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""d — nicht mit s und / bezeichnet werden, sonderu mit sh und zh

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212

Zur Erklärung der altpersischen Keilinschriften.

Von Dr. H. Kern in Leiden.

I.

Die Ausgabe, weicbe iu diesem Anfsatz benutzt worden, ist

die Spiegeische, die durcb Vollständigkeit, Uebersicbtlicbkeit und

eine höchst sorgfältige Bearbeitung sich auszeichnet. Die hier be¬

folgte Transcription weicht aber in ein paar Punkten von der Spie¬

geischen ab, insofern die Buchstaben 5< ""d — nicht mit s und

/ bezeichnet werden, sonderu mit sh und zh. Es handelt sich hier

um etwas mehr als um die .Aussprache ; ein wichtiges grammatisches

Gesetz ist im Spiel, und deshalb werde ich ein wenig ausführlich

deu Beweis zu liefern versuchen, „dass im Altpersischen, ebenso

wie im Bactrischen , kein dentales * mehr erhalten war". Wenn

man die alten iranischen Sprachen mit dem Sanskrit vergleicht, so

sieht man, dass Altpers. ^ und Bactr. oder ^ nur unter

solchen Bedingungen vorkommeu , welche die Liugualisirung des

uriudogerm. dentalen s im Skr. zur Folge haben. Wo aber im

Skr. das ursprüngliche dentale s bleibt, da findet sich in den irani¬

schen Sprachen h , oder der Laut schwindet ganz , mit der .Aus¬

nahme, dass die Doppelconsonanten st, sk und sp in ff, f/( und

übergehen, d. h. in diesem Fall Palatalisirung eintritt. Die fol¬

genden Beispiele werdeu genügen, um dies vollkommen anschaulich

zn machen. Aus Indogerm. stä wird Skr. stbä, Altpers. und

Bactr. Qtä, unter bestimmten Bedingungen nämlich. Wo im Skr.

das s zu sh wird, geschieht dies auch in den iranischen Sprachen;

folglich ist Skr. sthäna = Altpers. Bactr. i;täna, aber tishthämi,

hishtämi. Vou ava + sthä ist Skr. 3 sg. Imp. Act. Caus. avästhä-

payat, im Altpers. avägtaya; vou adhi + sthä dagegen ist z. B.

3 sing. Aor. Act. im Skr. adhyashthät. Im Altpers. kommt das

Compos. ui-[-(;tä vor; hieraus bildet sich 3 sg. Imp. Caus. niyash-

täya. Wiewohl dies vollkommen uatürlich ist, so ist es doch kein

Wuuder, dass diejenigen, welche au eiuem dentalen s festhalten,

diese Form nicht verstanden haben, eben weil sie von einer fal-

1^ Für das Bactrische ist dies schou bemerkt in : ..Verslagen en Mededee¬

lingen der Koniuklijke .\kademie van Weteuschappeu", XI, S. 133 ^'Amsterdam'.

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Kem, zw Erklärung der altpersischen KeiUnschriften. 213

sehen Voraussetzung ausgegangen sind. So sagt Spiegel (Altp. K.

S. 109, in der Bem. zu K.) : „Niyastäya (sic) ist und bleibt

schwierig, ni-stä ist zwar richtig, aber man erwartete niyaQläyam,

nachdem das Augment angetreten ist." Sfehen wir, zu welchen Con¬

sequenzen dies führt. Es soll natürlich sein, dass nistä gesagt

wird , d. h. dass nach dem Vocale i ein dentales *, welches q\k

isolirt nicht hat, zurückkehrt. Weiter sollte es nicht zu erwarten

sein, dass nach dem Vocale a dies dentale s erhalten bleibt; das

a also sollte die Kraft haben zu palatalisiren, das t (und u, o etc.)

sollte die Kraft haben zu dentalisiren ! Nein, ist es niyashtäya

mit sh, wie man a priori zu erwarten hatte, denn aus Päriini 8,

3, 63, vergl. mit 65, lernen wir, unter Anderm, dass ni im Comp,

mit sthä die Lingualisirung des s hervorruft, selbst wenn ni vom

s durch das Augment getrennt ist. Es heisst nicht nur nishtha

u. s. w., sondern auch nyashthät, adhyashthät, paryash-

thät u. s. w. Nun braucht man nichts weiter zu thun als das

Altpers. aväctäyam zu vergleichen mit Altpers. niy ash tay am,

und man wird zustimmen, dass in Betreff des Uebergangs von .»

in sh genau dieselbe Regel gilt im Skr. wie im Iranischen, dass

keiu dentales s in niyashtäya uud nis hta steheu kann, und

dass es überhaupt kein s im Altpers. und Bactr. gibt.

Der Buchstabe , den Spiegel mit / (gesprochen wie englisches j)

wiedergibt, verhält sich zu sh, wie eine Media zur Tenuis. In den

irau. Sprachen wird das auslautende sh, z. B. von d u s h , im Inlaut

vor weichen Lauten, ausgenommen vor m im Bactr., und auch vor

?/ im Altpers. gewöhnlich in zh (ausgespr. wie französisches j) ver¬

wandelt; z. B. duzbükta, duzhdäma. Statt nish + äyam sagte

man im Altp. niz bäy am. Nach Spiegels Scbreibweise entspräche

/ als Media dem s als Tennis! Wie wir gesehen haben, ist die

Sacbe ganz einfach.

Inschrift von Naqsh-i-Rustam, NRa).

Die erste Bemerkung gilt einer Kleinigkeit, den Gen. pl. paru¬

va n ä m in Z. 6 und 7 , wofür Sp. paru v n ä m schreibt. Was

ist das richtige? Nehmen wir einmal z. B. an, dass uv im Gegen¬

satz zu u das lange m andeute, so lässt sich im Gen. pl. eine

Doppelform paru näm und p arunäm wohl erklären, denn die

Casusendung ist iu den iranischen Dialekten sowohl näm als

anäm ^). Man sagt acpanäm und a^pänäm (d. i. a?pa-|-anäm) ;

aidyunäm und aidyüuäm. Ganz in der Ordnung wäre also auch

parünäm neben parunäm. Ja, es ist sogar nicbt unwahrschein-

1) Im Sanskr. ist die Kndung anäm; z. B. bahünäm steht für bahüa-

näm; agni näm für agn ian äm. Gerade so ist im Dual bahü, agni ent-

^tanden aus bahüa, agnia, mit Sufifix a, ;= Griech. e (o nur in Svo). So steht bhärati für "tia =Gr. fegovxia; "ushi=tj»rt. Deshalb Gen. "tyäs, d. h. "tia -|- Gen. Suff. as.

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214 Kern, zur Erklärung der altpersischen Keilinschriften.

lich, dass im Altpers., wo bis jetzt nur anäm gefunden, gewöhn¬

lich parünäm ausgesproclien wurde, aber dass dies eben durcb die

Schreibweise uv ausgedrückt ward, das ist sehr unwahrscheinlich.

Denn nicht nur im Gen. pl. kommt uv vor, sondern aucb iu Compos.;

man findet paruzana und paruvazana. Wo würde ein langes

u hier herkommen? Und warum ist es denn immer vigpazana,

und nicht vi^päzana? Weiter, wenn das Altpers. u uud it in

der Schrift zu unterscheiden im Stande war, so ist gar nicht ab¬

zusehn, weshalb man immer bumi „Erde" scbrieb, und nicht

buvmi. Mir scheint es viel wahrscheinlicher, dass paru und

paruva gleichberechtigte Nebenformen, identisch mit dem Griech.

nokv und noXko (d. i. nolfo), welche auch unter sich wechseln. —

Was Spiegel besonders veranlasst hat, in uv ein langes w zu sehen,

ist die Form des 2ten Personalpron. im Nom. „Man sehe uicht

eiu", so äussert er sich, „warum in tuvam das v die aspirircnde

Kraft, die ihm nach § 27 zukommt, im Nom. nicht üben sollte,

wohl aber im Acc." Die Antwort liegt auf der Hand. In der

Keilschrift bezeicbnet ja uv sowobl Skr. va, Griech. Fet, fo, fe,

als Skr. uva (mundartlich Vedisch ua), Griech. vo (z. B. iu övo).

In tuvam ist es kein v, keiu Halbvocal, sonderu ein m, was auf

das t folgt; dagegen in tbuväm ist es der Halbvocal; nur dieser

hat ja aspirirende Kraft. Der Grund, dass in t u v a m =r Ved. tuam

(mundartlich auch: tuvam) der Vocal geblieben, doch in tbuväm

= Skr. tväm der Halbvocal eingetreten ist, muss iu Verschieden¬

heit der Betonung gelegen haben. Gerade wie in Svo der Vocal

sich erhalten hat, weil der Ton darauf lällt, aber in diioSsxa, in

dj'ig der Halbvocal eingetreten , weil der Accent nicht auf dem v

ruhte, so muss auch im Altpers. tuvam aus tüam, und tbuväm

aus tuä'm sich entwickelt haben. Dass mau in der Zeit des Darius

das a noch ganz deutlich ausgesprochen habe, will ich nicht be¬

haupten ; es mag schon tuvSm, aber doch zweisilbig gelautet baben,

während ira Bactrischen auch tuera verschwunden und in tüm zu-

sararaengezogen ist. Ein lehrreiches Beispiel dafür, wie die Halb-

vocalisirung schon vor der Sprachtrennung zwar angefangen hatte,

doch erst nach der Trennung sich in den verschiedenen Sprachen

vollständig uud selbständig entwickelte, ist das Bactr. vid aeva

(d. h. ursprünglich vid aina, rait Accent auf vi), dessen Acc.

vidoyüra aus älterem vidoiuSm*) entstanden. Ein andres raerk-

würdiges Beispiel ist Altp. Haraivara (urspr. haraiuam) — Bactr.

