D
as Unternehmen Sero- no Pharma rechnet in- nerhalb der nächsten Monate mit der europäischen Zulassung des rekombinan- ten Interferon-Beta-1a-Prä- parates Rebif® zur Behand- lung der schubförmigen Mul- tiplen Sklerose (MS). We- sentliche Grundlage der Zu- lassung sind die Ergebnisse der „PRISMS“-Studie, in der das Immunhormon an etwa 560 Patienten mit schubför- miger MS erprobt wurde Das Akronym PRISMS steht für„Prevention of Relapses and Disability by Interferon-beta 1a, Rebif, Subcutaneously in Multiple Sclerosis“.
Positive Ergebnisse
Die Ergebnisse der zwei- jährigen, randomisierten Stu- die an 560 Patienten hatte das Unternehmen Serono auch auf dem EXTRIMS-Kongreß in Istanbul vorgestellt. Die Studie bestätigt die positi- ven Ergebnisse der bereits durchgeführten Erprobungen der Interferon-Beta-Präpara- te (IFN-b) Avonex® (Biogen) und Betaferon®(Schering).
189 Patienten hatten sich sechs Millionen „Rebif“-Ein- heiten alle zwei Tage subku- tan injiziert, 184 spritzten sich
die doppelte Dosis; knapp 190 Patienten erhielten ein Plazebo. Während der zwei- jährigen Beobachtungszeit erlebten die Patienten aus der Plazebo-Gruppe durch- schnittlich 2,6 Schübe. Unter der Behandlung mit IFN-b- 1a sank die Schubrate signifi- kant auf etwa 1,8. Die höhere IFN-Dosis zeigte einen Trend zu ausgeprägterer Wirkung, der Unterschied zur niedri- geren Dosis war aber nicht signifikant.
Relativ klar fiel die Wir- kung auf die Behinderung aus. In der Plazebo-Gruppe hatte sich nach zwölf Mona- ten bei 25 Prozent der Patien- ten der Zustand um eine defi- nierte „EDSS-Einheit“ ver- schlechtert. Diese Schwelle war unter Rebif® erst nach durchschnittlich 20 Monaten erreicht.
„Die Krankheit wird nicht gestoppt, aber zumindest ver- zögert“, kommentierte der Neurologe Lance Blumhardt von der Universität Notting-
ham. Ins Bild fügte sich auch der Entzündungsverlauf im Gehirn. Bei den mit IFN-b therapierten Patienten lag die kernspintomographisch
sichtbare Zahl aktiver Läsio- nen um 70 bis 80 Prozent niedriger als in der Plazebo- Gruppe.
Bei Vergleichen zwischen Rebif®und den Konkurrenz- präparaten Betaferon® und Avonex® halten sich Exper- ten sehr zurück. Einerseits unterscheiden sich die Studi- en unter anderem in der Se-
lektion der Patienten. Ande- rerseits gibt es zwischen den Präparaten Differenzen in Zusammensetzung, Produk- tionsverfahren, Art und Häu- figkeit der Injektionen, aber vor allem in der Dosierung:
Das Spektrum reicht von sechs bis zu 36 Millionen
„Interferon-Einheiten“ pro Woche.
Daß sich offenbar jede Dosis innerhalb dieser Band- breite positiv auf den Verlauf der MS auswirkt, interpre- tierten Experten als deut- liche Warnung, daß die Frage der optimalen Dosis noch nicht beantwortet ist. Ken- neth Johnson, Neurologe an der Universität Maryland (USA), ging in Istanbul da- von aus, daß in Zukunft statt einer festen Dosierung für je- den MS-Patienten eine indi- viduell angepaßte Maximal- dosis gefunden werden sollte:
„Die Grenzen werden ver- mutlich durch die Verträg- lichkeit der Interferone ge- setzt“, sagte Johnson. 40 bis 80 Prozent der Patienten kla- gen bei Therapiebeginn über grippeartige Symptome, die mit Dauer der Behandlung aber nachlassen. Auch Kopf- und Muskelschmerzen, Fie- ber und Entzündungen an der Injektionsstelle sind häufig. Klaus Koch
A-1112 (60) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 18, 1. Mai 1998
V A R I A AUS UNTERNEHMEN
Interferon bei Multipler Sklerose
Drittes Präparat vor der Zulassung
E
rste Studien weisen dar- auf hin, daß der neue Sulfonylharnstoff Gli- mepirid (Amaryl®) von Hoechst Marion Roussel die Gefahr von Hypoglykämien bei körperlicher Aktivität deutlich senkt. Damit wäre für jüngere, sportlich aktive Typ-2-Diabetiker eine risi- koärmere Ausübung ihrer Freizeitaktivitäten möglich.Bisher angewandte Sul- fonylharnstoffe bergen das Risiko von Hypoglykämien während oder nach körperli- cher Aktivität. Ursache hier- für ist unter anderem, daß es unter Muskelarbeit zu einer erhöhten Insulinsensitivität im Muskelgewebe kommt, auf die bisherige Sulfonyl- harnstoffe nicht reagieren.
Das bedeutet: Die Insulinse-
kretion wird nicht – wie bei Gesunden – vermindert, son- dern weiter stimuliert und führt zusammen mit dem un- ter Muskelarbeit erhöhten Glukoseverbrauch zu patho- logischen Blutglukosekon- zentrationen.
Durch eine Dosisreduk- tion war das Problem bisher nur unzureichend in den Griff zu bekommen. In einer Studie konnten Gudat und Heinemann (Arzneimittel- forschung 1996; 46: 606–609) nachweisen, daß es nach Ein- nahme von Glimepirid in Ru- he zu einem kontinuierlichen
Abfall der Blutglukosewerte um zirka 20 mg/dl auf Werte von zirka 60 bis 65 mg/dl nach zwei Stunden kommt.
Unter körperlicher Bela- stung (Fahrradergometer) fällt zwar auch zunächst der Blutglukosespiegel, sistiert dann aber und steigt in der Nachbelastungsphase wieder auf Werte von durchschnitt- lich 75 mg/dl nach zwei Stun- den (Vergleichswert unter Plazebo und Belastung: 80 mg/dl). Die Veränderungen der Blutglukosekonzentratio- nen entsprachen den Verän- derungen, die in den Insu-
linkonzentrationen gemessen wurden.
Bestätigt wurden diese Er- gebnisse durch eine multizen- trische Studie unter Leitung von Massi-Benedetti et al.
(Horm Metab Res 1996; 28:
451–455), in der insgesamt 167 Typ-2-Diabetiker mit Gli- mepirid beziehungsweise Gli- benclamid behandelt wurden.
Vergleiche der Blutglukose-, Insulin- und C-Peptid-Spiegel unter Belastung (Fahrrader- gometer) und in Ruhe zeig- ten, daß beide Sulfonylharn- stoffe vergleichbare Blutglu- kosespiegel erzielten, daß aber unter Belastung so- wohl die Insulinsekretion als auch der C-Peptid-Spiegel unter Glimepirid signifikant niedriger lagen als unter
Glibenclamid. EB