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Archiv "Aufgaben und Bedeutung der Sportmedizin im Hochleistungssport" (23.08.1979)

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ÜBERSICHTSAUFSATZ

Aufgaben und Bedeutung der Sportmedizin

im Hochleistungssport

Wildor Hollmann

Aus dem Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin (Leiter und Lehrstuhl für Kardiologie

und Sportmedizin: Professor Dr. med. Wildor Hollmann) Deutsche Sporthochschule Köln

Die vier von uns unterschiedenen Sportkategorien sind:

4) der Breitensport;

• der Gesundheitssport;

• der Leistungssport;

• der Hochleistungssport.

Im Mittelpunkt der ärztlichen Aufgaben im Hochleistungssport steht die Beurteilung des Gesundheitszustandes des Athleten. Sie darf angesichts der gewaltigen Trainingsbelastungen in zahlreichen Sportarten auch aus der Sicht der Inneren Medizin heute nicht mehr als gegeben angesehen werden. Der Unterstützung des Athleten die- nen unter anderem die Ermittlung der sportartspezifischen Leistungs- fähigkeit, Untersuchungen auf dem Sportplatz zur Optimierung der aktuellen Trainingsbelastung. Mithilfe bei der Beurteilung und Ent- wicklung von Trainingsmethoden sowie die Überprüfung des Regle- ments in verschiedenen Sportarten zwecks Ausschluß von Schadens- quellen.

Zum Begriff „Sportmedizin"

Bekanntlich definieren wir heute Sportmedizin als diejenige theoreti- sche und praktische Medizin, wel- che den Einfluß von Bewegung, Training und Sport sowie den von Bewegungsmangel auf den gesun- den und kranken Menschen jeder Altersstufe analysiert, um die Befun- de der Prävention, Therapie und Rehabilitation sowie dem Sportler selbst dienlich zu machen.

Im Vordergrund von Forschung, Lehre und Praxis einer solcherart definierten Sportmedizin steht die Prävention, daneben die Rehabilita- tion. Das ist nicht nur aus der Ent- wicklung der Sportmedizin selbst, sondern auch aus der Entwicklung der gesamten Medizin verständlich.

In Zukunft wird es nicht mehr in er- ster Linie darauf ankommen, eine Krankheit zu heilen — das wird ge-

wissermaßen eine banale Selbstver- ständlichkeit sein — als vielmehr dar- auf, das Auftreten einer Erkrankung zu verhüten. Hier ist die Sportmedi- zin mit ihren Forschungsresultaten und Forschungsprogrammen schon heute in manchen Bereichen weg- weisend.

Zum Begriff des „Sports"

Die Möglichkeiten des Sports haben sich in den letzten Jahrzehnten in vielfältiger und vielschichtiger Wei- se entwickelt. In den Extremberei- chen existieren nur noch wenig Ge- meinsamkeiten. Das erfordert neue Abgrenzungen innerhalb der Be- zeichnung „Sport" selbst. Sie wer- den durch eine kombinierte Be- trachtungsweise von Motivation und Leistung ermöglicht. Selbstver- ständlich sind die fließenden Über- gänge zu beachten, wie sie in allen biologischen Bereichen existieren.

Die Motivation im Breitensport be- steht in der Freude an der Bewe- gung, im Spieltrieb, im Wettkampf oder in der Mitbetätigung im Rah- men einer Gruppe. Die gebotene Leistungshöhe spielt eine unterge- ordnete Rolle. — Der Gesundheits- sport wird vom Motiv her in erster Linie aus gesundheitlichen Gründen betrieben. Gesundheit soll erhalten oder verlorengegangene Gesund- heit wiedergewonnen werden. Dabei kommt der Leistung ebenfalls keine vordergründige Bedeutung zu. — Die Motivation zum Leistungssport be- steht dagegen in dem Drang, in der aus persönlichem Gefallen ausge- wählten Sportart Leistung zu voll- bringen. Die Leistung ist hier ganz in den Vordergrund gerückt. Dement- sprechend wird ein Trainingspro- gramm ausgearbeitet zur systemati- schen Steigerung der Leistungsfä- higkeit. Nennenswerte Teile des Freizeitraumes werden hiervon in Anspruch genommen. Aus der Sicht dieser Definition kann also bei- spielsweise auch ein Alterssportler zu einem Leistungssportler werden.

