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Archiv "DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT INFORMIERT: Erfahrungsaustausch erhöht Sicherheit der Arzneimittelverordnung" (18.11.1983)

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DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION

DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT INFORMIERT:

Erfahrungsaustausch erhöht Sicherheit

der Arzneimittelverordnung

Was brachte das Spontan-Erfassungssystem der Arzneimittelkommission Neues?

Beate Mathias, Karl Heinz Kimbel und Heiner Ochsenfahrt

Aus der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft — Fachausschuß der Bundesärztekammer

(Vorsitzender: Professor Dr. med. Fritz Scheler)

Jeder Arzt weiß, daß so gut wie jedes Arzneimittel unerwünschte Nebenwir- kungen haben kann. Um das Risiko einer Verord- nung abschätzen zu kön- nen, braucht der Arzt da- her objektive Informatio- nen über die Häufigkeit und Schwere uner- wünschter Reaktionen.

Deshalb sammelt die Arz- neimittelkommission der deutschen Ärzteschaft seit über 20 Jahren Beob- achtungen und wertet sie mit Hilfe ihrer über 130 Mitglieder systematisch aus. Der Jahresbericht 1982 gibt einen Überblick über die Schwerpunkte.

Der Weg zu besserer und si- cherer Arzneiverordnung zeichnet sich nur selten in den Schlagzeilen der Tages- presse oder auf dem Bild- schirm ab.

Er besteht in mühsamer Kleinarbeit, so z. B. in auf- merksamer Beobachtung am Krankenbett, sorgfältiger Auswertung der Befunde, eingehender Diskussion mit Fachleuten sowie dem Ver- such der Aufklärung von Zu- sammenhängen, und eignet sich daher kaum zur Sensa- tionsmache.

Seit 21 Jahren berichten in- teressierte Ärzte der Arznei- mittelkommission auffällige Beobachtungen.

Als Gegenleistung für ihre Berichte erhalten diese Ärzte eine schriftliche Stellung- nahme zu den von ihnen be- obachteten Fällen. Die von sachverständigen Mitglie- dern ausgewerteten Erfah-

rungen an Millionen in Pra- xis und Klinik mit Arzneimit- teln behandelter Kranker fin- den ihren Niederschlag in den Bekanntgaben und In- formationen der Arzneimit- telkommission.

Sie dienen aber auch besse- rer Information der Herstel- ler und finden sich in Veröf- fentlichungen und in den neuesten Lehrbüchern.

Selbstverständlich gehen in diese Veröffentlichungen auch Ergebnisse des inter- nationalen Erfahrungsaus- tausches der Fachmitglieder der Arzneimittelkommission ein.

Abgesehen von wenigen Veröffentlichungen in Fach- zeitschriften ist die Ge- schäftsstelle der Arzneimit- telkommission bisher mit Zusammenfassungen der ihr von z. Z. etwa 4000 in Klinik und Praxis tätigen Kolle- gen*) mitgeteilten Beobach- tungen nicht an die ärztliche

Öffentlichkeit getreten. Kost- spielige Vorschläge, die in den letzten Monaten ge- macht wurden, lassen es an- gebracht erscheinen, auf- zuzeigen, welche Hinweise auf bisher wenig beachtete und neue unerwünschte Arz- neimittelwirkungen die Be- richte unserer Kollegen ga- ben.

Obwohl die Geschäftsstelle der Arzneimittelkommission sowohl Hersteller als auch Aufsichtsbehörde unverzüg- lich unterrichtet hat, wurden nicht immer Konsequenzen gezogen.

Oberempfindlichkeitsreak- tionen auf Arzneimittel, sei- en sie nun anaphylaktischer oder nur anaphylaktoider oder gar nur idiosynkrati- scher Natur, sind für Arzt und Patient besonders beun- ruhigend; sie sind oft nicht

*) 2813 niedergelassene Ärzte, 1383 Kliniken bzw. Klinikabteilungen

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vorhersehbar und erfordern in schweren Fällen soforti- ges energisches Eingreifen und die dazu notwendigen Instrumente und Arzneimit- tel. Nur in seltenen Fällen ist eine Intensivstation schnell genug erreichbar.

