Chndscliu Gcrniani ') und
seine dichterischen Geisteserzeugiiisse beleuchtet
von
l>r. Franz von JErdmann.
Den mannigfaltigen Zweigen der Literatur westasiatischer
Völker ist es nicht anders ergangen, als den der europäischen.
Ausser den Heroen der Wissenschaft entnehmen selbst dem Namen
nach berühmte Verfasser die in ihren Werken niedergelegten Nach¬
richten und Mittheilungen oft aus den Schriften ihrer Vorgänger,
ohne sich mit dem von ihnen beurtbeilten Gegenstände genauer
bekannt gemacht und die Aussagen ihrer Gewährsmänner eines kriti¬
schen Blicks gewürdigt zu haben. Sie wiederholen zuweilen das
schon Gesagte Wort für Wort, erlauben sich bin und wieder
Abkürzungen oder Auslassungen , welche zur Verwirrung führen
und zu falschen Ansichten verleiten, oder theilen uns oft vielleicht
nur nach Hörensagen oder spärlichen Abrissen das zu wissen
NöthiefC mit. Wenn ich dies in Bezug auf arabische Schriftsteller
schon hinlänglich angedeutet zu haben glaube, so halte icb es nicht
für überflüssig, auch an persische denselben Masstab anzulegen,
und durch ein schlagendes Beispiel die von mir aufgestellte Be¬
hauptung zu erhärten.
Obgleich die von Dewletschah in persischer Sprache abge¬
lausten Dichterbiographieen 2 ) für den künftigen Bearbeiter der
Geschichte der persischen Literatur und Dichtkunst als trefflicher
Fingerzeig und gehaltvolle Anleitung gelten können, so ist doch
lange nicht Alles von ihm geschehen, und besonders die jüngere
Zeitperiode entweder aus geringerem Interesse an dem Ganzen,
1) Der aus dem Lande der Wärme Entsprossene, daher nicht: Kermani.
2) SjS^iÄj nach einem mir eigentümlich angehörenden Manu¬
scripte, und dem der Kaiserlichen Kasanischen Universität s. No. 502.
1 4
206 r. Erdmann , Chudschu Germani
oder aus mangelhafteren Quellen - Nachrichten , oder endlich auch
aus der nicht eigenen Ansicht und Kenntniss der beschriebe¬
nen Schriftsteller oft unzureichend und selbst oberflächlich von
ihm behandelt worden. Herr Ilaron von Hummer-Purgstall hat
uns die dichterischen Geisteserzeugnisse der Perser nach diesem
seinen Vorbilde zwar zu vergegenwärtigen versucht '), aber, un¬
beschadet seiner sonstigen grossen Verdienste , oft den Sinn des
Originals nicht richtig gefasst und das in abgekürzter Form wieder¬
gegeben, was doch als das vielleicht einzige bis dahin Vorhan¬
dene als eine Seltenheit betrachtet und eben daher um so treuer
bewahrt werden musste 2 ).
Will man bei kritischen Untersuchungen dieser Art keine
Veranlassung zu Zweifeln geben und uueh andern Kritikern die
Gelegenheit darbieten , sich von der Wahrheit aufgestellter Be¬
hauptungen zu überzeugen, so darf man die Mittheilung des Ori¬
ginals, als der sichersten Grundlage, gewiss nicht versäumen.
Handelt es sich hier übrigens um den Beweis , dass Dewletschah
bei der Abfassung seiner Biographieen oft nicht nur ungenau,
sondern geradezu oberflächlich zu Werke gegangen sey , so ist
es die Pflicht des Forschers ihn selbst zu vernehmen , und dunn
die weitern Belege folgen zu lassen. Ich habe den schon oben
genannten Chudschu Germani , der wegen seiner grossen Sprach¬
gelehrsamkeit und seiner ausgezeichneten Dichtertalente es gewiss
verdient, näher gekannt zu werden, uls Prüfstein zu gebrauchen
um so mehr mich verbunden gehalten , weil er in einer Periode
lebte, in welcher die persische Literatur und Sprache unter dein
Scepter der mongolischen Ilcbane nicbt ohne Erfolg gepflegt
wurden, und theils der von Herrschern und Magnaten den Gelehrten
verliehene Schutz ihnen als Aufforderung zu erhöhter geistiger
Thätigkeit diente, theils aber auch die Zeitverhältnisse ihren
Schöpfungen ein eigenes Colorit verliehen. Derselben Periode,
welche sich durch Geschichtforschung und Sprachgelehrsamkeit aus¬
zeichnete, gehören Raschidu- d- din , Abdu-l-lah, Faszlu-l- Iah u.
