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Archiv "Therapie" (23.10.1975)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin.

„Syndromose"

Nichts gegen den guten alten Dr.

Basedow oder Bechterew. Aber was soll der bemühte Kollege den- ken, wenn z. B. mit dem Na- men Wilson eine Stoffwechselstö- rung mit Leberzirrhose, ein Säug- lingsdurchfall, ein Megakolon, eine Nierenkrankheit, eine Erkran- kung des Rückenmarkes und eine EKG-Veränderung verknüpft sind.

Hinzu kommt, daß es nicht nur No- mensyndrome, sondern auch Pseu- do-Nomensyndrome gibt, zum Bei- spiel ein Crouzon-Syndrom und ein Pseudo-Crouzon-Syndrom.

Im Kongreßprogramm einer regio- nalen Internistengesellschaft wer- den gleich sechs Vorträge über solche nur durch Eigennamen ge- kennzeichnete Syndrome angekün- digt, ohne daß gesagt wird, ob es sich etwa um eine spezielle Form von Hämorrhoiden, eine Erkran- kung der Zirbeldrüse oder viel- leicht ein Aneurysma an einer be- sonders seltenen Stelle des Arte- riensystems handelt. Da sollte man sich überlegen, ob es lohnt, diesen Kongreß zu besuchen, oder ob die Experten besser unter sich bleiben.

Auch die Lektüre medizinischer Wochenschriften wird komplizier- ter. Die White-, Brown- und Black- oder wie immer die Erstbeschreiber hießen -Syndrome tauchen überall in den Überschriften auf. Bei Fremd- referaten hat man manchmal den Eindruck, der Referent wußte selbst nicht, was unter diesem „So- wieso-Syndrom" gemeint ist. Viel- leicht hatte er auch den „Leiber- Olbrich" nicht zur Hand, oder, durchaus denkbar, dieses Syndrom stand noch gar nicht drin. Nur ein Beispiel: In der Medical Tribune 10, Nr. 3 vom 17. Januar 1975 wer- den neue Befunde zum M. Wilson referiert, ohne zu erwähnen, wel- ches der sechs mit dem Namen Wilson geschmückten Syndrome gemeint ist. Oder ist es vielleicht ein siebentes?

Hier ein Tip: Wer seinen Namen in die Weltliteratur einschleusen möchte, der sammle drei Fälle (zwei reichen meist nicht aus) ei-

ner Symptomenkombination, sagen wir zum Beispiel Hühneraugen, Meteorismus und Stottern (ver- mutlich noch nicht als Syndrom be- schrieben) und versuche, diese zu veröffentlichen. Das gelingt meist leichter, wenn gleichzeitig auf neu entwickelte Therapeutika hingewie- sen wird, die in diesen Fällen er- folgreich angewandt wurden. Vor- sichtig sei man dagegen mit der Ätiologie, wenn man auch zeigen soll, daß man in der Syndromenli- teratur zuhause ist.

Jetzt kommt der entscheidende Schritt: Ein Freund, ein zu Dank verpflichteter früherer Assistent muß weitere Fälle vom ... Syndrom veröffentlichen und nun den Na- men des Erstbeobachters hinein- kombinieren, und schon ist es ge- schafft. Das Nomen-Syndrom wird zum Selbstgänger und wenn man Glück hat, wandelt sich sogar das ... Syndrom zum Morbus Aber Eile ist geboten. Einige Na- men, zum Beispiel Wilson, sind be- reits überbesetzt. Dagegen fanden sich die in Deutschland sehr häufi- gen Namen Meier oder Müller nur je dreimal im „Leiber-Olbrich".

Überhaupt scheinen englische Na- men für Syndrome besonders ge- eignet. Es zeugt von Großmut, wenn man bei weiteren Veröffent- lichungen auch den Namen des Zweitbeschreibers in das ... Syn- drom einschließt. Auch drei Namen klingen gut. Nur sollte man an er- ster Stelle stehen, denn die Spon- dylitis ancylosans heißt heute nicht mehr Morbus Bechterew, Strüm- pell, Piäre-Marie, sondern schlicht Morbus Bechterew, obwohl sie Strümpell 1885 als erster be- schrieb, Bechterew erst sieben Jahre später.

Leiber und Olbrich schließen ihre Syndromensammlung mit einem Vers aus Goethes Faust. Er sei hier zitiert:

Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,

durch die man zu den Quellen steigt,

und eh man nur den halben Weg erreicht,

muß wohl ein armer Teufel sterben.

Dieser arme Teufel ist der interes- sierte und in der Praxis stehende Kollege. Die „Syndronomose"

droht epidemische Formen anzu- nehmen. Es wird nur dann gelin- gen, sie einzudämmen, wenn die Redakteure medizinischer Zeit- schriften und die Veranstalter ärzt- licher Kongresse sich in Zukunft konsequent weigern, Arbeiten oder Vorträge anzunehmen, in deren Ti- tel ein nur mit Eigennamen be- zeichnetes Syndrom prangt. Im In- teresse von uns „armen Teufeln"

wird hiermit dazu aufgerufen.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Horst Jungmann 2 Hamburg 20

II. Medizinische Klinik Martinistraße 52

Therapie in Kürze

Die Fallotsche Tetralogie ist ein Herzvitium mit großer Variabilität und kann daher nicht nach einem standardisierten Vorgehen korri- giert werden. Sind die Arteria pul- monalis und ihre Äste stark hypo- plastisch, muß mitunter immer noch zweizeitig operiert werden.

Es gilt zu beachten, daß die Ventri- kelinzision dem Verlauf der Kranz- arterien angepaßt wird. Die ge- ringste Rezidivrate hat der Ver- schluß des Ventrikel-Septum-De- fekts mit Dacron oder Teflon. Die Infundibulumstenose ist großzügig zu resezieren. Der rechtsventriku- läre Druck sollte nach dem Eingriff nicht mehr als zwei Drittel des links- ventrikulären Drucks betragen. Ist der Druck im rechten Ventrikel hö- her als der im linken, muß der Aus- flußtrakt plastisch rekonstruiert werden. Rund neun Zehntel der Pa- tienten überleben eine Korrektur der Fallotschen Tetralogie. Etwa 90 Pro- zent davon sind zu einem praktisch normalen Leben im Stande. cb (Klinner, W.: Herz/Kreisl. 7 [1975]

52-54) 2972 Heft 43 vom 23. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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