Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen
Journal forestier suisse
148. Jahrgang März 1997 Nummer3
Entwicklung waldföhrenreicher Wälder im Gebiet Brienz-Wiesen (GR)
Eine historisch-dendroökologische Studie
VonAndreas P/g/mgundFWVz//. Sc/iweiwgnAer
.Keywords: Dendroecology; growth dynamics; P/nus sdvestn's; skeleton plot; stand
dynamics. FDK174.7 Pinus: 18:56: 902:(494.26)
1.
Einleitung
Das
Albulatal wird
zusammenmit
dem Churer Rheintal, dem Domleschg sowie dem Unterengadin zur zentralalpinen Föhrenregion gezählt (Braun-B/anc/wet, 1961).
Die
konkurrenzschwache Waldföhre kann sichaufgrund der schwierigenstandörtlichenVerhältnisseindiesen Gebietengegenüber anderen Baumarten behaupten.Im
unterenAlbulatal,
zwischen Brienz und Wiesen, finden sich ausgedehnte, waldföhrenreiche Wälder, deren Erscheinungsbild vom Konkurrenzverhältnis zwischen Waldföhre und Fichte geprägt ist.Die
vielfältigen, seitmehreren Jahrhunderten wirkenden, anthropogenen Einflüs-sewirken ebenfalls aufdasVegetationsgefüge ein und beeinflussen die Baum- artenmischung entscheidend.
Die
Waldföhre, alsausgesprochenePionierbaum- art, spielt auch aus diesem Grund eine wichtige Rolle.Die
vorliegendeArbeit
hat drei thematische Schwerpunkte:- Rekonstruktion
der /ang/radgen Bntvidck/wng der Wälder in einem stark anthropogen beeinflussten Gebiet.- Rekonstruktion
der Bestandesdynamde der Erika-Waldföhrenwälder und-
der Wac/zstumsdynam/k von Föhren und Fichten auf Trockenstandorten.Eine effiziente waldbauliche Planung setzt eine gute Kenntnis der /ang-
/rat/gen
fsnfwick/nng, der Geschichte der zu behandelnden Waldgebiete vor-aus. Siestellt
für
denWaldbauerdie Grundlagedar, den heutigen Zustand derBestände besser zu verstehen.
Die
Kenntnis möglicher beeinflussender Fak- toren erlaubt die Klärung grundlegenderFragen bezüglich Sukzessionsstadi- en, Baumartenzusammensetzung, Standortsdegradation und Waldstrukurver- änderungen.Wenn
wir
Fragen zur bestandesinternen Konkurrenz, zurBestandesstabi-lität
oder zurAltersstruktur
beantworten wollen, müssenwir
die Bestandes- t/ynami/c verstehen.Der
Vergleich der Wac/zsfamsdynami/c verschiedener Baumarten auf einemStandort gibtAuskunft
übermögliche Baumartenmischungen, Lebens- erwartungen und Wachstumsgeschwindigkeiten. DendroökologischeUnter-
suchungen nutzen den Jahrring als Informationsspeicher und ermöglichen Aussagen zur bisherigen Bestandes- und Wachstumsdynamik (Henry und
•Swan, 1974, Payette eta/., 1985, ßrang, 1988).
2. Das Untersuchungsgebiet
Lage: Das Untersuchungsgebietliegt in
Mittelbünden
auf dem Gebiet der Gemeinden Brienz, Surava, Alvaneu, Schmitten und Wiesen. Es umfasst die waldföhrenreichen Wälderder montanen Stufe,an der süd-südostexponierten rechten Flanke des Landwasser- und Albulatales, in einer Flöhenlage von960 m bis 1560 m ü.M. Die untersuchten Wälder bedecken eine Fläche von ungefähr 6 ktrF.
Der
Grossteil der Wälder stellt Schutzwald dar.K7/ma: Das Untersuchungsgebiet befindet sich
im
Übergangsbereich von den Zwischenalpen zur inneralpinen Zone.Die
Niederschläge kommen vor allem aus Nord-Westen durch das offene Rheintal und über die Lenzerheide.Im
Westen sind es diemächtigen Glarneralpen,im
Süden die hohen Bergzüge des Engadins, welche als Regenfangwirken
(Gens/er, 1978). Die Jahresnie- derschläge liegen zwischenrund850mm inFilisur
(1030mü.M.) und 1000 mm in Wiesen (1450mü.M).Der
Hauptanteil derNiederschlägefällt
im Sommer.Die Schneemengen
im Winter
sind gering.Die
intensive Einstrahlung an die- sen Südhängenbewirkt
eine frühe Ausaperungim
Frühling.Boden:
Der
geologischeUntergrunddesUntersuchungsgebietes bestehtaus Sedimentgesteinen des Ostalpins, der Silvrettadecke. Es handelt sich um Trias, genauerum Muschelkalkund Keuper. DiesenTriasformationensindz.T. Morä- nen aufgelagert, welche aus vorwiegend kalkhaltigem Mischgestein bestehen.Die
bodenkundlichen Untersuchungen(Walthert
inPerreneta/., 1992undBnc/zer, 1996) ergaben, je nach
Kombination
der Bodenbildungsfaktoren, ein Mosaik unterschiedlicherHumusformen und Bodentypen. Das Spektrum bei den Humusformen reicht vom biologisch aktivenMull
bis zuim
Abbau gehemmten Modern. Offenbar sind die Feuchtigkeitsbedingungenfür
den Abbbau der organischen Streu zumindest phasenweise ungenügend (Som- mertrockenheit).Es kommen vor allem Rohböden vor, über karbonathaltigem Ausgangs- gestern also die Rendzina, über Mischgestein der Regosol. Weniger häufig sind, meist in flacheren Lagen, auch Braunerden, Parabraunerden und
Kalk-
braunerden anzutreffen.WaMbz/cb Die
Wälder
des Untersuchungsgebietes zeichnen sich durch ein Mosaik von reinen Waldföhrenwäldern (Pinns si/vesfrà), Fichten-Föhren- Mischwäldern (Picea abzes, Pinns si/vesiris) und Fichten-Tannenwäldern (Picea ahies, Abies a/ba) aus.Die
Waldföhre istin Anfangs-, Übergangs-oder echten Waldföhrengesellschaften zu finden.Auf
Standortenmit
besseren Wuchsbedingungenwird
dieWaldföhre von der Fichte odergar der Tannever- drängt. Die Buche hatim
Untersuchungsgebiet keine Bedeutung.Über drängt.