— Auch im Hochleistungssport ste-

Heft 34 vom 23. August 1979 2135

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Sportmedizin und Hochleistungssport

hen die Freude an der betreffenden Sportart und der Wille, in ihr Lei- stung zu vollbringen, im Vorder- grund; andernfalls hätte der Betref- fende sich diese Betätigung im Sport ja nicht ausgesucht. Ein natio- nal oder international nennenswer- ter Standard ist bereits erreicht.

Ganz im Vordergrund des weiteren Bestrebens steht der Sieg oder aber die gute Plazierung in internationa- len Wettkämpfen wie Olympische Spiele, Welt- oder Europameister- schaften. Motivationen wie geselli- ges Beisammensein im Sport und Spiel sind in den Hintergrund getre- ten. Ein täglich betriebenes Trai- ning, oftmals in 2 bis 3 Trainingsein- heiten/Tag aufgeteilt, zielt auf die zu erringende Medaille oder auf einen der Spitzenplätze ab. Nicht nur der Freizeitraum, sondern auch das be- rufliche Dasein wird maßgeblich die- sen Gesichtspunkten der Leistungs- steigerung untergeordnet. Der Be- treffende ist entweder ein Professio- nal oder arbeitet mehr oder weniger unter professionalistischen Bedin- gungen.

Ein historischer Aspekt zur Entwicklung

des Hochleistungssports

Die Wiedergründung der Olympi- schen Spiele erfolgte im Jahr 1896.

An ihrer Wiege standen im wesentli- chen geisteswissenschaftlich aus- gerichtete Persönlichkeiten mit ho- hem ethischen Anspruch. Ihr Ideal- bild stellte die ganzheitliche optima- le Entwicklung von Körper und Geist durch Sport dar. Der Leitspruch, un- ter dem man antrat, lautete: Citius, altius, fortius. Damit, vor allem aber natürlich durch die Eigengesetz- lichkeit des Hochleistungssports schlechthin, hatten diese Personen unbewußt den Grundstein gelegt zu einem gigantischen biologischen Experiment mit dem Menschen. Die- ses Experiment entglitt einer aus- schließlich geisteswissenschaftli- chen Betrachtungsweise spätestens in den 60er Jahren dieses Jahrhun- derts. Der Mensch war nunmehr in verschiedenen motorischen Bean- spruchungsformen in den Grenzbe- reich seiner biologischen Möglich- keiten eingedrungen. Das aber be-

deutete in der Praxis: Weder das Wissen des Athleten noch die prakti- sche Erfahrung des Trainers reich- ten aus, um mit angemessenem Zeit- aufwand noch nennenswerte zu- sätzliche Leistungssteigerungen zu erzielen. Fast zwangsläufig ergab sich daher die Verbindung zu den Naturwissenschaften und zum Arzt, in erster Linie zum naturwissen- schaftlich fundierten Arzt. Der Wunsch des Hochleistungssports an die Wissenschaft war, durch die Mit- entwicklung und Mitgestaltung opti- maler Trainingsmethoden individu- ell präziser die Leistungsfähigkeit steigern zu können. Dabei sollte — gewissermaßen als Wunschtraum — aufgrund der sich aus den physiolo- gischen Erkenntnissen der Wissen- schaft ergebenden Möglichkeiten mit einem Minimum an Trainings- und Belastungsaufwand ein Maxi- mum an Effekt erreicht werden.