Man könnte anhand der ein- gegangenen Berichte ver- muten, daß die Zahl der ge- fährdeten Patienten durch die oft unkritische Anwen- dung z. B. von Pyrazolonde- rivaten zugenommen habe, doch sind solche Schlüsse aufgrund der Ergebnisse ei- nes Spontanerfassungssy- stems unzulässig.

Im vergangenen Jahr wur- den der Arzneimittelkommis- sion der deutschen Ärzte- schaft neben zahlreichen, weniger bedrohlichen aller- gischen Reaktionen 67 Be- obachtungen über einen anaphylaktischen Schock und weitere 55 Beobachtun- gen über anaphylaktoide Re- aktionen mitgeteilt.

Die Berichte betrafen zum Teil Arzneistoffe, nach de- nen solch schwere Über- empfindlichkeitsreaktionen bekannt sind, wie Röntgen- kontrastmittel, Plasmaex- pander, Blutfraktionen, Py- razolone, Penicilline, ACTH, genauso aber auch nicht- steroidale Antiphlogistika und die intraartikulär inji- zierte Superoxid-Dismutase Orgotein.

Noch nicht völlig abgeklärt sind Fälle von anaphylak- tischem Schock nach intra- venöser Injektion dafür un- verdächtiger Arzneistoffe, wie Kortikosteroide und Theophyllin. Sie sind viel- leicht auf nicht deklarierte Hilfsstoffe zurückzuführen.

Von den leichteren Über- empfindlichkeitsreaktionen an der Haut beschäftigt uns nach wie vor das häufige Kontaktekzem nach lokaler Anwendung einer Tromanta- din enthaltenden Salbe zur Behandlung des Herpes la- bialis.

Auch nach einer Reihe ande- rer Externa wurden gehäuft Kontaktekzeme beobachtet, insgesamt waren es 101 Fäl- le. Es scheint daher drin- gend angezeigt, nicht nur extern angewandte Wirkstof- fe, sondern auch in Externa enthaltene Hilfsstoffe auf All- ergenität zu prüfen.

Über eine Urtikaria wurde der Arzneimittelkommission in 116 Fällen berichtet, u. a.

nach Allopurinol, Phenylbu- tazon, Carprofen, Cimetidin, Impfstoffen, Metamizol, nichtsteroidalen Antiphlogi- stika, Röntgenkontrastmit- teln u. a. m.

Beobachtungen über Arznei- mittelfieber, verbunden zum Teil mit weiterer allergischer Symptomatik, wurden insge- samt 222mal mitgeteilt.

Die Erscheinungen traten nicht nur nach parenteraler Gabe von Eiweißstoffen, wie Humanalbumin, Seren und Immunglobulinen auf, son- dern auch nach Gabe von

Mucopolysaccharidschwe- felsäureestern und Volu- menersatzmitteln.

Die im Zusammenhang mit dem „Lebermittel" Cianida- nol und dem Antidepressi- vum Nomifensin häufiger auftretenden Fieberreaktio- nen bedürfen noch der wei- teren Abklärung, zumal sie gelegentlich mit hepati- schen Überempfindlichkeits-

reaktionen einhergehen.

Temperaturanstiege nach Gabe von Methyldopa und Phenytoin sind bekannt. Bei unklaren Fieberreaktionen sollte vor unnötiger Diagno- stik und Therapie an Arznei- mittelfieber gedacht wer- den*).

Quincke-Ödeme allergischer Natur wurden 52mal be- schrieben, u. a. nach Impf- stoffen, Metamizol, nichtste- roidalen Antiphlogistika, Or- gotein, Propyphenazon und Röntgenkontrastmitteln.

Insbesondere unerwünschte neurologische Arzneimittel- wirkungen sind oft nur schwierig von ebensolcher Symptomatik des oder der Grundleiden abzutrennen.

35 berichtete Krampfanfälle waren zum Teil mit schwe- ren Überempfindlichkeitsre- aktionen verbunden, z. B.

nach Kontrastnnittelgabe, Impfung und Infusion von Organextrakten. Sie wurden aber auch nach exzessivem Mißbrauch eines Appetitzüg- lers und bei Gabe sogenann- ter gefäßerweiternder Sub- stanzen berichtet.