in. a. an. Vernehmen wir also zunächst die Aussage des erwähn¬
ten Dewletschah, um dann späterhin, auf Grundlage des von Chu¬
dschu Germani selbst aufgeführten Gebäudes unsere weiteren Schlüsse
fortbauen zu können. Der Biograph berichtet uns Folgendes
über ihn J ): f) »JUSy» )y -i <J^£ O kÄ^-H* ««^-L* £6
1) Geschichte der schönen Redekünste Persiens. Wien 1818.
2) Von den Biographieen Mevtlana Dschnmi's u. a. darf hier nicht die Rede seyn.
3) Meine Handschrift (E. ) fol. Ifl verso. die der Kasanischen Uni¬
versität (K.) fol. 11*0 verso : *JJ| lz>-j K. (I' ^zy\^i> E. K. (t
und seine dichterischen Geisleserteuynissc. 207
ifa^S J-o* >r*»L*Oj C,U/ ()u tf0, 3 ^ j' *'
,j; vi^c^j 5 c^:>Lo.i ^> ^)uf;jT3 'jj' CJ^S 0)^3 >«*- &, l*£-" < sj'>* 5> j'> >AJUU ^ ijAÄ kX*J A^s\j Ijjfj
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2) iX& (iL***" »bLc »\i3U 1 «ü^j'j h*A «~-w^*«5 j\
Jü/J*« K. (f Xaai, 0 ^ K. (f K. (r (ytfjjJ jl >\ E. (I
J ^ aM K. (a fjo-H 1* 0 * L5 L* 5> e - K - ( v ^ iL * 5 E - 6 E - 0
K. (1 -b/j j'j g^.Vl^ ot ^j4a Kßjy*^* ^ a tÄ*vj
ju^uo K. (I( oLj! 0 jI a lÄ*»b a y k. (!.
1) Diese Verse sind aus dein ^_^jl*$>j i^L*^ , nach der Kasanischen Handschrift fol. II recto genommen, und thun dar, wie verderbt der Text in den beiden vor mir liegenden Handschriften des Dewletschah ist. LäjJ>E. K.(1
& oh* ^ E- K- ( ö eMr* E - ( f E - K - 0" r^*" E - K - C
J^ks v_i,A»J i^L> D tjt E. (v E. K. (1 .^b* i^^Uj
K. (f. j\ E. K. (1 ^tiXÄJ ftj K. (a Im K. fehlen beide Hemistichien,
Q^J qLLL* cJ^Äft^l BjkXS l_jjL»JI °/' Jia:> >Ü*^M3J K. (II
vXj^ iA_A_iu^ j_j^_äJI (j^tAÄ J,Lifc*w jJ. jJi «-siLc ^ t jlXj!. «JUI
fl) tjh* K - ,ö ) bg** K - '0 ^ K - r ) »*)
cJv^l jjl (J^* tJfL;
2) Diese Verse stehen nicht in der hier mangelhaften Kasaner Hdscbft.
208 »« Erdmann, Chudschu Germani
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yv*^. fcU« *J- ^ ^w*. « ^ ^5/0 /? a U t 9
OA*»oUil lXäsI
1) Diese Worte fehlen in Hdschft, E. jjtJlLj E. (Y i>Jü? K. (I
>kSO K. (v JtjK E. (1 J^^J! 5 K. (0 (jmASu K. (f JL*Jtj K. (f
jÄJycLi E. (tr* 13 K. (It ^>l^> E. K. (t, lXaT K. (1 J^f> K. (,v /*i E- (ir
und seine dichterischen Geisteserzeugnisse. '209
fS o'ij ^ Ji ' l<Afä a ys? ^J^is ü<L=.