Gleichzeitig aber traten mit dem Er- reichen eines biologischen Grenz- raumes in steigender Zahl Schädi- gungen als Folge akuter oder chro- nischer Beanspruchungen speziell im orthopädischen Sektor auf. Der ethische Anspruch von einst, durch Sport die Gesundheit zu fördern, drohte sich mehr und mehr umzu- kehren. Bewußt überspitzt ausge- drückt: Aufgabe für den Arzt wurde es, den betreffenden Hochleistungs- sportler trotz seines Sportes gesund zu halten. Dieser Satz bedarf jedoch zur Vermeidung von Mißverständ- nissen einer Differenzierung. Auch heute noch ist es unter normalen Umweltbedingungen nicht möglich, einem gesunden Menschen unter- halb des 30. Lebensjahres durch noch so intensive körperliche Bela- stungen einen — aus der Sicht der Inneren Medizin — bleibenden orga- nischen Schaden zuzufügen. Die Gefahren drohen vielmehr im Halte- und Bewegungsapparat, also im orthopädischen Bereich. Eine stär- kere Gefährdung auch auf dem in- ternistischen Sektor ist höchstens dadurch gegeben, daß, je häufiger trainiert wird, die Wahrscheinlich- keit des Zusammentreffens mit einer unter normalen Umständen banalen Infektion immer weiter wächst. Mit der größeren Häufigkeit der Kombi-

nation von Infektion und Ausdauer- belastung wächst auch die Gefahr einer Schädigung. Heute ist in zahl- reichen Sportarten die Zusammen- arbeit von Athlet, Trainer, Naturwis- senschaftler und Arzt vollzogen.

Leider betrachten manche Perso- nen außerhalb des medizinischen Raums diese Tatsache mit Mißtrau- en, weil sie die Situation nicht mehr beurteilen können, und argwöhnen eine „Manipulation". Das Rad der Geschichte und mit ihm das der Lei- stungsentwicklung aber läßt sich nicht mehr zurückdrehen.

Zum besseren Verständnis an dieser Stelle einige Daten, die sich bei Spit- zensportlern der verschiedenen Staaten anbieten. 1936 konnte bei den Olympischen Spielen in Berlin eine Goldmedaille unter Umständen noch mit 2 bis 3 Trainingseinheiten/

Woche gewonnen werden. Heute sind oftmals 2 bis 3 Trainingseinhei- ten täglich erforderlich. So verlangt man beispielsweise heute in der Deutschen Demokratischen Repu- blik von der Ruderelite eine jährliche Trainingsleistung von 10 000 Kilo- meter, in Einzelfällen sogar bis zu 12 000 Kilometer. Ein Weltklasse- schwimmer benötigt täglich 12 bis 15, in Extremfällen 20 Schwimmkilo- meter; die Trainingsstrecke der Be- rufs- und Straßenradrennfahrer be- trägt täglich zwischen 150 und 200 Kilometer, der Langstreckenläufer läuft wöchentlich 120 bis 220 Kilo- meter, der Speerwerfer muß viele tausend Würfe mit dem 800 Gramm schweren Speer und zusätzlich ein wöchentliches Krafttraining in einer Größenordnung von 40 bis 60 Ton- nen bewältigen, der Gewichtheber zwischen 40 bis 60 und im Extrem- fall im Superschwergewicht 70 bis 90 Tonnen täglich zur Hochstrecke bringen. In manchen Sportarten ge- hören tägliche Trainingszeiten von sechs Stunden zur Routine.

Einstellung zum Hochleistungssport

Unserer Auffassung nach kann man auch heute noch sowohl aus der Sicht des allgemeinen und überge- ordneten Sportbegriffes wie auch aus der der Sportmedizin dem

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Sportmedizin und Hochleistungssport

Hochleistungssport gegenüber po- sitiv eingestellt sein. Ich zitiere hier- für drei Gründe:

(D Der Hochleistungssport stellt ein äußerst kritisches Experimentierfeld dar, dessen Erfahrungen und Leh- ren dem gesamten Sport, ferner der Medizin, der Psychologie, der Päd- agogik und dem Sportstättenbau zu- gute kommen.

