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dazu OLG-Entscheidung des Oberlandesgericht Naumburg 1 Verg 1/03 v. 08.04.03

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(1)

Vergabekammer

beim Regierungspräsidium Halle

Beschluss

dazu OLG-Entscheidung des Oberlandesgericht Naumburg 1 Verg 1/03 v.

08.04.03

AZ: VK Hal 27/02 Halle, 09.01.2003

In dem Nachprüfungsverfahren der

§ 107 Abs. 2 GWB, § 22 Nr. 6 Abs. 4 VOL/A,

§ 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOL/A,

§ 25 Nr. 1 Abs. 1b) bzw. Abs. 2) VOL/A - fehlende Antragsbefugnis

- Authentizität der Angebote

- rechtsverbindlicher Unterschrift im Original - kalkulationserhebliche Bewerbererklärung - fehlende Preise

... Management GmbH ...

Verfahrensbevollmächtigte ...

Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ...

Antragstellerin gegen

die ..., ...

Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwälte ...

...

Antragsgegnerin unter Beiladung der Bieter

... GmbH & Co.KG ...

Beigeladene zu 1)

...

... GmbH & Co.KG ...

Beigeladene zu 2)

(2)

... AG & Co.KgaA ...

Beigeladene zu 3)

wegen

des gerügten Vergabeverstoßes zur ... hat die Vergabekammer beim Regierungspräsidium Halle aufgrund der mündlichen Verhandlung am 09.01.2003 durch den Vorsitzenden Oberregierungsrat Thomas, der beamteten Beisitzerin Regierungsamtsrätin Katzsch und des ehrenamtlichen Beisitzers Herrn Dolge beschlossen:

1. Der Antrag der Antragsstellerin wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin wird angewiesen, das Verhandlungs- verfahren beginnend ab Phase 2 (Angebotseinholung) unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer nochmals durchzuführen.

3. Die Antragstellerin sowie die Antragsgegnerin tragen die Kosten je zur Hälfte.

4. Die zu zahlenden Gesamtkosten für das Verfahren werden auf ... Euro festgesetzt.

Gründe I.

Die Antragsgegnerin schrieb im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewett- bewerb auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) die „...

europaweit aus. Die Absendung der Bekanntmachung erfolgte am 30.08.2002.

Im Aufforderungsschreiben zur Abgabe eines Angebotes verwies die Antragsgegnerin dar- auf, dass die Angebote an die Adresse - ..., ... in ... - bis zum 11.11.2002, 12.00 Uhr zu richten sind. Unter Ziffer 8 dieses Schreibens gab sie ausdrücklich bekannt, dass, da es sich um ein Verhandlungsverfahren handelt, die Angebote bis zum Ein- reichungstermin verschlossen bleiben.

Mit den Angebotsunterlagen wurden den Bewerbern zu denen im Formblatt EVM (L) BwB enthaltenen Bewerbungsbedingungen zusätzliche Bewerbungsbedingungen, ein selbstgefer- tigtes Angebotsformular und eine Bewerbererklärung übergeben.

Nach Ziffer 3.2 der Bewerbungsbedingungen (hier: Formblatt EVM (L) BwB) hatten die Bieter die herausgegebenen Vordrucke zu verwenden und ihre Angebote an der dafür vorgesehe- nen Stelle zu unterzeichnen. Auf dem Angebotsformular – Blatt 3 - wurden ein Stempel und eine rechtsverbindliche Unterschrift gefordert. Weiterhin mussten nach Ziffer 3.3 die Angebo- te alle verlangten Preise und die in den Verdingungsunterlagen gewünschten Erklärungen und Angaben enthalten.

Von sechs aufgeforderten Bewerben reichten vier ein Angebot ein. Alle vorgelegten Verpa- ckungen der Angebote der Bieter enthalten zum einen den Vermerk - „Zur Feststellung des Absenders geöffnet und sofort wieder verschlossen“ -, zum anderen den Eingansvermerk und eine fortlaufende Nummerierung.