Häufig scheinen auch extra- pyramidale Begleiterschei- nungen zu sein. Man beob- achtete sie nicht nur un- ter Neuroleptikabehandlung, z. B. mit Haloperidol, son- dern auch bei Arzneistoffen mit antidopaminerger Wir- kung, wie Metoclopramid.

Parästhesien wurden uns 1982 29mal berichtet, z. B.

perioral nach Gabe des kurz wirksamen Benzodiazepins Lormetazepam; genauso kommt es aber auch bei mit

") Vgl. „Arzneiverordnungen in der Praxis" 4/83

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nichtsteroidalen Antiphlogi- stika und dem Kalziumant- agonisten Nifedipin Behan- delten gelegentlich zu Par- ästhesien, die nach Abset- zen wieder verschwinden.

Auch über Schwindel wird unter nichtsteroidalen An- tiphlogistika häufiger ge- klagt, ferner tritt er unter An- tibiotika, Antidepressiva (Maprotilin, Trazodon), dem neuen stark wirksam Analge- tikum Buprenorphin, Piren- zepin, durchblutungsför- dernden Mitteln und Spas- molytika auf.

Neuropathien wurden nach Impfungen und unter thyreo- statischer Therapie (Carbi- mazol, Thiamazol) sowie un- ter dem Bild eines ausge- prägten Feer-Syndroms nach Anwendung eines quecksil- berhaltigen Munddesinfi- ziens bei Kindern berichtet, was zu einer der Bekanntga- ben im Berichtsjahr führte.

Psychiatrische Symptomatik als unerwünschte Arzneimit- telwirkung präsentierte sich uns in vielfältiger Form. Von mehreren Seiten gingen uns Berichte über Depression unter Gabe nichtsteroidaler Antiphlogistika zu; eine Ne- benwirkung, die uns einige Rheumatologen bestätigten.

Nach wie vor wird über De- pressionen unter reserpin- haltigen Kombinationsprä- paraten geklagt; auch wird darüber, wie Psychiatern lange bekannt, unter Neuro- leptikatherapie berichtet.

Aufmerksameren Beobach- tern fiel häufiger eine Amne- sie unter Benzodiazepinga- be auf. Paradoxe Reaktio- nen, wie Unruhe und Ag- gressivität, wurden z. B. un-

ter Maprotilingabe gesehen.

Unter den Beobachtungen über Halluzinationen waren vor allem diejenigen bemer- kenswert, die im Zusammen- hang mit Buprenorphin-, Pi- racetam- und Amitriptylin/

Chlordiazepoxid-Gabe standen.

Hämatologische Nebenwir- kungen sind besonders heimtückisch, weil sie nur mit uncharakteristischer Symptomatik, wie Abge- schlagenheit oder nicht er- klärbaren Temperaturanstie- gen, einhergehen. Frühzeiti- ges Erkennen ist nur durch regelmäßige Blutbildkontrol- len möglich, auch wenn die- se nicht so häufig gemacht werden können, daß alle fou- droyanten Verläufe rechtzei- tig entdeckt werden könn- ten. Über Leukozytopenien erhielten wir 1982 51 Berich- te. Nach wie vor treten sie unter Pyrazolonen, wie Me- tamizol, auf; ihre frühzeitige Erkennung ist wegen der nicht erfolgten Unterstellung dieser Mittel unter die Ver- schreibungspflicht ohnehin problematisch. Auch unter Co-Trimoxazol, Carbamaze- pin, Cimetidin, Mezlocillin, Latamoxef und Piperacillin wurden vereinzelt Leukozy- topenien beobachtet.

Bis zur Agranulozytose führ- te wahrscheinlich in 7 Fällen die Gabe von Carbimazol, Co-Trimoxazol, Metamizol und Thiamazol. Zu Knochen- marksdepression und Pan- zytopenien kam es 8mal während der Gabe verschie- dener Arzneistoffe. Anämien wurden gelegentlich unter Bezafibrat- und Pentoxifyl- lin-Gabe gesehen.