® Wir leben heute in Ost und West in einer Leistungsgesellschaft. Da- mit aber muß in einem liberal einge- stellten System auch einem körper- lich besonders begabten Menschen die Möglichkeit geboten werden, sich auf dem von ihm bevorzugten Gebiet in einer körperlichen Spit- zenleistung bestätigt zu sehen.

In geistigen oder kulturellen Berei- chen finden wir ja die Unterstüt- zung von Talenten ebenfalls nur natürlich.

Ob man es begrüßt oder ablehnt, an der Tatsache kommt man nicht vorbei: Der Hochleistungssport ist auch zu einem Politikum geworden.

Die daraus resultierenden Konse- quenzen kommen aber nicht nur al- lein dem Hochleistungssport, son- dern dem gesamten Sport und auch damit verbundenen Wissenschafts- fächern zugute.

Sportmedizin und Hochleistungssport

Die Aufgaben der Sportmedizin in- nerhalb des Hochleistungssports können unserer Auffassung nach unterteilt werden in:

C) Mithilfe bei der Talentsuche und -förderung;

© Beurteilung des Gesundheitszu- standes des Athleten;

® Beurteilung der Leistungsfähig- keit und des momentanen Lei- stungsstandes;

® Untersuchungen auf dem Sport- platz zur Optimierung der aktuellen Trainingsbelastung;

0 Mithilfe bei der Beurteilung und Entwicklung von Trainingsme- thoden;

() Überprüfung des Reglements in verschiedenen Sportarten zwecks Ausschluß von Schadensquellen, die durch das Reglement gegebe- nenfalls verursacht werden.

Zu Punkt 0, Mithilfe bei der Talent- suche und -förderung: Nach der Auffassung unseres Instituts — sie ist wissenschaftlich noch nicht endgül- tig abgeklärt — sind mindestens 60 Prozent der körperlichen Leistungs- fähigkeit des Menschen genetisch bestimmt. Damit würden also nur 40 Prozent durch externe Faktoren wie Training beeinflußbar werden.

Um so wichtiger ist aus der Sicht des Hochleistungssports die Aufgabe, genetisch überdurchschnittlich ver- anlagte Jungen und Mädchen recht- zeitig zu entdecken, um sie einem entsprechenden Grundlagen-, Auf- bau- und später Leistungs- oder Hochleistungstraining zuführen zu können. Hier kann die Sportmedizin helfen. Nach dem heutigen Wissens- stande können anthropometrische Daten, Herzgrößenbestimmungen, Ermittlungen der aeroben Kapazität, der Schnellkraft mit medizinischen Untersuchtingsmethoden geeignet sein, derartige genetisch überdurch- schnittliche Veranlagungen zu er- mitteln. Nach statistischen Berech- nungen kann man davon ausgehen, daß auf je 1000 Jungen und je 1000 Mädchen einer Durchschnittsbevöl- kerung je ein Junge und ein Mäd- chen mit derartigen überdurch- schnittlichen genetischen Voraus- setzungen entfällt.

Zu Punkt (9, Beurteilung des Ge- sundheitszustandes des Athleten:

Zur Vermeidung von Schädigungen durch Hochleistungssport ist eine uneingeschränkte Gesundheit erfor- derlich. Sie setzt eine entsprechend internistische und orthopädische Untersuchung voraus. Internistisch muß dabei besonderer Wert gelegt werden auf den Ausschluß von:

C) Angeborenen oder erworbenen Herzfehlern oder -schäden;

© Vorliegen einer Hypertonie;

® Vorliegen einer Hyperthyreose;

® Vorhandensein einer akuten oder chronischen Infektion;

® Vorliegen eines großen Fokus, speziell in den Tonsillen oder Na- sennebenhöhlen;

® Vorliegen sonstiger Organschä- den oder Stoffwechselstörungen, die logischerweise eine Kontraindi- kation gegenüber Hochleistungs- sport beinhalten.