(3)

Bei der formellen Prüfung der paginierten Angebote stellte die Kammer fest, dass das Ange- bot der Antragstellerin, welches den Eingangvermerk 11.11.2002, 12:07 trägt, ein Begleit- schreiben enthält, welches von Herrn ... und ... jeweils mit dem Zusatz i.V. bzw.

i.A. unterzeichnet ist. Die zweite Seite des Angebotsformulars besteht aus einer Tabelle, in die preisliche Angaben zu den Leistungen des Gebäudemanagements und den Reinigungs- leistungen einzutragen waren, enthält keine Angaben zu den Reinigungsleistungen. Die drit- te Seite des Angebotsschreibens liegt als Faxkopie vor. Vollmachten bzw. das Original zur Faxkopie und die geforderte Bewerbererklärung liegen der Kammer nicht vor. Auf ausdrück- liches Hinterfragen in der mündlichen Verhandlung wurde der Kammer bestätigt, dass eine Nachreichung des Originals nicht erfolgte. Das vom Auftraggeber herausgegebene Leis- tungsverzeichnis zum infrastrukturellen Gebäudemanagement und zur Reinigung enthält alle geforderten Einheitspreise.

Das Angebot der Beigeladenen zu 1), welches mit dem Eingangsvermerk 11.11.2002, 8:00 versehen ist, beinhaltet zum eingereichten Nebenangebot ebenfalls ein Begleitschreiben, dass von Herrn ... und ... mit den Zusätzen ppa. bzw. i.V. unterschrieben ist. Auch die dritte Seite des Angebotsschreibens ist von vorbezeichneten Personen unterzeichnet.

Anhand des beigefügten Handelsregisterauszuges stellte die Kammer fest, dass eine Vertretung durch einen Prokuristen nur gemeinsam mit einem persönlich haftenden Gesell- schafter oder einem anderen Prokuristen möglich ist. Auch hier liegen keine Vollmachten bei.

Das paginierte Angebot der Beigeladenen zu 3) trägt den Eingangsvermerk 11.11.2002, 9:30. Dieses Angebot enthält weder die verlangte Bewerbererklärung noch die geforderten Einheitspreise der herausgegebenen Leistungsverzeichnisse. Diese fehlenden Unterlagen wurden nach Abgabetermin mit Begleitschreiben vom 22.11.2002 eingereicht.

Beim Angebot der Beigeladenen zu 2) waren keine Auffälligkeiten festzustellen.

Mit Schriftsatz vom 13.11. bzw. 18.11.2002 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot ausgeschlossen wurde, weil es zum einen verspätet und zum anderen auch unvollständig sei.

Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.11.2002 gegenüber der Vergabe- stelle, dass der Ausschluss ihres Angebotes vergaberechtswidrig sei, da die verspätete Ab- gabe des Angebotes der Vergabestelle anzulasten sei.

Die Antragsgegnerin half dem Begehren der Antragsstellerin nicht ab. Folglich beantragte diese mit Schreiben vom 06.12.2002 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer.

Mit Verfügung der Vergabekammer vom 09.12.2002 wurde die Antragsgegnerin über den Inhalt der Beschwerde der Antragstellerin informiert und über die Unzulässigkeit einer Zu- schlagserteilung gemäß § 115 Abs. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) belehrt. Gleichzeitig forderte die Vergabekammer die Vorlage der entsprechenden Vergabe- unterlagen und eine Stellungnahme zum Beschwerdeinhalt.

Zur Begründung ihres Antrages legt die Antragstellerin dar, dass die Antragsgegnerin ihr am 11.11.2002 eingereichtes Angebot - unter Berufung auf eine verspätete Abgabe - von der Teilnahme am weiteren Verhandlungsverfahren ausgeschlossen habe und sie somit in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sei.