Aplastische Anämien wur- den uns in Einzelfällen im

Zusammenhang mit ver- schiedenen Wirkstoffen be- richtet, ferner gingen uns 11 Informationen über hä- molytische Anämien unter Cianidanol-, Nomifensinga- be und einer Betablocker- Diuretika-Hydralazin-Kombi- nation zu.

Auffallend gering war die Zahl der mitgeteilten Throm- bozytopenien (29). Weitere Fälle könnten sich in den 31 uns bekannt gewordenen Purpura- oder sonstigen Blutungsfällen verbergen.

Sie wurden z. B. unter Gabe von Benoxaprofen, das in- zwischen aus dem Handel gezogen wurde, gesehen.

Gerinnungsstörungen ande- rer Ursache ohne oder mit Beteiligung der Thrombozy- tenfunktion waren häufiger unter Latamoxef-Gabe.

Leberfunktionsstörungen durch Arzneimittel werden nach wie vor oft erst nach manifestem Ikterus erkannt, wenn auch zunehmend von Herstellerseite auf die Not- wendigkeit regelmäßiger Überwachung der leberspe- zifischen Enzyme hingewie- sen wird.

So liegen uns 51 Berichte über solche asymptomati- schen Fälle bei Bezafibrat, Cimetidin, Heparin, Ketoco- nazol, Nomifensin, Perazin, Phenytoin, Piperacillin und einem neueren Malariakom- binationspräparat (Pyrime- thamin/Sulfadoxin) vor.

Nach wie vor machen uns die häufigen Berichte über cholestatische Hepatosen unter Prajmalin-Gabe Sorge, die trotz ausführlicher Hin- weise in Patienten- und Arzt- information erst durch die mit ihnen verbundene Gelb-

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Wirkstoff: Handelsname:

Index der Präparate, zu denen unerwünschte Wirkungen mitgeteilt wurden (Teil I)

Acemetacin Allopurinol Amitriptylin/

Chlordiazepoxid Amoxicillin Benoxaprofen Bezafibrat Buprenorphin Captopril Carbamazepin Carprofen Cefotaxim Cefoxitin Cephadroxil Cianidanol Cimetidin Clindamycin Co-Trimoxazol Diflunisal Diltiazem

Heparin/Dihydroergo- tamin/Lidocain Indometacin lsosorbidmononitrat Ketoconazol Ketoprofen Latamoxef Lormetazepann Maprotilin Metamizol

Rantudil®

Zyloric®, Allopurinole Limbatril®

Clamoxyl®

Coxigon® (außer Handel)

Cedur®

Temgesic®

Lopirin®

Tegretal®, Timonil®

Imadyl®

Claforan®

Mefoxitin®

Bidocef®

Catergen®

Tagamet®

Sobelin®

Bactrim8 Fluniget®

Dilzem®

Heparin-Dihydergot®

Amuno®

Ismo®

Nizoral®

Orudis®

Moxalactam®

Noctamid®

Ludiomil®

Novalgin®, Baralgin®

Wirkstoff: Handelsname:

Index der Präparate, zu denen unerwünschte Wirkungen mitgeteilt wurden (Teil II)

Methyldopa

Mezlocillin/Oxacillin Mucopolysaccharidpo- lyschwefelsäureester Phenylmercuriborat Natamycin

Nifedipin Nomifensin Orgotein Pentazocin Pentoxifyllin Phenprocoumon Phenytoin Piperacillin Piracetam Pirenzepin

Prajmaliumbitartrat Propafenon Pyrimethamin/

Sulfadoxin Ranitidin Sulfinpyrazon Thiamazol Tolmetin Tramadol Trazodon Triamteren/