Über drängt.
weite Strecken dominieren Waldföhrenbestände von sehr geringer Wuchskraft. Sie bestehen ausknorrigen, stark drehwüchsigen Waldföhren
mit
sehrgrober Borke.Die
schütteren Kronen sindoft
abgeflacht und vom Wald- gärtner (P/astop/zagzz.s' spec.) befallen. Vereinzelt sind in der Oberschicht ein- zelne kümmerlich benadelte, gelblichgrüne Fichten beigemischt.Die Unter-
Schicht ist meist
nur
sehr spärlichvorhanden. Waldföhrennaturverjüngung ist innerhalb der Beständenur seltenzu finden; siebeschränktsichhauptsächlich aufStrassenböschungen,Wurzelteller
und andere Stellenmit
Rohboden (Per- ren et a/., 1992).Die
Waldföhren-Fichten-Mischbestände weisen wesentlich gestrecktere Baumformen auf.Die
Fichten- und Fichten-Tannen-Bestände der besten Lagen sind zuwachsstarke, vorratsreicheWälder
aus vollholzigen Bäumen.Hier
vermögen nur noch einzelne Waldföhren mitzuhalten.Vegetatzonsg/zederzzng:
Die
Waldvegetation des Untersuchungsperimeters wurde von Walthert (in Perren et a/., 1992) folgendermassen gruppiert:Waldföhrenwälder: Typischer Erika-Waldföhrenwald
(EK
Nr. 65)1Erika-Waldföhrenwald mit Pfeifengras
(EK
Nr. 65)Erika-Waldföhrenwald
mit
Rauhgras(EK
Nr. 65)Fichten-/Fichten-Tannenwälder: Ehrenpreis-Fichtenwald mit buntem Reitgras (ca.
EK
Nr. 55)Perlgras-Fichtenwald
mit
Kreuzblume(ca.
EK
Nr. 54)Die Fichten- und Fichten-Tannenwälder konnten nur bedingt einer Vege- tationseinheit nach £7/enberg und K/ötz/z (1972) zugeordnet werden. In der Oekogrammdarstellung (AbbzMzzng 7) sind die Untersuchungsbestände ein- getragen.
Die
Achsen sind durch die Reaktions- und die Feuchtezahl charak- terisiert (gewichtete Zeigerwerte nach Lanrfo/t, 1977).Die
Reaktionszahl um-' EKsteht im folgenden jeweilsfürts/terzherg, /7., tf/öZr/z, E(1972)
zutrockenfürWald
zunassfürWald
Waldgebiet:
Erika-WaldföhrenwaldmitRauhgras Reine WaldföhrenwäldermitmitRauhgrasRauhgras einzelnenkümmerlichen Fichten Übergangstypen
Waldföhre-Fichte Übergangstypen Waldföhre-Fichte Übergangstypen
Ehrenpreis-Fichtenwaldmit bunteinEhrenpreis-Fichtenwald bunteinEhrenpreis-Fichtenwald
Reitgras
Gutwüchsige Fichtenwälder Reitgras
Fichtenwälder Reitgras
AbèiMnngi. Die Untersuchungsbestände imOekogramm (nach Walthert inPerrenerai, 1992).
DieUntersuchungsbestände liegenim basisch-trockenen Bereich. DieBeständeIAundIBliegen naheder Trockengrenzedes Waldes.
schreibt den Säuregrad des Standortes: je
kleiner
die Zahl, desto saurer die Bedingungen; die Feuchtezahl umschreibt den Wasserhaushalt: je kleiner die Zahl, desto trockener der Standort.Alle
sieben Untersuchungsbestände be- finden sichim
basisch-trockenenBereich des Oekogramms.Die
Erika-Wald- föhrenbestände liegen nahe derTrockengrenze des Waldes.3. Methoden
3.2 Lang/nsrfge EnövicUungsdynamik
Die
Untersuchungen zur langfristigen Entwicklungsdynamik basieren auf der Literatur, aufStudien alter Bilddokumente und Gesprächenmit
demort-
liehen Forstdienst und der Bevölkerung. Von besonderem Wert waren dasBildarchiv der Rhätischen Bahn in Chur, das Bergbaumuseum Graubünden (Schmelzboden-Davos) und die persönlichen Hinweise von
Lokalhistoriker
C. Brazerol aus Schmitten.
3.2
Es wurden zwei Bestände
(IA
undIB)
des typischen Erika-Föhrenwaldes bezüglichihrer
Bestandesdynamik verglichen.Die
Bestände wurden so aus-<#
-2.0
1.0 2.0
Reaktionszahl
3.0 4.0
- 5.0
.0
O
gesucht, dass sie nach pflanzensoziologischen und bodenkundlichen
Kriterien
in sich homogen sind.Die
Flächengrösse der beiden Untersuchungsbeständewird
durch zehn herrschende Bäume definiert. Innerhalb dieses Areales wurde sämtlichen Bäumen in der Ober- und Unterschichtmit
h>50 cm mittels Jahrringbohrer Bohrspäne entnommen. Dies ergab ein Total von je 19 Bäumen (siehe 7aöe//e 7). Interessierte dasAlter,
wurde talseitig sotief
als möglich gebohrt;interessierte das Wuchsverhalten der Bäume, dann wurden die Bohrungen bergseitig, oberhalb der Wurzelanläufe, angesetzt.
Die
meisten Bäume wur- denauf beidenHöhen gebohrt. Sämtliche Bohrspänewurdendatiertund nach dermodifizierten
Skeletonplot-Methode (Sto/ces und Smz/ey, 1968, Sc/zwem- graZzer eta/., 1990) ausgewertet. Erfasst werden dabei auffallend schmale oder breite Jahrringe, welche als negative oder positive Ereignisjahre bezeichnet werden.Tritt
ein bestimmtes Ereignisjahr bei mehr als 40 Prozent derBäume einer Fläche auf, spricht man von einem Weiserjahr.Die
Anzahl Weiserjahre pro Zeitspannewird
als Schätzgrössefür
die Sensitivität verwendet: je grösser die Anzahl Weiserjahre pro Zeitspanne, desto sensitiver ist das Baum- Wachstum.In beiden Beständen wurde die Lage jedes einzelnen Baumes sowie die
Kronenprojektion
in einem Situationsplan festgehalten; es wurde zudem ein Bestandesprofil (Seitenansicht) aufgezeichnet.Die
Proben wurden im Sommer 1992 entnommen.Der
letzte auswertbare Jahrringfür
die vorliegenden Untersuchungen stammt somitvon 1991.5.3
Die Wachstumsdynamik wurde in
fünf
Beständen (I,II, III, IV
undV),
anjeweils zehn herrschendenWaldföhren und Fichten untersucht. Bohrspanent- nähme und Untersuchungsmethoden sind im vorangehenden
Kapitel
3.2 erklärt.Die
Untersuchungsbestände unterscheiden sich im Wasserhaushalt und bilden einen Trockenheitsgradienten.Der
BestandI
umfasst die herr-sehenden Föhren von Bestand
IA,
sowie 10 Fichten aus der unmittelbaren Umgebung,mit
vergleichbarenStandortsverhältnissen (siehe TaèeZ/e 7).Taôe/Ze7. Probenmaterial.
