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Archiv "Die neue Preisvergleichsliste - ihr Konzept und ihre Bedeutung" (11.02.1987)

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Horst Dieter Schirmer

Die neue Preisvergleichsliste ihr Konzept

und ihre Bedeutung

Vor kurzem ist die neue Preisvergleichsliste als Bestand- teil der Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen an die Kassenärzte verteilt worden. Die neue „Zusammenstellung von Arzneimitteln nach Preisen und Verordnungsmengen gemäß Nr. 24 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Kran- kenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der kassenärztlichen Versorgung in der Fassung vom 2.

Juli 1985" beruht auf einer gesetzlichen Ermächtigung im Kassenarztrecht der Reichsversicherungsordnung (§ 368 p Abs. 1 Sätze 1 und 2 RVO). Mit der Neugestaltung entsprach der Bundesausschuß der Ärzte und Kranken- kassen einem entsprechenden Beschluß der Konzertier- ten Aktion im Gesundheitswesen und einer Initiative des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

1. Neun Indikationsgebie- te — Preisvergleich für 40 Prozent des Arzneimittel- marktes der gesetzlichen Krankenversicherung

Die neue Preisvergleichsliste er- streckt sich zunächst auf neun Indi- kationsgebiete, die in der gesetzli- chen Krankenversicherung — gemes- sen am Aufwand — besondere Be- deutung haben und die zusammen einen Anteil von etwa 40 Prozent der für Arzneimittel aufgewandten Gesamtausgaben ausmachen. Es handelt sich um folgende Indika- tionsgebiete:

—Analgetika

— Antidiabetika

—Antihypertonika

— Antirheumatika

— Kardiaka

— Koronarmittel

— Arzneimittel gegen Hirnlei- stungsstörungen im Alter

— Arzneimittel zur Behandlung von Schlafstörungen

—Tranquillanzien

Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen hat beschlossen, die Preisvergleichsliste weiterzuent- wickeln und auf weitere für die kas- senärztliche Versorgung bedeutsa- me Arzneimittelgruppen zu erstrek- ken.

2.

Warum eine besondere Zusammenstellung

L

von Arzneimitteln für den Kassenarzt?

Eine Schlüsselnorm der kassen- ärztlichen Verordnungsweise ist die Wirtschaftlichkeit. Wirtschaftlich-

keit bedeutet, in der gegebenen the- rapeutischen Situation — sofern überhaupt eine Arzneimittelverord- nung notwendig ist — unter Einschät- zung von therapeutischem Nutzen und Preis im Rahmen der zur Aus- wahl stehenden Arzneimittel eine kostengünstige Verordnung zu be- wirken. Der Kassenarzt trägt die Verantwortung für die Wirtschaft- lichkeit. Er kann diese Aufgabe aber nur wahrnehmen, wenn er über ge- eignete Informationen, über eine spezifische Marktübersicht auf dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit verfügt. Dazu gehören im wesent- lichen Informationen über

• den therapeutisch-pharma- kologischen Nutzen von Arzneimit- teln (therapeutischer Stellenwert, Therapiekonzept, Wirksamkeitsein- schätzung),

• die pharmazeutische Qualität (z. B. Bioverfügbarkeit),

• den Preis, und zwar jeweils im Vergleich zu den Arzneimitteln desselben Indikationsgebietes.

Die Ausschöpfung solcher In- formationen mit dem Ziel der ko- stengünstigen Verordnung ist auch durch die Situation auf dem Arznei- mittelmarkt und die Notwendigkeit der Ausgabenzügelung in der gesetz- lichen Krankenversicherung be- dingt. Die gesetzliche Krankenversi- cherung wendet für die Arzneimit- telversorgung ihrer Versicherten rund 16,6 Milliarden DM auf (1985).