Im Einzelnen führt sie in ihren Schriftsätzen aus, dass die Antragsgegnerin verabsäumt habe den Abgabeort genau zu definieren. Auch könne sie die Auffassung der Antragsgegnerin nicht teilen, dass aus den Schriftsätzen, die sie im Laufe des bisherigen Verfahrens von der Antragsgegnerin erhielt, der Abgabeort zu entnehmen gewesen sei, da dort stets die Nen- nung der Anschrift des Büros des ... am ... als Absender erfolgte. Sie habe

(4)

... stammten, dessen Abteilung sich jedoch in der ... befände. Somit sei es kei- neswegs eindeutig erkennbar gewesen, wo das Angebot abzugeben war. Der Mitarbeiter der Antragstellerin, Herr ... sei trotz starken Verkehrsaufkommens und schwieriger Park- platzsituation einige Minuten vor 12.00 Uhr am Gebäude ... eingetroffen. Erst als Folge der unklaren Zuständigkeitsverteilung seitens der Antragsgegnerin sei es zu der Ver- spätung gekommen. Tatsache sei, dass die Antragstellerin die rechtzeitige Annahme des Angebotes dadurch erschwert habe, dass sie zum einen keine genauen Ortsangaben mach- te und zum anderen keine Empfangsstelle o.ä. einrichtete. Die Verspätung von wenigen Mi- nuten, mit der das Angebot an der richtigen Stelle einging, sei somit ausreichend entschul- digt.

Ein Ausschluss vom Verfahren, wegen fehlender Unterlagen, sei auch nicht gerechtfertigt.

Eine diesbezügliche Berufung der Antragsgegnerin darauf, dass eine Prüfung der Identität von Bewerber und Bieter in Bezug auf die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen nicht möglich gewesen sei, greife hier ebenfalls nicht. Zwar sei das Angebot in einem ver- schlossenen Karton eingereicht worden, der jedoch deutlich mit dem Absendervermerk

„... GmbH“ beschriftet war.

Auch könne die Tatsache, dass die erste Seite der von der Antragsgegnerin ausgegebenen Formblätter fehle, in diesem Zusammenhang nicht entscheidend sein. Denn Name und An- schrift des Bieters ließen sich aus den sonstigen Unterlagen problemlos ermitteln. In diesem Zusammenhang könne es auch nicht von Bedeutung sein, dass die dritte Seite der Formblät- ter keinen Firmenstempel enthalte. Denn auch dies sei lediglich ein formales Kriterium, dass die Zuordnung der abgegebenen Willenserklärung ermöglichen solle. Die formellen Anforde- rungen im Vergabeverfahren stellen keinen Selbstzweck dar, sondern seien einzig und allein an dem mit ihnen verfolgten Ziel zu messen, welches in der Sicherstellung größtmöglicher Chancengleichheit der Bieter bestehe.

Ebenso bedeute die Tatsache, dass die Unterschrift des Geschäftsführers der Antragstellerin auf einer Faxkopie eingereicht wurde, keineswegs, dass es an einer rechtsverbindlichen Un- terschrift mangele. Zunächst verzichte das Gesetz in §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b), 21 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A gerade auf den Terminus der Rechtsverbindlichkeit der Unterschrift. Hierdurch wollte man klarstellen, dass keine über das BGB hinausgehenden Anforderungen an die Wirksamkeit der Unterschrift gestellt werden sollten. Sei die zivilrechtliche Zuordnung des Absenders einer Willenserklärung möglich, so müsse dies auch den Anforderungen eines Vergabeverfahrens genügen. Eine per Fax übermittelte Unterschrift sei demnach als zulässig zu betrachten.

Das Faktum, dass auf der zweiten Seite der Formblätter eine Preisangabe zu den Reini- gungsdienstleistungen fehle, bedeute ebenfalls kein Fehlen von für das Vergabeverfahren wesentlichen Unterlagen. Insofern liege kein Fall des §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. a), 21 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A vor. Denn die Endsumme, die die Antragstellerin für die Reinigungsleistungen ansetzte, ergebe sich eindeutig aus dem von ihr erstellten Leistungsverzeichnis.