' )
o> rl •"O^üW ' 0^Mj) O W^^~^\)^' s
2 ) Oww^loLw C>>-i*i>
^y^~ *^ *^ o' >**»-**-rVj ' i^y*'" 5 v'ja« taJ} ; ( ^ J>
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*0A.*X'£* e> gj.**a>« c^—' jl^S> o-wJ öJjUjJjJ f)l^_^>j4> .Jj-O.
nS sjLjj kJiXj ^SÄ«* ölüjij olxLijUj LXjjLas ,j
^AAÄj't a) _j->_j^> v) oL:. 5 i\ä& J>.*:sO' iX£ KXä«.j
3f aOjJ luUlUW} j~A*J.t,
„Er war von den Magnaten German's entsprossen, von hoher
„Bildung und gefälliger Spruche. Seine Redeweise erkennen die
„Ausgezeichnetsten und Angesehensten in der Beredtsamkeit und
„Sprachgewalt für unvergleichlich an, und nennen ihn deswegen den
„Ziergärtner der Dichter. Er war beständig auf Reisen, und hielt
„sich wenig in German auf. Aucb schrieb er das Buch: Humai
„ue Uumajun in Bagdad , und ob der Sehnsucht nach seinem
„eigentlichen Vaterlande diese wenigen Verse:
Willkommen Ambra« incl. o Frühlings- „Der wehend über German's Erde
hauch '). streicht ;
„ Willkommen Zeit des süssgeschwätz'- ,.I)cs Kuheort in jenem Lande ist! ) gen Vogels ,
..Was that ich, dass des Himmels ,. Aus jenem meinen Nest mich hieli. .
hoher Dom warf? ')
„ Weswegen soll ich hier in Ilngdad ,. Wo nur der Tigris mir in's Auge
weilen, tritt?
J) Diese beiden Hemistichien fehlen in K.
2) Diese beiden Hemistichien stehen vor dem mit rjbsj j& anfangenden in K.
Fehlt in K. (ö !>>>!>*■ K. (f »AÄ K. (T ^JUfci F.. (f K. (t _j.>l_j.:> K. (a oLi 5 K. (v J-o.Äm«.^ K. (1 1) Nach E. und K. ., W illkommen mir, o Frühhauch, Ambrawind."
2) Nach E. und K. „Des Ort in jenem Land und Wohnsitz ist."
3) .Nach E. und Ii. „ Aus jenein reinen Land nach Westen warf? "
II. Bd. 14
14*
'210 v. Erdmann , Chudschu Germani
„Auf seinen Reisen besuchte er auch den Alu-dewlci' Sim-
„nani, ward sein Schüler, lebte mehrere Jahre unter den Sufi
„und ward selbst Sufi. Auch redigirte er die Gedichte des Scheichs
„und sang auf ihn folgendes Rubat:
„Wer auf den Pfad Ali Imrani's kam, „WicChisr an den Quell des Lehens kam;
„Wird frei von Satans Flüstern und „Wird Ala-dcwleT Simnani gleich ! Betrug ,
„Dieses Ghazel ist gleichfalls von ihm:
„Geloht sey , der durch Macht und „Gelobt sey, der an Gnad' und Würde
Hoheit heilig ist, einzig ist,
„Der Meister, dessen Bauwerk ewig „Der Miichl'gc, dessen Allmacht un¬
dauernd isl, vergänglich ist.
„Saturn ist dieses Klosters Wächter, „Mars ist in dieser Feste Burgherr,
— er befahl's, — er gebol's;
„Ins Ohr des Himmels hängt zum „Durch's Werde jeden Monat einen
Schmuck er Magreb's Gold , Nenmondring.
„Bald zieht am Himmel er des Zal- „Bald giebt der Sonne er des Zal-
zer's Brauen auf, Erzeugten Schwerdl.
„Naht Chudschu flehend dieser Pforte, „Vom Herrn die Gnade, und die Bitte
so ist's recht: von dem Knecht.
