328 Erdkunde Band V trag fand besonders dankbaren Beifall, in der Dis
kussion gab Prof. E. Imhof, Zurich, wertvolle Ergan
zungen.
Einen ausgezeichneten Beitrag zur historischen Kar tographie stellte der Vortrag von Museumsdirektor
H. Kruger, Giefien, ?Europas alteste Strafienkarten
des Nurnberger Meisters Erhard Etzlaub aus den Jahren 1500 und 1501" dar. Diese erste Strafienkarte, die Etzlaub ohne Vorbild unvermittelt zum Heiligen Jahr 1500 geschaffen hat, bedeutet eine kulturelle
Grofitat. Die Karte wurde von Kruger einer ein
gehenden Analyse unterzogen und ihre iiberraschend hohe Genauigkeit unter Beweis gestellt.
Fiir den Geographen besonders aktuell war der Vortrag von Dr. Pillewizer, Miinchen, ?Als Karto
graph in unerforschten Landern". Aufbauend auf eigenen Arbeiten und umfangreichen Erfahrungen gleichermafien mit den klassischen Routenaufnahmen
wie mit den modernen photogrammetrischen Ver
fahren von der Erde aus und aus der Luft, schilderte er die heute fiir den Geographen gegebenen Moglich keiten, auf Expeditionen topographische und karto graphische Aufnahmen durchzufiihren. Er unterschied dabei drei verschiedene Grundtypen der aufzuneh menden Landschaft: Flachland, Flachland mit Einzel erhebungen und Bergland. In jedem dieser Falle ist die Aufgabe durch sinnvolle ^Combination der ver
schiedenen Verfahren losbar, wobei auch astrono mische Ortsbestimmungen anzuwenden sind. Um
grofiere zusammenhangende Gebiete zu erfassen, ist
die Genauigkeit und damit die ganze Arbeitsweise oft auf verhaltnismafiig kleine Kartenmafistabe abzu stimmen. Der aufierst instruktive Vortrag fiihrte den Geographen ein Arbeitsgebiet vor Augen, das fiir sie
auch heute noch von grofier Bedeutung ist und ob seiner Vielseitigkeit intensiver Pflege bedarf.
Der Vortrag von H. Bosse ?Anwendung des Astra
Ion- und Zeichenverfahrens bei der heutigen Karten herstellung" gab einen lebendigen und instruktiven Einblick in die Umwalzung, die gegenwartig im kar
t6graphischen Reproduktionswesen vor sich geht. An
Stelle des Stichs in Kupfer und Stein tritt in immer grofierem Umfang die reproduktionsfahige Reinzeich nung auf besondere Papiere und durchsichtige Zeichen trager, unter denen wegen seiner Mafihaltigkeit Astra Ion die grofite Rolle spielt. Eine Fiille von Problemen tun sich auf, z. B. die des Zeichenmafistabs im Ver haltnis zum Druckmafistab, die photographischen
Vorgange, die zu verwendende Tusche, die Dauer
haftigkeit und Feinheit des Ergebnisses. Der sehr gute Vortrag loste eine besonders lebhafte Diskussion aus, wobei E. Imhof wertvolle Erfahrungen aus der
Schweiz mitteilte.
Die beiden letzten Vortrage von H. Ermel, Kiel, und E. Ravensteiny Frankfurt, galten den ?Ausbil dungsfragen der amtlichen und privaten Kartogra phie". Die Hochschulausbildung fiir die amtliche Kartographie erfolgt derzeit in der Fachrichtung Ver messungswesen an den Technischen Hochschulen, fiir
die fachschulmafiige Ausbildung von Kartographen bzw. Ingenieuren fiir Landkartentechnik (iiber diesen Titel entstand eine lebhafte Diskussion) stehen gegen wartig drei Kartographenschulen in Berlin, Miinchen
und Frankfurt zur Verfiigung. Die beiden letztge
nannten sind erst vor kurzem eingerichtet worden.
Das Wirken dieser Schulen ist von grofier Bedeutung fiir die Zukunft der Kartographie. Sehr lehrreich war die mit der Tagung verbundene Ausstellung von
hochwertigen Obungsarbeiten der Frankfurter Karto
graphenschule, die ein instruktives Bild der Unter richtserfolge auf zeichnerischem Gebiet gaben.
Zum Schlufi der Tagung wurde als Ergebnis der beiden ersten Vortrage und der sich anschliefienden Diskussion iiber die Denkschrift der Berliner Ordi
narien eine Entschliefiung der Kartographischen Ge sellschaft einstimmig angenommen, weiche das deut sche Kartenwesen der besonderen Beachtung durch die Bundesorgane empfiehlt, die Leistungen der Landes vermessungsamter seit 1945 auf dem Gebiet der amt
lichen Kartographie anerkennt und fiir die Karten werke 1 :200 000 und kleiner eine dem ehemaligen
Reichsamt fiir Landesaufnahme entsprechende Ein richtung als notwendig bezeichnet. Im Interesse der
Erhaltung und Weiterentwicklung der kleinmafistab lichen Kartenwerke wird ferner die Bundesregierung gebeten, geeignete Mafinahmen in Verbindung mit den Landesregierungen zu treffen, um die einheitliche
Bearbeitung der genannten Kartenwerke unter Ein
schaltung des Berliner Amtes fiir Kartographie und
Kartendruck sicherzustellen.