Bei der orthopädischen Untersu- chung sind vor allem Anomalien oder Schäden angeborener oder er- worbener Natur auszuschließen. Be- funde, die gegebenenfalls eine Indi- kation für den Gesundheitssport darstellen, können eine Kontraindi- kation für den Hochleistungssport bedeuten.

Zu Punkt 0, Beurteilung des Lei- stungszustandes: Hierbei sollte möglichst sportartspezifisch oder zumindest in sportartspezifischer Nähe untersucht werden. Für die Leistungsförderung eines Kunsttur- ners oder eines Turmspringers ist es zum Beispiel unbedeutend, ob sein Herzvolumen oder seine maximale aerobe Kapazität einige hundert ml kleiner oder größer ist. Für einen Läufer dagegen ist das äußerst wichtig. Daher sollten beispielswei- se Athleten in Sportarten, die mit Laufen zu tun haben, auch auf dem Laufband untersucht werden. Der Weiterentwicklung und Erforschung von sportartspezifischen Untersu- chungsmethoden zur Förderung des Hochleistungssportlers steht hier noch ein weites Feld offen.

Von besonderer praktischer Bedeu- tung ist die Diskussion der erhobe- nen Leistungsbefunde mit dem Sportler und dem Trainer. Hier liegt schon allein aus personellen und zeitlichen Gründen manches noch im argen. Die Klage der Trainer, daß zwar heute eine Menge an Befunden erhoben wird, aber ein abklärendes Gespräch mit praktischer Konse- quenzziehung zwischen Arzt, Sport-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 34 vom 23. August 1979 2137

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Sportmedizin und Hochleistungssport

ler und Trainer vielfach ausbleibt, besteht in vielen Fällen sicherlich nicht zu Unrecht. Wir würden diesen Gesichtspunkt als vielleicht wichtig- ste Schwachstelle im Rahmen der ärztlichen Betreuung des Hochlei- stungssportlers im Hinblick auf sei- ne Leistungsförderung ansehen. Zu Punkt

Q ,

Optimierung der Trai- ningsbelastung am Trainingsort: Mit den heutigen Wissenschaftsmetho- den und-kenntnissenist es möglich, sowohl eine Aussage über die opti- male Belastungsintensität im Aus- dauertraining wie auch über die in- dividuelle Belastungsgröße nach ei- ner stattgefundenen Belastung zu machen. Für das erstere wird die sogenannte aerob-anaerobe Schwelle ermittelt, für das letztere der Base-Exzeß-Wert sowie das Lak- tat. So läßt sich direkt auf dem Sportplatz zum Beispiel dem Schwimmer, Ruderer, Kanuten, Radfahrer oder Läufer direkt sagen, ob seine Belastungsintensität zu niedrig oder zu groß war und inwie- weit bei vorangegangener subjekti- ver Maximalbelastung dieses Emp- finden der objektiven Aussage ent- spricht. Durch diese Methoden kön- nen gegebenenfalls eine überflüssi- ge Trainingsbelastung und Zeit ein- gespart werden.

Zu Punkt

0 .

Mithilfe bei der Ent- wicklung von Trainingsmethoden:

Den vereinten Anstrengungen von Naturwissenschaft und Medizin ist es heute bei manchen Sportarten schon gelungen, zur Entwicklung der Trainingsmethoden beizutragen. Allerdings setzt das ein hohes Maß an Kooperation der verschiedenen Fachdisziplinen voraus. Sicherlich aber sind auch heute noch eine Rei- he physiologischer Prinzipien un- entdeckt, welche aus der Sicht der Wissenschaft helfen können, auf physiologischem Wege die potenti- ell vorhandene Leistungsfähigkeit voll zu entwickeln.