Dies sind rund 15 Prozent der Ge- samtleistungsausgaben. Zu diesen relativ hohen Ausgaben tragen ver- schiedene Ursachen bei, die teilwei- se akzeptabel, aber teilweise auch als zweifelhaft einzustufen sind:

Es gibt leistungs- und morbidi- tätsbedingte Faktoren (pharmakolo- gisch-therapeutischer Fortschritt, notwendig relativ höherer Arznei- mittelverbrauch älterer Menschen), aber auch ein relativ hohes Preisni- veau und eine für Wirtschaftlichkeit nur begrenzt taugliche Marktkon- stellation. So hat auch das Bundes- kartellamt in seinen Jahresberichten mehrfach auf den mangelnden Preis- wettbewerb auf dem Arzneimittel- markt hingewiesen und hervorgeho- ben, „daß der Arzt zu einer rationa- len Abwägung von Preisen und Qua- litäten konkurrierender Produkte

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schon deshalb nicht in der Lage ist, weil er nicht über die hierfür erfor- derliche Marktübersicht verfügt."

Es ist geradezu ein Kennzeichen des deutschen Arzneimittelmarktes, daß ein vielfältiges Arzneimittelan- gebot zur Verfügung steht. Dement- sprechend gibt es in den meisten In- dikationsgebieten auch ins Gewicht fallende Preisunterschiede zwischen den einzelnen Arzneimitteln, insbe- sondere dort, wo mit dem Original- präparat mehrere Nachahmerpro- dukte auf dem Markt sind.

Es liegt auf der Hand, daß die Ausschöpfung der preislichen Mög- lichkeiten dieses Arzneimittelange- bots ein erhebliches Einsparpoten- tial zugunsten der Sicherung der fi- nanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung darstellt. Die überwiegende Meinung geht auch dahin, daß die Ausschöpfung eines solchen Einsparpotentials ohne Schädigung des Niveaus und des Nutzens der medikamentösen The- rapie erfolgen kann.

Diesen Spielraum auszunutzen, ist ein rechtliches Gebot der für die Versorgung Verantwortlichen in der gesetzlichen Krankenversicherung, insbesondere der Kassenärzte.

Gleichermaßen ist es auch ein politi- sches Ziel. Dies haben auch die in der Konzertierten Aktion im Ge- sundheitswesen Beteiligten ebenso wie der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung mehrfach deut- lich gemacht. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat sich diese Zielsetzung durch eine nachhaltige und wirkungsvolle Unterstützung des neuen Preislistenkonzepts eben- falls zu eigen gemacht.

3. Warum eine neue Preisvergleichsliste?

Seit jeher enthalten die Arznei- mittel-Richtlinien des Bundesaus- schusses der Ärzte und Krankenkas- sen Hinweise zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei der Arzneimittelverordnung. Die Ver- pflichtung des Kassenarztes, den Preis der Arzneimittel in seine Ver- ordnungsentscheidung einzubezie-

hen und sich nach Möglichkeit dar- über zu informieren, war in diesen Bestimmungen stets enthalten.

Zur Erleichterung dieser Aufga- be wurde erstmalig im Jahre 1977 ei- ne Preisvergleichsliste erstellt. Sie enthielt allerdings nur Monopräpa- rate und war nach Wirkstoffen ge- ordnet. Diese Listenkonzeption ist zunehmend auf Kritik gestoßen. Sie wurde auch von den Kassenärzten nicht hinreichend angenommen. Als herausragender Mangel wurde ange- sehen, daß Kombinationspräparate, die in der Bundesrepublik Deutsch- land einen wesentlichen Anteil bei der Arzneimittelverordnung ausma- hen, in den Preisvergleich nicht ein- bezogen waren. Ebenso ist es als Mangel empfunden worden, daß für den Kassenarzt therapeutische Hin-

4. Die Preisvergleichs--1 liste als ein gesetzliches spezifisches Informations- instrument für den

Kassenarzt

Die Preisvergleichsliste beruht auf einem gesetzlichen Auftrag an den Bundesausschuß. Sie steht da- mit neben einer weiteren gesetzlich verankerten Liste für den Arznei- mittelmarkt, nämlich der sogenann- ten Transparenzliste der Transpa- renzkommission beim Bundesge- sundheitsamt. Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Arznei- mittelgesetzes vom 16. August 1986 sind die Transparenzkommission und ihre Aufgabe gesetzlich veran- kert worden.