Hydrochlorothiazid Tromantadin Verapamil

Presinol®

Optocillin®

Arteparon®

Glycero-Merphen®

Pimafucin®

Adalat®

Alival®

Peroxinorm 8 Fortral®

Trental®

Marcumar®

Phenhydan®

Pipril®

Normabrain®

Gastrozepin®

Neo-Gilurytmal®

Rytmonorm®

Fansidar°

Zantic®

Anturano®

Favistan®

Tolectin®

Tramal®

Thombran®

Dytide H®

Viru-Merz Serol®

Isoptin®

sucht auffallen. Sie schei- nen, wenn auch weniger häufig, gemeinsames Risiko aller Antiarrhythmika zu sein, wie Beobachtungen mit Prajmalin, Phenytoin, Propafenon zeigen, genauso scheinen aber auch Allopuri- nol, Bezafibrat, Carbimazol, Cimetidin, Halothan, Indo- metacin, Ketoconazol, Keto- profen, Phenytoin und Thia- mazol zu cholestatischer He- patose — insgesamt 42 Fälle, bzw. Leberparenchymschä- den, 16 Fälle — zu führen.

Das Risiko infektiöser Hepa-

titis (18 Fälle) durch Fibrino- gen- und Prothrombinkon- zentrat-Präparate scheint noch nicht ausgeschlossen;

das gleiche gilt für Serum- konserven.

Die Erkennung von Arznei- mittelschäden an der Niere bereitet durch das Fehlen spezifischer Laboratoriums- teste nach wie vor große Schwierigkeiten. Zu Rest- stickstoffanstieg kam es ge- legentlich unter Amoxicillin, Cimetidin und der Kombina- tion Triamteren/Hydrochlo-

rothiazid. Beunruhigend sind 13 Berichte über akutes Nierenversagen im Zusam- menhang mit der Gabe von Captopril, Cefoxitin, Ciani- danol, Cimetidin, Harnkon- trastmitteln, Nomifensin, Py- razolonen und Sulfinpyra- zon. Hier ist besonders zu prüfen, ob noch andere Arz- neistoffe im Sinne einer In- teraktion betroffen sind, z. B. Diuretika.

Über unerwünschte Arznei- mittelwirkungen an Herz und Kreislauf liegen uns 98 Be-

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richte vom Kreislaufversa- gen bis zum Herzstillstand vor, ein Teil ist vermutlich anaphylaktoider Ursache.

Paradoxe Reaktionen im Sinne pektanginöser Anfälle kommen offenbar doch häu- figer unter Kalziumant- agonisten, wie Diltiazem und Nifedipin, vor, genauso aber auch unter Isosorbidmono- nitrat. Erstmals wurde die Symptomatik auch unter dem nichtsteroidalen An- tiphlogistikum Acemetacin gesehen, von Indometacin ist sie bereits bekannt. Die Ödemneigung unter Kal- ziumantagonisten, insbe- sondere Nifedipin, aber auch Verapamil, wird durch meh- rere Berichte bestätigt. 7 Fäl- le von peripherer Ischämie unter Heparin/Dihyd roergo- tamin waren Anlaß zu einer Information im „DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT"*).

Die berichteten 317 Neben- wirkungen am Magen-Darm-

Kanal, wie Erbrechen (häufi- ger unter Buprenorphin-Ga- be), Durchfall (z. B. unter An- tibiotika) und Obstipation, waren meist geringfügig, je- doch waren im Berichtsjahr auch 53 schwererwiegende unerwünschte Wirkungen, wie Ulzera, Perforationen und gastrointestinale Blu- tungen im Zusammenhang mit verschiedensten Arznei- stoffen, vorwiegend nicht- steroidalen Antiphlogistika, zu verzeichnen.

Nachdem die Häufung von Ösophagusgeschwüren nach Einnahme von Tetracy- clin im Liegen ohne reichli- ches Nachtrinken die Auf- merksamkeit geweckt hatte, wurden wir in rascher Folge auf eine Reihe weiterer Arz- neistoffe aufmerksam, die unter diesen Bedingungen

ebenfalls zu Ösophagusero- sionen bzw. -geschwüren führen können. Auch in Au- ge und Nase eingebrachte Arzneimittel, wie Acid- bzw.