Haroyüm, aus haroiuSm.

1) Die Bezeichnung von Bactr. Oj; durch 6 (lang) ist unrichtig, da es schlechterdings unmöglieh ist, dass aus ai fSkr. c, Griech. oi) eiu di entstehe;

z. B. Skr. hharet, ifiooi kann nicht zu haröil stimmen, wohl zu b.iroit.

Dass im Skr. o aus as lang ist, heweist nichts fiir das Bactr., welches viel¬

mehr in diesem Fall auf der Stufe des Prakrt steht. In Uebereinstimmung mit dem aus baroit gefundenen Resultate ist es , dass im Altpers. die Eudung as vertreten wird durch k u r i e s a.

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Kern, zur Erhlärung der altpersischen Keilinschriften. 215

In Z. 7 kommt der Ace. framätäram „Gebieter" vor, wofür

sonst framätäram. Erstere Form bat nichts überraschendes, wenn

man bedenkt , dass auch im Griechischen sowohl yeveTTjga als ye-

viroQcc u. dgl. bestehen.

Einige Schwierigkeit macht das Wort in Z. 19, welches Spiegel

mit patiyakhsaiy transcribirt. Die Stelle, von Z. 16 ab, lautet:

vashnä Auramazdähä ima dahyäva tyä adam agar¬

bäyam apataram hacä Pär^ä; adam shäm patiyakh-

shaiy (?), manä häshim a bar a (nta).

D. i. nach Spiegel: „Durch die Guade Auramazdas sind es diese

Läuder, welche ich ergriff ausser Persien, ich überwache sie, sie

brachten mir Tribut." — Ausführlich handelt Spiegel über das frag¬

liche Wort (S. 103), wo er die Meinungen Rawlinsons, Opperts

und Bollensens mittheilt. „Oppert leitet das Wort vou khsi regieren,

componirt mit der Präp. patiy her. „Seulement", fährt er fort,

I'imparfait de pati-khsi se dirait plus regulierement jiatiyakhsiyaiy

(sie!); il faut alors admettre uue inexactitude du graveur, ou, ce

qui est meme plus vraisembable , uue legere irregularite de la

grammaire persane." Wir wollen ein Mal sehen, ob die ausge¬

sprochene Vermuthung haltbar sei. Im Sanskrit gibt es ein kshi,

ksheti, also 2ter Kl., und ein kshi, kshayati, also Iter KL;

über die Bedeutung später. Das Imperf vou kshayati ist, in

1 sg. Med., a-j-kshaya-j-i, also aks haye, was Persisch wäre

akbshayaiy, und nicbt akhsiyaiy, wie Oppert meint. Dagegeu

ist die 1 sg. Imp. Med. vou ksheti im Skr. a-f-kshi-j-i , was wegeu

der Doppelconsonanz vor dem auslautenden Vocale akshiyi (st.

aksbyi) ergibt. Dies wäre Persisch akhshiyi , vorausgesetzt,

dass in dieser Sprache ganz dieselbeu Gesetze in Bezug auf Halb-

vocalisirung herrschten als im Skr. Wir wissen aber, dass nicht

in alleu Stücken diese Gesetze identisch sind. Da nun aus der

ursprünglichen Form a-fkshi-J-i, abgesehn von der speciellen Sans¬

kritregel, vollkommeu regelmässig akshi werdeu kann, und da in

der Keilschrift i und i beides durch iy ausgedrückt wird, so siud

wir berechtigt patiy akhshiy für eine regelmässige 1 pers. sg.

Imperf Med. von patiy + khshi zu halten *). Jetzt bleibt aber eine

Schwierigkeit in der Bedeutung, denn ebeu kshayati ist „herr-

I) Die 1 sg. Med. im Imperf. und Aor. liat im Altpers., wie im Skr. i.

geschrieben iy. Allerdings könnte dies auch als iya gelautet haben, besonders da im Sl<r. der Optativ die volle Endung iya statt i noch erbalten hat. Wio dem auch sei, es kommt hier nur darauf an zu zeigen, dass die Endung iy, sei die Aussprache i oder iya oder Beides , die der 1. sg. der sogenannten historischen (eigentlich aber der ursprünglichen) Tempora ist. Sie kommt aueh vor in adarshiy in Inschr. 1, Z. 8. Spiegel schreibt ädarsaiy, hält es für 1 sg. Praes. Med. von ä + darsh, und übersetzt es trotzdem mit ,, unterworfen halten". Da nun darsh=Skr. dharsh ,, wagen" ist, kann ä + darsh nicht

„unterworfen halten" bedeuten. Adarshiy ist eine regelmässige 1 sg. Aor.

Med. von dar „halten", gebildet wie Skr adhrshi, akrshi u. s. w.; 2 sg. adhr- thäs; 3 adhrta.

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216 Kern , zur Erklärung der altpersischen Keilinschriften.

sehen" im Skr., dagegen ksheti „wohnen". Das Compos, prati -

ksheti kommt vor Rgv. 2, 10, 5, im Sinne von „bewohnen, sich

befinden in" und regiert da den Acc. In unserem Text hat es

aber den Gen. (shäm) bei sich, was an sich schon genügt um die

Bedeutung zu ändern. Am wahrscheinlichsten kommt es mir vor,

dass, wie B. und R. anuehmen, beide kshi ursprünglich identisch

sind, und dass patiykhshi im Persischen die Bed. „besitzen",

und weiter „beherrschen" hatte. Vgl. das Lat. possidere, und die

begriffliche Verwandtschaft zwischen kshi und sad, sitzen.

Nachdem wir noch bemerkt haben , dass das fragliche Wort

nothwendig ein Praeteritum sein muss, und nicht, wie Spiegel glaubt,

ein Praesens, weil das vorhergehende agarbäyam und das fol¬

gende ab ara auch Praeterita sind, dürfen wir getrost patiy akh¬

shiy schreiben, uud übersetzen „ich beherrschte sie".

Statt abara wird wohl mit Oppert abarantä zu lesen sein.

Im Vorübergehn muss ich die Vermuthung aussprechen, dass man

im Altpers. nicht abara aussprach, sondern abaran; da die Nasali-

sirung der Vocale nicht angedeutet wird, bleibt dieser Punkt un¬

gewiss , doch ist es kaum zu denken , dass schon in Darius Zeit

der Nasal gänzlich verschwunden wäre, während das ?h sich noch

ungeschwächt erhalten habe.

In der folgenden Völkertafel sind noch manche Schwierigkeiten ;

einzelne davon wolle» wir versuchen zu beseitigen. Erstens in

Z. 25 fg., wo die ^akä Tigrakhudä genannt werden. Das letzte

Wort ist augenscheinlich eiu Beiname eines Theils der Skythen, und

sieht ächt persisch aus. Das erste Glied der Compos, tigra ist

das Bactr. tig hra „scharf"; das zweite ist eine Bildung aus khud.

In Zend-Avesta ist ein Wort k haod ha „Helm". Es ist nicbt un¬

wahrscheinlich, dass die sogenannte Wurzel khud, wovon khao-

dha (dh statt d nach bekannten bactrischen Lautgesetzen) herzu¬

leiten, das Deutsche „schützen" sei, doch für die Erklärung des

altpers. Wortes bietet dies nichts. Es gibt aber in den deutschen

Sprachen auch eine Wurzel sknt (Nhd. „schiessen"), und wenn

Altp. khud mit „schiessen" identisch wäre, so hätte Tigrakhudä

die Bedeutung „ scharfschiessend , Scharfschütze". Im Skr. ist kh

häufig aus sk, durch Vermittlung von skh, entstanden. Neben

dieseu Skr.-Formeu mit kh hat sich bisweilen die ältere mit skh

1) Roth im Pet.-Wörterb. s. v. iiiiersetzt „sich niederlassen bei". Er muss also das Object bhuvanäni vi<;vä aufgcfasst haben als ,,allc Wesen". Es wird nämlich von Agni gesagt, dass er sei; ..pratiksbiyan bhuvanäni vi(;vä". Auch Säyana übersetzt bhuvana mit bbüta ,. Wesen", uud giebt, scheint es, dem Satz den Sinn : „Agni bewohnt , beseelt (adhitishtliati) alle Wesen als Vaiijvänara".

Aus den folgenden Worten des Verses aber: ,,prtlium tiracjcä vayasä brbantam"

sieht man , dass der Dichter hat sagen wollen . Agni sei Uberall. Die genaue Uebersetzung ist also: „alle Welten bewolinend, überall hin sich ausbreitend".

Säyana's ad hi ti s h thati ist übrigens doppelsinnig, und möglich hat er ksheti in der Bedeutung kshayati „herrschen" genommen.

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Kern, zur Erklärung der alipersischen Keilinschriften. 217

erhalten, und nicht selten hat sich das ursprüngliche Indogermani¬

sche sk nach einer anderen Richtung hin in ch verwandelt, wie

auch das mit sk wechselnde ks (Skr. ksh) in ch übergehen kann.

So stehen neben einander skhalati, chala und khala; vgl. Lat. sce¬

iu s, Deutsch Schelm, Schuld u. s. w. Aus ursprünglichem skt,

wovon Goth. skeirs, skeinan u. s. w., Lat. scire, wird im Skr.

einerseits kht, und mit sogenannter Erweiterung khyä, anderseits

mit Vrddhi (skäi-ä) chäyä, wofür das Griechische ohne Steigerung

ffxta hat. Kurz, es steht fest, dass im Skr. kh oft aus sk ent¬

standen, und die Frage ist nur, ob wir dasselbe auch für das

Iranische annehmen müssen. Mir scheint, dass obiges Bactr. khao-

dha dafür spricht. Nach Justi ist khara (s. Handb. d. Zendspr.

p. V) wahrscheinlich zu vergleichen mit dem Altdeutschen scelo.