Die Transparenzkommission war zwar bereits 1975 durch Kabi- nettsbeschluß errichtet worden, in einem Urteil des Bundesverwal- tungsgerichts aus dem Jahre 1986 war jedoch diese Rechtsgrundlage ihrer Tätigkeit als nicht ausreichend angesehen worden.

Nach § 39 b des Arzneimittelge- setzes erstellt die Transparenzkom- mission „Übersichten (Transparenz- listen), die Arzneimittel nach Stof- fen und Stoffgruppen geordnet aufli- sten und Aussagen zu ihren Wirkun- gen treffen". Nach dem Gesetz ist

weise fehlen, die den Stellenwert des Wirkstoffs im Vergleich von Thera- piekonzepten und auf der Grundla- ge der Wirtschaftlichkeit deutlich machen. Dazu gehören auch Hin- weise zur Einschätzung des thera- peutischen Nutzens von Arzneimit- teln.

Diesen Aufgaben will die nun- mehr neugestaltete Preisvergleichsli- ste entsprechen. Ihre neuen Grund- charakteristika sind:

—Gliederung nach Indikations- gebieten (anstatt nach Wirkstoffen)

—Aufnahme auch der Kombi- nationspräparate

—therapierelevante Charakteri- stika der einzelnen Stoffgruppen und Einteilung der Arzneimittel in drei Gruppen auf dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit.

auch eine nähere Zusammenarbeit zwischen Transparenzkommission und Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen vorgesehen, die durch eine Rechtsverordnung gere- gelt werden kann, wenn diese bei- den Gremien nicht selbst ein ausrei- chendes Zusammenarbeitsverfahren gestalten.

Das „Nebeneinander" beider Listen ist gewollt und auch berech- tigt.

Denn anders als der Transpa- renzliste geht es der Preisvergleichs- liste des Bundesausschusses um eine spezifische und gezielte Information zur Orientierung des Kassenarztes über die wirtschaftliche Arz- neitherapie im Rahmen der kassen- ärztlichen Versorgung. Die Ergeb- nisse der Einschätzungen der Trans- parenzkommission werden in den Vorspanntexten der Preisvergleichs- liste berücksichtigt, wie den für die Aufstellung der Preisvergleichsliste bestimmten Grundsätzen ausdrück- lich zu entnehmen ist.

5. Was ist für die neue Preisvergleichsliste im einzelnen kennzeichnend?

Die neue Preisvergleichsliste verfolgt einem gesetzlichen Auftrag entsprechend zwei Ziele:

(3)

—Der Kassenarzt soll sich über eine kostengünstige Verordnung in- formieren können;

—er soll Hinweise für eine the- rapiegerechte und wirtschaftliche Arzneimittelverordnung erhalten.

Zu diesem Zweck ist die Arznei- mittelliste wie folgt gestaltet:

—Wie schon erwähnt, wird die neue Preisvergleichsliste nach Indi- kationsgebieten gegliedert.

—Innerhalb des Indikationsge- bietes erfolgt eine alphabetische Un- tergliederung nach den dort maß- geblichen Stoffgruppen.

—Die Stoffgruppen fassen Stof- fe vergleichbarer Wirkungen zusam- men. Die Präparate innerhalb einer Stoffgruppe werden ihrem Wirkstoff nach geordnet. Innerhalb einer sol- chen Wirkstoffgruppe werden die einzelnen Präparate alphabetisch aufgeführt. Sowohl den Indikations- als auch den Stoffgruppenabschnit- ten werden therapierelevante Cha- rakteristika in Textform vorange- stellt (Vorspanntexte). Diese Vor- spanntexte sind auf Vorschlag der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft unter Berück- sichtigung der Veröffentlichungen der Transparenzkommission und der medizinisch-wissenschaftlichen Fachliteratur erstellt worden. Die darin enthaltenen Hinweise sollen dem Arzt die Auswahl des Arznei- mittels unter therapeutisch-pharma- kologischen sowie wirtschaftlichen Gesichtspunkten erleichtern.

