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Archiv "Die Kunst, ein Kunstwerk zu ersteigern" (05.03.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Leserdienst

Die Kunst,

ein Kunstwerk zu ersteigern

W

ill man Kunstwerke auf Versteigerungen erwerben, so sollten die Usancen dieser Bran- che unbedingt vor Ort stu- diert werden. Der Bieter hat, gleich dem Torero im Augenblick der Wahrheit, oft nur Sekunden Zeit. Er- folgreich ist im Auktions- saal nur derjenige, der sich das Gesetz des Handelns von niemandem vorschrei- ben läßt. Wer dem Tempo einer Auktion im Bietfieber verfällt, muß später den Kauf nicht selten bereuen.

Die intensive Beschäfti- gung mit dem Sammelge- biet, das Studium der ein- schlägigen Spezial-Litera- tur und Gespräche mit Kunsthändlern verschaffen dem Kenner einen schwer einholbaren Wissensvor- sprung. Beiträge in Fach- zeitschriften zeigen Ten- denzen in der Bewertung von Sammelgebieten auf.

Experten wissen, daß Auk- tionsergebnisse nur einen Teil des Käufermarktes wi- derspiegeln: Gefühlsmäßi- ge Wertvorstellungen kön- nen rationale Preisbestim- mungsgründe überspie- len. Preisbildungen auf kleinen Auktionen sind oft Imponderabilien unterwor- fen. Viele Faktoren werden vom psychologischen Ver- halten des Auktionators und der Käufer bestimmt.

Der immer aufwendiger bebilderte Teil, in dem No- belkataloge ihre Kunst- schätze präsentieren und der den 1686 in England erstmals gedruckten Vor- läufer gerade kümmerlich erscheinen läßt, darf nicht davon abhalten, die Ver- steigerungs-Bedingungen genauestens zu lesen:

• Reklamationen werden nur berücksichtigt, wenn ein Käufer, der in der Auk-

tion weder anwesend noch vertreten war, wesentliche Abweichungen gegenüber den Katalog-Angaben nachweist. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Käufer den tatsächlichen Zustand des

Auktionsgegenstandes kannte oder kennen mußte.

• Da die Gegenstände vor der Versteigerung besich- tigt und auf Zustand und Eigenschaft geprüft wer- den können, haftet die Auktionsfirma für offene oder versteckte Mängel nicht. Die nach bestem Wissen und Gewissen vor- genommenen Katalog- Beschreibungen sind bei deutschen Kunstversteige- rern keine zugesicherten Eigenschaften im Sinne des BGB. — Nach sorgfälti- gem Studium des Katalogs, der einschließlich der wich- tigen Ergebnislisten im Abonnement bezogen wer-

Bereits ersteigert (vom Badi- schen Landesmuseum Karls- ruhe): Spiegel, von Amor und Psyche gehalten (1809/11)

den kann, ist es unerläß- lich, den Kunstgegenstand in den Ausstellungsräumen einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Laien soll- ten das anvisierte Objekt von einem Fachmann prü- fen lassen.

Als Interessent sollte man sich selbst eine Preisgren- ze setzen. Die Versteige- rungs-Stücke werden im allgemeinen zum halben Schätzpreis aufgerufen, wenn nicht höhere Gebote vorliegen. Bei der Limitie- rung wird jedoch oft über- sehen, daß zum Zuschlag- preis ein „Aufgeld" von meist 15 Prozent (ähnlich bei ausländischen Verstei-

gerungs-Unternehmen) und auf beides die Mehr- wertsteuer von sieben Pro- zent erhoben wird.

Dieser ermäßigte Steuer- satz gilt für Gemälde und Zeichnungen, die „voll- ständig mit der Hand ge- schaffen sind", Original- graphiken und Skulpturen sowie Sammlungsstücke von geschichtlichem, ar- chäologischem, paläonto- logischem oder völker- kundlichem Wert. Begriffe, die oft zu Definitions- Schwierigkeiten Anlaß ge- ben. Über 100 Jahre alte Antiquitäten sind nicht in jedem Fall auch Samm- lungsstücke im Sinne des Steuerrechts. Der Auk- tionshandel hilft hier dem Unkundigen und kenn- zeichnet im Katalog die Gegenstände, die vom vol- len Satz der 14-Prozent- Steuer getroffen werden.