Suleiman's Herrschaft ist dem Ein¬
sichtsvollen Wind ,
„Wer, dass auf Wasser diese Welt gegründet, spricht,
„Kein Gastzelt schlag bei diesem alten Gasthof auf,
„Bind' nicht,dein Herz, an diese alte Buhlerin ,
„Des Himmels Liebe fällt auf einen Andern stets ;
„Die Erde Bagdads träufelt weinend Martyr - Blut ,
„Der Ziegel, den Scheddad hinwarf im Goldpalast,
„Ist voll von frischen Tulpen gleich des Berges Saum ,
„Chudschu hat nichts als Gram er¬
übrigt von der Welt ■),
„Vielmehr Suleiman der, der frei von Herrschaft ist.
„Den höre, Chodscha, nicht; denk nach : sie steht auf Wind ;
„Nicht bleibend und unsicher ist sein Fundament ;
„Die immer neue Braut von vielen Freiern ist.
„Was thun , da er einmal so niedrig ist gesinnt?
„Wenn nicht , woher dann rinnt in Bagdad dieser Strom?
„Ist in des Schah's Palast vom Haupte Schcddad's nun.
„Nicht Tulpen sind es, sondern Fer- had's Herzensblut.
„Frohlocke wer da gänzlich frei ist von der Welt!"
4) Dieses Gramgefühl drückt der bekannte Schemsu - l - maali Abu - 1 - Busein Kabus nach Lntbf Ali in eigentümlichen Worten so aus :
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gJ ;3 **j-sf s Ajfo (£ s ' *if rj* ^ ; J> _TO ^_*_=>. jii^i
Öj^i cf°>
will seine dichterischen Geisteseizeugnisse. 211
„Man sagt, dass der Divan Cliudscliu's aus 20,000 Disticlien
„bestelle; er sei technisch vollendet und enthalte glänzende Kasiden.
„gefällige Bruchstücke und Ghazelen, von denen in dieser Bio-
„graphie nicht mehr, als geschrieben ist, aufgenommen werden
„kann. Chudschu starb in dem Jahre 742." ')
Dies ist Alles, was wir über den berühmten Chudschu Germani
in seiner Biographie finden. Denn das, was Dewletschah noch
zu derselben hinzugefügt bat, bezieht sich auf einige Lebensver¬
hältnisse des Ala-dewlei Simuani, welcher in seiner Jugend im
Dienste des Mongolischen Kaisers Argun Chan 2 ) stand, in dein
Alter von 72 Jahren und 2 Monaten mit Tode abging, und aucb
den Abdu-r-ra'hinan Ksferai'ni und Nedschmii - d - din Mu hammed
Esferui'ni unter seine Schüler zählte.
Man sieht aus dieser Lebensbeschreibung des Dewletschah
deutlich, dass er ,die Schriften des Chudschu Germani nicht aus
selbsteigencr Ansicht gekannt, sondern nur nacb kurzen Anzeigen
Anderer über dieselben geurtbeilt habe, weil er im entgegenge¬
setzten Falle sich ganz anders und viel umständlicher über sie
ausgesprochen haben würde. Dasselbe kann man mit vollem Rechte
von dem Luthf Ali Heg ben Aclia Chan behaupten, welcher in seiner
kärglichen und höchst oberflächlichen Lebensbeschreibung des
Chudschu Germani 3 ), den er Chadscbu (^>b>) nennt, nur sagt,
dass er ein Mesnewi,als Gegenstück zu dem Macbzenu-l-asrar,
unter dem Titel: Die Mumenaue der Lichter (y_j.-0ft iC/i:»^), wo¬
runter er wahrscheinlich seine beiden mystischen Dichtungen ver¬
steht, und ein anderes Mesncwi : Humai we Ilumajun, in Bagdad
geschrieben, an der Welt Langeweile gefunden habe, und in dem
Dienste des Schab Aläu-d-dewle Simnaui, zu dessen Lobe er
einige von ihm gedichtete Verse beifügt, im Jahre 642 (so) gestorben
sey. Hier zum wenigsten erweiset sich die von Luthf Ali Beg
durch seine Feuerbrände veranstaltete Aufhellung als eine kleine
Reuomisterei.