Die Antragstellerin beantragt:

1. der Antragsgegnerin aufzugeben sie in das Verhandlungsverfahren aufzu- nehmen,

2. die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen sowie 3. die anwaltliche Vertretung der Antragstellerin für notwendig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die Beschwerde zurückzuweisen,

2. hilfsweise, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer das Verfahren fortzuführen,

3. die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen sowie

4. die anwaltliche Vertretung der Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.

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Sie vertritt die Auffassung, dass der Antrag auf Nachprüfung zwar zulässig, in der Sache jedoch unbegründet sei. Die Antragstellerin sei aus vergaberechtlichen Gründen vom weite- ren Vergabeverfahren auszuschließen. Dies ergebe sich daraus, dass ihr Angebot nicht den Anforderungen entspreche, die für das Vergabeverfahren zwingend in den Vergabeunterla- gen von der Antragsgegnerin festgelegt worden seien. Die Vergabeunterlagen formulieren verbindliche Anforderungen an die Gestaltung des Angebotes sowie einen obligatorischen Abgabetermin. Diese Anforderungen erfülle das Angebot der Antragstellerin nicht. Denn es sei unvollständig und verspätet abgegeben worden, so dass ein Ausschluss vom weiteren Vergabeverfahren geboten sei.

Die Antragsgegnerin vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Antragstellerin gegen die Rechtsgrundsätze der §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. a, 21 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A verstoßen habe.

Denn entsprechend dieser Vorschriften habe auch ein erstes indikatives Angebot vollständi- ge Preisangaben zu enthalten. Nach der einschlägigen Kommentierung seien Angebote zwingend auszuschließen, für deren Wertung wesentliche Preisangaben fehlen. Im Rahmen der ausgeschriebenen Vergabeleistung des Gebäudemanagement gehören die Reinigungs- leistungen als wichtiger Bestandteil zum Leistungsumfang des ausgeschriebenen Auftrages.

Da in diesen Punkten alle anderen Bewerber ihrer Berechnungsgrundlagen vollumfänglich offengelegt haben, könne für die Antragstellerin im Hinblick auf eine Gleichbehandlungs- pflicht gegenüber allen Bietern nichts anderes gelten, so dass sie zwingend vom Verfahren auszuschließen sei. Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin bedeute eine ledig- lich per Faxkopie vorgelegte Unterschrift, dass eine rechtsverbindliche Unterschrift fehle.

Dies rechtfertige auch einen Ausschluss entsprechend § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOL/A.

Denn diese Vorschrift verlange eine eigenhändige Original-Unterschrift des Bieters auf sei- nem Angebot. Eine fotokopierte oder per Telefax vermittelte Unterschrift stelle deshalb keine Unterschrift im Sinne des § 25 VOL/A dar.

Die Beteiligten hatten in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit, ihren Vortrag zum Sach- verhalt und zur rechtlichen Würdigung zu ergänzen.

Mit Beschluss vom 17.12.2002 hat die Kammer der Antragstellerin Akteneinsicht gewährt, jedoch nur in die Unterlagen, die vor Ablauf der Angebotsfrist durch die Antragsgegnerin erstellt wurden.

Durch Beschluss vom 18.12.2002 sind die Bieter ... ... GmbH & Co.KG, ...

AG & Co.KgaA und ... GmbH & Co.KG zum Verfahren beigeladen worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vortrag der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die vorgelegten Vergabeakten Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag der Antragstellerin ist unzulässig.

Die angerufene Vergabekammer beim Regierungspräsidium Halle ist für die Entscheidung in dieser Angelegenheit zuständig, da der Auftraggeber seinen Sitz innerhalb der Grenzen des Regierungsbezirkes Halle hat, § 104 Abs. 1 GWB i.V.m. dem Runderlass des Ministe- riums für Wirtschaft und Technologie – Richtlinie über die Einrichtung von Vergabekam- mern in Sachsen-Anhalt – vom 04.03.1999-63-32570/03-, Abschnitt II Abs. 1 und 2. Die Vorschriften der §§ 97 ff. GWB sind anwendbar, da das streitbefangene Verfahren sich auf eine Dienstleistung bezieht, deren Gesamtauftragswert den maßgeblichen Schwel- lenwert gem. § 2 Nr. 3 VgV von 200.000,- Euro überschreitet.