Weiter möchte ich Bactr. khumba aus skumba entstanden glau¬

ben, und mit dem Griech. axvcpog vergleichen, da sonst Baktr. kh

vor Vocalen nicht einem Skr. k entspricht.

In Z. 29 fg. hat der Text folgende Namen :

yaunä . takabara . putiyä . kushiyä . maciya . karkä.

Die Erklärung von takabara als „flechteutragende Griechen" ver¬

danken wir dem Scharfsinn Opperts. Mit ihneu ist ein Theil der

europäischen Griechen, der xaQr]xofi6tovTsg 'Axottoi gemeint; eine

nähere Bestimmung, welche denn unter den Europäern dem Perser¬

könig gehorchten, wäre überflüssig, und könnte im folgenden Worte

enthalten sein. Dies ist bis jetzt mit Putiyä transcribirt; es kann

aber ebenso gut Puntiyä heissen, oder, da der Scythische (?) Text

Pahutiyap liest, Pauntiyä. Dies ist das Griechische Wort IIovTioi,

und gemeint sind die 'Ekkrjanovriot. Die Yaunä takabarä

Puntiyä (oder Pauntiyä) sind entweder „die flechtentragenden,

d. i. europäiscbeu, Griechen und die hellespontischen", oder „die europäischen Griechen am Hellespont". Warum die hellespontischen

Griechen gerade in der Inschrift von Naqsh-i-Rustam und zwar fast

am Ende der Tafel genannt werden, dafür finden wir eine natür¬

liche Erklärung bei Herodot VI, 33, wo erzählt wird, dass erst

nach der Unterdrückung des ionischen Aufstandes die persische

Flotte sich der Städte auf der europäischen Seite des Hellesponts

bemächtigte: 'Ana dk Tiavlrjg änalXaaaof^evog 6 vaVTixog arga-

Tog rä kn ägiaregd iankwovri rov 'Elkrjanovrov a'igee navra,

X. r. i.

Die drei letzten Naincn kommen ebensowenig als die europäi¬

schen Griechen in den frühern Völkertafeln vor, und bezeichnen

also wahrscheinlich Völker, die erst in den letzten Regierungsjah¬

ren des Darius unterworfen worden sind. In Maciyä erkennt

man die Mariavoi, bei Herodot Maririvoi, welche nach Herod.

V, 49 und 52 östliche Nachbarn der Armenier sind. Vgl. Strabo

XI, cap. 13. Was die griechische Form des Wortes betrifft, so ist

dieselbe zu vergleicheu mit Baxrgiavoi, ^oySiavol, u. dgl. Das

Persische c wird im Griechischen vor f oder i öfters mit r wie-

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218 Kern, zur Erklärung der allpcrsischen Kcilinschrißen.

dergegeben, z. B. in TefffjtTjg = Caishpish ; so ist TiacacpiQvy^q wohl = Ci^tafranä ; Ti&Qavaxrjg enthält gewiss cithra.

Das vorhergehende Kushiyä kann lautlich mit Kushiten über¬

einstimmen, wie Oppert will, aber es kann ebensogut Kushaiyä

gelesen werdeu. Mit Lassen und Rawlinson möchte ich das letzte

annehmen; es fragt sich aber, welche Cossaei gemeint seien, denn

aus den Nachrichten des Strabo und andrer Geograpben geht,

wenn ich sie nicht missverstehe, hervor, dass es in mehreren Ge¬

genden Cossai gab. Nach Strabo XI, cap. 13, wohnten Cossaei

östlich von Gross-Medien: 'Ogl^erai (nämlich rj utyähi MrjSia)

S' dno fisv rrjg £w te üaQ&vatuv xal Toig Koaoaiwv bpefft,

XfjöXQLXWv dv&Qiünuv. Nach XVI, cap. 1 dehnen sich Paraita-

cene und das Land der Kossäer aus von den Grenzen von Persis

bis zu den kaspischen Pforten: jrjv fih ovv Kagfiavtav tyxv-

x?vOVTai ngog dgxrov fj Iligaig, nakh) ovaa' tavzrj di avvdnxEt

ij UaQaiiaxrivrj xal ij Koaaaia fi^XQ'' Kaonioiv nvXwv, ogeiva

Xtti XijGxgixd 'i&vij. Dagegen wohnten nach Polybius 5, 44, 7

Kossäer am Zagrosberg ; als Nachbarn der Ukier kommen sie vor

bei Arrian 7, 15. Kiepert hat auf seiner Karte des persischen Rei¬

ches nur Cossaei angegeben in Susiane, während er iu seiner Ein¬

leitung bemerkt, dass die Bewohner der Satrapie Susiane „an der

östlichen Grenze gegeu Persis Ukier genannt werden, altp. Hüsba"

(lies: Uvazha, mundartlich vielleicht Hüzha) „als Name für das

ganze Land, welcher daher neupers. Chüzistän heisst, an der nörd¬

lichen gegen Medien Kussäer, oder Kossäer, daher Kiaaia (Kva-

Gtcc) , der Name , welchen die ältern Griechen für das ganze Iiand

gebrauchen". Wenn Klßdioi, uud Koaaacot, wirklich identisch sind,

— und das lässt sich nicht leicht bestreiten —, so müssen die

Kushaiyä andere Kossäer bezeichuen als die susianischen, und da

wir aus Strabo ein Räubervolk kennen lernen an den nördlichen

Grenzen des persischen Reiches, wird es nicht zu gewagt sein an¬

zunehmen, es sei eben dies nördliche Grenzvolk, welches Darius in

den letzten Jahren seiner Regierung bezwang.

Die Karkä vergleicht Rawlinson mit dem von Polybius 5, 44, 7

erwähnten Volke der Kdcgyoi- am Zagrosberg. Lieber als an diese

möchte ich an die Koh/^oi denken. Da das altp. kein l hat, steht

Karkä nicht weiter von Kok^og als von Kdg^og ab. Wenn man

bedenkt, das Kolchis die äusserste Grenze des Reiches war, so

muss es uns natürlich vorkommen, dass die Völkertafel mit den

Karkä scbliesst. Vgl. folgende Worte Herodots III, 97: KoX^ol

S' kxa^avxo " ig xrjv Swgeijv, xal oi ngoGtyiBg ft-ixgi' xov Kavxd-

GLog ovgEog ig xovxo yag rö ovpog ino IligarjGc ag^exai, xd

Se ngog ßogerjv dvsuov xov Kavxdatog Ilegaewv ovSiv eri

qjgovxi^et:

In den nächstfolgenden Zeilen ist eine Lücke, welche sich

wenigstens theilweise mit grosser Wahrscheinlichkeit ausfüllen lässt.

Wir lesen nl. Z. 31, fg.: „Ahuramazda yathä avaina imäm

(8)

Kern, zur Erklärung der altpersischen Keilinschriften. 219

bumiin[], parävadim mana fräbara, mäm kbshäyathi-

yam akunaush", d. i. „Als Aburamazdä sab, dass diese Erde

[ ] war, da bat er sie mir übergeben, er hat mich zum König

gemacbt". Das theilweise ausgefallene Wort muss nothweudig den

Begriff „herrenlos, schutzlos", ausgedrückt haben, wie Holtzmann und Spiegel (S. 104) ganz richtig gesehen haben. Glücklicherweise

sind die zwei ersteu Zeichen noch erbalten, nämlich y und u, d. h.

yau. Mau ergänze erstens »ia, da baben wir yauna= Bactr.

yaöna „Schutz", sowohl abstract, als concret '). Der Begriff „los",

„ermangelnd", lässt sich im Skr. am Ende der Compos, auf so viele

Weisen ausdrücken, z. B. durch hina, rahita, viyukta u. s.w.

dass man in Verlegenheit kommt wegen der Fülle. Nun hat die

vorhergehende, 31ste Z. 25 Zeichen, die 30ste hat deren 27, die

33ste 25, die 34ste 24; Z. 32 hat schon 20 Zeichen, welche

wenigstens zu vermehren sind mit vier Zeichen, nämlich mit dem

schou ergänzten na, mit der Endung äm des Acc. fem. und mit

dem Trenner ; das giebt schon 24 Zeichen. Je kürzer nun das

einzuschaltende Wort, desto besser; kurz, ich vermuthe, üna =

Bactr. üna „ermangelnd" (Skr. „weniger"). Das ganze Wort, ein

Adjeetiv im Acc. fem., wäre also yau nau näm d. i. „schutzlos,

schutzbedürftig".

In Z. 39 kommt ein Wort ciykaram vor, das bis jetzt noch

nicht genügend erklärt worden ist. Ich muss offen gestehen, dass

ich an die Existenz eines solchen Wortes nicht glaube. Es kann

uicht schaden hier eiue blosse Vermuthung auszusprechen, sei es

auch uur, damit die Aufmerksamkeit späterer Abschreiber auf die

betreffende Stelle im Steiu gelenkt werde. Statt yJc, bat

möglicherweise auf dem Stein gestanden T^T^TcffT, d. i. thrata.

Jeder urtheile, ob eine solche Aenderung zu gewaltig sei. Liest

man cithra tar am, d. i. „gar zu wunderbar, gar zu seltsam", so

ist der Siun des Satzes dieser: wenn du meinst, es sei gar zu

wunderbar, die Länder halte König Darius in seiner Gewalt! so

u. s. w. Es darf nicht verschwiegen werden, dass cithra sonst

in den Inschriften mit der Ligatur gescbrieben wird , also : cithra,

doch weil dies in Mithra nicht geschieht, so wäre diese Schwierig¬

keit nicht erheblich.