Chloramphenicol, können zur Dysphagie führen. Pepti- sche Ulzera wurden uns von praktisch allen nichtstero- idalen Antiphlogistika (noch nicht von Carprofen) berich- tet. Dünndarmulzera kom- men nach wie vor unter nichtflüssiger Kaliumsubsti- tution vor, auch bislang als gut verträglich angepriesene galenische Formulierungen scheinen nicht besser abzu- schneiden.

Enteritiden wurden im Zu- sammenhang mit Cefotaxim- und Ketoconazol-Gabe be- obachtet, sogenannte Anti- biotika-Kolitiden gab es nicht nur im Zusammenhang mit Clindamycingabe, son- dern auch nach Cephalospo- rinen, wie Cephadroxil, und Antimykotika, wie Natamy- cin.

Arzneimittelschäden an exo- krinen Drüsen waren im Zu- sammenhang mit der Gabe von Cimetidin an Pankreas und Speicheldrüse zu ver- zeichnen.

Endokrine Wirkungen wur- den vor allem bei zentral am dopaminergen System an- greifenden Arzneistoffen, wie H 2-Rezeptoren-Blockern und Motilitätsbeschleuni- gern, gesehen.

Auch Antimykotika, wie Ke- toconazol, können durch Senkung des Testosteron- spiegels entsprechende Fol- gen, wie Gynäkomastie, ha- ben. Ejakulationsstörungen wurden mehrfach Betablok- kern zugeschrieben.

Die mitgeteilten uner- wünschten Wirkungen an

der Lunge beschränken sich hauptsächlich auf 91 Fälle von Bronchospastik und Dyspnoe im Zusammenhang mit der Gabe von Pyrazolo- nen und nichtsteroidalen Antiphlogistika, ferner unter Substitution von Blutfraktio- nen; 8 Lungenödeme wur- den unter tokolytischer Be- handlung sowie nach Plas- maexpandern, Röntgenkon- trastmitteln und Tolmetin beobachtet.

An Nebenwirkungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich wurde uns Nasenbluten un- ter einem Pflanzenextrakt gegen Hämorrhoiden be- kannt; Ertaubung wurde mit Gentamicin und nichtstero- idalen Antiphlogistika in Ver- bindung gebracht.

Von den zahlreichen uner- wünschten Wirkungen am Auge seien Diplopie bei Pi- renzepin- und Cimetidinga- be und weitere Sehstörun- gen bei Tuberkulostatika und Antirheumatika er- wähnt.

542 Berichte betrafen arznei- mittelinduzierte Überemp- findlichkeitsreaktionen am Hautorgan unter mannigfal- tiger Morphologie; in vielen Fällen gelang dank verbes- serter dermatologischer Testmethoden der Nachweis des Zusammenhangs.

Besorgniserregend waren auf diesem Gebiete glück- licherweise nur 13 phototo- xische und photoallergische Reaktionen unter nichtstero- idalen Antiphlogistika, wie Benoxaprofen und Carpro- fen, und 15 nekrotische Haut- und Schleimhautver-

-) UI. Arztebl. 79 (1982) Heft 49

46 Heft 46 vom 18. November 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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änderungen vom Typ des Lyell- bzw. Stevens-John- son'-Syndroms unter wir- kungsverschiedenen Arznei- stoffen, wie Allopurinol, Car- bamazepin, Metamizol und Kombinationen von Phenyl- butazon, Metamizol und Di- phenhydramin bzw. Pyrime- thamin/Sulfadoxin.

An den Hautanhangsorga- nen wurde Onycholysis un- ter Benoxaprofen, Diflunisal und Phenprocoumon be- richtet. Unter Bezafibrat-, Ci- metidin- beziehungsweise Ranitidin-, Lormetazepam- und Phenprocoumon-Gabe kam es zu 33 Fällen von Alo- pezie.

Ein Zusammenhang zwi- schen Myalgien und der Ga- be von Lipidsenkern scheint aufgrund der eingegange- nen Berichte nicht nur für das Clofibrat, sondern auch für seine chemisch Ver- wandten, wie zum Beispiel Bezafibrat, wahrscheinlich.

Von den zahlreichen Lokal- reaktionen nach i. m. Injek- tionen sind 14 Abszesse und 23 Nekrosen, z. T. nach an- tirheumatischen Mischprä- paraten, vorwiegend Phenyl- butazon + Kortikosteroide, bemerkenswert.

