und offizielle Stellungnahmen der Bundesärzte- kammer, der deutschen Ärzteschaft und der wissenschaftlichen Fachge- sellschaften eindeutig, und die Ab-

wehrfront gegen die aktive Sterbehil- fe ist in sich gefestigt. Das haben auch die meisten der veröffentlich- ten Leserzuschriften zum Referat Kuhse (7) und neuerdings auch der in Buchform vorgelegte Extrakt zur Euthanasie-Diskussion (7) gezeigt.

Hier wird nachdrücklichst vor den Gefahren der Argumente von Singer und seinen Mitstreitern gewarnt und in Anlehnung an den Rückblick auf die Verfahrensweise gegenüber alt und schwach gewordenen Menschen in vielen früheren Kulturkreisen (7) die Frage gestellt, ob es denn ein Zu- fall ist, daß der Kreis um Kuhse und Singer in einem Augenblick in Deutschland aktiv wird, wo das sozi- alpolitische Problem einer unnatürli- chen Altersgrenze die Bereitschaft zu Gedanken des Selbsttötens und des sich Tötenlassens fördern! (7).

Die Ärzteschaft muß sich in die- ser Situation davor hüten, eventuell zum Spielball der Gesetzgebung zu werden, denn die Entwicklung geht weiter. Bereits die politischen Ereig- nisse um die gesamtdeutsche Eini- gung sowie die zur zentralen Frage im Einigungsvertrag hochstilisierte Problematik der Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch (7) lassen Besorgnis aufkommen Denn dieje- nigen, die um politischer Ziele willen bereit sind, beim § 218 StGB ethi- sche Grundsätze über Bord zu wer- fen, müssen sich fragen lassen, ob sie nicht eines Tages auch wegen sozial- politischer Zwänge bereit sind, ihre Auffassung gegenüber der aktiven Sterbehilfe zu ändern, vor allem dann, wenn voraussehbar das heuti- ge Leistungsniveau des Sozialsy- stems nicht über die nächsten drei Jahrzehnte hinaus durchgehalten werden kann und der Pflegefall dann zum nicht mehr tragbaren politi- schen Risiko wird.

Möge dieser Beitrag Anlaß zum weiteren Nachdenken über die ent- standene sozialpolitische Lage ge- ben!

Dt. Ärztebl. 89 (1992) A 1 -1226-1229 Heft 14

Literatur:

1. Alternativentwurf eines Gesetzes über Ster- behilfe (1986) Thieme, Stuttgart.

2. Arnold, M.: Medizin im Spannungsfeld von Wissenschaft, Humanität und Recht. Zen- tralbl. Rechtsmed. 34 (1990) 391

3. Borscheid, P.: Geschichte des Alters, Cop- penrath, Münster (1987)

4. Fritsche, P.: Grenzbereich zwischen Leben und Tod. Thieme, Stuttgart (1973) 5. Gronemeyer, R.: Die Entfernung vom Wolfs-

rudel. Über den drohenden Krieg der Jungen gegen die Alten. Claassen, Düsseldorf (1989) 6. Kuhse, H.: Warum Fragen der aktiven und passiven Euthanasie auch in Deutschland un- vermeidlich sind. Dtsch. Ärztebl. 87 (1990) Heft 16

7. Wagner, H.-J.: Konsumgesellschaft und Tö- tungsdelikte an alten Menschen — Phänomen oder Panoramawandel rechtsmedizinischer Aufgaben? — Rechtsmedizin 1 (1991) 35-40

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med.

Hans-Joachim Wagner Institut für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes W-6650 Homburg/Saar

NOTIZ

Verhaltenstherapie für Typ-Il-Diabetiker?

In einem gemeinsamen For- schungsvorhaben wollen die Diabe- tes-Akademie Bad Mergentheim (1.

Vorsitzender: Dr. med. Kristian Ber- gis) und der Lehrstuhl für Klinische Psychologie der Universität Bamberg (Prof. Dr. Hans Reinecker) der Fra- ge nachgehen, ob eine verhaltensthe- rapeutische Intervention bei der Neueinstellung von Typ-1I-Diabeti- kern bessere Ergebnisse bringt als die bisher übliche Diabetikerschu- lung. In drei Gruppen sollen die Dia- betikerschulung herkömmlicher Art, ein strukturiertes ambulantes verhal- tenstherapeutisches Interventions- konzept und individualisierte verhal- tenstherapeutische Interventionen einander gegenübergestellt und für ein Jahr katamnestisch verfolgt wer- den. An vorderster Stelle der Inter- ventionen steht bei allen diesen Me- thoden die Gewichtsreduzierung, die auch die anderen Parameter der dia- betischen Stoffwechselentgleisung beeinflußt. mwr Dt. Ärztebl. 89, Heft 14, 3. April 1992 (45) A1-1229

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