Nachdem Darius, um die Verwunderung der Leute über den

grossen Umfang des persischen Reichs zu beschwichtigen, auf die

Abbildungen hingewiesen hat, fährt er fort:

1) Dass dem Bactr. yaona auch die Bed. ,. Schutz" zukommt, sieht man klar aus den Comp. pferethuy.Tona , huyaöua, hväyaöna. Das yaöna khsha¬

thrä in Yt. 5. 87, welehe< Justi fiir Acc. pl. n. hält und mit ., abwehrender Herrschaft" übersetzt, während Sp.'s L'ebersetzung ,, eiuen starken Hausherrn"

hat, ist ein Dvandv.i im Dual. Der Sinn ist „Schutz und Abwehr", „Schutx und Beschirmung".

1 »

(9)

220 Kern, zur Erklärung der aMpersiachen Keüinachriften.

adataiy azdä bavätiy, Pär^ahyä raartiyahyä lÖuray

arshtish parägamatä; adataiy azdä bavätiy, Pär^a

martiya duray hacä Pärgä hamaram patiyazhatä.

Nach Spiegels Uebersetzung wäre dies: „Wirst du dann noch nicht

wissen, dass die Lanze des persischen Mannes weithin reichte?"

u. s. w. Es darf uns Wunder nehmen, wie die meisten Uebersetzer

übersehen haben, dass eine Frage bier ebenso unpassend sei als

etwa in einem Testamente. Aber abgesehen davon ist es deutlich,

was gemeint ist. Das Wort azdä, welches man mit „Unwissenheit"

übersetzt, ist gerade das Gegentheil, trotzdem dass Spiegel S. 80

bemerkt: „Azdä Unwissenheit steht sicher". Es ist nämlich das

Skr. addhä „sicher, gewiss". Der Satz „adataiy azdä bavätiy" be¬

deutet also: „da wird es dir gewiss seiu, da wirst du sicher sein".

Was die Constructiou betrifft, vergleiche man Chändogya Upanishad,

3, 14, 4: „yasya syäd addhä, na vicikitsästi", d. h. „jeder der

davon sicher überzeugt ist, keinen Zweifel mehr hegt". — Dasselbe

Wort kommt noch einmal vor, nämlich in der Isten Beh. Inschrift,

Z. 32. Nehmen wir erst die Uebersetzung der Stelle: „Als Kam-

buzhia den Bardiya getödtet hatte , da hatte das Heer keine

Kunde, dass Bardiya getödtet worden sei." Von deu entsprechen¬

den persischen Worten stehen noch auf Z. 31 diese: yathä Kam-

buzhiya Bardiyam aväzhan kärahy. In der folgenden Z. fehlen

nun einzelne Zeichen am Anfange; übrig ist:

zdä . abava . tya . Bardy a . avazhata.

Zu ergänzen sind nach Spiegel : ä (von kärahy-ä) . a (von azdä). In

der Note wird bemerkt: „Die beiden ersten Bucbstaben sind ergänzt.

In seiner Erklärung des Babylonischen Textes (Journ. of the Roy.

Asiat. Soc. XIV, p. XLVIII) sagt R. : „I was, for a long time, owing

to the mutilation both of the Persian and Scythic texts, uncertain

as to the meaning and etymology of tbe verb which is used in this

aud in similar passages : but I am now satisfied , that the word

uaiy must be lost at the commencement of 1. 32 of the Persian

text." Es ist indess bier kein Raum für dieses Wort, wie schon

Bollensen bemerkt hat." —- Also, Rawlinson ist überzeugt, dass zu

ergänzen sei:

ä . n a i y . a ( z d ä u. s. w. )

Da uun azdä „sicher bekannt" bedeutet, so ist naiy azdä „nicht

sicher bekannt", und der Satz : „kärahyä naiy azdä abava" ist auf

Deutsch : es war dem Heere (oder dem Volke) nicht sicher bekannt.

Dies ist so klar, dass man, wenn sogar keiu Raum für das Wort

naiy auf dem Felsen wäre, ein Versehen des Steinmetzen anzu¬

nehmen genöthigt war. Glücklicherweise brauchen wir das hier

nicht zu thun, da wir die Nichtigkeit der Behauptung Bollensens

durch Ausrechnung und Ausmessung demonstriren können, und zwar

1) So ist wobl auszusprechen statt aväzha.

1 7 *

(10)

Kern, teur Erlclärung der altpersischen Keilinschriften. 221

auf diese Weise. Z. 33 enthält 48 Zeichen, mit den Trennern;

Z. 34 hat deren 50; Z. 36, 37 und 31 haben jede 49, 46 und

49 Zeichen. Nun, die unvollständige 32ste Z. hat, ohne Ergänzung,

42 Zeichen; lügt man hinzu die sieben Zeicheu: ä.naiy.a, so

ergibt sich im Ganzen die Zahl 49. Lässt man dagegen naiy,

wofür nach Bollensen kein Raum ist, weg, so hat die Zeile nur

45 Zeichen! Wer noch zweifelt, möge den Raum ausmessen, und

er wird finden, dass Rawlinson beweisbar Recht hat, addhä bha¬

vati, na vicikitsästi.

Ein grammatischer Fehler steckt in der Transcription paräg-

matä, was parägamatä sein muss. Nach Spiegel und Anderen

wäre parägmatä ein Partic. Praet. fem. Es ist dies aber

nicht. Von gam gibt es zwei schwache Formen, nämlich gm und

ga; die schwache Form gm wird verwendet, wo die Endung mit

Vocal anlautet; z. B. in Perf jagm-iva, jagm-atuh, jagm-

u s h i u. s. w. Fängt die Endung consonantisch an , so verwendet

man (nämlich wo eine schwache Form erforderlich ist) nicht gm,

sondern ga; z. B. im Partic. Praet. ga-ta; von gam nach 2ter

Klasse, wovon die 3 sg. Praes. Act., natürlich stark, gan-ti (für

gamti) lautet, ist die 2 pl. schwach, also ga-tha; die 3 pl., auch

schwach, lautet aber gm-anti, da die Endung mit Consonant an¬

lautet. Das Part. Praes. Act., welches mit ant gebildet wird, ist

natürlich auch gm-an, fem. gm-ati. Kurz, gam nach 2ter Kl.

wird conjugirt ganz wie han. Eine Form gm-atä kann nur exi¬

stiren als Instrum. Part. Praes. Act. ; als Nom. fem. ist es g m at i ;

ganz unmöglich aber ist gm atä als Nom. fem. eines Part. Praet.,

denn die Endung dieses Part, ist ta, also consonantisch und davor

wird ga gefordert, also ga-ta, fem. ga-tä. Eine Endung ata

für das Part. Praet. ist bekanntlich nicht da. Also parägmatä,

was nur als Instrum. Part. Praes. bestehen kann, und hier nicht

am Platze ist, muss gelesen werden parägamatä = Skr. parä¬

gamatä, d. i. 3 sg. Imperf Ind. Med. von gam nach 1. Klasse^).

Der Schluss der Inschrift nämlich: „martiya hyä Aura¬

mazdähä framänä hanvtaiy ga^tä mä thadaya pathim

tyäm räctäm mä avarada (?) mä gtabava" ist sehr schwie¬

rig. Holtzmann, dem Spiegel (S. 106) beistimmt, schliesst den

Satz bei taiy, und übersetzt: „homo! quae Oromazis doctrina haec

tibi". Auf Deutsch wäre dies: „die Lehre Auramazdas, die ist für

dich". So lässt sich auch der persische Satz nur übersetzen , ab¬

gesehen davon, dass framänä nicht Lehre, sondern Befehl, Gebot

bedeutet. Spiegel übersetzt: „der Befehl Auramazda's ist dieser";

wo bleibt denn taiy? — Trotzdem dass der Scythische Text so

deutlich zu sein scheint, glaube ich, dass Oppert Recht hat, wenn

1) Auf hangmatil , 1. hangamantä oder ha ginantä, Nom. pl. Part. Praes.

„zusammen, en eorps" kommen wir später zurück.

(11)

222 Kern, zur ErMärung der altpersiichen Keilinachriften.

er nach gagtä den Satz schliesst. Dies gagtä halte ich für das

Partic. Praet. Med. von gad = Skr. gad „sagen, verkünden". Im

Bactrischen wird dies Partic. hekanntlich häufig als Aor. Med. ver¬

wendet. Die Worte „hyä Auramazdähä framänä, hanvtaiy gagtä"

bedeuteten also „der Befehl des A., der hat dir gesagt". Das Skr.

Part. Praet. gad ita (welches nur passivisch auftreten kann) ver¬

hält sich zu gagta, wie z. B. vidita zum älteru vitta, yatita

zu yatta u. dgl. Uebrigens hat Skr. gad im Altpers. auch einen

andern Vertreter, nämlich zhad, Bactr. jad, das nach der IVten

Kl. conjugirt, „beten" bedeutet. Vgl. das Lat. orare mit oratio.

Ein Analogen zu der Doppellbrm gad und zhad findet man in

gam und zham, Bactr. jam

Wiewohl gaQtä oben als Part. Praet. gefasst worden, will ich

nicht verschweigen, dass es ebenso gut ein Part. Fut. auf tar sein

könnte; dass dies Partic. in Praesensbedeutung genommen würde,

wäre erklärlich, aber weiter anzunehmen, dass die Form im Femin.

keine Aenderung erlitt, ist trotz der Analogie mit dem periphrasti¬

schen Futur im Skr. doch misslich; deshalb ziehe ich die oben

versuchte Deutung vor.

