• Keine Ergebnisse gefunden

Ungleichheit so groß wie vor 100 Jahren

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Ungleichheit so groß wie vor 100 Jahren"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

_________________________________________________________________________________________________________________

Verantwortlich: Stefan Körzell, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Kontakt: carina.ortmann@dgb.de Abonnement für „klartext“ und „standpunkt“ unter: http://www.dgb.de/service/newsletter

Nr. 47/2017 21. Dezember 2017

DGB Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Ungleichheit so groß wie vor 100 Jahren

Das Jahr 2017 geht zu Ende. Die Wirtschaft entwickelte sich mit 2,3 % Wachstum in diesem Jahr gut, die Be- schäftigung nahm weiter zu und die Auftragsbücher der Unternehmen sind prall gefüllt. Also, alles im Lot!? Weit gefehlt! Denn vom Erfolg der deutschen Wirtschaft pro- fitieren immer weniger Menschen. Die Einkommen sind so ungleich verteilt wie im Jahr 1913, also unmittelbar vor dem 1. Weltkrieg, zeigt eine neue Studie.

Mehr als 100 WissenschaftlerInnen um den renommier- ten Verteilungsforscher Piketty haben im „Weltreport über Ungleichheit“ herausgefunden, dass die Ungleich- heit in Deutschland stetig zunimmt. So beträgt der Anteil der Einkommen der reichsten 10 % vor staatlicher Um- verteilung mehr als 40 % des Gesamteinkommens. Auf der anderen Seite bekommt die einkommensärmere Hälfte gerade einmal 17 % der Einkommen (siehe Abbil- dung). Das ist das gleiche Gefälle wie vor mehr als 100 Jahren.

Es gibt natürlich Unterschiede zur Kaiserzeit: Damals gab es keine funktionierenden Sozialversicherungssysteme und fast keine staatliche Umverteilung, die die Ungleich- heit mildern kann. Aber dennoch offenbart der Befund der Wissenschaftler, dass hierzulande einiges im Argen liegt. Das war nicht immer so. Nach dem 2. Weltkrieg glichen sich die oberen und unteren Einkommen an. In den 1960er Jahren versammelten die einkommensärme- ren 50 % immerhin ein Drittel der Gesamteinkommen.

Doch besonders seit den 1990er Jahren dreht die Rich- tung wieder. Die Gründe für die Verteilungsschieflage sind vielfältig. Der wachsende Niedriglohnsektor, der Ausbau prekärer Beschäftigung und zahlreiche Steuer- senkungen für Reiche und Vermögende sind nur einige

davon. Insbesondere die exzessive Privatisierung staatli- cher Unternehmen ist, den Wissenschaftlern zufolge, eine Hauptursache für die Ungleichheit. Durch den Rück- gang staatlichen Vermögens verringert sich auch die staatliche Handlungsfähigkeit und der Spielraum, die Un- gleichheit entgegenzuwirken. Reiches Land, armer Staat.

Die Studie zeigt aber auch, dass Ungleichheit nicht in Stein gemeißelt ist und sich beseitigen lässt – mit einer progressiveren Besteuerung höherer Einkommen, von Vermögen und Erbschaften, mit mehr öffentlichen Inves- titionen in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur. Die Studie bestätigt auch die DGB-Forderung nach einer Stärkung der Mitbestimmung. Denn dort, wo Beschäf- tigte und Gewerkschaften mitgestalten, geht es gerech- ter zu. Es bedarf eines politischen Umdenkens im sozia- len Wohnungsbau mit mehr bezahlbaren Wohnungen für kleine und mittlere Einkommen. Viele Haushalte geben einen immer größeren Teil ihres Einkommens für die Miete aus. Mit dem Privatisierungswahn muss Schluss sein. Das Dogma „Privat vor Staat“ hat sich als falsch herausgestellt. Die künftige Bundesregierung, unabhän- gig davon, wie sie zusammengesetzt sein wird, muss die wirtschaftspolitische Herkulesaufgabe einer gerechteren Gesellschaft endlich angehen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Das mittlere Intervall aus 14 halben Mondläufen beträgt für die Hochwasser— Ungleichheit 2.9 Tage. Bei der Sabine—Insel beträgt die gleiche Grösse etwa 11/2 Tage, im Rensselaer

Die Diskussion über Dynamiken sozialer Ungleichheit in dieser Zeitschriftenausgabe umfasst auch die Frage, wie sich die materielle Ungleichheit in Deutschland während der

Quelle: Fabian Kosse, Thomas Deckers, Hannah Schildberg-Hörisch, Armin Falk: The Formation of Prosociality: Causal Evidence on the Role of Social Environment, IZA Discussion

Man stelle sich eine Gesellschaft vor, in der gute Schulen nicht allen offenstehen, sondern hohe Gebühren erheben oder sich auf bestimmte Stadt- viertel beschränken –

Relative Armutsquote vor- und nach Steuern und Sozialleistungen, Erwerbsbevölkerung Kanton Bern, äquivalenzskalierte

Auch anhand des verfügbaren Einkommens im Kanton Bern, das die Umverteilung durch Steuern bereits berücksichtigt, zeigt sich deutlich, dass seit den 2000er Jahren

Mit Blick auf die sich verändernden Lebensformen, welche insbesondere auch durch eine Zunahme der Zahl der erwerbstätigen Ehefrauen geprägt sein dürfte, will der Regierungsrat

vor zehn Jahren wurde das Beamtenrecht föderalisiert. Der DGB dokumentiert – wie im Mai-Titel zu lesen war – in seinem Besoldungsreport die Einkommensunter- schiede für Beamtinnen