Bestände I A
IB
III III
IV VAnzahl Waldföhren 19 19 10* 10 10 10 10
Anzahl Fichten 2 10 10 10 10 10
IAundIB : Bäumeallersozialer Klassen * herrschende Waldföhren von
IA
I-V
: nurherrschende Bäume4. Langfristige
Entwicklung -
Untersuchungen zur GeschichteDie
langfristigeEntwicklung
der untersuchten Wälder ist stark geprägt durch die schonwährend mehrerenJahrhunderten einwirkenden, vielfältigen menschlichenAktivitäten. Die
Aus- und Nachwirkungen dieser anthropoge- nen Einflüsse haben den heutigen Landschaftscharakter entscheidend mitge- staltet.Die
aktuelle BaumartenVerteilung, die Bestandes- und dieAlters- struktur
der Wälder, aber auch der Aspekt der Krautschicht sind wesentlich vom Menschen beeinflusst worden.AhMdtmg
2 gibt einenÜberblick
über einige wichtige historische, die Waldentwicklung beeinflussenden anthropo- genen und zoogenen Faktoren und deren Einwirkungsdauer.Auf
die einzel- nen Faktorenwird
im folgenden eingegangen.Bergbau
Bergbau wurde
im
Untersuchungsgebiet während zweier länger andau- ernder Perioden, derZeit
des «alten Bergbaus» (1477 bis 1649) und derZeit
des «neuen Bergbaus» (1805 bis 1848), betrieben. Von 1588 bis 1618 waren unteranderen zwei Gruben in Brienz, achtin Alvaneu, neunin Schmittenund sechs bei den Bodmern (nähe Schmitten) in Betrieb.
Im
benachbartenAlbu-
latal, wo ebenfalls Bergbau betrieben wurde, baute man Anfang des 18. Jahr- hunderts in Bellaluna, in der Nähe von Filisur, eine neue Schmelzanlage, in welcher auch Erze aus demUntersuchungsgebiet verhüttet wurden.Zu
Beginn des 19. Jahrhunderts brach die intensivste Bergbauperiode an, dieZeit
des «neuen Bergbaus».Ab
1810 wurde am Silberberg der Gemeinde Wiesen Blei, ab 1813Zink
abgebaut.Die
Schmelze standim
lawinensicheren Schmelzboden. Zu dieserZeit
arbeiteten bis zu 200 Leute am Silberbergund im Schmelzboden.Auch
in der Schmelze in Bellaluna wurde intensivZink
gewonnen. Als Folge derFebruarrevolution in Frankreich wurde der Bergbau 1848 endgültig eingestellt.[Zeitperiode] 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000 Bergbau
Waldbann Kahlschlag
Einzelstammnutzung Pflanzung/Saat Bodenschürfungen Legzäune
Waldweide Wild
starkesAuftreten desFaktors:
—
schwachesAuftreten desFaktors:
-
_ _unsichereAussage:
A£>£üMung2. Einwirkungsdauerwichtiger anthropogener undzoogener Faktoren.
Der
Holzverbrauch im Bergbauwar beträchtlich. EswurdeBauholzfür
die Gebäude und Gerätschaften, Brennholzzu Heiz-und Kochzwecken, Gruben- holzzur Abstützungder Gangsysteme und vor allem Brennholzfür
dieineffi-
zienten Schmelzöfen benötigt.Der
Brennholzverbrauch zur Gewinnung von 1000 kg Metall betrug je nach Erz und Schmelzofentyp zwischen 12(Blei)
und 500 Ster(Zink)
(W/der,1980).
Für
dieZeit
von 1811 bis 1830 schätzt von Salis(in
W/der, 1980) einen Bleiabbau am Schmittner Bleiberg von rund 630Tonnen, waseinem Holzver- brauch von rund 7500 Ster oder einer Waldfläche von rund 20 ha entspricht.Die
Zinkgewinnungsanlage, diein Bellaluna von 1821 bis 1829 in Betrieb war, verschlang, unter der Annahme, dass sie während sechs Jahrenvoll
ausgela- stet war, rund 90000 Ster Holz. Das entspricht etwa 250 ha Wald. In dieser Zeitperiode standen aber neben der Schmelze in Bellaluna auch nochim
Schmelzboden sowie in Klosters je eine Zinkschmelze im Einsatz (,/m«y, 1952).A/berdni
(1835) erwähntfür
die Schmelze Bellaluna einen jährlichenHolzbedarf
zurEisenverhüttung von etwa 17000 Ster Holz.Unter
der Annah- me von 10 Betriebsjahren ergibt das einen Holzverbrauch von rund 170000 Ster oder 500 ha Wald. Diese Schätzungen des Holzverbrauches sollen einen Eindruck vom Ausmass der Waldzerstörungfür
dieZeit
von 1813 bis 1848 geben. Zwischen dem Schmelzboden undFilisur
waren die Wälder total ge- plündert, sprich kahlgeschlagen (verschiedene Bilddokumente belegen dies).Sobald der
Holzvorrat
inunmittelbarer
Umgebung der Schmelzöfen auf- gebraucht war und dieZulieferung
aus den entfernteren Waldungen zu auf- wendig wurde, musste aufdie viermal leichtereHolzkohle
umgestiegen wer- den. In derFolgewurden auchabgelegene, waldreiche Tälerausgebeutet.Die
Bedeutung derKöhlerei
im Landwasser- undAlbulatal
geht aus verschiede- nen Dokumenten aus dem Jahre 1567 hervor, welche die Gegend um Tiefen- kastei als das Tal derKohlenmeiler
(la val dallas Curvanéras) bezeichnen (Krä/zenbü/d, 1991).Fichten- und Tannenholz wurde dem harzreichen Föhren- und Lärchen- holz vorgezogen. Bei
Bedarf
wurde aber sogar auf Legföhren- und Erlenholz ausgewichen. Es ist anzunehmen,dass die weitausvorratsreicheren,nahe gele- genen Fichten- und Fichten-Tannenwälder der nordexponierten Hänge und Mulden den kleinwüchsigen, knorrigen Föhrenwäldern der südexponierten Lagen vorgezogen wurden. Erst als jene Lagen ausgeplündert waren, wurde aufdie Föhrenwälder der näheren Umgebung ausgewichen.Wd/dhann
In Schmitten und Wiesen erschienen schon ums Jahr 1600 erste «Satzun- gen der Gemeinde betreffend das Forstwesen», welche die Bannwaldungen bei Strafe unter Schutz stellten. Nach Wider (1980) gibt es bis