U.

Inschrift von Behistun I.

In der 9ten Zeile finden wir ein Wort, das den Erklärern

viel Mühe gemacht hat, nämlich duvitätarauam, wie es trans¬

scribirt wird, oder duvitätarnam, wie es nach meiner Ansicht

heissen muss. Die von Oppert gegebene Erklärung „en deux branches"

braucht uns nicbt aufzuhalten, da sie lediglich auf dem verzeihlichen

Irrthum beruht, dass im Sskr. dvita und dvitä dasselbe bedeuten,

während beide Wörter nichts mit einander zu tbun haben, wenig¬

stens in äer Bedeutung. Nun entspricht offenbar Altpers. duvitä

dem Sskr. dvitä, und nicht dvita. Dass, abgesehen von aller

Etymologie, Spiegel's Uebersetzung „von langer Zeit her" richtig

sei, ergiebt sich aus dem Zusammenhang zur Genüge, und es würde

Niemandem eingefallen sein etwas anderes in duvitätarnam zu

sucben, weun nicht zufälligerweise das Wort Aehnlichkeit im Klange

mit dvita gehabt hätte. — Das nur in vedischen Liedern vor¬

kommende dvitä ist leider ein Wort, über desseu Sinn die Er¬

klärer nicbt einig sind, obschon er, so viel ich sehen kann, ganz

feststellt. Schon sehr früh, zur Zeit als die Verfasser des Vedi¬

schen Glossariums (Nigharitu) lebten, war dvitä obsolet und zwar

so, dass die Glossatoren es unter den dunkeln Ausdrücken auffüh-

l) Schon im Slcr. sieht man den Anfang einer Spaltung in han, nämlich in 2 sg. Imperat. Act. jahi, welcher nach arisch-griechischen Lautgesetzen für jhahi steht; Jhahi steht wiederum für jhadhi, dies für ghadhi.

(12)

Kem, zur Erlclärung der altpersischen Keilinschriften. 223

ren. Bei so bewandten Uraständen darf es uns nicht Wunder neh¬

men, dass die Erklärung des später lebenden Yäska nicht befriedi¬

geud sei, ja sogar offenbar falsch ist. Er sucht es zu deuten als

dvidhä, d. h. „in zwei Theilen bestehend, in zwei Theilen ge¬

theilt". Der Verfasser des Nirukta, vor dera ich übrigens ohne

irgend welche Affectation grosse Achtung hege, batte grade wie so

viele Gelebrte des neunzehnten Jahrhunderts , weniger Sinu für

philologische Methode und Textverstäudniss, als für Etymologie und

Grammatik, und deshalb griff er erst zur Etymologie, ura sich daher

Hülfe zu schaffen , statt aus dem Zusammenhange sich wenigstens

so ungefähr eine Anschauung über den Sinn des Wortes zu gewin¬

nen. Säyana folgt dem Yäska, wie zu erwarten. Unter den euro¬

päischen Erklärern des Veda wüsste ich keiuen, der eine selbstän¬

dige Ansicht über dvitä ausgesprochen hätte, mit Ausnahme Roths.

In seiner Ausgabe des Nirukta, und besonders ira Petersb. Wtb. stellt er die Bedeutung : „eben, so — denn •, allerdings , besonders " auf

Gegenüber solchen Autoritäten wie Y'äska und Roth eiue eigene

Ansicht vorzutragen ohne dieselbe mit Beweisen zn unterstützen,

wäre gar zu kühn oder leichtsinnig; andererseits aber genügt raan

einer Pflicht, wenn man sich nicht scheut, eine eigene Meinung zu ver¬

theidigen, wenn man sich gezwungen sieht, sich aussprecheu zu müs¬

sen. Ein solcher Fall liegt hier vor. Ich will versuchen zu zeigen,

dass dvitä bedeute: „von jeher, von Alters her, von uralten Zeiten

her, je, immer", und mit einer Negation: „nie, nie noch, nimmer";

kurz, es ist synonym mit sanad, sanä, wodurch es wahrschein¬

lich völlig aus der Sprache verdrängt worden. Jeder untersuche

die Vedenstellen, wo dvitä vorkommt, die man, wenn man sie nicht

gegenwärtig hat, im Petersb. Wtb. verzeichnet finden kann; nach

Untersuchung entscheide jeder für sich, ob die hier angegebene Be¬

deutung nicht sich bewährt. Irre ich, so fällt meine ganze folgende

Erklärung von duvitätarnam; habe ich dagegen Recht, so haben

wir eiu nicht ganz uuwillkoramenes Beispiel, dass es uns bisweilen

gelingen kann, rait gehöriger Anstrengung, etwas herauszufinden,

was Yäska nicht gefunden hat. Yäska verstand viel raehr , sehr

viel mehr Sanskrit als — Keinem zu nahe getreten — irgend

ein Europäer oder Hindu des neunzehnten Jahrhunderts, aber wenn

man ein obsoletes, schon lange aus der lebendigen Sprache ge¬

schwundenes Wort zu deuten hat, da hilft die lebendige Sprache

nur da, wo das Wort eine Sippe hinterlassen hat. Das war mit

dvitä nicht der Fall; deshalb ist es erklärlich, dass wir jetzt hie

und da etwas finden, was Yäska nicht gefunden hat. Von Ueber¬

lieferung kann hier nicht die Rede sein, denn Aeltere als Yäska

hatten schon gesagt: „wir verstehen das Wort nicht". — Hier fol¬

gen einige Stellen aus dem Rigveda, wo dvitä vorkommt: ?igv.

4, 42, l:

mama dvitä' räshträm kshatriyasya

viQvä'yor vigve amrtä yathä nahi |

(13)

224 Kern, eur Erklärung der cUtpersischen Keilintehriften.

krätaip sacante vdninasya devä'

rä'jämi krsht6r upamäsya vavr6h || •)

D. i. „Mir ist von jeher die Herrschaft, mir dem Fürsten, so dass

alle Unsterblichen Unserm Willen folgen, (dem Willen) von mir

dem Allumfasser ( und Beschirmer ), sie , die leuchtenden Deva's.

König bin ich über die Erde, über die allerhöchste Decke (Him¬

mels z e 1 1)."

:Rigv. 1, 62, 7:

dvitä' vi vavre sanäjä sänile

ayä'syah stävamänebhir arkafh |

bhägo nä m6ne parame vyömann

idhärayad rodasi sudäfisäh || *)

D. i. „In uralter Zeit hat er die beiden uralten aus einem Lager

entsprossenen (Geschwister) enthüllt, er der Unbezwingliche, unter

dem Jubel der Lieder; wie ein Herr^) zwei Schöne, hielt er stets

im hohen, hohen Himmel*) die beiden Welten in seiner Gewalt,

er der wunderkünstige." — Als Parallele hiezu ist zu betrachten der folgende Vers:

sanä'd divam päri bhü'mä virüpe

punarbhüvä yuvati' sv6bhir 6vaihi |

kfshn^bhir aktöshä' rügadbhir

väpurbhir ä' carato anyä'nyä ||

Hier wird gesagt, dass auch Tag und Nacht (Morgen und Abend¬

dämmerung) von uralter Zeit her, sanäd, ihrem bestimmten Laufe

folgen. — Parallel ist auch vs. 10, wo von den Flüssen gesagt

wird, dass sie von Alters her einem festen Laufe folgeu.

sanä't säuilä avänir avätä'

vratä' rakshante amr'täh sähobhih |

Nehmen wir noch ein paar Stellen; erstens Rgv. 3, 49, 2:

yäip nü näkih ^r'tanäsu svarä'jaip

dvitä' tärati nrtamaip harishthä'm |

D. i. „den ja keiner in den Schlachten je besiegt, ihn den Alleinherr¬

scher, den heldenmüthigen Ritter auf dem goldnen Ross".

1) Räsbtram kann hier ursprünglich nicht gestanden haben, denn das Metrum fordert ein dreisilbiges Wort; es ist ziemlich evident, dass zu lesen sei r&jiam (räjyam). — sacante ist auch unrichtig; es muss sAcante sein, mit Accent, da der Satz ein relativer ist. Der Grund des Fehlers liegt auf der Hand.

2) Zu sprechen ist: ayäsiah; viomann und rodasia; der Dual der

St&mtne auf i und u (bei StSnunen auf a lässt sich das nicht entscheiden) ward gebildet durch a = Gr. e (oder o in Svo), wie ich schon früher bemerkt habe.

3) Bhaga ist Synonym mit pati, ist also „Herr" und „Gemahl" beides, wie fast in allen Sprachen.

4) Vyoman ist, gerade wie Himmel, eig. ,,das ausgebreitete Gewebe"; es entspricht genau dem Niederl. uitspansel „Firmament".

(14)

Kem, SW Erklärung der altpersischen Keüinschriften. 225

Dann B%\. 8, 73, 1 fg.

pr6shthaip vo ätithim stush6 mitrdm iva priyäiji | *)

agnim rätham nä v6dyam |{

kavim iva präcetasaip yäm devä'so ädha dvitä' |

ni märtyeshv ädadhüh ||

D. i. „Preiset ihr Agni, u. s. w. , lichtverbreitend wie ein "Weiser

(alias : ein Stern) , den die Devas da in uralter Zeit hier unten

den Sterblichen geschenkt haben."