(6)

Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Abs. 2 GWB.

Der Antragstellerin fehlt es an der nach § 107 Abs. 2 GWB erforderlichen Antragsbefug- nis. Nach dieser Vorschrift ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbe- achtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unter- nehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstan- den ist oder zu entstehen droht.

Es kann dahinstehen, ob seitens der Antragstellerin ein Interesse am Auftrag gegeben ist und eine Verletzung ihrer Rechte vorliegt, da es hier an einem bereits eingetretenen oder drohenden Schaden mangelt. Ein drohender Schaden liegt jedenfalls nicht vor, wenn der antragstellende Bieter selbst dann evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde (vgl. OLG Naumburg Beschluss vom 01.11.2000 – Verg 7//00 m.w.N.). Dies ist hier gegeben.

Lässt man den von der Antragstellerin gerügten Vergabeverstoß eines Ausschlusses we- gen verspäteter Einreichung ihres Angebotes außer Acht, so käme dennoch eine Zu- schlagserteilung zu ihren Gunsten aus zwingenden anderen Gründen nicht in Betracht.

Denn auch ohne diesen gerügten Verstoß liegt kein zuschlagfähiges Angebot der Antrag- stellerin vor, da die Antragsgegnerin durch ihr Verhalten bei der Öffnung der abgegebe- nen Angebote auch das Angebot der Antragstellerin einer formellen Prüfung entzogen hat.

Die Kammer verkennt nicht, dass an das Verhalten des Auftraggebers im Rahmen der Einholung von Angeboten im Verhandlungsverfahren andere Anforderungen als bei den klassischen Ausschreibungsverfahren zu stellen sind (§ 22 Nr. 6 Abs. 4 VOL/A). Dennoch gilt auch für das Verhandlungsverfahrens das Erfordernis zur Sicherstellung des freien und fairen Wettbewerbes. Der Auftraggeber ist somit gehalten, unter anderem auch die Authentizität der Angebote sicher zustellen. Daran mangelt es hier.

Ausweislich der Verpackungsmaterialien der einzelnen Angebote wurden diese trotz ord- nungsgemäßer Beschriftung durch alle Bieter vor dem seitens des Auftraggebers ange- setzten Einreichungstermin geöffnet. Die Öffnung wurde durch die Mitarbeiter des Auf- traggebers auf den einzelnen Verpackungsmaterialien neben dem jeweiligen Eingangs- vermerk dokumentiert. Allen Angeboten ist gemein, dass die Öffnung vor dem eigentli- chen Eröffnungstermin stattfand. Zum Eröffnungstermin lagen somit keine unversehrten Angebote vor. Generell ist die erforderliche Authentizität nur dann gewährleistet, wenn der Auftraggeber die Angebote bis zum Einreichungstermin ordnungsgemäß verwahrt. Die Anforderungen an das ordnungsgemäße Verwahren hat der Aufraggeber in diesem kon- kreten Fall durch die Benennung eines Einreichungstermins selbst aktiv gestaltet. An die- sen Anforderungen muss er sich nunmehr festhalten lassen.

Ein nachträgliches Abweichen von dem vom Auftraggeber selbst gestalteten Anforde- rungsprofil kommt unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung des Wettbewerbes schon deshalb nicht in Betracht, da durch die vorzeitige aber vor allem die zeitlich erheblich ver- setzte Öffnung der Angebote nicht ausgeschlossen werden kann, dass Informationen aus bereits eingereichten Angeboten an in diesem konkreten Verfahren konkurrierende Bieter vor Abgabe ihrer Angebote weitergereicht wurde. Das streitbefangene Angebot wurde somit dem Wettbewerb und folglich auch der formellen Prüfung entzogen.

