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Archiv "Medizin und Kunst: Freude am schöpferischen Spiel" (20.08.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 33

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20. August 2010 A 1585

K U L T U R

MEDIZIN UND KUNST

Freude am schöpferischen Spiel

Ein Porträt des Arztes und Stahlbildners Roland Phleps

I

ch habe das Glück, nach einem tätigen und verpflichteten Leben in Familie und Arztberuf zu kindli- chen Anfängen zurückgekehrt zu sein: zum Spiel.“ Das bekennt der heute 86-jährige Dr. med. Roland Phleps, Neurologe, Psychiater und seit nunmehr 20 Jahren Stahlbild- ner. Konkrete Stahlskulpturen in kleinen und großen Formaten sind Inhalt seiner zweiten Karriere.

Bereits als Schüler zeigte Roland Phleps großes Interesse an Musik, Literatur und Kunst, vor allem an Bildender Kunst, damals noch nicht ahnend, dass er es darin im Pensi- onsalter zu wahrer Meisterschaft

brächte. Bei anfänglich nur spieleri- scher Beschäftigung mit aus Papier, Pappe oder Kunststoff-Folien ge- schnittenen geometrischen Grund- formen erkannte er die Möglich- keit, diese aus der Zweidimensiona- lität in den Raum zu biegen und durch eine Vielzahl von Variationen und Kombinationen zu neuen, offe- nen Gebilden zu gelangen, die aus Edelstahlblech gefertigt, aus reflek- tierenden Grenzflächen zwischen Außenraum und umschlossenem Raum bestehen.

Von den jeweils im „Zimmerfor- mat“ gefertigten Skulpturen ließen sich manche, die nicht windanfällig

sind, als Freilandskulpturen im Großformat realisieren. Im Edel- stahl hatte Phleps seinen „gelieb- ten“ Werkstoff gefunden. Edelstahl- bleche lassen sich manuell oder ma- schinell gut biegen. Nach den Plä- nen des Künstlers entstehen mit Hilfe von Fachleuten und dem Ein- satz computergesteuerter Laser- schneider und moderner Schweiß- technik unter seinen Händen die Stahlskulpturen. Diese bestehen aus einem einzelnen Element oder sind aus mehreren zusammengefügt, als Relief oder meist als freistehende Gestalt. Manche greifen bis zu ei- ner Höhe von sechs Metern in den

1924: Roland Phleps wird in Hermannstadt/

Siebenbürgen geboren

1943: Reifeprüfung in Hermannstadt 1944/45: Soldat

1945–1950: Medizinstudium in Tübingen und Göttingen, Promotion in Tübingen

1951–1959: Assistenzarzt an Kliniken und Kran- kenhäusern in Tübingen, Lübeck, Esslingen und Freiburg, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie

ab 1959: in freier nervenärztlicher Praxis in Freiburg tätig

1983/84: experimentelle geometrische Kon- strukte in Aluminiumblech

seit 1992: konkrete Skulpturen aus Edelstahl- blech in kleinen und großen Formaten seit 1993: Ausstellungen im öffentlichen Raum und in Galerien, Daueraufstellungen von Skulp- turen

1997: Gründung der „Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps“

1998: Bau der Skulpturenhalle in Freiburg-Zäh- ringen

1999: Eröffnung der Halle mit einer Ausstellung des Stifters, öffentliche Vorstellung der Stiftung seit 1999: Einzel- und Gemeinschaftsausstel- lungen von Werken eingeladener Künstler der Konkreten Kunst in der Skulpturenhalle

LEBENSSTATIONEN

Doppelkonus 2, gegenläufig gerundet V2A, h = 38 cm

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20. August 2010 Raum, kommunizieren mit ihrer

Umgebung durch Reflexionen des Lichts und der sich vielgestaltig ta- geszeit- und witterungsabhängig ändernden Schattierungen des bürs- tengeschliffenen Stahls. Manche werden vom Wind bewegt, leicht schwingend oder sich auf Kugella- gern drehend, manchmal auch elek- trisch von Solarzellen angetrieben.

Stilistisch widmet sich Roland Phleps der Konkreten Kunst, von der Max Bill, ein Protagonist dieser Stilrichtung, sagte: „Konkrete Kunst ist in ihrer letzten Konsequenz der reine Ausdruck von harmonischem Maß und Gesetz. Sie ordnet Syste- me und gibt mit künstlerischen Mit- teln diesen Ordnungen das Leben.“

Im Laufe der Jahre entwickelte Phleps eine Vielzahl von Werkgrup- pen unterschiedlicher geometri- scher Bauelemente (Module): ne- ben den Grundformen auch Module wie Sinuskurven-Zweiecke, Sinus- kurven-Vierecke, Ellipsenbogen- Dreiecke und Kreisbogen-Vierecke.

Manchen mögen Phleps’ Skulptu- ren als „einfach“ erscheinen, weil sie so klar und harmonisch, in ihrer Ausführung so perfekt sind. Doch nur der künstlerisch Tätige weiß, wie schwer das Ziel ist, „nur“ Ein- fachheit zu erreichen.