Andererseits hat in diesem Bereich der Gedanke des "nil nocere" ganz im Vordergrund zu stehen. Darum verbieten sich alle diejenigen lei- stungsfördernden Maßnahmen, die auch nur eventuell mit einem ge-

sundhellliehen Risiko behaftet sein könnten. Zwei Aspekte stehen inner- halb dieses Aufgabenbereiches dec Sportmedizin im Hochleistungs- sport im Vordergrund:

~ Dem Athleten zu helfen, mit ei- nem Minimum an Zeitaufwand ein Maximum an Effekt zu erzielen, und ferner, trotz der notwendigen gro- ßen Trainingsbelastungen seine Ge- sundheit zu erhalten.

Das setzt die Mitbeteiligung des Arz- tes an der Regulation des Alltagsle- bens des Hochleistungssportlers so- wie seiner Ernährunggewohnheiten voraus. Die sogenannte "Charta des deutschen Sports" kann hier als Richtlinie dienen. Allerdings dürfen dadurch dem Arzt nicht die Hände gebunden sein, wenn es um die Ge- sundheit des Athleten geht. Das gilt zum Beispiel dann, wenn der Athlet zu gesundheitlich wenig empfeh- lenswerten Maßnahmen greift, wie beispielsweise zum sogenannten

"Gewichtmachen" oder "Abko-

chen". ln diesen Fällen muß der Arzt

in der Lage sein, verlorengegangene

Elektrolyte qualitativ und quantitativ vollgültig ersetzen zu können. An- dernfalls drohen bei der nachfolgen- den Belastung gesundheitliche Be- einträchtigungen. Das gilt auch für Vitamingaben. Wie vor allem Unter- suchungen in der Deutschen Demo- kratischen Republik ergaben, be- stand dort bei manchen Hochlei- stungssportlern ein Mangel an den Vitaminen B1, B2, Niacin und C.

Auch hier muß medikamentöse Sub- stitution gestattet sein. Ferner hat man in der Sowjetunion offenbar gute Erfahrungen damit gemacht, Schwachstellen in der Muskulatur, die als leistungsschwächste Glieder

in der Leistungskette besonders ver-

letzungsanfällig sind und gegebe- nenfalls durch übliche Krafttrai- ningsmaßnahmen nicht genügend angesprochen werden können, mit- tels eines elektrischen Krafttrainings zu stärken und damit die Verlet- zungsanfälligkeit herabzusetzen. ln der Bundesrepublik liegen hierzu noch keine Erfahrungen vor.

Ferner hat der Sportarzt in diesem Bereich die Aufgabe, den Hochlei-

stungssportler vor der Benutzung gesundheitsschädigender Maßnah- men zu bewahren. Das gilt nach der vorliegenden Erfahrung speziell bei zwei oder drei Sportarten besonders

im Hinblick auf die Zufuhr von Glu-

kokortikoiden. Uns ist noch niemals die Verabfolgung derartiger Sub- stanzen so oft bekannt geworden wie im vergangenen Sommer. Es mag mit der Häufung nennenswerter internationaler Veranstaltungen im westeuropäischen Raum zusam- mengehangen haben. Angeblich wird durch derartige Steroide das Ausdauerleistungsvermögen gestei- gert. Gleichzeitig aber führen diese Substanzen zu Störungen oder Schäden im Eiweißstoffwechsel, un- ter anderem offenbar auch bei den Abwehrmechanismen des Organis- mus. Leichte Erkältungen wachsen sich dann schnell zu langwierigen und schwer zu behandelnden Infek- tionen aus. Der eine oder andere Leistungssportler mußte deshalb im vergangenen Sommer längere Zeit sein Training einstellen. Wenn man uns Ärzten in vergangenen Jahren vorgeworfen hat, nicht rechtzeitig genug vor der Ausbreitung der Ana-

bolika gewarnt zu haben, dann kön-

nen wir im gegenwärtigen Stadium der Entwicklung nicht deutlich ge- nug vor der Anwendung von Gluko- kortikoiden warnen.