Da ich in der letzten Zeit meiner frühern Stellung die ge¬
wiss seltenen Werke des Chudschu Germani durch Ankauf von ei-
ln diesen deinen Lorken wohnen „Kraus', Knoten, Schleife, Falte.
Sechs : Flechte, Schling;
„In meinem Herzen nisten andre Sechs : „Lieb", Kummer, Schmerz, Betriibniss, Aerger, Gram.
So in Atcsch Kede, Hdsch. meiner Sammlung fol. II verso.
1) Chudschu Germani ward nach seiner eigenen Aussage, im Naurus we GUI, den 15. Schewwal des Jahres 679 (12|£) geboren, und hatte daher in seinein Todesjahre 742 (13J^) ein Lebensalter von 63 Jahren erreicht.
2) Regierte von 683 — 690 d. H. (1284—1291 nach Chr. Geb.) 3) Nach der mir angehörigen Handschrift des Atesch Kede, fol. tt" verso.
14'
21'2 V, Erdmann , Chudschu Germani
nein Buchareu für «liu Kaiserliche Kasanische Universität erwürben babc, so hoffe ich durch die Ausfüllung dieser nicht unbedeutenden
Lücke im Dewletschah und Luthf Ali lieg den Dank der Gelehrten
zu verdienen, indem ich sie mit Cbudscbu's Schriften so wie mit dem
in ilinen herrschenden Geiste genauer beknnnf zu machen suche.
Die, von mir benutzte, in Persischer Sprache ubgefusste
theils vollständige, theils mangelhafte Handschrift enthält 13ft
Blätter in kl. Polio und alle Geisteserzeugnisse unsers Dichters. Ge¬
wöhnlich werden dieselben von den Asiaten mit dem Namen: iw«^.
j.L«/ ♦>♦> d. h. Der Fünfer des Chudschu Germani bezeichnet, und
bestehen wirklich aus folgenden fünf Abteilungen :
1) J»ij ^' ■Saar,,z u,, d Gül, von fol. | verso bis |-A
recto, geschrieben von ^.jU*» und geendigt in Samarkand
den 22.Schaubti.li im Jahre 1038 (1029), bestehend aus 5230 Halb-,
oder 2615 Doppelversen, nachstehenden Inhalts:
Nach der gewöhnlichen Anrufung des göttlichen Beistandes,
dem Lobe des Propheten und des Sultans von Irack, Tudschu-d-
dunja-we-d-din, gebt der Dichter zu der Ursache der Abfassung die¬
ser Schrift über, deren Anlage folgende ist. Prinz Naurus, der
Sohn des Schab Firuz von Chorasan, ausgezeichnet durch die
Schönheit seines Körpers und Geistes, hört von der schönen Giil
der Tochter des Römischen Kaisers, so wie diese wieder von
ihm, und beide verlieben sich in einander durch Hörensagen. |) ur
Prinz bittet seinen kaiserlichen Vater, eine Reise dahin unternehmen
zu dürfen, erhält aber abschlägige Antwort. Auf die Nachricht
sein Sohn sey wegen der Nichterfüllung seines Wunsches in tiefe
Melancholie verfallen und untröstlich, sendet Firuz einen an seinem
Hofe lebenden Weisen, Namens Mihrpesl, zu ihm, welcher ihn
durch die eingeschobenen Erzählungen von llehzad und Perizad
so wie von einem Vezir, Namens Mu hammed , und seinem Sohne
Ali mit glücklichem Erfolg, doch nur augenblicklich tröstet. Zu
Firuz zurückgekehrt, fertigt Mibrpest seinen Sohn Mihran in
gleicher Eigenschaft an ihn ab, und dieser weiss dein Unmutbe
des Nauruz durch die eingeflochtene Erzählung von Mihr und
Mihrban, welche nach langem ihre Verbindung bindernden Ungc-
mache doch endlich zum Ziele gelangten, eine sehr günstige
Wendung zu verleihen. Prinz Nauruz setzt endlich seinen so
lange gehegten, feurigen Wunsch durch, und langt in der
Residenz des Römischen Kaisers an. Durch die Amme der Prin¬
zessin Gül in Kenntniss gesetzt, dass diese in ihn verliebt sey,
sucht er mit ihr, so wie sie mit ihm, Bekanntschaft anzuknüpfen.