Ungeachtet dessen wäre das Angebot zwingend nach § 25 Nr. 1 Abs. 1b) bzw. Abs. 2) VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOL/A auszuschließen gewesen.

Der Bieter hat seinem Angebot nicht alle geforderten Erklärungen, die mit rechtsverbindli- cher Unterschrift zu unterzeichnen waren, beigefügt. So fehlt die rechtsverbindlich unter- zeichnete Bewerbererklärung sowie das rechtsverbindlich unterzeichnete Angebotsformu- lar.

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Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOL/A sind Angebote auszuschließen, die den Forderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A nicht entsprechen. D.h., Angebote müssen unterzeichnet und alle Eintragungen zweifelsfrei sein.

An welcher Stelle der Angebote die Unterschrift bzw. Unterschriften anzubringen sind, lässt diese Vorschrift offen. Im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber in den Vergabeun- terlagen vorgegeben, dass das Angebotsformular rechtsverbindlich unterzeichnet sowie dokumentenecht sein müsse. Der Auftraggeber hat somit von der Möglichkeit der Ermes- sensausübung Gebrauch gemacht, die den Vergabevorschriften nicht entgegensteht.

Einwendungen oder Zweifel hinsichtlich überzogener Forderungen wurden durch die An- tragstellerin vor Angebotsabgabe nicht geltend gemacht. Ein entsprechender Einwand ei- nes diesbezüglich rechtsmissbräuchlichen Handelns der Antragsgegnerin in der Begrün- dung zum Nachprüfungsantrag wäre somit ohnehin verspätet gewesen.

Zwar wurde im vorliegenden Fall das Angebotsformular vom Geschäftsführer der Antrag- stellerin unterzeichnet, jedoch liegt dieses der Kammer nicht im Original vor und wurde auch nicht nach Aussage des Verfahrensbevollmächtigten unverzüglich der Vergabestelle nachgereicht.

Nach einschlägiger Rechtsprechung ist die Einreichung einer Klageschrift mittels Fax- Kopie grundsätzlich zulässig. Grund dafür ist, dass dem Rechtssuchenden der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht unnötig erschwert werden soll, ferner, dass den Parteien Gelegenheit gegeben werden soll, Fristen grundsätzlich in vollem Umfang unter Nutzung der modernen Kommunikationsmittel ausschöpfen zu kön- nen. Dies bedeutet indes keine Aufgabe des Erfordernisses der eigenhändigen Unter- schrift. So führt das Landgericht Berlin auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus, dass das per Fernkopie übermittelte und tatsächlich unter- schriebene Originaldokument dem erkennenden Gericht unverzüglich vorgelegt werden muss (vgl. BGH, NJW 1998, 3649 [3650]; LG Berlin, Beschl. v. 5.5.2000-18 O 205/00).

Die zitierten Entscheidungen finden im vorliegenden Fall bereits deshalb keine Anwen- dung, da der Auftraggeber hier im Einklang mit den geltenden Regeln des Vergaberech- tes unter Ausübung des Ermessens eine erhöhte Anforderung an die einzureichenden Unterlagen gestellt hat. In der Festlegung des Erfordernisses „dokumentenecht“ liegt ein erhöhter Anspruch im Vergleich zum bloßen Schriftlichkeitserfordernis. Die Kammer ist daher der Auffassung, dass es den Bietern im vorliegenden Fall grundsätzlich verwehrt war, für das Vergabeverfahren erhebliche Unterlagen in Fax-Kopie einzureichen.

Selbst wenn man diese Auffassung nicht teilen sollte, würde die bloße Übergabe von Fax- Kopien zum Ausschluss aus der Wertung führen, da die Antragstellerin es unterlassen hat, die Originalunterlagen in dokumentenechter Form überhaupt nachzureichen, so dass neben dem Erfordernis der Dokumentenechtheit auch das der Schriftform nicht erfüllt wä- re.

