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Ungleichheit schadet den Einkommen der Armen By Roy Van der Weide

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Ungleichheit schadet den Einkommen der Armen

By Roy Van der Weide, World Bank Research

Department; Branko Milanovic, The Graduate Center at City University of New York

& Mario Negre, German Development Institute

/ Deutsches Institut für Entwicklungspolitik

vom 22.02.2016

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Ungleichheit schadet den Einkommen der Armen

Bonn, Washington, 22.02.2016. Mit der Verabschie- dung der Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals,SDGs) in diesem Jahr haben die Vereinten Nationen eine wichtige globale Agenda für den Zeitraum 2015 bis 2030 festgelegt. Ein Aspekt, der in diesem Zusammen- hang große Aufmerksamkeit erregt hat, ist das Problem der Einkommensungleichheit. Das Thema ist nicht neu auf der politischen Agenda. Dass es in Angriff genommen werden muss, ist mittlerweile Konsens.

Seit den 1950er Jahren haben viele ökonomische und politische Vordenker der Ungleichheit eine posi- tive Wirkung auf das Wirtschaftswachstum zuge- schrieben. Man ging davon aus, dass eine gewisse Wohlstandskonzentration zu mehr Ersparnissen führen würde, mit denen sich dann Investitionen in Wachstum finanzieren ließen. Ungleichere Gesellschaften böten dem Einzelnen einen stärkeren Anreiz, hart am Erfolg zu arbeiten. Aber wie so oft in der Ökonomie lässt sich das Argument auch ins Gegenteilige verkehren. Man könnte auch sagen: Der Schlüssel zur Wachstumsförderung in modernen Gesellschaften liegt weniger in materiellem Kapital.

Wichtig ist stattdessen vor allem Humankapital in Form von Bildung. Fehlt einem größeren Bevölkerungsanteil der Zugang zu guter Bildung, kann das zukünftige Wirtschaftswachstum leiden.

Man stelle sich eine Gesellschaft vor, in der gute Schulen nicht allen offenstehen, sondern hohe Gebühren erheben oder sich auf bestimmte Stadt- viertel beschränken – eine Gesellschaft, in der die zugänglichen öffentlichen Schulen zurückbleiben, weil die Reichen nicht in sie investieren wollen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Gesundheitswesen.

Seit einiger Zeit wird die Frage, ob sich Ungleichheit positiv auf Einkommenswachstum und Armutsbe- kämpfung auswirkt, angesichts des verlangsamten Wachstums in reichen Ländern bei gleichzeitig stei- gender Ungleichheit immer wichtiger. Die Beziehung zwischen Ungleichheit und zukünftigem Wachstum wurde umfassend erforscht, aber leider nie schlüssig geklärt. So werden wichtige Zusammenhänge über- sehen, wenn das Wachstum der Durchschnittsein- kommen (oder des Pro-Kopf-Bruttoinladsprodukts) in den Mittelpunkt gestellt wird. Aber wie ergeht es Menschen auf unterschiedlichen Stufen der sozio- ökonomischen Leiter in ungleichen Gesellschaften?

Genau dies haben wir in einer aktuellen Studie un- tersucht.

Anhand von Daten aus den USA aus den Jahren 1960 bis 2010 – einer Zeit, in der sich die US- amerikanische Wirtschaft und Gesellschaft grundle- gend gewandelt und sich das Wachstum zugunsten der oberen Schichten verschoben hat – haben wir einen wichtigen Grundsatz aufgestellt: Ein hoher Grad an Einkommensungleichheit korreliert später mit niedrigeren breitenwirksamen Wachstumsraten – außer für die oberen Schichten. Für sie gilt diese negative Korrelation nicht. Im Gegenteil: Eine höhere Ungleichheit verbessert ihre späteren Wachstums- aussichten. Anders gesagt: Sehr ungleich strukturier- te Gesellschaften ermöglichen ein Wachstum, das die Ungleichheit weiter verstärkt. Dies gilt zumindest für die USA im untersuchten Zeitraum.

Warum ist es so schwierig, diesen Kreislauf zu durch- brechen und, wie im Fall der USA, das Land wieder in Bahnen zu lenken, in denen alle vom Wachstum profitieren? Unsere Hypothese: Bei starker Ungleich- heit und Spitzeneinkommen, die weit über den Mit- telklasseeinkommen liegen, ziehen sich die Reichen aus der öffentlichen Bildung, dem Gesundheitswe- sen und aus sonstigen Angeboten zurück, da sie sich verstärkt auf private Anbieter konzentrieren. Das lässt sich als „sozialer Separatismus“ bezeichnen. 58

% der Reichen in den USA waren bereit, öffentliche Ausgaben für Bildung und Gesundheit zum Zweck des Defizitabbaus zu kürzen, während es bei der restlichen Bevölkerung nur 21 % waren. Die öffentli- chen Güter, in die die Reichen nicht zu investieren bereit sind, entscheiden jedoch über das breitenwirk- same Wachstum der Realeinkommen. Leider haben sich die Wünsche der Reichen bei öffentlichen Ent- scheidungen als einflussreicher als die der unteren Schichten erwiesen. Bei diesem Gesellschaftsmodell führt starke Ungleichheit zusammen mit nur be- schränkt verfügbaren Krediten und dem Einfluss der oberen Schichten auf den politischen Prozess zu einem Beharrungszustand. In diesem blockieren niedrige öffentliche Ausgaben den Einkommensan- stieg für die unteren Schichten blockieren und füh- ren die Ungleichheit fort.

Auch wenn diese Studie es nicht direkt beweist:

Strategien wie die Eindämmung des Einflusses des Geldes auf die Politik, die Bekämpfung der sozio- ökonomischen Segregation und der Zugang zu guter Bildung für alle Kinder unabhängig vom sozioöko- nomischen Hintergrund verringern die Ungleichheit und verbessern die breitenwirksamen Wachstums- aussichten.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 22.02.2016

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