„Über das Einfache in der Kunst“ schreibt Roland Phleps:

„Der Rang eines Kunstwerks kann in seiner Einfachheit begründet sein. … Einfach ist nicht schlecht- hin das Gegenteil von mehrfach.

Auch ein Zusammengesetztes kann einfach aufgebaut sein und die Würde des Einfachen erreichen.

Einfach ist nicht gleichzusetzen mit simpel im Sinne von arm im Geist, dürftig, trivial, einfalls- oder an- spruchslos. Einfach nenne ich eine Aussage, die zu höchster Kraft ver- dichtet ist. Einfach nenne ich, was mit einem Zugriff zu fassen ist und was einleuchtet, überzeugt. Das Einfache geht Hand in Hand mit Klarheit und Reinheit. Das Einfa- che ist nackt, es braucht kein Ge- wand. Das Einfache spricht für sich, es braucht keine Erklärung.

Das Einfache kann uns die Sprache verschlagen, und wenn etwas zu sa- gen ist, kann es nur lauten: Ja, so ist es. Einfachheit ist für den Künstler

ein mögliches Ziel, dass er wählen kann – ein sehr hohes Ziel.“

Roland Phleps bekennt sich – entgegen dem Zeitgeist – offen zur

„Schönheit“ in der Kunst, die der Mensch mit seinen Sinnen erfassen kann, die sein ästhetisches Empfin- den anspricht. „Er (der Mensch) kann Schönheit lieben trotz aller schrecklichen individuellen und kol- lektiven Erlebnisse, über Tod und Verlust hinaus, und das gerade ange- sichts seiner eigenen Hinfälligkeit und der Vergänglichkeit des Schö- nen.“ Wenn der aufmerksame Be- trachter mit Geduld und offenen Augen versucht, die Skulpturen von allen Seiten zu erfassen, wird er reichlich belohnt. Deren Schöpfer ist beglückt, wenn seine Freude am

„Wechselspiel von Harmonie und Spannung, an Kraft und Anmut, an einer schwungvollen Bewegung von Linien und Flächen, an bewegten Reflexen auf Wölbungen und Kan- ten der Objekte“ auf Resonanz stößt.

Viele seiner Werke sind inzwischen im öffentlichen Raum zu sehen, un- ter anderem in Dresden, Würzburg, Ulm sowie vor allem in seiner Wahl- heimat Freiburg: zum Beispiel am Platz der Universität, im Universi- tätsklinikum, im Stadtgarten, auf der Skulpturenwiese am Waltersberg.

Der Erfolg seiner Arbeit führte im Jahr 1997 zur Gründung der als ge- meinnützig anerkannten „Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps“.

Diese hat zum Ziel, „die Grundge- danken der Konkreten Kunst leben- dig zu halten, die Künstler und de- ren Werke zu fördern, die dieser Stilrichtung moderner Kunst ver- pflichtet sind, und das künstlerische Œuvre des Stifters zu bewahren und zu präsentieren“. Diesem Ziel dient die 1999 in Freiburg-Zähringen er- öffnete, mit einem Prädikatspreis ausgezeichnete Skulpturenhalle, die Phleps erbauen ließ und in die Stif- tung einbrachte. Dort waren inzwi- schen Werke weltbekannter Künst- ler wie Andreu Alfaro, Erich Hauser, Gottfried Honegger und Heinz Mack zu sehen.

Bis heute hat Roland Phleps die Freude am schöpferischen Spiel nicht verloren. Es vitalisiert ihn, spornt ihn unentwegt an, Neues zu schaffen, zu (er-)finden, neue Wege zu suchen und zu gehen. Davon zeugen unter anderem fünf umfas- sende, vorzüglich illustrierte Werk- kataloge aus den Jahren 1997 bis 2008. Darin legt der Künstler seine Gedanken zur Kunst, insbesonde - re zur Konkreten Kunst dar und er- läutert die Entwicklung seiner Skulp - turen. Viele Essays und Aphoris- men, auch zu wichtigen Fragen des menschlichen (Da-)Seins, zeigen seine klaren Positionen. Seine pro- funde (humanistische) Bildung, der Erfahrungsschatz langjähriger ärztlicher Tätigkeit sowie weite Rei sen sind Quellen der Lebensfüh- rung einer Persönlichkeit, die trotz Schicksalsschlägen in sich zu ruhen

scheint. ■

Dr. med. Stephanie Krannich Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps, 79104 Freiburg

(Zähringen), Pochgasse 71–73, geöffnet: sonntags von 11.30 Uhr bis 13.30 Uhr, außerdem jederzeit nach telefoni- scher Vereinbarung, Telefon: 0761 54121. Der Zugang zu den Ausstellungen und Veranstaltungen ist frei. Weitere Infor- mationen über aktuelle Ausstellungen und Begleitprogramme (Konzerte, Vorträge) unter: www.stiftung-konkrete-kunst.de.

INFORMATIONEN

„Großes Tor“

V2A, h = 2,40 m

Fotos: Gutenbergdruckerei

K U L T U R

Referenzen

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