Im Übrigen würde die Zuschlagsfähigkeit auch an der nicht erbrachten Bewerbererklärung mit rechtsverbindlicher Unterschrift scheitern, die nach Pkt. 4 des Aufforderungsschrei- bens zur Abgabe eines Angebotes zum Eröffnungstermin vollständig vorzulegen war.

Dies sind Erklärungen, die der Auftraggeber im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A fordert.

Fehlt bei der Angebotseröffnung eine kalkulationserhebliche Bewerbererklärung, welche bestimmte Verpflichtungen enthält, muss das Angebot ebenfalls ausgeschlossen werden.

Eine andere Sicht der Dinge kann auch nicht aus dem Verhalten der Antragsgegnerin ge- genüber der Beigeladenen zu 3) erwachsen. Hier verkennt die Auftraggeberseite bei der Prüfung der Angebote die Bedeutung der Bewerbererklärung, wenn sie meint, dass eine Abgabe dieser auch nach dem Submissionstermin erfolgen könne. Es liegt nicht im Er- messen der Auftraggeber festzustellen, ob ein solches Angebot in der Wertung verbleiben kann. Vielmehr ist ein solches Angebot in jedem Fall auszuschließen.

Auch nach Auffassung des OLG Naumburg (vgl. Beschluss 1 Verg 7/00 vom 01.11.2000) sind nur die Angebote einer Wertung zugänglich, die zum Submissionstermin vorlagen.

Spätere Ergänzungen bzw. Nachweise, die dazu dienen, nachträglich die Eignung der

(8)

Der Antrag war somit als unzulässig zurückzuweisen.

Trotz der Unzulässigkeit der Beschwerde ist die Vergabekammer gem. § 114 Abs. 1 GWB nicht gehindert, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Rechtmäßigkeit der Ver- gabe sicherzustellen.

Eine Anweisung zur Wiederholung des Verhandlungsverfahrens, beginnend mit der An- gebotseinholung, war möglich und notwendig, da entsprechend den Ausführungen unter Ziffer 1 keines der Angebote die formelle Prüfung erfolgreich durchlaufen könnte.

Dies gilt auch für die der Kammer vorgelegten und vorbehaltlich der Feststellung zu Ziffer 1 ansonsten ordnungsgemäß abgegebenen Angebotsunterlagen der Beigeladenen zu 2).

Auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen müsste die Kammer hinsichtlich der Ange- bote der Beigeladenen zu1) und 3) letztendlich zum gleichen Ergebnis kommen, denn auch diese Angebote würden einer formellen Prüfung nicht stand halten.

Entsprechend den Darlegungen unter I ist auch das Angebot der Beigeladenen zu 1) an der geforderten Stelle mit keiner rechtsverbindlichen Unterschrift versehen. Auch bei die- sem Angebot ist ein Nachholen der fehlenden rechtsverbindlichen Unterschrift, wie oben bereits dargestellt, nicht möglich. Gleichfalls fehlt es der Beigeladenen zu 3) an der gefor- derten Bewerbererklärung. Im Übrigen würde die Zuschlagsfähigkeit für dieses Angebot auch an den fehlenden Einheitspreisen der herausgegebenen Leistungsverzeichnisse zum Zeitpunkt des Ablaufens der Angebotsfrist scheitern.

Das Erfordernis der Eintragung der Einheitspreise ist auch im Verhandlungsverfahren ge- geben. Hinsichtlich des Verfahrensablaufes des Verhandlungsverfahrens hat der Auftrag- geber zwar weitgehend freien Handlungsspielraum, denn besonders das Verhandlungs- verbot, das im Bereich des Offenen und Nichtoffenen Verfahrens angewandt wird, kommt in dieser Stringenz hier nicht zum Tragen. Vielmehr ist es geradezu charakteristisch für das Verhandlungsverfahren, dass der Inhalt der Angebote im Verhandlungswege ermittelt wird. Allerdings wird die grundsätzlich bestehende Verhandlungsfreiheit von den