Im ganzen gab die Kartographische Tagung einen ausgezeichneten Querschnitt durch die gegenwartigen Probleme und Aufgaben der Kartographie sowie ihren heutigen Stand. Die Bedeutung der Geographie fiir das Kartenwesen kam dajpei klar zum Ausdruck, bedauerlich war es, dafi nur wenig Geographen an der Tagung teilnahmen. Wenn auch der auf die Ta gung mit einem Tag Zwischenraum folgende Geo graphentag zur Klarung beitragen mag, so mufi doch der Appell an alle Geographen gerichtet werden, der Kartographie die Beachtung zu schenken, die sie ge
rade vom Standpurikt der Geographie verdient, und an der Losung der zahlreichen kartographischen Auf
gaben und Probleme mitzuarbeiten, weil deren Lo
sung ohne intensive Mithilfe der Geographen nicht
moglich ist. R. Finsterwalder
Bericht iiber die Jubilaumstagung des Archive fiir Polar forschung Kiel
Aus Anlafi des 25jahrigen Bestehens des Archivs fiir Polarforschung zu Kiel fand vom 18. bis 20. Juni 1951
im Rahmen der-Kieler Woche eine Jubilaumstagung der Vereinigung zur Forderung des Archivs fiir Polar
forschung statt.
Unter der geringen Zahl der eigentlichen Tagungs teilnehmer (etwa 30) war die auslandische Polar forschung durch Monsieur Bauer als Teilnehmer der franzosischen Gronland-Expedition 1948/51 und Dr.
Stauber, Schweiz, als Mitglied der danischen Gron land-Expeditionen 1936/38, 1948, 1949 und 1950
vertreten. Bemerkenswert war, dafi Hochschulver
treter der deutschen Polarforschung und der ihr am nachsten stehenden Disziplinen '(Geographie und
Ozeanographie) nicht zugegen waren, selbst nicht ein
mal von der Universitat Kiel, die anerkannte Polar
Tagungen und Kongresse 329
kenner aufweist. Auch wissenschaftliche Teilnehmer
der deutschen Arktis-Unternehmungen 1940/45 fehl
ten vollkommen.
Das Programm der Vortrage, das bereits gegeniiber dem urspriinglichen Plan Veranderungen und Ein
schrankungen aufwies, mufite zu Tagungsbeginn
nochmals abgeandert werden, so dafi darin Rand gebiete (Biologie, Medizin) starker hervortraten, wahrend zentrale Probleme der Polarforschung, wie Klimatologie, Glaziologie, Geomorphologie, Ozeano
graphie und Geophysik, in gesonderten Referaten iiberhaupt nicht zur Geltung kamen.
Den einfiihrenden Vortrag hielt Dr. Grotewahl, Leiter des Archivs fiir Polarforschung Kiel, ?Zum 25jahrigen Bestehen des Archivs", in welchem er die Idee, den Werdegang und die Aufgaben der vergan genen Zeit schilderte. ? Das Archiv fiir Polarfor
schung ist eine Privat-Institution, die 1926 von Dr.
Grotewahl nach einer Forschungsreise an die West
kiiste Spitzbergens in Kiel gegriindet wurde. Es wird
. durch eine Forderungsvereinigung unterhalten sowie
bisher durch Beihilfen der Stadt Kiel unterstiitzt und ist Herausgeber der Zeitschrift ?Polarforschung".
In einem lebendigen Vortrag schilderte Konter admiral a. D. Eyssen die Fahrt des Hilfskreuzers
?Komet" iiber den sibirischen Seeweg und in den Randgebieten der Antarktis 1940/41, die vor allem
als eine navigatorische Leistung zu werten ist. ? Dr.
E. Herrmann, Celle, brachje die bekannten Luftauf
nahmen von seiner Spitzbergen-Reise 1938 und von
der deutschen Antarktis-Expedition 1938/39 in Neu
schwabenland zur Vorfiihrung.
Anschliefiend verlas Dr. Macht, Kiel, eine Nieder schrifl; von Dr. Holzapfel, Kissingen, iiber ?Deutsche Polarforschung 1940/45", in weicher ein chronolo
gischer Oberblick aller Arktis-Unternehmungen der Kriegszeit, gegliedert nach Wettererkundungsfliigen,
schwimmenden bzw. landfesten Stationen und unbe mannten Stationen (Einsatz automatischer Gerate)
gegeben wurde.