Nauruz erhält nacb dem Siege über den von ihm mit eigener
Hand erlegten syrischen Schab Fcrachzur , welcher gegen die
Residenz des Römischen Kaisers mit einem Heere angerückt war,
und seine dichlerisehen Oeisleserzeugnisse. 213
die Hand der Prinzessin GUI und begiebt sich nach begangener
Hochzeitsfeicr mit ihr in sein väterliches Reich Merwi Schahdschttn.
Nach dem bald darauf erfolgten Tode seines Vaters Firuz, be¬
steigt er dessen Thron, kommt aber späterhin in der gegen ihn
angezettelten Verschwörung des Prinzen Kubad mit seiner Ge¬
mahlin um Thron und Leben, während der Thronräuber sich der
Herrschaft bemächtigt. — Vach dem Lobe des Fürsten von Kuzeruu
\hu Isfhack Ibrahim uud des ausgezeichneten Scheichu -1 - islam
Ktntuu-l-niille we-d-dunjä we-d-diu, des Kazeruners, erthcilt
der Dichter die nötbige Auskunft über die Zeit seiner Geburt und
die während derselben obwaltende Constellation, wobei er das
Jahr nach den vier in Westasien angenommenen Hauutcnochen
bestimmt.
2) ^^jUJ^ ^sl*& d. Ii. llumai und Humajun, vou fol. Ii
verso his If verso. geschrieben von demselben und geendigt in
Samarkand an einem Donnerstage, den 30. Schaahan 1038 (1629).
bestehend aus 6406 Halb-, oder 3203 Dnpprlvcrscn, nachstehen
den Inhalts :
Nach dem Lobe Gottes des Schöpfers, den er um Hülfe
und Beistand anruft, und des Sultans As-said Aläu - d - duiija
we- d-diu Abusaid Bebader Chan '), so wie seines mächtigen
Grossvezirs Gbajussu-d - dunja we-d-din Mu hammed , giebt er
einen allgemeinen Ueberblick seines Werkes, so wie seiner
eigenen Lage, und schreitet dann zu den Ursachen der Abfassung
dieser von ihm auf Befehl des erwähnten Grossvezirs verfusstcu
Schrift, deren Anlage folgende ist.
Der durch seine Schönheit ausgezeichnete Prinz llumai, der
Sohn iles Schah Huschenk, begiebt sich mit Hülfe seines Rosses
(ihurab auf ein Abenteuer und gelangt in die Residenz des Chi¬
nesischen Faghfur (Kaisers), welche beschrieben wird. Hier siebt
ihn die Tochter desselben, Prinzessin Hwnajun, und verliebt sich
in ihn. Auf einer von dem Faghfur ihm zu Ehren veranstalteten
Jagd entfernt er sich in dem Getümmel derselben heimlich von
des Fürsten Seite, und begiebt sich in den Sommergarten der Hu-
majun, Semenzar Nuschab, ermordet den Wächter, den alten Gärtner,
und verrichtet selbst dessen Wuchtdienst. So wird er mit der
sich dort aufhaltenden Prinzessin näher bekannt , inuss aber den
Sommergarten verlassen, sobald man durch Späher Nachricht über
seinen Aufenthaltsort und sein Verbrechen erlangt hat; er wird
eingefangen und vom Faghfur in das Gefänguiss uach Tewarai-
diz abgeschickt. Hier werden seine Klagen laut, dringen zu den
I) Regierte vou Tili — 736 d. II. (13 Iri — 1335 nach Chr. Geburt.)