übergeordneten Grundsätzen, die für alle Vergabearten gelten, eingegrenzt. So dürfen grundsätzlich keine Verhandlungen über das Nachholen fehlender Angebotspreise getä- tigt werden, wenn der Angebotsinhalt in seinen Grundzügen bestehen bleibt. Genau dies wäre hier jedoch der Fall. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragsgegnerin das Nach- reichen von Preisen für Leistungen zugelassen, die ursprünglicher Bestandteil der Aus- schreibung waren. Das Nachschieben fehlender Preise wäre somit mit Verhandlungen über Preise unter Beibehaltung des vertraglichen Gegenstandes gleichzusetzen. Der Auf- traggeber hätte demnach nach Abgabe der Angebote unter Wahrung des Wettbewerbs- grundsatzes nicht mehr die Möglichkeit, fehlende Preise nachreichen zu lassen. Das An- gebot der Beigeladenen zu 3) wäre demnach auch aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht zuschlagsfähig.

Im Rahmen des § 114 Abs. 1 GWB war der Kammer somit keine andere Entscheidung mög- lich.

Bei erneuter Durchführung des Verhandlungsverfahrens sollte den rechtlichen Hinweisen der Kammer Beachtung geschenkt werden.

(9)

III.

Kosten

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 GWB. Die Antragstellerin und die Antrags- gegnerin haben die Kosten je zu gleichen Teilen zu tragen.

Gemäß § 128 Abs. 3 GWB sind die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabe- kammer von demjenigen bzw. denjenigen zu tragen, die im Verfahren unterliegen. Für die Beurteilung des Obsiegens bzw. Unterliegens eines Beteiligten ist, allein der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens im Verhältnis zu dem von ihm gestellten Antrag in diesem Verfah- ren maßgeblich. In diesem Nachprüfungsverfahren wird nicht nur der Antrag der Antragstel- lerin verworfen; zugleich hat auch die Antragsgegnerin ihr Antragsziel, nämlich die Fortfüh- rung und den Abschluss des Vergabeverfahrens mit der avisierten Zuschlagserteilung, nicht erreicht. In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer ausdrücklich vor Antragstellung nochmals dargelegt, dass die Angebote vor dem Einreichungstermin geöffnet wurden und nicht den formellen Anforderungen genügen. Eine Umstellung des Antrages der Antragsgeg- nerin erfolgte daraufhin nicht, obwohl ihr dieser Umstand schon aufgrund seines Wissens um den Inhalt der Verfahrensakte hinreichend bekannt sein musste (vgl. Beschluss des OLG Naumburg vom 28.09.2001 - 1Verg 9/01).

Die Höhe der Gesamtkosten für das Verfahren beläuft sich auf ... Euro,

§ 128 Abs. 1 Satz 1 GWB. Die Kosten gliedern sich auf in Gebühren in Höhe von ... Euro (§ 128 Abs. 2 Satz 2 GWB) und Auslagen in Höhe von ... Euro (§ 128 GWB i. V. m.

§ 10 VwKostG LSA). Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen die Kosten jeweils in Höhe von ... Euro.

Nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses hat die Antragstellerin unter Abzug des geleis- teten Vorschusses einen Betrag in Höhe von ... Euro unter Verwendung des Kassen- zeichens ... auf das Konto ... bei der Landeszentralbank - LZB-Dessau -, BLZ 805 000 00 zu zahlen und die Antragsgegnerin einen Betrag in Höhe von ... Euro unter Verwendung des Kassenzeichens ... auf das Konto ... bei der Landes- zentralbank - LZB-Dessau -, BLZ 805 000 00 zu zahlen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen den Beschluss der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig,

§ 116 Abs. 1 GWB. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit Zustel- lung des Beschlusses beginnt, beim Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10 in 06618 Naumburg, einzulegen, § 117 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebe- gründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss der Vergabekammer ange- fochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird sowie die Tatsachen und Be- weismittel bezeichnen, auf die sich die Beschwerde stützt, § 117 Abs. 2 GWB.

Die Beschwerde muss durch einen bei einem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unter- schrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, § 120 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist, § 118 GWB.

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