Arzneimittelmißbrauch wird nach den uns vorliegenden Informationen nach wie vor mit Benzodiazepinen, zen- tralen Stimulantien vom Ephedrintyp, ferner mit barbiturathaltigen Analgeti- ka und Hustenmitteln betrie- ben; neben den lange be- kannten, stark wirksamen Analgetika, wie Pentazocin und Tramadol, gewinnt Bu- prenorphin in zunehmen- dem Maße als Suchtstoff an Bedeutung.

Auch wenn gelegentlich der Eindruck erweckt wird, daß es nur einer kräftigen Auf- stockung der Überwa- chungsbürokratie bedürfe, um uns aller Sorgen über Arzneimittelrisiken zu enthe- ben, so weiß der erfahrene Arzt, daß jedes Arzneimittel unerwünschte Nebenwir- kungen haben kann.

Nutzen und Risiko muß da- her der Arzt am Krankenbett immer von neuem abwägen.

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hofft mit der Weitergabe von Informationen, die aus der Ärzteschaft kommen, dem einzelnen Arzt bei der indivi- duellen Anpassung seiner Arzneiverordnung zu helfen.

Gewarnt werden soll aber gleichzeitig vor einer gene- rellen Verdammung jener Arzneimittel, die —wie in die- sem Bericht aufgeführt — ge- legentlich unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Die Auswertung der Ergebnisse eines Spontanerfassungs- systems kann nur „Signale"

setzen.

Sie sollen die Aufmerksam- keit des Arztes erhöhen. Erst sich daran anschließen- de weitere Beobachtungen oder systematische Nachfor- schungen können über die Wertigkeit und Bedeutung derartiger Signale Auskunft geben.

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Beate Mathias, Dr. med. Karl Heinz Kimbel, Privatdozent Dr. med.

Heiner Ochsenfahrt, Geschäftsstelle der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Eugen-Langen-Straße 12 5000 Köln 51

durch Mißbrauch von Pyridoxin (Vitamin B 6)

Pyridoxin (Vitamin B 6) ist ein Ko- enzym für viele Dekarboxylie- rungs- und Transaminierungsre- aktionen; die tägliche Mindestdo- sis für den normalen Erwachse- nen liegt bei 2 bis 4 mg/Tag.

Im allgemeinen werden wasser- lösliche Vitamine als ungefähr- liche Substanzen angesehen, und Vitamin B6 steht nicht mit Neuro- toxizität in Zusammenhang.

Sieben Patienten bekamen nach hochdosierter täglicher Pyridoxin- Einnahme (2-6 g/Tag für 2-40 Mo- nate) Ataxie und schwere sensori- sche Dysfunktionen.

Bei vier der sieben Patienten wa- ren die Funktionen der Extremi- täten stark eingeschränkt; alle Symptome bildeten sich nach Ab- setzen von Pyridoxin zurück.

Muskelschwäche war kein Sym- ptom dieses Zustandes, auch das Zentralnervensystem war klinisch nicht betroffen.

Obwohl die Einnahme hoher Pyri- doxin-Dosen weit verbreitet ist, zeigt dieser Bericht nach Ansicht der Autoren, daß das Präparat sensorische Neuropathien oder neuropathische Syndrome erzeu- gen kann und daß sichere Richtli- nien für die Anwendung dieses in großem Maße mißbrauchten Vit- amins geschaffen werden sollten.

Von Megavitamin-Therapien mit Vitamin B 6 bei Verhaltensstörun- gen sollte unbedingt abgeraten werden, bis die Bedeutung dieser Behandlung durch gezielte Unter- suchungen klar festgestellt und si- chere Richtlinien für die Pyrido- xin-Therapie festgelegt sind. Dpe

Schaumburg, H. et al.: Sensory Neuropathy from Pyridoxine Abuse, The New England Journal of Medicine 309 (1983) 445-448, Dr. H.

Schaumburg, Department of Neurology, Al- bert Einstein College of Medicine, 1300 Morris

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