'214 r. Erdmann, Chudschu Germani
Oliren der Prinzessin und erregen die Tlieilnuhme der Tochter
des Suheil Dschehan- suz, welche ihn uus seiner Haft befreit. Prinz
llumai kehrt in das Sommerschloss der Humajun zurück, wo er
mit ihr freundschaftlichen Umgang pflegt. Jedoch einsehend, duss
seine hinsichtlich der Verbindung mit der Geliebten gehegten
Wünsche nicht erfüllt werden können , verlässt er sie wieder,
und begiebt sich in eine hoffnungslose Einöde, wohin ibm die
Prinzessin auf dem Kusse nachfolgt, worauf sie bei ihm dort einige
Zeit verweilt und ibm ihr Herz aufschliesst. Hier erbieten sich
Fehrschah und Uehzad mit des Ostens Heere dem Liebespaare
Hülfe zu leisten, und llumai. auf dieselbe fusscnd, ersucht den Faghfur
um die Hund seiner Tochter in einem Schreiben, welches die¬
ser hinterlistiger Weise dahin beantwortet, dass er nicht eher
seine Zustimmung erthcileu könne, bis llumai ihm seine Tochter
zurückgestellt habe. llumai sendet nun die Humajun mit dem
Heere des Ostens in die Hauptstadt des Faghfur und sucht durch
den Ostwind die schriftliche Verbindung mit ihr zu unterhalten.
Oer trügerische Faghfur verbirgt jedoch, um auch diese Verbindung
mit einem Schlage zu vernichten, seine Tochter in einem unter¬
irdischen Gemache, und sprengt das Gerücht aus, sie sey ge¬
storben. Er veranstaltet sogar verstellter Weise eine Todtcnfeier
und giebt sich über den Tod der geliebten Tochter den lautesten
Klagen bin. Prinz Humui, an der Wahrheit dieses allgemein
verbreiteten Gerüchts nicht zweifelnd, begiebt sich wiederum in
die Wüste. Die von diesem traurigen Loose ihres Geliebten in
Kenntniss gesetzte Humajun zieht über den Aufenthalt desselben
mit Hülfe llebzad's und Ferinusch die nötbige Nachricht ein, und
llumai entschliesst sich, der an ihn ergangenen Aufforderung zu.
folge, in die Hauptstadt zurückzukehren. Der über diese Kühn¬
heit auf's Aeusserste erbitterte Faghfur zieht mit einer Heeresabtliei¬
lung gegen ihn, fällt aber in dem gelieferten Treffen, durch die Hund
des Hiimai erlegt. Der Prinz besteigt jetzt den Thron des ge-
tödteten Faghfur und feiert mit der Humajun das doppelte Sieges¬
fest in dem Sommerpulaste Semenzar Nuschab.j Nachdem er
hierauf das Hoflager von dort nach der Hauptstadt verlegt, ver¬
mählt er sich mit ihr auf eine feierliche Weise und ersteigt mit
ihr die höchste Stufe des Ruhms. Das Reicb des Faghfur von
Tschin, Perizad's und des Cbakans 'Husein dem Ferinusch, als
Statthalter, anvertrauend, begiebt er sich anfangs mit seiner Ge¬
mahlin in das Land Chawer , wo er Schemsei Chaweri und Awuz
Afruz mit Fehrschah und Behzud vermählt, und dann nach Scham,
wo er gleichfalls Besitz vom Throne nimmt, es jedoch nacb
einiger Zeit wieder verlässt , die Zügel der Regierung in die
Hände des Dschehungir legend. ■— Das Gedicht schliesst mit dem
Lobe des hochberühmten , als Feldherr uud Regent gleich aus¬
gezeichneten Herrn Schemsii-l-back-we-d-diinju »c-d-diu Mn'h-
und seine dichterischen Geisleserzeugnisse. 215
muri, des Kadhi Sain und des ausgezeichneten Grossvezirs Ruknu-
d-dcwle we-d-dunja wc-d-din Klmehdi Auiidu-l-mulk.
3) Mystisches Gedicht (Mesnewi), von fol. If verso bis IP recto,
geschrieben von demselben und geendigt den 27. des Monats Re-
rischeb, un einem Mittwoch im Jahre 1044 (1635), bestehend aus
5270 Halb-, oder 2635 Doppelversen.
4) Mystisches Gedicht (Mesnewi), von fol. 1o bis) 1v verso,
unvollständig, enthält nur 402 Halb-, oder 201 Doppelverse.
