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Zwischen Himmel & Hölle

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Academic year: 2022

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iese besonderen Leiden sind im dritten Kapitel des ICD-10 (F30 bis F39) gelistet. Darunter fallen manische und depressive Epi- soden sowie bipolare Störungen. Ge- rade die Depression entwickelt sich in den Industriestaaten zu einem weit verbreiteten Volksleiden . Laut einer aktuellen Umfrage des Fachverban- des European Depression Associa- tion (EDA) hat sich jeder zehnte Arbeitnehmer in Europa schon ein- mal wegen einer Depression krank gemeldet. Bei jedem Fünften der Be- fragten wurde bereits diese Diagnose gestellt. Die Kehrseite der Depression ist die Manie, eine krankhafte Eu- phorie. Zwischen diesen beiden Ex- tremen pendeln Personen mit bipo- larer Störung: Mal sind sie niederge- schlagen, mal verweilen sie in einer unangemessenen Hochstimmung.

Übersteigerter TatendrangMani- sche Menschen befinden sich in einer situationsinadäquaten Gemütsverfas- sung. Sie erleben ein ungewöhnliches Hochgefühl und eine massive An- triebssteigerung. Patienten neigen dann zu übermütigen Verhaltenswei- sen, Rededrang und Überaktivität.

Ihr Schlafbedürfnis ist oft vermin- dert. Häufig überschätzen sie in die- sen Episoden ihre eigenen Fähig- keiten, weil sie eine unbegrenzte Energie spüren. Ihre Konzentration und Aufmerksamkeit können sie je- doch nicht aufrechterhalten, sodass die berufliche und soziale Funktions- fähigkeit mehr oder weniger einge- schränkt ist. Auch auf die Sinne wirkt sich die Erkrankung aus: Nicht selten werden Farben und Gerüche verän- dert wahrgenommen. Gelegentlich fallen Betroffene in einen extremen Kaufrausch. In der Regel fehlt ihnen die Krankheitseinsicht. Nach mani- schen Episoden kann es vorkommen, dass sie unter starken Schuldgefühlen leiden. Bei sehr schweren Formen kann aus der Selbstüberschätzung ein Wahn entstehen (Verfolgungs-, Grö- ßenwahn).

Die Hypomanie ist eine leichtere Ausprägung der Erkrankung. Die Stimmung ist dabei dauerhaft leicht gehoben. Zu einer Beeinträchtigung der Lebensführung, zu Halluzina- tionen oder Wahn kommt es nicht.

Auch hier können berufliche und soziale Aktivitäten beeinflusst sein.

Ist diese Einschränkung jedoch gra- vierend, greift die Diagnose Manie.

Dunkelheit in der SeeleTypisch für eine depressive Episode sind In- teressenverlust, Freudlosigkeit, eine gedrückte Stimmungslage und eine Verminderung des Antriebs. Oft lei- den Patienten unter Libidoverlust, Appetitlosigkeit und Schlafstörun- gen. Zusätzlich kann es zu Angst und Unruhezuständen kommen. Das su- izidale Risiko ist in diesen Phasen er- höht. Laut ICD-10 unterscheiden Ex- perten zwischen leichten, mittelgra- digen und schweren depressiven Epi- soden.

Zwischen himmelhoch jauch- zend und zu Tode betrübtPa- tienten mit bipolarer affektiver Stö- rung erleben eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Depressive und mani- sche Zustände wechseln sich ab. Der Beginn einer manischen Phase ist ab- rupt. Im Gegensatz zur depressiven Episode ist sie von kürzerer Dauer.

Mögliche UrsachenIn der Diskus- sion ist eine genetische Disposition.

Als Hinweis für erblich bedingte Fak- toren gilt, dass unter Verwandten ers- ten Grades affektive Störungen ver- mehrt vorkommen. Auch biochemi- sche Veränderungen im Hirnstoff-

Zwischen

Himmel

80 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Januar 2013 | www.pta-aktuell.de

Leistungsdruck, finanzielle Sorgen und Konflikte in der Familie oder im Beruf sind mögliche Gründe, warum die Zahl der Patienten mit psychischen Erkrankungen stetig steigt. Zu den häufigen Krankheitsbildern gehören affektive Störungen.

PRAXIS PSYCHISCHE STÖRUNGEN

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© Katrin Lantzsch / f otolia.com

wechsel können eine Rolle spielen.

Das Gleichgewicht der Neurotrans- mitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin ist dann aus dem Lot gera- ten. Des Weiteren können affektive Störungen als Reaktion auf psycho- soziale Belastungen auftreten. Dazu gehören traumatische Erlebnisse, Stress oder Konflikte im Beruf, in der Partnerschaft oder Familie.

Diagnose Die Klassifikation wird entsprechend den Diagnosekriterien des ICD-10 (Internationale Klassifi- kation psychischer Störungen) oder des DSM-IV (Diagnostic and Statis- tical Manual of Mental Disorders) durchgeführt. Zudem gibt es zur Er- fassung der Symptome strukturierte Interviewleitfäden und Fragebögen.

Bipolare Störungen werden in der Regel spät erkannt. Oft übersieht man zunächst die Symptome der Manie, da sich der Patient vorwie- gend in depressiven Phasen behan- deln lässt. Daher lautet die Erst- diagnose häufig Depression. Erst im weiteren Verlauf, wenn die gesamte Krankheitsgeschichte betrachtet wur- de, treten eventuell Hinweise auf ma- nische Zustände auf.

Medikamentöse TherapieZusätz- lich zur Gesprächstherapie erhalten Betroffene häufig Arzneimittel. Zu den Antidepressiva zählen selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Sie verstärken den Einfluss des Serotonins im Gehirn. Klassische Vertreter dieser Substanzklasse sind Fluoxetin, Citalopram oder Paroxe- tin. Sie wirken aktivierend und angst- lösend. Tri- und tetrazyklische Anti-

depressiva erhöhen die Konzentra- tion von Noradrenalin und Seroto- nin. Zur ersten Substanzklasse gehö- ren Amitriptylin oder Doxepin. Mi- anserin oder Mirtazapin sind tetra- zyklische Medikamente. Selektive- Serotonin-Noradrenalin-Wiederauf- nahmehemmer (SNRI) steigern den Effekt des Noradrenalins und Seroto- nins. Sie hemmen Ängste und De-

pressionen. Wirkstoffe dieser Gruppe sind Duloxetin oder Venlafaxin.

Mono-Amino-Oxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) wie Moclobemid blockieren ein Enzym, das verschie- dene Neurotransmitter abbaut. Die Konzentration der Botenstoffe kann

auf diese Weise gesteigert werden.

Akute manische Phasen lassen sich mit atypischen Neuroleptika, Antie- pileptika oder Lithiumpräparaten be- handeln. Lithium und Valproinsäure sind klassische Stimmungsstabilisa- toren. Sie werden in der depressiven Episode mit einem Antidepressivum kombiniert. Bei Patienten mit einem bipolaren Leiden besteht bei der Gabe von Trizyklika und Venlafaxin eventuell ein erhöhtes Switch-Risiko.

Betroffene rutschen dabei verstärkt von der Depression in die Manie. Bei ihnen sind selektive Serotonin-Wie- deraufnahme-Hemmer Mittel erster Wahl. Erkrankte sollten zusätzlich zur medikamentösen Behandlung ei- ne Psychotherapie in Anspruch neh- men. Die Prognose ist mit diesen Maßnahmen erfolgversprechend. Vo- raussetzung ist eine enge Zusam- menarbeit von Patient, Psychothera- peut und behandelndem Arzt.

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Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

& Hölle

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