Anfang
des 19.Jahrhunderts keinen Hinweis darauf, dass ein Waldbann aufgehoben worden wäre, wohl aber dafür, dass der Bann nichtgehalten wurde. In der
«Anleitung
zur Verbesserung des Bünd. Forstwesens» (Bo/z/, 1838) ist zum Thema Wald- bann folgendes zu lesen:«Allein, oftverbot manjede
Art
Holznutzung insolchenBannwäldern undliesssie dagegen dem Weidgang offen. ...nun faulten die alten Stämme meistens ein, und der Nachwuchs... starb unterdem ZahndesViehes.»In
den WirtschaftsplänenderGemeinde Schmitten (1927 bis1946und 1950 bis 1969)wird
erwähnt, dass der Bannwald zum Schutz gegen das weidende Vieh eingezäunt werden müsse.//o/zerafe
Kulturland
wurdeimMittelalter
meistdurch Brandrodungundnicht durch Holzschlag gewonnen.Die
Eigenversorgung an Brenn-, Bau- und Zaunholz erfolgte in der Regel einzelstammweise. Wegen der engen, die Holzflösserei verunmöglichenden Schynschlucht zwischen Tiefenkastel und Thusis, war Holzhandel im Untersuchungsgebietnie von grosser Bedeutung. Erstmit
demAufkommen
des Bergbaus stieg die Nachfrage nachHolz
stark an. Flächige Holznutzungen (Kahlhiebe) waren fortan die Regel. Diese wurden in den Bergordnungen, welche die Waldnutzungen zu dieserZeit
regelten, sogar gesetzlich vorgeschrieben. In der Bergordnung von 1408 ist vor allem derArtikel
22sehr aufschlussreich:«Will man Wälder und Schläge hinleihen, so soll man Einem oder einer Gesell- schaft nicht mehr leihen als einen Schlag, der soll ganz geschlagen werden von dem untersten bis zum obersten,kleinundgross, wasimmer aufdas«Riswerk»[die Reistzü-
ge, Anm. d. Verf.] kommen mag.» (aus W/der, 1980)
Eine andereHolznutzung
mit
gravierendenFolgen warendie sogenannten Legzäune, welche aus jungen Fichten, Tannen und z.T. auch Föhren bestan- den. Es wurden Bäumchen gehauen, nicht entastet und aufeinandergeschich- tet.Auf
diese Weise entstand ein stacheliger, das Vieh zurückhaltender Wall.Diese Zäune mussten
alljährlich
erneuert werden, da sieoft
zu Brenn- holzzwecken geplündert wurden,womit
in ganzenWaldpartienkontinuierlich
der Nachwuchsvernichtet wurde.1822 wurden erste Versuche unternommen, das Forstwesen einem kanto- nalen Aufsichtsrecht zu unterstellen. 1839 führte man ein Kahlschlagverbot
(für
Schutzwälder) ein.Die
Gesetzesrevision von1858stelltedieWälder
unter dieAufsicht
des Staates. Überdies wurden die Gemeindenverpflichtet,
paten-tierte
Revierförster anzustellen.Ab
1862mussten Holzschläge im Gemeinde- waldundz.T. auchim
Privatwald durchdenFörster angezeichnet werden. 1876trat
das Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über das Forstwesenim
Hochgebirge inKraft.
Bestandeshegrändizwg
Ob und wie schnellsich die kahlgeschlagenen Flächenwiederbewaldeten, interessierte in der Regel nicht, zumal die Kahlflächen meist als Viehweide genutzt wurden.
Die
Wiederbewaldung gestaltete sich in der Folge als recht schwierig und dauerte unter diesen Umständenoft
mehrere Jahrzehnte.Gemäss den Wirtschaftsplänen der Gemeinden
Alvaneu
und Schmitten wurden die ersten Pflanzungen um dieJahrhundertwende vorgenommen.Die
erstenBodenschürfungen zur Förderung der Waldföhrenansamung wurden in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts durchgeführt.Servitute
Auf
den meisten Waldungen lastetenoft
gleichzeitig verschiedeneNut-
zungsservitute. Sie hatten ihren Ursprung im 13. Jahrhundert und sind zum Teil bis heute noch gültig (Wider, 1980).Die
fatalsten Folgenfür
die Wälder hatten dieWeiderechteund diezeitlichbeschränkten Holzpachtverträge, wel- che oft gleichzeitig bestanden.Wnidweide
Die Waldweide war
im
ganzenAlpenraum
eine während Jahrhundertenpraktizierte Form
der Waldnutzung und spielteim
Untersuchungsgebiet eine entscheidende Rolle. Zeugen dieser einst weit verbreiteten Weidenutzung sind die bis zu armstarken, mannshohen, bis zu 140jährigen Wachholder- sträucher. £7/e«herg (1978) bezeichnet den Wachholder als Weidezeiger, als «Weideunkraut»,das vom Vieh nichtgefressenwird
und sich in der Folge in beweideten Gebieten stark ausbreiten kann.Der
Viehbestand, insbeson- dere Schmalvieh (Ziegen und Schafe), war infrüherer Zeit
bedeutend gros- ser alsheute.Die
Waldweide verfolgteden Zweck,dieZeit
der Stallfütterung abzukürzen, indem jeweilsvor
und nach derBestossung derAlpen
das Vieh in die Wälder getrieben wurde. Verschiedene Quellen berichten jedoch, dass in frühererZeit vor
allem die Ziegenoft
das ganze Jahr in den Wäldern weideten.Durch die diffusen, einzelstammweisen Nutzungen, welche während Jahrhunderten betrieben wurden, bezweckte man unter anderem eine
Auf-
lichtung der ohnehin schon lockeren Föhrenwälder, um die Vergrasung zu fördern.«DieKühe,Schafe, und ganz besonders aber die Geissen zogennämlich nichtso fast in alte, dichte, viel eher in lückig gewordene Bestände, wo sie Gras oder zarte
Baumzweige fanden» (Bo/z/, 1838).