Zu Punkt

0 .

Überprüfung des Re- glements in verschiedenen Sportar- ten zwecks Ausschluß von Scha- densquellen: Der Einbruch in den biologischen Grenzbereich der Lei- stungsmöglichkeiten muß mögli- cherweise zukünftig auch im Regle- ment verschiedener Sportarten Be- rücksichtigung finden. Wir können als Ärzte nicht zulassen, daß die Ge- sundheit des Hochleistungssport- lers aufgrundveralteter Regeln oder Vorstellungen gefährdet wird. Der- gleichen Denkanstöße setzen zur Zeit weltweit ein, wie wir auf ver-

schiedenen internationalen Veran-

staltungen der letzten zwei Jahre be- obachten konnten. Sie kommen vor allem auch von den Sportärzten des Ostblocks. Hier sei stellvertretend nur eine Sportart genannt, die sich zur Zeit in dieser Hinsicht im Ge- spräch befindet: Das Kunstturnen

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Zum Nachweis okkulter Abszesse des Abdomens oder des Beckens eignen sich und ergänzen einander Sonographie und 67Gallium-Szinti- graphie. In der Regel wird die Sono- graphie zuerst durchgeführt, da sie ohne Belastung des Patienten bei hoher Spezifität und Sensitivität der Methode rasch und beliebig oft möglich ist.

Die 67Gallium-Szintigraphie ist hin- zuzuziehen, wenn die sonographi- schen Befunde nicht eindeutig sind oder dem klinischen Bild nicht ent- sprechen. Besteht der klinische Ver- dacht auf eine Abszedierung ohne Hinweis auf die Lokalisation, so steht die Szintigraphie im Vorder- grund, der die Sonographie zur Ab- sicherung zu folgen hat. Falsch ne- gative Befunde sind bei der Sono- graphie dann zu erwarten, wenn der Schallkopf postoperativ durch Nar- ben oder andere mechanische Hin-

Seit Anwendung des Histamin-H 2- Rezeptorenblockers Cimetidin in der Therapie und Prophylaxe des UI- kusleidens sind insgesamt 15 Mittei- lungen über zentralnervöse Neben- wirkungen dieses Präparates er- schienen. In dieser neueren Mittei- lung wurden 36 Patienten einer In- tensivstation unter sechsstündli- cher, intravenöser Cimetidingabe (Einzeldosis 300 mg) prospektiv un- tersucht. 6 Patienten reagierten in- nerhalb von 48 Stunden nach Be- ginn der Medikation mit Desorien- tiertheit, Aggressivität, Halluzinatio- nen, Myoklonien und Grand-mal- Anfällen. Alle diese Erscheinungen waren nach Absetzen von Cimetidin reversibel. Blutspiegeluntersuchun- gen zeigten deutlich höhere Cimeti- dinwerte bei den Patienten, welche klinisch auffällig wurden. Ursächlich hierfür waren Leber- und Nieren-

dernisse oder auch durch Meteoris- mus nicht korrekt geführt werden kann. Falsch negative Befunde sind bei der 67Gallium-Szintigraphie sehr selten. Sie sind nur bei sehr kleinen, multiplen Abszessen zu erwarten.

Dahingegen sind falsch positive Er- gebnisse sonographisch sehr un- wahrscheinlich, während sie szinti- graphisch weitaus häufiger sind, be- dingt durch verschiedenste ent- zündliche Erkrankungen im Abdo- men oder Beckenraum. Mh

Lisbona, R.; Cassoff, J.; Angtuaco, E.; Satin, R.: Comparative Accuracy and Complementary Use of 67Ga-Citrate Imaging and Ultrasound in the Diagnosis of Abdominal Abscesses, Clin.