Ygl. jetzt Rgv. 1, 36, 4, wo auch zu Agni gesagt wird:

devä'sas tvä väruno mitrö aryamä'

säiji dütäni pra tnäm indbate |

vigvaip sö agne jayati tvayä dhdnaip

yäs te dadä'ga märtyah ||

Da jeder, der sich ernstlich mit Sanskrit beschäftigt, das Material

hat um sicb über dvitä ein selbständiges Urtbeil zu bilden, glau¬

ben wir an diesem Ort keiner Beispiele mehr zu bedürfen, um zu

zeigen, dass das Wort synonym sei mit sanä und sanäd. Yon

Zeitadverbien werden bekanntlich Adjective gebildet mit Suffix tana,

z. B. sanätana, cirantana, idäniutana, uütana, hyas-

tana, u. A. Diese können natürlich wieder adverbial verwendet

werden, sanätanam, u.s.w. Statt des Sskr.-Suffixes tana tritt

in einzelnen verwandten Sprachen tarna auf, nämlich im Lateini¬

schen uud Germanischen; so hat das Lateinische sempi^emM«,

aeternus , hesternus; das deutsche gestern. Dass hyas-

tana nur eine Nebenform von hesternus und gestern ist,

werden wohl Wenige läugnen. Nun haben wir, scheint mir, das

Recht anzunehmen, es sei dieses Suffix, tarna für aus Zeitadverbien

gebildete Adjective auch im Altpersischen erhalten; damit ist von

duvitä gebildet duvitätarna, und adverbial duvitätarnam.

Was die Etymologie betrifft, so hängt dvitä zusammen mit Gr.

Sfi^v, SFTj&tx, Sftjqöv, SFtjvaiög. Möglicherweise ist die älteste

Bedeutung „weit auseinander", noch erhalten im Sskr. düra, d. i.

du ara, so dass das räumliche Auseinandersein übertragen worden

auf das zeitliche. So ginge am Ende dvitä doch auf du zurück,

wovon du-ä und (du-a), Sii-ta und Si-o Duale, und du-i ein

1) Dieser vs. ist corrupt. Zu sagen: „preiset den liebsten Gast, der lieb wie ein Freund", ist zwar nicht unsinnig, aber docb einfältig. Das Lied

hatte pra isbtam, woraus man prcshta macbte. üa nun kein componirtes

Partic. pra-f ish ta besteht, verbesserte man es, wie man glaubte, inpreshtha.

Doch pra war gar nicht im Compos, mit isbta; es war der Aufruf: ,,Auf!"

Also: pra! isbtam vo atithiin stusbe, „Auf! preiset den erwünschten

Gast, der wie ein Freund so lieb". Stusbe ist Infinitiv Aor. wie im Griechi¬

schen oai , im Lateinischen se (re) Infinitiv-Endung Uberhaupt ist. Stusbe vah ist also eig. ,,an euch ist es jetzt zu preisen". Es ist noch ein Fehler, scheint es, im Metrum , oder man muss v o also u o lesen , was ich aber mich nicht entsinne gefunden zu haben.

Bd. XXUI. 15

(15)

226 Kern, zur Krl-lärung tier altperdschcn Keilinschriften.

Dual-Plural und zugleich adverbiale Bildung ist. Doch, wenn

dies auch so wäre, so hat die Sprache in der uns bekannteu Periode

es nicbt mehr gefühlt. — Also, der Satz: „duvitätarnam vayam

khshäyathiyä amaby" ist: „seit uralter Zeit sind wir Künige", wie Spiegel richtig übersetzt hat.

Nicbt so richtig aber scheint es mir, wenn derselbe Gelehrte

in Z. 19 und sonst ähantä statt ähatä schreibt. Nicht nur weil

das Sanskrit in der zweiteu Conjugation die schwache Form in die¬

sem Fall fordert, sondern weil die Unterscbeidung zwischen schwach

und stark , oder wie man es nennen will , eine tiefeingreifende Kr¬

scbeinung ist und vor der Trennung oder den wiederholten Tren¬

nungen der Stammesglieder bereits fixirt war. Wenn die feine

Unterscheidung theilweise verschwunden ist, so ist das ein Zeichen

der Verwilderung, oder wenn man ein anderes Wort will, Verein¬

fachung der Sprache. Dass es uns an Gefühl für den Unterschied

fehlt, dass er uns als etwas unregelmässiges erscheint, zeigt nur,

dass die Sprachen , in welcben wir erzogen , gröber sind als die

ältern, nicht aber dass der Unterschied selbst unmotivirt uud iu

der Natur der Sacbe unbegründet sei. Es steckt mebr dahinter, als

die Philosophie einzelner Sprachvergleicher sich träumen lässt.

Geuug, es ist nicht der mindeste Grund vorhanden anzunehmen,

dass das Altpersische iu dieser Beziehung schon so verwildert war,

dass es ähantä statt ähatä sagte. Auch im Griechischen ist die

Form aiuTO (Od. 20, 106), was ijaro sein sollte und wohl einfach

aus eiuer älteren Schreibweise, wonach f = war, entstanden, mit

dem 'iwQ, d. i. ijFog, uud mit solchen gelehrten Monstris wie Sü-

öoixa für StÖFotxa auf gleiche Linie zu setzen.

Ein Fehler derselben Art, aber umgekehrter Richtung, ist

ägatä in Z. 21, statt ägantä. Zwar sagt der Herausgeber (S.79):

„es kommen sowobl Beispiele von Abwertung des finalen Nasalen

vor t vor, als auch von der Erhaltung", aber das thut hier nichts

zur Sache, das t ist ganz unschuldig daran; es kommt nur darauf

an, was für eiu Suffix antritt. Das Suffix ta fordert die schwache

Form vor sich, so auch ti, doch das Suffix tar die starke. Es

heisst ukta und ukti, aber vaktar; gata, aber gantar.

Ä gan tar bedeutet, weun adjectivisch, „hinzu kommend", besou¬

ders, wie aus der Stelle hervorgeht, „in freundlichem Sinn, oder

um Hülfe zu bitten". Vgl. das Gr. ngoativai. Der ganze Satz lautet :

antar imä dahyäva martiya hya'ägantä äha, avam

ubartam abaram; hya arika äha, avam ufragtam

apargam.

1) Im Indo-Germanischen aus älteren Perioden . wovon alle historisch he¬

kannten einzelnen Sprachen des Slammes nur Triimmer sind , uud theilweise in deu historisch bekannten Dialekten kommt sowohl im Plural . als Dual das Suffi.t I vor. Fiir den l'lural ist das anerkannt ; im Dual hat i sieh erhalten im Sskr. tayos z. H. , d. i. ta-f-Dual Suffix t-f Casusendung os\ weiter im Griech. Dual TO'ir, d. i. ro-fi-f Cas. »»-.

(16)

Kern, s>ir ErMärung der altpersischen Kdlinschriften. 227

D. i. „Innerhalb dieser Länder wer sich zu mir wandte (oder : sich

an mich anschloss) den habe ich wohl aufgenommen; wer arg war,

den habe ich strenge verfolgt". Das Wort parg geht zurück auf

ein altes parsk, Skr. pfuh, Lat. posco, Germ, forschen, und

bedeutet: „gerichtlich untersuchen, richten, verfolgen, strafen". Vgl.

Skr. prädviväka, prägnika.

Wichtiger als diese Kleinigkeiten sind, ist es was uns in den

gleich folgenden Worten (Z. 23) beschäftigen soll:

„vashnä Auramazdähä imä dahyäva tyanä manä däta aparai-

yäyan".

Hier soll tyanä, nach Benfey, Oppert und Spiegel, eine Instru¬

mentalform sein. Allein in Inschrift H, 11, und I, 20 steht hacä

aniyanä, sodass wir vor der Hand tyanä nur als Ablativ kennen.

Haben wir Recht anzunehmen, es könne auch wohl Instrumental

sein? Um hierauf „ja" oder „nein", oder nur mit „wahrscheinlich"

antworten zu dürfen , müssen wir die Bildung etwas näher betrach¬

ten. Der feststehende Ablativ aniyanä, und folglich auch tyanä

steht natürlich für aniyanäd, tyanäd. Im Skr. werden bekannt¬

lich der Ablativ und Dativ der Pronomina gebildet mit Hülfe des

alten Wortes sma, welches „ein, derselbe, der gleiche" nnd adver¬

bial „zugleich , einerlei , zusammen" bedeutet. Die schwache Form

von sma, nämlich sm, wird ebenso als Hilfselement im Locativ

verwendet. Das mit sma gleichbedeutende ma wird in den slavi¬

schen Sprachen im Dativ und Locativ zu Hülfe genommen, und im

Dativ der deutschen Sprachen ') (mit Ausnahme des Gothischen,

welches wohl wegen des Accentes der vorhergehenden Silbe t hamm a

schreibt). Es ist nöthig zu bemerken, dass im Germanischeu Dativ

und Instrumentalis gewöhnlich lautlich zusammenfallen, so dass ur¬

sprüngliche Dative, auch da wo keiu Grund für das lautliche Zu¬

sammenfallen war, als Instrumentale angesehen und verwendet wur¬

den. So mit dem Dativ dem, woneben sich aber, besonders in den

ältern Dialekten, der eigentliche Instrumentalis, gewöhnlich als Ad¬

verb erhalten hat, z. B. im Deutschen wie, im Engl, the more

the better", u.s.w. Im slavischen Instrumentalis te-mi hat mi

natürlich nichts mit ma, sma zu thun ; es ist bhi. Kurz , das

Hülfs wort sma kommt in keiner indo-germanischen Sprache im In¬

strumentalis vor. Das Altpers. nun hat statt des Elementes

sma ein anderes, auch einen Prouominalstamm, nämlich na. Wäh¬

rend tasmäd (d. i. ta-f-sma-|-ad) eigentlich bedeutet: „von dem¬

selben", ist tyanä (d. i. tya-|-na-j-ad ) zu vergleicheu mit dem

Französ. „de ce-lui", oder mit dem Deutscheu „von demjenigen", 1) Ma mag eine Verstümmelung sein von sma; allein wenn es dies ist, ist es eine uralte Verstümmelung ; mit andern Worten, wenn die Germanen sagen, themo, so-ist dies nicht unmittelhar aus thesmo entstanden, denn im Germ,

wird kein s vor m ausgestossen; thama wurde gebildet aus tha und ma,

sei es auch, dass dies ma selbst früher aus sma verstümmelt, was ich nicht glaube. Als einfache, unerklärte Thatsache stellen wir auf: ma = sma.