5) Diwan, enthaltend Ghazelen, Kasiden, Mukattaat und Ru-
baijjat, bis fol. In verso , gleichfalls unvollständig. Die Kasiden
sind geschrieben zum Lobe lebender und verstorbener, ausgezeich¬
neter Männer, als o) des Mubarizu - l'hack wc-d-dunja we-d-
din Mu hammed Elmuszaffcr, des Stifters der Dynastie der Mu-
szaffcri, Ii) des Kiwamu-d-din Niszamu-l-mulk, c) des'Hamidu-
|. in ulk Ihn Niszami - 1 -inulk Tusi , d) des Nuru-d-dewle we¬
il - diu Kiwamu -1 -mulk Musud beu Dscbcmili-l-mulk, e) des
Facbru-d - din A'hmed ben Kiwami -1 - mulk , f) des Cbodscba
Zckiti - d - riewle wc-d-din Ma'hmud ben Facbri -1 -'back we - d-
riin A'hmed, g) des lzzu-d-riin Jusuf ben Zekii°-d-din Ma'hmud,
Ii) des Scbirwan-Schah ben Mcnudschehr, t) des Dschemalu-d-din
Mauscli, k) des Atabcg Muszuffcru-d-dunja we-d-din Kizil
Arslan, Padischab's von Irack.
So viel fur den gegenwärtigen Augenblick. Vielleicht werde
ich uuf den von Luthf Ali so ganz verkannten Chudschu Germani
dereinst nach einem grössern Masstabc wieder zurückkommen,
— nach der Gläubigen frommen Spruch — .\1JI «Li ^jt , oder,
um mit andern Zuugen zu reden, wenn es Zeit und Verhältnisse
erlauben. Geschrieben zu Gr. Nowgorod am -r',, August 1847.
Die Sage von Feridun in Indien nnd Iran.
Vorgetragen den 1. Oktober 1847 in der Versa lung der
Orientalisten zu Basel
von Ur. K. Hot Ii.
Vor zwei Jahren hatte icb die Ehre über das inuthiuaassliche
Alter der alten indischen Liedersammlungen zu berichten, die
unter dem Namen der Weden auf uns gekommen sind. Weniges
zwar ist aus diesem Gebiete inzwischen veröffentlicht worden,
desto lebhafter wird aber, wie Ilinen bekannt ist, darin gearbeitet,
und ich habe Grund zu hoffen , dass die damals gezeichneten
Umrisse noch fest stehen , so weit wenigstens feststehen , dass
icb heute einen Schritt weiter gehen und das indische Altcrthum
mit dem persischen zusammenknüpfen kann.
Die möglich engste Verbindung beider wird nach meiner
Ueberzeugung für die Wissenschaft vom persischen Altertbume,
wie sie jetzt steht, um förderlichsten seyn.
Da mir zu einer vollständigen Uebersicht über deu ursprüng¬
lichen Zusammenhang persischer uud indischer Religionsgeschichte
bis jetzt noch Kraft und Mittel fehlen, so möchte ich wenigstens
an einein Beispiele zeigen, wie VVeda und Zenduwesta aus Einer
Quelle fliessen uls zwei Arme, von welchen der eine — im Weda
— voller, reiner, seinem ursprünglichen Wesen gleicher geblieben
ist, der andere vielfach sich verfärbt, seinen ersten Lauf geän¬
dert bat und durum nicht immer mit gleicher Sicherheit bis zu
seinen Ursprüngen zurück verfolgt werden kann. Für diesen
Nachweis wähle ich den Sagenkreis des Fei iddn , eines der ge¬
feiertsten Helden der persischen Vorzeit, bei welchem man am
meisten versucht ist , einen nationalen geschichtlichen Stoff unter
der sagenhaften Hülle zu suchen, mit dessen Aussprüchen noch
spät Dichter ihre Werke schmücken , dessen berühmtes Banner,
nachdem es die Sasanidcn auf ihren Zügen begleitet hatte, erst
in der Schlacht von Kadesia den Unterdrückern Persiens unter
Omar zur Beute wurde.
Die Fabel von Feridun, so weit sie bieher gehört, wird in
der Hauptquelle für unsere Kenntniss der persischen Heldensage
in b'irdnsi't Köitigsbuch so erzählt. Unter Zohäk"s Herrschaft wird