—Der Preisvergleich unter den Arzneimitteln erfolgt anhand von Behandlungskosten, die aufgrund einer rechnerischen mittleren Tages- dosis oder einer rechnerischen mitt- leren Einzeldosis errechnet worden sind. Diese Berechnungen basieren auf Erkenntnissen und Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und Praxis unter Berücksichtigung von Dosierungsangaben der Hersteller.

Zugrundegelegt werden dabei stan- dardisierte Packungen und Dosisan- gaben für Erwachsene.

Da es sich um eine Typisierung handelt, die notwendig ist, um über- haupt einen Preisvergleich zu er- möglichen, konnten Unterschiede in der Bioverfügbarkeit oder Qualität nicht berücksichtigt werden — zumal allgemein akzeptierte und verbind-

liche Qualitätsnormen nicht beste- hen und gesicherte Angaben zur Bioverfügbarkeit häufig nicht vor- handen sind —; ebensowenig konnte zwischen unterschiedlicher Dosie- rung (z. B. "mite", „forte") oder unterschiedlicher Galenik (z. B.

„retard") differenziert werden, weil auch hier verbindliche Kriterien für solche Bezeichnungen nicht vorlie- gen.

— Das hervorstechende neue Merkmal der Preisvergleichsliste ist die Einteilung der Arzneimittel in drei Gruppen:

A. Mittel, die allgemein zur Be- handlung im entsprechenden Indika- tionsgebiet geeignet sind.

B. Mittel, die in besonderen Fällen zur Behandlung im entspre- chenden Indikationsgebiet geeignet sind.

C. Mittel, bei deren Verord- nung besondere Aufmerksamkeit geboten ist.

Was bedeutet die Gruppenein- teilung?

■ Die Gruppeneinteilung ist vielfachen Mißverständnissen ausge- setzt gewesen. Es gilt hervorzuhe- ben, daß es sich ausschließlich um eine Systematisierung der Arznei- mittel innerhalb des Indikationsge- bietes zur besseren Information des Kassenarztes über die Möglich- keiten wirtschaftlicher Verord- nungsweise handelt. Schon nach den Arzneimittel-Richtlinien ist der Kas- senarzt verpflichtet, bei der Ein- schätzung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung den therapeutischen Stellenwert des Arzneimittels zu be- rücksichtigen, insbesondere Zweifel am therapeutischen Nutzen in seine Überlegungen einzubeziehen. Ge- genüber den bisher abstrakten Auf- forderungen in den Arzneimittel- Richtlinien liegt der Fortschritt des neuen Listenkonzepts gerade darin, daß es für die einzelnen Arznei- mittel und Stoffgruppen konkrete Hinweise dazu gibt.

■ Die Zuordnung der Arznei- mittel zu den einzelnen Gliederungs- gruppen erfolgt nach in den

„Grundsätzen" der Preisvergleichs- liste näher beschriebenen Kriterien.

Diese Kriterien machen deutlich, daß es sich — im Verhältnis der Gruppen B und C zur Gruppe A —

um medizinisch-pharmakologisch und wirtschaftlich begründete Ein- schränkungen der allgemeinen Eig- nung der Arzneimittel zur Anwen- dung innerhalb des Indikationsge- bietes handelt.

In die Gruppe B werden Arznei- mittel aufgenommen, die nicht oder nicht ohne Bedenken im gesamten Therapiebereich der Indikations- gruppe eingesetzt werden sollten (wegen der Dosierung der jeweili- gen Wirkbestandteile, ihrer beson- derer Nebenwirkungsrisiken oder ihrer Darreichungsform), die nur bei einem Teil der Patienten die erwar- tete therapeutische Wirkung zeigen oder die neu zugelassen sind, wenn über ihre Wirkweise oder die Gefahr auftretender unerwünschter Wir- kungen noch keine hinreichenden Erfahrungen vorliegen.

