Es war ein Flug zum An- fang der Zeit. Unter uns lag Fjordland, wo sich, wie es schien, Erde und Wasser noch nicht geschieden haben. Mit langen, gewundenen Meeres- armen greift die Tasmansee weit ins Landesinnere. Von dort aus streben die Ausläufer riesiger Seen hin zum Ozean.
Steile Berghänge, dicht vom Regenwald überwuchert, ra- gen himmelhoch auf, Tausen- de von Wasserfällen stürzen schäumend in die Tiefe. Der Geist, der über diesen Was- sern schwebt, hat einen Na- men: Nach einer Legende der Maori, der Ureinwohner Neuseelands, meißelte Gott Tu te Raki Whanoa vor Urzei- ten den ersten Fjord in das Felsengebirge im äußersten Südwesten Neuseelands, um es für die Menschen zu öff- nen. Auch dieser Gott schuf ein Paradies, aber eines, das bis heute nicht verlorenging.
Wer Natur pur erleben will, sollte das Fjordland auf der Südinsel besuchen.
Nachdem wir von einem Rundflug über Fjordland nach Queenstown zurückge- kehrt sind, brechen wir auf nach Te Anau. Das Städtchen am Südende des Sees ist das Tor zum Fjordland, dem größ- ten Nationalpark Neusee- lands. Schenkt man den Geo- logen mehr Glauben als den Mythen der
Maori, dann waren es nicht die Götter, die die Naturland- schaft schufen, sondern die Gletscher der letzten Eiszeit.
Riesigen Ho- beln gleich, frästen sie tiefe Schluchten in Gneis und Gra- nit. Als das Eis schmolz, ent- standen im In- nenland der Lake Te Anau,
der Lake Manapouri und die anderen großen Seen. Die Täler in Küstennähe versan- ken bis zu 300 Meter tief im Meer. Von den 14 Fjorden ist nur einer, der Milford Sound, mit dem Auto erreichbar.
Die anderen Naturschönhei- ten erschließen sich am besten per Boot oder zu Fuß.
Nach einer Bootsfahrt zum Nordende des Lake Te Anau verlas- sen wir die Zi- vilisation. Am wilden Clinton River aufwärts wandern wir rund 16 Kilo- meter bis zur Pompolona
Lodge. Hart wird es beim Aufstieg über den Mackin- non Pass. Ein Abstecher führt uns zu den tosenden Suther- land Falls, mit 580 Metern der höchste Wasserfall des Fjord- lands. Die 21 Kilometer des letzten Tages bewältigen wir leichten Fußes. Jetzt geht es nur noch bergab, und am Ziel erwartet uns der Milford Sound.
„Das Land zu beiden Sei- ten steigt fast senkrecht von der See zu beträchtlicher
Höhe auf“, notierte der europäische Entdecker des Fjordlandes, Captain James Cook, 1770 in sein Logbuch.
Die „Milford Wanderer“, ein stattlicher Motorsegler, mit dem wir den Fjord erkunden, wirkt neben den steilen Fels- wänden wie eine Nußschale.
Vor uns türmt sich der Mitre Peak auf, mit fast 1 700 Me- tern der höchste direkt aus dem Meer aufsteigende Berg
der Welt. Gewaltige Kaska- den, wie die Bowen Falls oder die Stirling Falls, stürzen ins Meer. Das tiefblaue Wasser, im Hintergrund die Berg- riesen mit ihren Schneefel- dern, von denen Cook mein- te, daß sie „dort vielleicht seit den Tagen der Schöpfung ge- legen haben“. Stille und Größe dieser Landschaft strahlen Majestät aus.
Die Seelöwen lümmeln sich am Ausgang des Milford Sound zur Tasmansee auf ei- nem sonnigen Felsen. Die Fjorde sind er- giebige Fisch- gründe. Auch Angler und Sportfischer können hier ihrem Hobby frönen. Georg Forster, der deutsche Na- turforscher, der James Cook auf sei- ner zweiten Reise begleite- te, bescheinigt den Fischen ei-
nen „vortrefflichen Ge- schmack“.
Auf dem Rückweg nach Te Anau erleben wir eine ur- sprüngliche Tier- und Pflan- zenwelt. Bis zu acht Meter hohe Farne breiten ihre Blät- terdächer aus. Überall stoßen wir auf anderswo selten ge- wordene Vögel wie den Berg- papagei Kea. „Das Land er- tönte überall vom wilden Ge- sang der gefiederten Waldbe- wohner“, stell- te schon For- ster fest. Die Landschaft umschwärmte er wie ein Ge- nießer: „Zum Nachtisch er- götzte sich das Auge an der vor uns liegen- den, wildnisar- tigen Land- schaft. Sie be- stand aus Fel- sen, mit Wäl- dern bekrönt, deren Alter in die Zeiten vor der Sündfluth hinaufzurei- chen schien . . .“
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Zeppelin in Bonn
Die bisherige Bundes- hauptstadt Bonn (jetzt:
„Bundesstadt Bonn“) und der sie ringförmig umgeben- de Rhein-Sieg-Kreis tun sich zuweilen schwer, ihre Touris- mus-Werbung aufeinander abzustimmen. Eins ist aber gelungen: Das erste neue deutsche Serienluftschiff von Zeppelin wird ab 1999 im Raum Bonn stationiert und soll zu einer touristischen At- traktion werden. Von der Ba- sis Hangelar bei Bonn aus werden dann einstündige Rundflüge für jeweils 12 Passagiere angeboten (Rhei- nische Luftschiffbetriebsge- sellschaft mbH, 53115 Bonn, Tel 02 28/ 96 97 40). lvvr A-2338 (58) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 38, 18. September 1998
V A R I A REISE
Neuseeland
Im wilden Fjordland
Palmen, Fjorde, Südseestrände, Hochgebirge – ein Besuch am Milford Sound im Fjordland Neuseeland Fotos: ABC/NZ Tourism Board, Frankfurt
Der Heaphy Track im Kahurangi National Park Southland/Neuseeland