Im Wirtschaftsplan von 1900 bis 1909 der Gemeinde
Alvaneu
ist zu lesen, dass dieKulturen
durch Schmalviehbeweidet wurden undinZukunft
sämtli- che künstliche Wiederverjüngung durch Zäune geschützt werden soll.Mit
dem Rückgang des Schmalviehs (zwischen 1950 und 1960) verbesser- te sich die Situation zusehends.WiW
Im
Verlaufe des 19. Jahrhunderts wurden Hirsch, Reh und Steinbock fast gänzlich ausgerottet. Wann die Wiederansiedlungim
Untersuchungsgebiet stattfand, kann nicht genau gesagt werden.Ein
Hinweisfindet
sichim Doku-
mentenbuch der Gemeinde Alvaneu, in dem berichtetwird,
dass Hirsche um 1890 erstmals beobachtet werden konnten.Der
zunehmendeZivilisationsdruckin dentiefergelegenenRegionenGrau- bündensführtezu einer Verlagerung der Wild-Wintereinstandsgebieteinhöhere Lagen. Das Untersuchungsgebietmit
seinen milden Wintern und den grossen, zusammenhängenden Waldflächen stellt ein ideales Wintereinstandgebiet dar.Parallel zum Rückgang der Schmalviehhaltung nahmen die Wildbestände starkzu.WährenddasViehinder Regelinden Übergangszeiten, also
im
Früh- lingundim
Herbst, die Wälder beweidete, istdasWild
hauptsächlichim Win-
ter in den Wäldern des Untersuchungsgebietes anzutreffen.Im Winter
ist das Aesungsangebot reduziert und der Verbiss an Sträuchern und Jungbäumen beträchtlich.5. Bestandesdynamik von zwei Beständen des Erika-Föhrenwaldes Beide Bestände
IA
undIB
(sieheAbMdwng
1) wurden vonWalthert (in
Ferren et a/., 1992) dem Erika-Föhrenwaldmit
Rauhgras(EK
Nr. 65) zuge- ordnet. Standörtlich entsprechen sie sich weitgehend: der geologischeUnter-
grund ist Gehängeschutt ausDolomit
und z.T. Rauhwacke(IA);
die Boden-typensind Rendzinen
(A-AC-C),
wobeiIB
einehöhere Wasserdurchlässigkeit aufweist; die Humusformen sind Xeromoder; die Expositionen sind Süd; die Hangneigungen 85%(IA)
bzw.70%(IB);
die Höhe überMeer
beträgt 1160m(IA)
bzw. 1180 m(IB).
Beide Bestände zeigen eine einschichtige, lückige
Struktur
(sieheAbb//-
dimg 3)mit
fehlender Verjüngung (h>50 cm). BestandIA
weist sehr vieleschneebruchbedingte Kronenabplattungen und starktalseits
orientierte Kro-
nen auf, während die Bäume in Bestand
IB
durchgehende Stammachsen zei- gen.Die
Ansamung (bis 15 cm) istin BestandIA
reichlich vorhanden, woge- gen sie in BestandIB
fast ganzfehlt.BestandIB
• • •.
®. <§
•. •.
• ©I"® ®
® ——
• •
--
Alter
Baumhöhe
BHD
ff ® ®®î V
®; ff
®; ff 8 8 ® ®
c» grÄELfi grÄELfi grÄELfi grÄELfi
««®®î ®®î V V
Oberschicht
Unterschicht O
Alter [J] <100 101-150 151-175 176-200 Baumhöhe [m] <8,0 8,1-12,0 12-14
BHD [cm] 0-10 11-20 21-30 31-40 41-50
Radialzuwachs <0,5 0,5-1 1-2 >2 Jugendphase
[mm/J]
AbWMi/ng3. Bestandesstruktur,Alter,Baum- höhe, BHD und Jugendwachstum. Ausser in den Baumhöhen sind beide Bestände sehr ähnlich.
Die
Altersstrukturen
sind auffallend ähnlich, der Unterschied zwischen Ober- und Unterschicht ist fliessend.Für
die Ausdifferenzierung inOber- und Unterschicht scheint mehrdie bestandesinterneKonkurrenz
und weniger derZeitpunkt
der Ansamungverantwortlich
zu sein.Der
Grossteil der Bäume (75%) hat sich innerhalb von nur 30 Jahren angesamt (siehe auchAöMdtmg
20).
Die
ältestenBäumesind etwa 195Jahre alt.Der
jüngste Baum inBestandIA
ist 110 Jahre alt, inIB,
abgesehen von einer 15jährigen Fichte, 140 Jahre.Die Altersverteilungen zeigen keinerlei Muster, welche auf ein stufiges, zeit- lieh versetztes Aufwachsender Bäume hindeuten würden.
Bestand
IA
o a " '
O
©
°
"o—er
3.
•
OL
oBestand 1 B
o o O O
o o
-A3-
o o
-A3-
o
no%
Durchmesserwachstumder Bäume derOberschicht im Vergleich zummittleren Zuwachsder Periode 1892-1991:Vergleich
1892-1991:Vergleich
Vergrösserungum:
o
®0 o
©*
oo © X5®o*o*
X5®o* A
#
y?"O
.c\>o\oo\o .c\>o\o
Oberschicht O
Unterschicht +
AbötMu/ig 4. Durchmesserwachstum der Bäume der Oberschicht im Verlaufe verschiedener Messperioden. BeideBestände zeigeninder letzten Messperiode (1982-1991) erhöhte Zuwachs- werte.