15*

(17)

228 Kern, zur Erlclärung der attperaisclien Keilinschriflen.

wiewohl dies letzte eine modificirte Bedeutung hat. Es lässt sich

die Verwendung vou na statt sma oder ma sehr wohl erklären.

Auch im Locativ ward dies na verwendet; wir kenneu dafür nur

eiu Beispiel, „yanaiy", was nur adverbial, als Conjunction zu

belegen ist, in der Bedeutuug „insoferu, jetzt da", Engl, „now that".

Man hat das Wort, das auf Inschr. K, 22 vorkommt, nicht ver¬

standen. Es sagt da Xerxes, dass sein Vater schon beschlossen

das Gebäude zu errichten , es aber nicht hatte vollziehen können,

was so ausgedrückt wird: „utä imam gtänam hauv niyashtäya kan-

tanaiy ; yanaiy dipim naiy nipishtäm akunaush , pagäva adam

niyashtäyam imäm dipim nipishtanaiy ", d. i. „ Auch zu dem Baue

dieses Gemachs hatte mein Vater schon beschlossen; jetzt da er

die Aufschrift (d. i. die dedicatio als Zeichen der Vollendung) nicht

hat einschreiben lassen, da habe ich es thun lassen." Man sieht,

dass nishtä kantanaiy und nipishtanaiy in alltäglicher

Sprache einfach bedeutet: „bauen lasseu, schreiben lasseu". —

Um auf das Hilfselement na wieder zurück zu kommen, so wird es in

den andern verwandten Sprachen, abwechselnd mit sa^), von eiuer

alten Locativ-Genitivendung gebraucht, um den Geuitiv-l'lural zu bil¬

den, oder zu umschreiben. Ob dieses na, in schwacher Form.w, nuu

auch im Skr. Instrum. agni-nä, im Gen. neutr. vär inas, im

Griech. ri-vog, ti-vi, ri-veg sich findet, scheint mir zweifelhaft;

eher sind agnin, värin, tiv starke Formen vou agni, väri,

tiv, welche man in genannteu Fällen benutzte, aus uns 3) unbe¬

kannten Gründen. Wie dem auch sei, wir sind bei der grossen

Beschränktheit des uns vorliegenden Materials uicht berechtigt an¬

zunehmen, dass eiu Instrumentalis tyanä existirte. Was Spiegel

(S. 162) behauptet, dass wir „ein sicheres Beispiel des Instrumen¬

talis" in a-nä haben, ist unrichtig; aus Vergleichung mit Sskr.

a neu a erhellt, dass es ana-j-ä ist. Eiue ganz andre Frage ist

es, ob eiu Plural neutr. tyanä plausibel wäre, eiue Untersuchung

hierüber können wir hier glücklich bei Seite lasseu, denn dätam

„Gesetz" wird im Singul. gebraucht (s. NR. a, 21), sodass tyanä

(manä) dätä Ablative sing. sind. Das folgende aparaiy-äyan

1) Kantanaiy soll nach Oppert ,, grähen" heissen. Das hat es wohl auch hedeutet, aber danehen ,, bauen, gründen"; im Bactrischen ist kata niebt nur ,, gegraben", Subst. Gegrabenes, eine Grube, ein /<öna , sondern aucb ein ,, Gebäude, eia Haus". Wie aus i;täuam kau ..einen Platz graben" kommen kann ,, behauen" ist schwer zu sehen. A\'enn es als „einritzen" genommen wird, kann nicht blosses kan ohne Präpos. stehen; nicbt der Platz wird „ge¬

graben'-, sondern die Buchstahen. Auf Pers. kan kommen wir späler zurUck.

2i Zwischen sa und sama, sam, sma ist der Unterschied begriU'lieli so gering, dass er uns jetzt nicbt mehr fühlbar; sa ist auch ,, derselbe , der ge¬

nannte, gleicbe, einer".

3) Ks sind mir wobl Bücber zn Ge>icht gekonnnen , deren Verfa^.^er ganz zuversichtlich sagten, das n iu agninä und väriuas sei der Kuphoiiie wegen eingeschoben. Also in väriuas ist es euphonisch; in agnes ist es nicht supliiiniseh. denn da geschieht es nichf. Kuplionie hängt also vom Geuus ab !

(18)

Kem , zur Ejrklärung der altpersischen Keüinschriften. 229

ist merliwürdig, doch klar genug: es ist 3. plur. Imp. Act. vom

Verbum i, in Compos, mitdem Adverbium aparaiy „hinter, uach",

eig. Locativ von apara. Da das Compositum die Bedeutung hat

des Skr. anu -gam, nicht völlig mehr „nachher gehen" bedeutet,

sondern „folgen", ist es als Compositum geschrieben, richtig. Der

Casus, den aparaiy regiert, ist jedoch geblieben (vgl. Skr. pagcäd

als Präpos.). — Der Satz lautet übersetzt: „durch deu VS^illen

Auramazdas folgten diese Länder meinem Gesetz".

Z. 34. Statt vagiy ist hier, und überall sonst, vagaiy zu

schreiben. Es ist der adverbiale Locativ von vaga, „Gewalt" und

Wille", und hat demnach die beiden Bedeutungen „gewaltig, sehr"

(wie das Lat. valde) und auch „nach Wunsch" (wie das Bactrische

vace). Vgl. für den Zusammenhang der Begriffe Griech. XQarog,

xccgra, xaQTBQoq mit Ved. kratu; im Skr. ist vaga synonym

sowohl mit Ved. kratu als mit XQctrog.

Tj. 46. Das Wort adina, 3 sg. Imp. Act. von di, „er ent¬

riss", ist nächstens nicbt mit Skr. ji, jayati gleichzustellen, wie

Spiegel thut, da es zu einer andern Conjugationsklasse gehört, uud

demnach nicht ganz jayati „abgewinnen" heisst, sondern jinäti

(jyä), „mit Gewalt um die Habe bringen, entreissen"; es ist das

Griech. [ßidoi) ßtßhy/.t, ßtridsig. Wahrscheinlich ward das Particip dit a ausgesprochen.

Gehen wir über zur lehrreichen Stelle iu Z. 47. Nachdem

Darins erzäblt hat, dass Gaumäta dem Cambyses Persien, Medien

und die übrigen Länder entrissen, fährt er fort:

hauv äyagtä uvaipashiyam akutä; hauv khshayathiya abava.

Erstens äyagtä (so ist zu schreiben) kommt öfter vor, und

wird gewöhnlich ganz richtig durch „mit" wiedergegeben. Daraus

Ist aber nicht zu folgern, dass es eine Präposition sei. So lesen

wir Inschr. Beh. III, 3 ff.: „yathä hauv kära paräraga abiy Vish-

tägpam, pagäva Vishtägpa äj'agtä avam käram ashiyava", d. h. „Als

dies Heer zu Vishtägpa gestossen war, da marschirte V. mit dem

Heere auf". An sich ist äyagtä ebensowenig eine Präposition als

das Griech. 'iyj-^v, wiewohl auch dies in einer nicht pedantischen

Uebersetzung oft auf deutsch mit heissen muss; z. B. Anab. 1, 2, 6:

7.ai i]y.e Mivo)v 6 &ETraX6g önUrag fyuv ytliovg xal ne)aa-

ardg nsvTaxoaiovg", was auf deutsch ist „mit" soviel Hopliten

u. s. w. bei sich. Ebenso 1, 2, 5: Kvgog 8' 'iy^MV ovg eiQtjxa

MQfA&.TO dno ^dgStiov^', was auf Altpersisch ungefähr wäre:

„Kurush äyagtä avam käram ashiyava hacä Qpardä." Kurz, äyagtä

ist Nominat. von äyagtar, dem Agens von äyat. Sintemal das

passivische SK-r. äyatta bedeutet „abhängig von, gehörend zu", und

äyatana „das woran etwas haftet, Haltpunkt, Sitz", so bedeutet

das active mediale äyagtar „an sich haftend, zu sich nehtnend,

haltend". Es bedarf kaum der Erwähnung, dass dieses Nomen agens

auch substantivisch auftreten kann, wiewohl in dem Text hier das

Wort Verbalconstruction hat, wie so häufig im Sskr. Wir kommen

(19)

230 Kern, zur Erklärung der altpersischen Keilinschriften.

sogleich auf die Bildungen auf tar zuriick, weil man sie nicht ganz

richtig verstanden hat. Das dritte Wort akutä ist 3 sg. Aor. Med.

von kar „machen". Im Deutschen kann man das Medium von kar

nicht einfach wiedergeben, wohl im Lateinischen, wo es factus est

ist, d. h. Perfectum von fio. Im Lateinischen könnte äyagtä

akutä ausgedrückt werdeu durch „ possessor factus est", was man

in diesera Fall auf Deutsch entweder sagen rauss, mit anderer Cou¬

struction „er machte sich zum Besitzer", oder „er ward Besitzer";

das einfachste ist „er bemeisterte sich". Uväipashiyam ist Accus,

neutr., abhängig von äyagtä, und gebildet mit Vrddhi*) aus

u vai pati „Selbstherr", oder, nach Deutscher Phraseologie, „Allein¬

herrscher"; uväipashiyam (für uväipathyam) ist also „Allein¬

herrschaft" ^). Der ganze Satz heisst: „Er machte sich zura Meister der Souveränität; er ward König".