Der zweite Tag begann mit einem Vortrag von Obermedizinalrat Dr. Abs, Miilheim, iiber ?Bedeu
tung und Aufgaben der Medizin in der Polarfor
schung". Dr. Stauber, Schweiz, berichtete iiber ?Geo
logische Forschungsarbeit im Fjordgebiet NO-Gron
lands" im Raume des Scoresby-Sundes, die zur Ent
deckung der grofiten und ergiebigsten Bleilagerstatten der Erde fiihrte. Zahlreiche Lichtbilder standen im Mittelpunkt der vielseitigen Ausfiihrungen. ?Die Be
deutung flechtenkundlicher Untersuchungen fiir die
Polarforschung" wurde von Dr. Mattick, Berlin, be tont.
In die moderne Entwicklung der Polarforschung
unter starkem Einsatz von technischen Hilfsmitteln
in Organisation und wissenschaftlicher Methodik fiihrte der aufschlufireiche Vortrag von Monsieur Bauer iiber ?Die franzosische Polarexpedition in Gronland und Adelieland (Antarktis) 1948/51", die
unter Leitung von P. E. Victor stand. ?
Das Haupt
ziel der Expedition waren gravimetrische Messungen auf dem Inlandeis in etwa 70? nordlicher Breite in einem Profil zwischen der Disco-Bucht und dem Scoresby-Sund mit Zentrum in der Station Eismitte, die an der gleichen Stelle von A. Wegeners Station
errichtet wurde. Wesentliche Voraussetzung fiir die
Ausfuhrung der Schweremessungen waren ein Nivel
lement von der Westkiiste bis zur Eismitte und die seismische Feststellung der Eisdicke, die im Profil in Abstanden von 15 km erfolgte, wahrend die gravi
metrischen Messungen in 8 km-Abstanden zur Aus
fiihrung kamen. ? Die Machtigkeit des gronlandi schen Inlandeises betragt nach diesen Messungen maximal 3400 m, unter der Station Eismitte 3100 m.
Die Oberflache des unter dem Inlandeise befindlichen Gesteins liegt weitgehend annahernd im Meeres
niveau mit einer Abweichung von etwa ? 300 m, nur in der Kiistenzone Gronlands wolbt sich der Unter grund randlich auf, im Osten starker als im Westen.
Beachtenswert waren auch die Angaben Bauers iiber die hohe Genauigkeit der durchgefiihrten Nivelle ments und Messungen. ? Ein Farbfilm und viele Lichtbilder zeigten vor allem die organisatorische- und
technische Seite der Gronland-Expedition.
Kapitan Ritscher berichtete iiber ?Die Schwaben land-Expedition 1938/39" urjd zeigte dazu seinen Expeditionsfarbfilm.
Am dritten Tage sprachen Dr. Krumbiegel, Ham burg, iiber ?Biologische Besiedlungsmoglichkeiten in
der Antarktis", und Dr. Kosack, Remagen, iiber seine
Antarktis-Karte im Mafistab 1 :4 Mill., die im Ori ginal vorgefiihrt wurde. Die Karte ist technisch so angefertigt, dafi sie laufend nach den neuesten Expe ditionsergebnissen berichtigt werden kann. Die An gaben des Referenten bezogen sich vor allem auf die neuesten Berichtigungen der Karte seit ihrer Ver offentlichung in Petermanns Mitteilungen 1951 sowie
auf die randlichen Zusatzdarstellungen, wie u. a. ein Zuverlassigkeitsdiagramm.
So anerkennenswert der Plan der Tagung war, das Interesse fiir die Polargebiete in Deutschland wieder zu beleben, und so interessant die Reise
berichte und Bildvorfiihrungen im einzelnen waren, so wenig konnte die Tagung den Geographen wissen schaftlich befriedigen, da er au? ihr von den jiingsten grofien Fortschritten der Polarforschung in verschie denen Disziplinen der Erdwissenschaflen keinen Ein
druck gewinnen konnte. E. G. Kannenberg.
Die Tagung der Deutschen Quartdrvereinigung in Mainz September 1951
Nach den Tagungen in Hannover 1948 (vgl./. Biidel, Neue Wege der Eiszeitforschung. Erdkunde III, 1949, S. 82?96) und Miinchen 1950 (vgl. Erdkunde V, 1951, S. 85?87) versammelte sich die Deutsche Quartar vereinigung in den Tagen 16.?20. 9. 1951 in Mainz,
also im Zentrum eines Gebietes, das den Schliisselpunkt fiir eine Verkniipfung der Bildungen des Eiszeitalters im alpinen und nordischen Vergletscherungsbereich
darstellt. Die Tagung war von etwa 80 Teilnehmern,
besonders Geologen, Geographen und Prahistorikern besucht, unter denen sich auch 11 Gaste aus dem Aus
land (Grofibritannien, Holland, Frankreich, Schweiz, Indien, Goldkiiste) befanden. Die beiden ersten Tage waren Vortragen, die drei folgenden Exkursionen ge widmet. Im Vordergrund standen die Probleme der
quartaren Terrassen, des Quartarklimas und der Peri
glazialerscheinungen, die Gliederung der Lofie und Fragen der altsteinzeitlichen Urgeschichte.