In die Gruppe

C

werden vor al- lem Kombinationspräparate aufge- nommen, bei denen weder durch die einzelnen Komponenten noch mit deren Synergismus eine Steigerung des therapeutischen Nutzens oder eine Verminderung von uner- wünschten Wirkungen verbunden ist, die unnötige Bestandteile enthal- ten, bei denen die Wirkungen und Nebenwirkungen wegen mehr als drei Bestandteilen nicht mehr hin- reichend abschätzbar sind oder de- ren Anwendungsgebiete eine indivi- duelle Dosierung der Einzelkompo- nenten erfordern. Wenn der Wirk- stoff in seinem therapeutischen Nut- zen nicht ausreichend gesichert ist oder die Schwere der unerwünsch- ten Wirkungen eine besondere Nutzen-Risiko-Abwägung erfordert, werden auch Monopräparate in die- se Gruppe aufgenommen.

6. Welche Bedeutung und Verbindlichkeit hat die neue Preisvergleichsliste für den Kassenarzt?

Der Kassenarzt hat die Preisver- gleichsliste zu beachten. Dies ist zu- nächst Folge seiner schon seit jeher bestehenden Verpflichtung, wie sie in den Arzneimittel-Richtlinien (Nr.

24) niedergelegt ist, sich über die

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Preise der Arzneimittel zu informie- ren. Als eine Kombination von Be- ratungs- und Informationsinstru- ment zur Verbesserung der Wirt- schaftlichkeit sind aber auch die über den reinen Preisvergleich hin- aus dem Kassenarzt in der Preisver- gleichsliste gegebenen therapeu- tisch-pharmakologischen und Wirt- schaftlichkeitsinformationen zu be- achten.

Diese Feststellungen betreffen die grundsätzliche Bedeutung der Preisvergleichsliste. Es kommt da- her im einzelnen auf den Stellenwert der Information an, die in der Preis- vergleichsliste enthalten ist, um den Spielraum zu verdeutlichen, der dem Kassenarzt nach wie vor zur Si- cherung seiner Therapiefreiheit ver- bleibt. Dazu sind folgende drei Ge- sichtspunkte von Bedeutung:

—Es gilt nach wie vor der in den Arzneimittel-Richtlinien niederge- legte Grundsatz, daß vor dem Preis eines Arzneimittels vorrangig der therapeutische Nutzen ist unter Be- rücksichtigung der Qualität, der Un- bedenklichkeit und gegebenenfalls der Bioverfügbarkeit des Arzneimit- tels.

—Die Handhabung des Preis- vergleichs über das typisierende Kri- terium der rechnerischen mittleren Tagesdosis oder rechnerischen mitt- leren Einzeldosis bedeutet keine Verordnungsstandardisierung. Es ist ausdrücklich hervorzuheben — wie es auch in den Vorbemerkungen der Preisvergleichsliste zum Ausdruck gebracht ist —, daß der Preisvergleich die individuelle Auswahl und Dosie- rung von Arzneimitteln durch den verordnenden Arzt nach Maßgabe von Preis und therapeutischer Wirk- samkeit, pharmazeutischer Qualität sowie — wo relevant — unterschied- licher Bioverfügbarkeit nicht erset- zen kann. Der Arzt soll im Rahmen seiner eigenen Beobachtungen des ihm zugänglichen Wissens zu einem eigenen Qualitätsurteil kommen. Er ist insoweit auch frei in der Auswahl der in dieser Liste zusammengestell- ten Arzneimittel.

—Die Gruppeneinteilung der Arzneimittel bedeutet — ebenso wie die erläuternden Hinweise zu den Stoffgruppen — eine Information über den therapeutisch-pharmakolo-

gischen und wirtschaftlichen Stellen- wert der darin enthaltenen Arznei- mittel. Alle Arzneimittel innerhalb der Gruppen sind grundsätzlich ver- ordnungsfähig. Dies gilt im übrigen auch für die nicht in die Preisver- gleichsliste aufgenommenen homöo- pathischen Arzneimittel, Phy- totherapeutika sowie Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, deren Verordnungsfähigkeit sich nach wie vor nach dem Wirtschaft- lichkeitsgebot richtet.