Hat man das begehrte Ob- jekt ersteigert, so sind also

insgesamt 22 oder 29 Pro- zent mehr als der Zu- schlagspreis zu bezahlen.

Leider wird diese Tatsache in Meldungen über erzielte Ergebnisse meist ver- schwiegen.

Die Sprache des Kunsthan- dels ist nur dem Einge- weihten verständlich. So bezeichnet „ä fleur de coins" einen Gegenstand von außergewöhnlicher Qualität, „atelier de" das Kunstwerk einer Schule oder eines Stils, was kei- nerlei Bürgschaft ein- schließt.

Beachtenswerte Fein- heiten auch in Katalogen von Sotheby's:

• Nur wenn Vor- und Zu- name des Künstlers ge- nannt sind, ist das Bild zweifelsfrei von ihm selbst gemalt worden.

• Werden lediglich die In- itialen des Vor- und Zuna- mens angegeben, so ge- hört nach Meinung des Hauses das Werk nur einer Periode des Künstlers an und kann möglicherweise nur in seiner Werkstatt ent- standen sein, in der viele Gehilfen mitwirkten.

• Noch ungewisser wird alles, wenn sich im Katalog lediglich der Zuname des Künstlers findet. Es han- delt sich dann nur um ein Werk aus der Schule des Meisters oder wurde in sei- nem Stil mit oft ungewis- sem Datum geschaffen.

Um jeder Zuschreibung ge- wissenhaft nachzugehen, fehlt leider oft ausreichen- de Zeit. Selbst Versteige- rungen mit wissenschaft- lich bearbeiteten Katalo- gen

bieten immer wieder

Chancen für Entdeckun- gen.

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 10 vom 5. März 1986 (81) 641

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ein Kunstwerk ersteigern

Vorsicht mit Expertisen.

Der ironische Satz „Ein Stück, das eine Expertise hat, braucht sie" ist viel- fach zutreffend. Auch meh- rere Expertisen sind kein unbedingter Echtheitsbe- weis. Deshalb empfiehlt es sich, die Expertise nicht mit dem Kunstwerk zusam- men zu kaufen, sondern ei- nen vertrauenswürdigen Experten mit ihrer Ausstel- lung zu beauftragen.

Hochwertige Objekte soll- te man möglichst nur in an- erkannten Firmen erstei- gern, die zum Beispiel im Bundesverband Deutscher Kunstversteigerer zusam- mengeschlossen sind.

Denn Auktionen darf jeder veranstalten, der eine ent- sprechende Gewerbeer- laubnis hat.

Wegen des Gedränges in den Auktionslokalen emp- fiehlt sich eine rechtzeitige Platzbestellung. Meist er- hält man dann eine Biet- Nummer, die im turbulen- ten Geschehen hochgehal- ten wird, um dem Auktio- nator das Mitsteigern deut- lich zu signalisieren. Nur alte Kunden sollten sich auf ein verbindliches Bie- ten per Kopfnicken oder dem rhythmischen Ver- schieben der Brille einlas- sen. Besser ist es, wenn man sich der konservati- ven Art des gestreckten Armsignals bedient. Aber nicht vergessen, den Arm wieder herunterzuneh- men, falls die Gebotsskala das selbst gesetzte Limit überschreitet. Sonst kann es teuer werden.

Die Veranstaltung nimmt deutlich den Charakter ei- ner Theatervorstellung an, wenn am Auktionstisch das Telefon klingelt und Gebo- te per Draht die Beträge in die Höhe schnellen lassen.

Diese Praxis wird von den meisten Auktionatoren ak- zeptiert, obwohl sie durch den Verbotskatalog der Gewerbeordnung als un- gesetzlich ausgewiesen ist.

Die geistlichen Hirtenlieder des Angelus Silesius, Breslau 1657 (aus einem Auktions-Ka- talog von Hartung und Karl)

Verwirrend für das Saal- Publikum sind auch die schriftlichen Gebote von Kunden, die aus diversen Gründen nicht persönlich auftreten wollen. Vom Auk- tionator verwaltet, können diese Aufträge Ergebnisse hochschaukeln.

Vom Geschick des Mannes am Pult hängt viel Geld ab.