Bestand
IA
weist keine Bäume der höchsten Baumhöhenklasse auf.Der Grund hierfür
dürften die oben erwähnten Kronenabplattungen sein.Die
räumliche Verteilung derverschiedenenBrusthöhendurchmesserklas- senist auf beiden Flächenrecht regelmässig.Der
Grossteil derBäumebeider Flächenweist in den ersten Lebensjahren grosse radiale Zuwächse auf. Wie Beobachtungen in unmittelbarer Nähe des Bestandes zeigten, entsprechen solche Zuwächse denjenigen von Pflanzen, welche ohne Konkurrenz, bei vollem Lichtgenuss aufwachsen.Die Unter-
schiede zwischenden einzelnen Bäumen sind klein.Wie
ist das aktuelle Durchmesserwachstum der beiden Bestände im Ver- gleich zu früheren Wachstumsphasen? DieAbMüftmg
¥ vergleicht den bäum-individuellen
Durchmesserzuwachs aus drei verschiedenen Zeitabschnittenmit
demmittleren
jährlichen Durchmesserzuwachs (der Bäume der Ober- Schicht) der letzten 100 Jahre (1892 bis 1991).Die
drei Abschnitte umfassen jeweils 10 Jahre und zwar von 1892bis 1901,1937 bis 1948 und 1982 bis 1991.Unter
der Annahme gleicher standörtlicher Bedingungen während der letzten 100Jahrewurde erwartet,dassdie Zuwächsewährend dererstenMess- période (1892bis 1901), in welcher die Bäume 60 bis 100Jahre alt sind, deut- lieh über dem 100jährigenMittelwert
liegen. Die Werte in dermittleren
Peri- ode solltenim
Bereich des Mittelwertes liegen, wogegen jene der letzten 10 Jahre infolge desAlterstrends bei 160- bis 195jährigen Bäumen deutlichklei-
ner als derMittelwert
sein sollten.Die
Situation in der ersten Messperiode von 1892 bis 1901 istfür
BestandIA
eine Bestätigung der Erwartungen.In
BestandIB
weisen alle Bäume ein unterdurchschnittliches Wachstum auf.Die
Messperiode von 1937 bis 1948 zeigtfür
beide Bestände ähnliche,uneinheitlicheVerhältnisse auf.Die
meisten£ 40
ca
¥ I
20a 10 Na Na
<e 0
h
Bestände
IA
Oberschicht (n=10)mnnnnD Unterschicht (n=7)
IB Oberschicht (n=10)
Unterschicht (n=5)
1892-1941 1942-1991
Vergleich der Anzahl Weiserjahre inzwei Zeitperioden (1892 bis1941 und 1942bis 1991). Die Weiserjahrschwelle S liegt bei 40%. Bestand IB verzeichnet in beiden Zeitperioden mehr WeiserjahrealsIA.
Bäume wachsen unterdurchschnittlich, wobei einige einen erhöhten Zuwachs aufweisen. Die Messperiode 1982bis 1991 zeigt ein erstaunliches Resultat: die Bäume beider Bestände weisen, bis auf jeweils einen Baum, höhere
Durch-
messerzuwächse auf als das hundertjährige
Mittel.
Die Bäume zeigen,trotz
beträchtlichemAlter,
ein gesteigertes Dickenwachstum.Der
Vergleich der beiden Bestände bezüglichihrer
Reaktionen auf das Durchmesserwachstum beeinflussende Faktoren in Abb/Mtmg5 zeigt:Beide Bestände weisen, sowohl in der Ober- als auch in der Unterschicht, während der letzten 50 Jahre deutlich mehr Weiserjahre auf als von 1892 bis
1941.
Der
BestandIB
bildet in der Ober- und in der Unterschicht mehr Wei- serjahre aus alsIA
und weistsomitein sensitiveresDurchmesserwachstumauf.Dies könnte
mit
dem unausgeglicheneren Wasserhaushalt(Walthert
in Ferrenetu/., 1992) zusammenhängen.Rund80% der Weiserjahre von Bestand
IA
tre-ten auch bei
IB
als Weiserjahre auf. Diese hoheGleichläufigkeit
der Bestan- desreaktionen trotz beträchtlicher geographischer Distanz zwischen den Beständen(Luftlinie
etwa 3,3 km) istvor allem auf klimatische Faktoren und möglicherweise auf gleiche waldbauliche Behandlung zurückzuführen.Die
übrigen Weiserjahre sind auf schwächere klimatische oder lokal auftretende anthropo-zoogene Faktoren zurückzuführen.Die
vorhergehende Betrachtung von Weiserjahren hat gezeigt, wieoft
in einer Zeitperiode eine bestimmte Anzahl Bäume innerhalb eines Bestandes eine Wachstumsreaktion verzeichnet hat.Die AbMdwng
6 vergleicht die acht Weiserjahre, welche bei beiden Beständen die deutlichsten Wachstumsreak- tionen zeigten. Es sind dies vier positive Weiserjahremit
breiten Jahrringen (feuchte und warme Vegetationsperiode) undvier
negative Weiserjahremit
schmalen Jahrringen (kühle und trockene Vegetationsperiode).Die Reaktion
derBäumewird
inzwei Klassenaufgeteilt: Reduktionbzw. Vergrösserung der Jahrringbreite um 21 bis 50% (schwache Reaktion) respektive 51 bis 100%(starke Reaktion). Eswurden nur Bäume der Oberschicht berücksichtigt.
Bei der Darstellung der schwachen Reaktionen ist festzustellen, dass der Bestand
IB
beisechs der acht Weiserjahre mehrreagierende Bäume verzeich-BäumemitschwacherReaktion Bäumemitstarker Reaktion
<c
Iii rl
| L|JH
1949 58 59 69 70 76 84 89
00000000
1949
00000000
1949 58
00000000
58 5900000000
59 6900000000
69 7000000000
70 7600000000
76 8400000000
84 8900000000
89Tp
1949 58 59 69 70 76 84 89
©©©©Goo©
BestandIA
i 0
BestandIBi 0
i
Weiserjahr positivO Weiseijahr negativ
A&öiMtmg6. Anzahl reagierenderBäumeinausgewähltenWeiserjahren. BestandIBweist mehr reagierende Bäumeauf.
net als
IA. Im
Jahre 1976 weisen bei beiden Beständen sämtliche Bäume eine Reaktion auf, was auf ein ausserordentliches Ereignis schliessen lässt.Nur
gerade im Jahre 1969 weist der BestandIA
mehr reagierende Bäume auf. Bei den starken Reaktionen ist festzustellen, dass die Jahre 1969, 1970 und 1989nicht mehr erscheinen. Die Betrachtung der übrigen sechs Weiserjahre ergibt ein noch klareres
Bild:
BestandIB
weist invier
derfünf
Weiserjahre deutlich mehr reagierende Bäume auf alsIA.