Aus alledem folgt für den Kas- senarzt, daß die neue Arzneimittelli- ste als eine Kombination aus Hin- weisen zur Sicherung der Wirtschaft- lichkeit der Arzneimittelverordnung sowie aus Preisinformationen weder eine „Positivliste" noch eine „Ne- gativliste" ist, noch ist der Arzt ver- pflichtet, nur die billigsten Präparate zu verordnen. Sie ist also auch keine

„Billigliste". Die Preisvergleichsli- ste schränkt die Therapiefreiheit des Arztes nicht ein, sondern bietet ihm im Vollzug des Wirtschaftlichkeits- gebots, das der Kassenarzt zu beach- ten hat, die entsprechende Informa- tionsgrundlage für eine kostengün- stige Verordnungsweise. Gerade im Hinblick auf vielfältige Einwände, die insbesondere von seiten der pharmazeutischen Industrie vorge- bracht worden sind, und die darauf hinauslaufen, der neuen Listenkon- zeption eine Einengung der ärzt- lichen Therapiefreiheit, eine Ein- schränkung der Arzneimittelaus- wahl („Positivliste"), eine Ein- schränkung der Verordnungsfähig- keit ( „Negativliste " ) vorzuwerfen, sie als Grundlage für die Inan- spruchnahme von Regressen zu qua- lifizieren und ihr eine politisch moti- vierte „Marktbereinigung” zu La- sten mittelständischer pharmazeuti- scher Unternehmen durch Bevorzu- gung von Generika-Verordnungen als preisgünstiger Alternativen zu unterstellen, soll folgendes deutlich gemacht werden:

Rechtliche Funktion ebenso wie ausgestalteter Inhalt des neuen Li- stenkonzepts lassen dem Kassenarzt den gebotenen Freiraum für die Verordnung von Arzneimitteln. Sie tragen voll den Kriterien des Wirt- schaftlichkeitsgebotes Rechnung, das nicht eine preisverbindliche,

sondern eine therapieäquivalente und preisorientierte Verordnungs- weise zugleich, also mit gleichlau- fender Berücksichtigung der maß- geblichen Gesichtspunkte von Wirk- samkeit, Qualität, Bioverfügbarkeit und Preis, verlangt. Die grundsätz- liche Verordnungsfähigkeit der in der Preisvergleichsliste aufgenom- menen Arzneimittel bleibt trotz der Gruppeneinteilung unberührt. Dies gilt auch für die nicht in die Liste aufgenommenen Phytotherapeutika und Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen.

Daraus folgen auch Grenzen für die Anwendung der Preisvergleichs- liste. Es handelt sich nicht um eine

„Billigliste" in dem Sinne, daß die jeweils als preisgünstigst nachgewie- senen Präparate die für die Therapie anzuwendenden wären. Der Thera- piefreiraum des Kassenarztes auch auf dem Hintergrund der ihm über- lassenen Bewertung der qualitativen Erfordernisse des Arzneimittels bleibt gewahrt. Die Verbindlichkeit der Preisorientierung bedeutet aber zugleich, daß bei einer in der thera- peutischen Situation gegebenen Ver- gleichbarkeit möglicher Arzneimittel das preisgünstigste auszuwählen ist.

[

7. Die Preisvergleichs- liste als Chance

zu verantwortlicher Verordnungsweise

Die Wirtschaftlichkeit der ärzt- lichen Verordnungsweise ist im Rah- men der nach § 368 n Abs. 5 RVO ausgestalteten Prüfvereinbarungen zu überprüfen. Die Preisvergleichsli- ste ist für sich allein kein Instru- ment, um die Unwirtschaftlichkeit einer Verordnungsweise zu belegen.

Die arztindividuellen Verordnungs- spielräume bei der Auswahl der Arzneimittel auf der Grundlage der gemeinsam zu beachtenden Krite- rien von Qualität, Wirksamkeit, Bioverfügbarkeit und Preis bleiben

erhalten. Die Positionierung eines

Arzneimittels an preisgünstiger Stel- le oder die Verordnung eines Arz- neimittels beispielsweise aus der Gruppe C kann für sich allein nicht

(5)

