M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 21½½½½24. Mai 2002 AA1445
Das Risiko von Frauen mit einer Muta- tion der Gene BRCA1 oder BRCA2 an Brustkrebs zu erkranken, liegt zwi- schen 55 und 85 Prozent, ihr Risiko für ein Ovarialkarzinom zwischen 15 und 65 Prozent bis zum Alter von 70 Jah- ren.
Eine prospektive Studie aus den Niederlanden zeigte nun, dass eine pro- phylaktische Mastektomie die Wahr- scheinlichkeit, dass sich in den folgen- den drei Jahren ein Mammakarzinom entwickelt, praktisch auf null senkt. In die Studie einbezogen wurden insge- samt 139 Frauen ohne Mammakarzi- nom in der Vorgeschichte, die in der Zeit von Januar 1992 bis März 2001 we- gen Mutationen von BRCA1 oder BR- CA2 an einem Brustkrebsüberwa- chungsprogramm der Family Cancer Clinic in Rotterdam teilgenommen ha- ben. 76 von ihnen entschieden sich für eine prophylaktische Mastektomie (in allen Fällen wurde eine bilaterale ein- fache totale Mastektomie mit Entfer- nung der Brustwarze durchgeführt, bei 74 der Patientinnen in der gleichen Sit- zung eine Rekonstruktion durch Ein- lage von Silikonimplantaten), die rest- lichen 63 entschieden sich für regel- mäßige Überwachung (dazu gehörte eine monatliche Selbstuntersuchung, eine klinische Untersuchung alle sechs Monate, eine jährliche Mammographie sowie Ultraschallkontrollen mit Fein- nadelpunktion, wenn indiziert – von 1995 an wurden den Frauen auch MRT-Scans angeboten).
Während eines durchschnittlichen Follow-up von mindestens drei Jahren wurde nach den prophylaktischen Ein- griffen bei keiner der 76 Frauen ein Mammakarzinom diagnostiziert, dage- gen erkrankten acht Frauen aus der Gruppe mit regelmäßigen Kontrollun- tersuchungen an Brustkrebs. Die jährli- che Inzidenz lag in dieser Gruppe bei 2,5 Prozent. Vier der acht Mammakar- zinome wurden als Intervallkarzinome zwischen den Screeninguntersuchun- gen von den Frauen selbst entdeckt.
Obwohl dieses Ergebnis aufgrund der
relativ kurzen Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich drei Jahren mit Vorsicht betrachtet werden sollte und weitere, längerfristige Untersuchungen notwendig sind, weisen die Zahlen dar- auf hin, dass prophylaktische Mastek- tomien das Brustkrebsrisiko bei gene- tischer Vorbelastung deutlich senken.
In Anbetracht der hohen Zahl an In-
tervallkarzinomen kommen die Auto- ren zu dem Schluss, dass hochauf- lösende bildgebende Verfahren und kürzere Abstände zwischen Screening- untersuchungen Frauen mit Mutatio- nen von BRCA1 oder BRCA2 nützen
können. silk
Meijers-Heiboer H et al.: Breast cancer after prophylactic bilateral mastectomy in women with a BRCA1 oder BRCA2 mutation. N Engl J Med 2001; 345: 159–164.
Dr. Klijn at the Rotterdam Family Cancer Clinic, Department of Medical Oncology, Dr. Daniel den Hoed Kliniek, Erasmus University Medical Center Rotterdam, Groene Hilledijk 301, 3075 EA Rotterdam, the Netherlands oder bos@onch.azr.nl
Positive chronotrope und inotrope Ef- fekte, die mit einer partiellen Wiederher- stellung der sympathischen Innervation des transplantierten Herzens einherge- hen, führen zu einer deutlich verbesser- ten kardialen Funktion und körperlichen Belastbarkeit des Transplantatempfän- gers.
Ein Münchner Forscherteam konnte in einer früheren Studie nachweisen, dass im Laufe der Zeit immer größere Myo- kardareale sympathisch reinnerviert werden – ein Prozess, der bis zu 15 Jahre nach der Transplantation noch nicht en- det. Ermöglicht die verbesserte adrener- ge Innervation aber auch eine normale körperliche Leistungsfähigkeit?
Zur Klärung quantifizierten die For- scher nichtinvasiv bei 29 Empfängern von Herztransplantationen das Ausmaß der myokardialen Reinnervation (PET mit dem Katecholamin-Analogon [11C]- Hydroxyephedrin) und maßen dann die globale und regionale Ventrikelfunktion in Ruhe und während eines standardi- sierten Belastungstests. Die Ergebnisse wurden mit den Werten von zehn gesun- den Kontrollpersonen verglichen.
Die sympathische Reinnervation war hauptsächlich in der anteroseptalen Wand erfolgt, und zwar bei den 16 der 29 Patienten, die Herzen von jüngeren Transplantatspendern erhalten hatten und bei denen die Transplantation schon
länger zurücklag. Im Ruhezustand fan- den sich keine hämodynamischen Unter- schiede zwischen diesen Patienten und den Patienten mit bestehender Denerva- tion.
Unter Belastung zeigte jedoch die Gruppe mit Reinnervation eine höhere Spitzenherzfrequenz (143 Ⳳ15 Schläge pro Minute gegenüber 121 Ⳳ 13 pro Minute), eine längere Belastungsdauer (8,2 Ⳳ1,2 gegenüber 6,1 Ⳳ1,5 Minuten) und eine signifikant verbesserte Ventri- kelkontraktion – diese entsprach sogar den Werten der gesunden Kontrollgrup- pe. Die multivariate Analyse der Daten identifizierte die Reinnervation als einzi- ge unabhängige Determinante für diese verbesserte Leistung.
Dies sind gute Aussichten für Empfän- ger von Herztransplantationen, so die Autoren, doch limitieren leider auch an- dere Faktoren wie der immunologische Verlauf nach der Transplantation oder eventuell schon vorbestehende Skelett- muskeldeformitäten bei bestimmten Herzfehlern die Myokardkontraktilität und damit die körperliche Belastbarkeit des einzelnen Betroffenen. goa Bengel F M et al.: Effect of sympathetic reinervation on car- diac performance after heart transplantation. N Engl J Med 2001; 345: 731–738.
Frank M. Bengel, Nuklearmedizinische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität, München.
Sympathische Reinnervation:
Gute Aussichten für Herztransplantat-Empfänger
Referiert
Brustkrebs und prophylaktische Mastektomie bei Frauen mit Mutationen von BRCA1 oder BRCA2
Referiert