Nucl. Med. 4 (1979) 108-110, R. Lisbona M. D., Department of Diagnostic Radiology, Jewish General Hospital, 3755 Cote St. Catherine Road, Montreal P. Q. H3T 1 E2 — Taylor, K. J. W., Sullivan, D. C.; Wasson, J. F. M.; Rosenfield, A.

T.; Ultrasound and Gallium for the Diagnosis of Abdominal and Pelvic Abscesses, Gastrointest, Radiol. 3 (1978) 281-286.

funktionsstörungen, denn Cimetidin wird in der Leber metabolisiert und über die Nieren in unveränderter Form ausgeschieden.

Da die Autoren Cimetidin auch im Liquor nachweisen konnten, neh- men sie als Ursache der klinischen Erscheinungen eine Blockade von H 2-Rezeptoren des Zentralnervensy- stems an und empfehlen eine Dosis- reduzierung bei Patienten mit einge- schränkter Nieren- und Leberfunk- tion. Grc

Schentag, J. J.; Calleri, G.; Rose, J. Q.; Cerra, F.

B.; DeGlopper, E.; Bernhard, H.: Pharmacoki- netic and clinical studies in patients with Cimetidine-associated mental confusion, Lan- cet I, (1979) 177-181, State University of New York at Buffalo, Schools of Pharmacy, Medicine and Surgery, and Clinical Phar- makokinetics Laboratory, Millard Fillmore Hospital, Buffalo, N. Y., USA

Sportmedizin

der Frauen, welches sich zu einem Kunstturnwettbewerb der Kinder entwickelt hat.

Sportarztzentren

Um die genannten Aufgaben im ge- samten Sportbereich und vor allem im Hochleistungssport erfülle.n zu können, bedarf es entsprechender personeller und apparativer Ausstat- tungen der sportmedizinischen Zentren. In diesem Zusammenhang ist dem Deutschen Sportbund und dem Bundesministerium des Inne- ren Dank zu sagen für die große und verständnisvolle Unterstützung, die unseren sportmedizinischen Zen- tren in den vergangenen Jahren zu- teil wurde. Hier ist hervorragende Aufbauarbeit geleistet worden. Sor- ge bereitet zur Zeit lediglich die Sta- gnation und damit der relative Rück- gang der jährlichen Zuwendungen des Bundes für die sportmedizini- sche Forschung auf Bundesebene.

Im Gegensatz dazu sind im letzten Jahrzehnt die Mittel für Dopingkon- trollen angestiegen und werden si- cherlich noch weiter ansteigen. Da- zu sei bemerkt, wenn die zur Verfü- gung stehenden Forschungsgelder relativ zurückgehen sollten bei gleichzeitig ansteigenden Ausgaben für die Dopingkontrolle, so läßt sich das nur als eine Dekadenz der Ent- Wicklung bezeichnen, die nicht nur der Sportmedizin, sondern vor allem der Gesundheits- und Leistungser- haltung unserer Bevölkerung durch präventive Sportmedizin wenig dienlich ist.

Literatur

Hollmann, W. (Hrsg.): Zentrale Themen der Sportmedizin. 2. Aufl., Springer, Berlin/Heidel- berg/New York 1977 - Hollmann, W., Hettinger, Th.: Sportmedizin — Arbeits- und Tranings- grundlagen. Schattauer, Stuttgart/New York 1976

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Wildor Hollmann Leiter des lnstitüts für

Kreislaufforschung und Sportmedizin

Deutsche Sporthochschule 5000 Köln-Müngersdorf

FÜR SIE GELESEN

Ultraschall und vGallium-Szintigraphie zur Abszeßdiagnostik

Zentralnervöse Nebenwirkungen der Cimetidin-Therapie

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 34 vom 23. August 1979 2139

Referenzen

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