Fortbildungskongresse 1987 der Bundesärztekammer

8. bis 20. März

35. Internationaler Fortbildungskongreß der Bundesärztekammer und der Österreichischen Ärztekammer

8. bis 20. März

32. Internationaler Fortbildungskongreß der Bundesärztekammer

Davos

Badgastein

12. bis 24. April (Ostern: 19./20. April) 19. Internationaler Seminarkongreß für prakti- sche Medizin, veranstaltet von der Bundesärz- tekammer und der Österreichischen Ärzte- kammer

Meran

31. Mai bis 12. Juni

35. Internationaler Fortbildungskongreß der Bundesärztekammer und der Österreichischen Ärztekammer

Grado

7. bis 19. Juni (Pfingsten: 7./8. Juni)

21. Internationaler Fortbildungskongreß der Bundesärztekammer und der Österreichischen Ärztekammer

Montecatini Terme

9. bis 13. Juni

36. Deutscher Kongreß für ärztliche Fortbil- dung / 20. Deutscher zahnärztlicher Fortbil- dungskongreß / 18. Fortbildungskongreß für Krankenschwestern und Krankenpfleger mit Programm für MTA und Arzthelferinnen, ver- anstaltet von der Kongreßgesellschaft für ärzt- liche Fortbildung e. V. in Verbindung mit der Bundesärztekammer

23. August bis 4. September

21. Internationaler Seminarkongreß für prakti- sche Medizin, veranstaltet von der Bundesärz- tekammer und der Österreichischen Ärzte- kammer

Berlin

Grado

30. August bis 11. September

35. Internationaler Fortbildungskongreß der Bundesärztekammer und der Österreichischen Ärztekammer

Meran

23. bis 25. Oktober

16. Zentralkongreß für Medizinische Assi- stenzberufe (ZMA), veranstaltet von der Bun- desärztekammer (zeitlich und räumlich im Zu- sammenhang mit dem 78. Augsburger Fortbil- dungskongreß für praktische Medizin)

Augsburg

• Nähere Auskünfte: Kongreßbüro der Bundesärztekammer, Postfach 41 02 20, D-5000 Köln 41, Telefon (02 21) 40 04-2 21 bis -2 24 die Unwirtschaftlichkeit dieser Ver-

ordnung belegen.

Den Stellenwert, den die neue Preisvergleichsliste für die Kassen- ärzteschaft und für ihre Verantwor- tung hat, die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung zu si- chern, hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung in seiner Rede bei der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung am 6. Dezember 1986 in Köln u. a. wie folgt herausgestellt:

. Die Kassenärzte sollten wissen: Sie handeln letztendlich im eigenen Interesse, wenn sie mit Hil- fe der Liste die Wirtschaftlichkeits- spielräume bei der Verordnung von Arzneimitteln besser ausschöpfen.

Nicht nur, weil sie dadurch ihrer Verpflichtung zum Wirtschaftlich- keitsgebot gerecht werden. Sondern auch, weil sich dadurch für die Kran- kenkassen Spielräume für die Hono- rierung persönlicher ärztlicher Lei- stungen und einer verstärkten Hin- wendung zum Patienten ergeben könnten. Ich meine, das wäre für die Ärzteschaft und für die Patienten ei- ne sehr viel bessere Perspektive, als zu viele und überteuerte Arznei- mittel zu verordnen . . ."

Gerade weil die neue Preisver- gleichsliste den Therapiespielraum des Kassenarztes achtet, setzt das neue Instrument auf die bewußte Verantwortung für die Arzneimittel- verordnung. Es gilt, die in der Preis- vergleichsliste aufgezeigten Mög- lichkeiten für mehr Wirtschaftlich- keit auszuschöpfen. Diesem Ziel steht nicht entgegen, daß entschei- dender ärztlicher Maßstab der Nut- zen für den Patienten ist. Gerade die Vielfalt des Arzneimittelangebots eröffnet die Chance, durch Nutzung der Informationen zu einer kriti- schen und rationalen Arzneimittel- therapie zu gelangen. Wirtschaft- lichkeit und Nutzen für den Patien- ten sind keine Gegensätze.

Anschrift des Verfassers:

Horst Dieter Schirmer Regierungsdirektor im Bundesministerium

für Arbeit und Sozialordnung Kolberger Straße 40

5300 Bonn 2

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