Einzig das Jahr 1949 zeigt ein umge- kehrtes Resultat.Der
BestandIB
reagiert auch beidieser Betrachtung sensi- bler.Es stellt sich nun die Frage, welche Bäume innerhalb des Bestandesgefü- ges jeweils reagieren und dadurch die Weiserjahrproduktion des Bestandes ausmachen. Sindesimmerdieselben Bäume, die einüberdurchschnittlich sen- siblesWachstum aufweisen oder hängt esneben dem
Mikrostandort
auch von der individuellen Verfassung des Baumes ab?Die Abbildung
7 zeigt die Ein- zelbaumreaktionen der beiden Untersuchungsbestände anhand der bereits bekannten acht besonders stark ausgeprägten Weiserjahre.Die
Weiserjahr- schwellebeträgt 40%.Die
ReaktionderBäumewird
in dreiKlassenaufgeteilt:Reduktion bzw. Vergrösserung derJahrringbreite um0 bis20% (keine Reak- tion), um 21 bis 50%
(mittlere
Reaktion), 51 bis 100% (starke Reaktion). Eswird
zwischen Bäumen derOberschicht und der Unterschicht unterschieden.Der
Grossteil der Bäume reagiert unstet undmit
unterschiedlicher Inten- sität. In denvier
negativen Weiserjahren zeigenim
BestandIA
nur gerade zwei, imIB
nur drei Bäume in allen vier Jahren eine Reaktion. Keine Reak- tion in allenvier
Jahren verzeichnet nur ein Baum(IA)
respektivevier
Bäume(IB).
Es besteht kein Unterschiedzwischen den Reaktionsmustern der Ober- und Unterschicht, was bedeutet, dass der FaktorKonkurrenz
bei den ausge- wählten Weiserjahren nichtklar
durchschlägt.Bei denpositiven Weiserjahren verhält es sichanalog. DieserBefundlässt vermuten, dass die Sensitivität der Bäume einer zeitlichen
Variation
unter- worfen ist.Weiserjahre
(+)
positiv negativ Vergrösserung/Reduktionder Jahringbreiteum:56-100% 21-55% 0-20%
Oberschicht
^
(gUnterschicht Q
zlhbiMung 7. Einzelbaumreaktionen inausgewähltenWeiserjahren.Die Bäume reagierenunstet und mit unterschiedlicher Intensität.
6. Wachstumsdynamikvon Föhrenund Fichten auf Trockenstandorten
Die fünf
Untersuchungsbestände wurden durch Walthert (in .Ferren et n/., 1992) ausgeschieden und pflanzensoziologisch und bodenkundlich charakteri- siert. Sie beschreiben einen Trockenheitsgradienten von den Waldföhrenwäl- dem zu den Fichtenwäldern (siehe AhWMimgi). Der
Bestand I deckt dentrockenen,schlechtwüchsigenBereich ab.
Er wird
demErika-Föhrenwaldmit
Rauhgras zugeordnet.Der
BestandV wird
dem Ehrenpreis-Fichtenwaldmit
Kreuzblume zugeordnet, liegt im mässigfeuchten Bereich undbildet den gut- wüchsigenFlügeldes Gradienten.Die
BeständeII, III
undIV
liegenim
Über- gut- Über- gut- gangsbereich zwischen den Föhrenund denFichtenwäldern. Sie können nach pflanzensoziologischen Gesichtspunkten keinerEinheit
nach Ellenberg undKlötzli
(1972) zugeordnet werden. 7hhe//e2 gibt eine standörtliche ÜbersichtEllenberg Übersicht Ellenberg über die
fünf
Untersuchungsbestände.Der
Standortsgradient ist im geologi- sehen Untergrund, den Bodentypen, den Humusformen, den Expositionen und den Hangneigungen zu erkennen.Auch die Baumhöhen (Ahö/Wwng 8) spiegeln den ausgeprägten Gradien- ten wider: im Föhrenwald liegen sie zwischen 7 und 16 m; die Übergangsbe- stände sind zwischen 14 und 26 m hoch, während im Fichtenwald die Baum- höhen bis zu 36 m erreichen.
Der
Grundfür
die deutlich grösseren Baum- höhen der Fichten gegenüber den Föhren in den UntersuchungsbeständenI
und
III
sind diebeiderFöhrehäufigvorkommenden Kronenbrüche.Die über-7aèe//e2. Standörtliche Übersicht derUntersuchungsbestände (*Walthert inPerren eta/., 1992).
Untersuchungs- bestände:Untersuchungs-
bestände:Untersuchungs-
i II III IV
VVegetations- einheit*:
Vegetations- einheit*:
Vegetations- Erika-
Föhrenwaldmit Rauhgras
Übergang Übergang Übergang Ehrenpreis- Fichtenwald Ehrenpreis- Fichtenwald Ehrenpreis-
mit buntemReitgras Geologie: Gehängeschutt
(Rauhwacke/
Gehängeschutt (Rauhwacke/
Gehängeschutt Dolomit)
Dolomit/Rauh- wacke(zTan- stehend)mit Moränenauflage
Dolomit/Rauh- wacke(zTan- stehend)(zT(zTmitmit Moränenauflage
Würm-Moräne (Mischgestein)
Würm-Moräne (Mischgestein)
Bodentyp*: Rendzina A-AC-C
Regosol A-AC-C Regosol A-AC-C
Regosol Regosol A-(B)-C Regosol A-(B)-C
Regosol Regosol A-B-C Regosol A-B-C
Regosol Regosol A-B-C Regosol A-B-C Regosol Humus-
form*: Xeromoder
Xeromoder Xeromoder Mullartiger Moder Mullartiger Moder
Mullartiger Typischer Moder Typischer
Moder Typischer
Exposition: Süd Süd-Südwest Süd Süd-Südwest Nordost
Hang- ncigung[%]:
85 55 60 55 85
Höheii.M.[m]: 1160 1180 1480 1460 1180
Koordinaten 766.500/171.125 766.300/171.250 769.000/172.625 768.100/172.800 767.150/171.650
-C:0 -C
e3
Untersuchungsbestände:
I II
40 30 20 10 0
III IV
"] IH
X
ïti""T
Êfe .¥ ¥- [pX
[pX
IT
*TZS
""T
TZS
""T
I
Êfe
I
Êfe
40 30 20 10
0
E
II
^II
^II
i_N dji_
dji_
.'s*3 *£
3 r- OS.g3 OS.g3 r- OS.gr-
2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0
2,5 2,0
1,5 1,0 0,5 0
Waldföhren Fichten
Minimum Mittelwert Maximum Median Quartile
Aöö/'WwngS. Baumhöhen und Radialzuwächse.DerStandortsgradientist sowohlbei den Baum- höhenals auch beiden Radialzuwächsendeutlichsichtbar.
aus grosse Streuung in BestandV, hervorgerufendurch einigeWerte um20bis 25 m, ist ebenfalls auf Kronenbrüche zurückzuführen.