Er kann zum Beispiel, nachdem sich die Bieter auf einen bestimmten Rhythmus des Zuschlags eingestellt haben, plötzlich schneller sprechen und ei- nem von ihm bevorzugten Kunden den Zuschlag ge- ben. Es hängt von seiner Fähigkeit ab, Bietmüdig- keit im Saal zu vertreiben, indem er Katalognummern verbindet, trennt oder auch nach einer anderen als der im Katalog vorgesehenen Reihenfolge anbietet. Ob- jekte, die vielleicht Sensa- tionspreise erzielen kön- nen, werden geschickt vor- gezogen und heizen das eingeschlafene Bietgefecht wieder kräftig an.

Von hinten kann man die Reaktionen der Mitstreiter im Saal am besten überse- hen und entsprechend handeln. Vielleicht sind Käuferringe oder „Kip- pen", die sich per Zeichen über das Weiterbieten ver-

ständigen, zu entdecken.

Gelegentlich kommt es vor, daß Händler bei Auk- tionen einen „Ring" bilden und sich verabreden, nicht höher zu reizen, wenn ei- ner von ihnen auf einen Gegenstand geboten hat.

Nach Schluß der Verstei- gerung veranstalten sie unter sich eine neue Auk- tion, wobei entstehende Gewinne zwischen den Mitgliedern des „Ringes"

geteilt werden. Routinierte Auktionsbesucher achten auf die Feinheiten:

• Zu niedrig angesetzte Schätzpreise signalisieren oft Zweifel an der Zu- schreibung des Werkes;

• die Veröffentlichung ei- nes Kunstobjektes in der Fachliteratur treibt die Preise hoch;

• weniger wertvolle Kol- lektionen von „Muckis", wie der Handel solche Bil- der nennt, wandern erst formell in alten Adelsbe- sitz, um dann aus „er- lauchter Sammlung" auf Versteigerungen zu er- scheinen;

• es kommt immer wieder vor, daß Sammler Teile ih- rer angehäuften Schätze in Auktionen geben, um sie dann zu stolzen Zuschlags- preisen erneut zu erstei- gern. Das Aufgeld wird hierbei gern gezahlt, denn durch Presseveröffentli- chungen über den „Sensa- tionspreis" ergeben sich gute Voraussetzungen für spätere Veräußerungen mit echtem Gewinn;

• Rückkäufe des Auk- tionsgutes sind keine Sel- tenheit. Weil die Preise weit hinter seinen Erwar- tungen zurückblieben, kaufte der New Yorker Taxi-Unternehmer und Sammler Robert C. Skull 1965 auf der Auktion des Hauses Parke-Bernet zahl- reiche der von ihm ange- botenen Bilder zurück, die als Test für die Marktbe- wertung von Bildern des

Abstrakten Expressionis- mus dienen sollten;

• wer sich brennend für ein Objekt interessiert, sollte sich dies mit kühlem Kopf bei der Vorbesichti- gung oder Auktion nicht anmerken lassen, um bis- her „Desinteressierte"

nicht zum Mitbieten anzu- feuern;

• erfahrene Bieter war- ten, wenn mehrere nume- rierte Exemplare eines ver- gleichbaren Objekts ange- boten werden. Das letzte Angebot ist oft zu einem günstigeren Preis zu ha- ben.

Wer in ausländischen Auk- tionszentren sein Glück versuchen will, sollte mit den Besonderheiten des dortigen Versteigerungs- ablaufs vertraut sein und die Landessprache beherr- schen. Sonst ist es besser, seinen schriftlichen Kauf- antrag zu stellen.

Es ist zu beachten, daß die Transportkosten für im Ausland ersteigerte Objek- te oft erheblich zu Buche schlagen, besonders wenn es sich um größere fragile Stücke handelt. Sie sollten unbedingt einem Spedi- teur übergeben werden, der auf Kunsttransporte spezialisiert ist. Dazu kom- men die Zollformalitäten und -kosten, die aber meist mit Hilfe der großen Auk- tionshäuser und erfahre- nen Spediteuren mit wenig Zeitaufwand für den Käu- fer gemeistert werden.

Doch die kleinen Mühen können sich durchaus loh- nen, denn die Kunstökono- mie zeigt, daß gleiche Ob- jekte zum selben Zeitpunkt nicht überall denselben Preis erzielen. So wird der Kenner bald wissen, wo im Ausland für sein Sammel- gebiet günstig Stücke zu haben sind. Rolf Combach

• In einem der nächsten Hefte: Die Kunst, ein Kunst- werk wieder loszuwerden.

642 (82) Heft 10 vom 5. März 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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