Die
Messung des durchschnittlichen jährlichen Radialzuwachses imAlter
90 bis 110Jahren ergab folgende Resultate
(AbMdrmg
8):In
BestandI
liegen dieMittelwerte
der Waldföhren und Fichten unter 0,5 mm/J.In
den Bestän- denII, III
undIV
liegen siezwischen 0,5 und 1,0 mm/J und in BestandV
lie-gen sie über 1,0 mm/J.
Die
Streuung der Werte ist sehrgross, was aufWettbe- werb zurückzuführen ist. Einzig in BestandV
liegtderMittelwert
der Fichten höher als bei den Waldföhren. Auch auf dem trockensten Standort(I)
zeigendie Fichten kein schlechteres Radialwachstum als die Waldföhren.
Die
maximalen Radialzuwächse dokumentieren den Standortsgradienten wesentlich besser als dieMinimal-
oder Durchschnittswerte.Minimale Zu-
wachswertegleicher Grössenordnung können aufallen Standortenentstehen;als Gründe dafür kommen unterschiedliche Konkurrenzverhältnisse sowie biogene undklimatische Schädigungen wie z.B. Kronenbrüche in Frage.
Die Altersverteilung
der herrschenden Föhren und Fichten ist inAbb//-
dnng 9 dargestellt.Die
nur verstreut vorkommenden, schütteren Fichten auf dem Föhren- Extremstandort (BestandI)
sind erstaunlicherweise gleich alt wie die sie umgebenden Föhren. Sie weisenAlter
von bis zu 180Jahren auf.Die Alters-
Streuung innerhalb der Bestände I,IV
undV
ist auffallend ähnlich:für
90%der Bäume beträgt sie 20 bis 30 Jahre, was auf eine natürliche Bestandesbe- gründungschliessen lässt.
Die
FöhrenundFichten sindjeweils etwa gleich alt.v AO
A A > > A
IV > CDDâi&AAAsOD
III
155 A 0 &
\68 1 s
AÄ\A A A
II A A M AAA 7& A
ga OD ma
I A A/Â AS A A
gmD m
V V V V V
> / / /
A Waldföhre Fichte
/ /
ZeitachseZeitachseZeitachse/ /
Aöö/Wung9. Altershistogramme. Die Waldföhren und Fichtensind etwa gleich alt. Bestand III
weist sehrgrosseAltersstreuungund hoheMaximalalterauf.DieBeständeI,IVundVhabeneine ähnlicheAltersstruktur.
Der
Ansamungszeitraum dieser drei Bestände liegt zwischen 1790 und 1850 undfällt
somit genauin dieZeit
der letzten intensiven Bergbauaktivitätenim
Untersuchungsgebiet.Die
BeständeII
undIII
unterscheiden sichrecht deut- lieh von den anderen: der BestandIII
weist eine grosse Altersstreuungmit
erstaunlichenMaximalaltern
auf: Föhre 171 bis 440 Jahre, Fichte 242 bis 310 Jahre.Die
Zentralwerte liegen bei 275 Jahren (Fichte) respektive 250 Jahren (Föhre).Die Erklärung für
diese deutlich unterschiedlicheAltersstruktur
liegt im Umstand, dass dieser Bestand im Schutzwald oberhalb der Gemeinde Alvaneu liegt, welcherbereitsAnfangdes 16.Jahrhunderts unter Banngestellt wurde.Der
BestandII
ist deutlich jünger als die übrigen Untersuchungsbe- stände.Mit
einemZentralwert
von 135 Jahren sind die Fichten deutlich älterals die Föhren
(Z=
110 Jahre).Ahhi/dung 70 stellt das Durchmesserwachstum jedes einzelnen Baumes während der letzten vier Jahrzehnte dar. Es werden die durchschnittlichen JahreszuwächsewährendderZeitperioden 1952bis 1961,1962 bis 1971,1972 bis 1981 und 1982bis 1991 verglichen, indem jeweils das Wachstum der einzelnen Bäume während einer Zeitperiode
mit
jenem der vorhergehenden Periode ver- glichen wird. Es interessiert lediglich, ob der einzelne Baum eine Zuwachs- zunähme, eine Abnahme oder einen gleichbleibenden Zuwachs aufweist.Der
Vergleich der Zuwachsverhältnisse der verschiedenen Bestände in der Periode 1962 bis 1971 ist recht einheitlich.Die Mehrheit
der Bäume weist gegenüber 1952 bis 1961 verminderte Zuwachsverhältnisse auf.Nur
in Be- stand I ist keine klare Aussage möglich.Die
Periode 1972 bis 1981 zeigt ein unheitlichesBild:
die BeständeI
undV
zeigen mehr Bäumemit
gesteigerten Durchmesserverhältnissen, während in den BeständenII, III
undIV
deutlich1962-71
,(3
1972-81
0
1982-91
i ,(3 ,(3 3 3 0 0 0 0 0
i - 3 0 3 0
d 0 0 0 0
1-0 0
1-0 0
0 d
0 d 0 0 0 0
1-0 0
1-0 0
0 0 0 0
0 0 0 0
EntwicklungdesDurchmesserzuwachses:
Bäumemit Zuwachszunahme
•AöWMtircg 70. Entwicklung des Durchmes- serzuwachses von 1962bis 1991. Die Bäume aller Bestände weisen heute mehrheitlich grössere Zuwachswerte auf als in den ver- pro Fläche jeweils20Bäume (W.Föhren und Fichten) gangenenJahrzehnten.
mehrBäume kleinereZuwächse aufweisen.
In
der Periode 1982bis 1991 zeigt sich ein überaus einheitlichesBild:
in allenfünf
Beständen ist eine deutliche Zunahme von Bäumenmit
gesteigertem Zuwachs festzustellen.Die
sehr unterschiedlichen Standortsverhältnisse scheinen keinen Einfluss zu haben.Bäumemit Zuwachsabnahme
Bäumemit gleichem Zuwachs
7. Diskussion
Fünf der sieben Untersuchungsbestände gehen auf die