Ehe wir weiter gehen, wollen wir erstens den Uebergang von

th iu sh, und zweitens die syntactische Verwerthung des Agens auf

tar besprechen.

Das Altpers. th muss — das wird auch allgemein anerkannt,

giaube ich — eine zischende Aussprache gebabt haben. Einerseits

steht es überaus häufig für Skr. und Bactr. f ; andererseits ist es

die wirkliche Aspirata des t. Dies fübrt uns auf einen Laut, der

dem englischen scharfeu th gleich oder wenigsteus sehr ähnlich ge¬

wesen sein rauss. Hie und da zeigt sich auch ira Bactrischen

Wechsel zwischen tk und f. Laute, welche einander nahe stehen,

sind in jeder Sprache dera Zufall einer Verwechslung ausgesetzt,

ohne dass man dafür bestimmte Regeln aufstellen könnte; es ist

z. B. ein blosser Zufall zu nennen, dass ira Englischen has sich ein¬

gestellt hat für hath, u. dgl. Altpers. th klang also uugefähr wie

f , und wurde damit verwechselt. Weiter staud das q dera sh wieder

nahe, gerade wie im Skr. g und sh, und andererseits f und s wech¬

seln, z. B. iu kosha uud koga. Im Altpers, und Bactr. giebt es

auch sicher steheude Beispiele davon. So steht Inscbr. NR, d, 2

ign „Pfeile" statt ishu, über dessen Etymologie kein Zweifel auf¬

kommen kann. So haben Altpers. und Bactr. beide targ, targg

„fürchten", statt tarsh, denu wiewohl dies eine Umstellung aus

tras sein raag, so hat die Umstellung doch stattgefunden lange vor

der Zeit der ersten Trennung der Hauptstämme, d. h. aus Skr.

tras konnte nie auf iranischem Boden targ erwachsen, nur thrah;

1) Die persisclien Monatsnamen Bagayädi, für dessen Länge Spiegel (s. v.) keinen Grund sieht, und Äthfiyädiya sind auch mit viddhi gebildet von baga- yadä oder bagayäd; es ist ganz deutlich dass ein Monat nicht heissen kann ,, Gottverehrung" oder „Götterverehrer", wohl „in dem yadä stattfindet". Dazu ist eben vrddhi nöthig

2) Auch im Bactrischen wird neben qa (Skr. sva) ein qae (Skr. svai + am) gebiaucht. Das bactrische Wort q.iepaithya ist adjcctivi.sch ,, eigen"

und ermangelt deshalb der Vrddhi. Anah'g damit ist das Malayiscbe aku puüa rumah ,,mein Haus", wo aku „ich" ist, und puüa ,,Herr".

(20)

Kern, zur Erlclärung der allpcrsischen Keilinschriften. 231

es ist klar, dass sich schon in der Ursprache auch die Form tars

vorfand, woraus im Latein, ter sor, terror, und im Iranischen

tarsh, weiter targ sich entwickelte. Während Bactr. vagna hat,

zeigt Altpers. vashnä. Umgekehrt hat Altpers. rägta, wo Bactr.

rashnu zeigt, wiewohl dies sich auch anders erklären liesse. Auch

für das frequentative Indogerm. ska, Skr. echa, würde man im

Iranischen sha erwarten, durch Vermittlung von shka; es ist aber

ga geworden. Da nun th ungefähr = (•, und f ungefähr =ää ist,

so daif man sich nicht wundern , wenn hie und da uns sha be¬

gegnet, wo th der ursprüngliche Laut ist, besonders nicht, wenu th

vor einem i- oder j-Laut steht, dessen mouillirende Kraft sehr leicht

aus-jedem scharfen Zischlaut einen sÄ-Laut erzeugt. Uebrigens ist

uväipashiyam nicht das einzige Beispiel; auf Inschr. Beh. IV,

44 konunt vor hasbiya, dessen Bedeutung, trotzdem dass die

Stelle theilweise unklar ist, deutlich ist; es heisst nämlich „wahr",

und die altpers. Form von Skr. satya, Bactr. haithya, und

etymologisch = Griecb. baiog

Anziehender als Lucubrationen über Lautlehre, welche sich in

Schrift nur unvollkommen machen lassen, ist der zweite Gegenstand, die

Betrachtung des Gebrauches der Wörter auf tar. Wir werden nebenbei

sehen, dass es sich iramer der Mühe verlohnt, der Grammatik ge¬

bührende Aufmerksamkeit zu scheukeu. Ein Agens auf tar ist

Altpers. dausbtar, Nomin. danshtä, vou dush = Skr. jush „lie¬

ben, begünstigen". Dass daushtar auch „Freund" bedeutet hat,

können wir sicher bebaupten ; es ist ja noch als solches bekannt

aus dem Neupersischen. Aber iu den Achämeniden-Inscbriften

komrat es nicbt substantivisch vor. Man schlage Beh. IV, 56 auf;

da wird man tinden: Auramazdä tbuväm danshtä biyä";

dies ist natürlicb: „Auramazda wird dich lieben , begünstigen"; mit

andern Worten, d a u s b t ä biyä ist periphrastisches Futurum (Con¬

junctiv) von dush, wie im Skr. joshtäsmi *). Nicht nur in ein¬

facher Futurbedeutung wird das Agens gebraucht, sondern aucb als

eine Art Imperativ; z. B. das Deutscbe „du sollst nicht lieben"-'')

beisst auf Altpers. mä danshtä, was vorkommt Beh. IV, 69. Es

ist leicht erklärlich, dass man bisweilen ein Wort für „sein", nämlich

bi oder ah, hinzufügte, eiu ander Mal wieder fortliess. Die be¬

kannte Regel für das Sanskrit gilt nicht für's Altpers. So eben

sahen wir daushtä mit biyä verbunden; jetzt werdeu wir sehen,

dass statt biyä auch ah gebraucbt wird, und zwar in der 2ten

1) Uio ang. Stelle bietet Scbwieiigkeiten , welche uicht so nebenbei sich beseitigen lasseu : deshalb verspare ich die Behandlung derselbeu für eine spä¬

tere Gelegenheit.

2) Uies Altpers. bi ist eine merkwürdige uralte Nebenform von bhü; es ist das Lat. fio; bi\ä ist hn Lat. sowohl fiat als fiet.

3) Ks ist wuld iibertlüssig den leeser zu eriiinein, dass das Engliscbe shall, das Niederländische zal verweudet sowohl da, wo das jetzige Hochdeutsch werde, als wo es soll hat,

' P

(21)

232 Kern , zur Erklärung der altpersischen Keilinschriften.

Pers. ahi. Sogleich auf avaiy mä daushtä „du sollst ihuen

nicht gewogen sein" folgt avaiy ahifrashtädiy pargä, d. i.

„du sollst sie strafen mit Verfolgung". Nach diesem Deutungsver¬

such — denn mehr soll es nichtsein — ist ahi-f rash tä etymo¬

logisch = Skr. prashtäsi; diy ist eine Partikel, Bactr. zi. Skr.

hi, wie in nahi, Griech. ^t- i'i oii^t; wir können sie dadurcli

ausdrücken, dass wir den Accent auf „strafen" legen ; mau lese die

zwei Sätze hinter einander in der Uebersetzung, und man wird von

selbst den Nachdruck auf „strafen" legen. Es hat sein Bedenken

pargä als Substantiv zu fassen, da es sonst uicht vorkomnit.

Hoffentlich werden die Uebersetzungen die Sache entscheiden. Vor¬

derhand dürfeu wir mit ruhigem Gewissen sagen, dass der gegebene

Versuch nicht sündigt gegen die Elementargramraatik. — Kehren

wir zu unserm Hauptgegenstand zurück.

Z. 51 fg. Aväzhaniyä, 3 sg. Imp. Opt. Act. ist entweder

bloss nachlässige Schreibweise, oder, was mir das wahrscheinlichere

ist, ava und avä wurden in ganz gleichem Siune gebraucht, gerade

wie im Bactrischen. Au eine Compos, mit ava-)-ä ist uicht zu

denken, da ä hier keinen Siun hat. Ueber Opperts Meinung, dass

es aus ava-bazhaniyä entstanden sei, können wir kurz sein; nur

dies, dass eine solche Fiction gegeu die Regel über die Bildung der

Reduplication verstösst.

Nicht weniger verfehlt ist die Deutung Opperts von patiyä-

vahaiy in Z. 54, wo wir lesen: „Adam Auraniazdäin patiyävahaiy ;

Auramazdä maiy upagtäm abara", d. i. „Ich wandte mich im Gebet

zu A. ; A. gewährte mir Beistand". So ungefähr auch Oppert und

Spiegel; es kommt nur auf patiyävahiy, oder, wie sie schrei¬

ben -haiy an. Dies soll ein Denominativ sein. Was für eiu Deno¬

minativ denn? Die Bildung der Denominative ist an Regel, uud

zwar sehr begieifliche und vernünftige Regel gebunden. Man hat

vielleicbt an solche Denominative, vvie tap asy ati gedacht? Nun

diese werden gebildet mit ya uud bedeuten „mit etwas beschäftigt

sein", oder, um den englischen Ausdruck zu gebrauchen, „to be

engaged iu", und auch „in einem Zustande sein". So ist tapas-

yati „er ist in tapas, er ist mit tapas beschäftigt"; so ist

nam asy ati „im Verehren seiu"; i'/.niL,et (tknidys-i) „er ist in

Hoffnung", u. s. w. Ein a v asy ati hätte wenigstens noch Sinn,

und zwar den des „im Beschützen" oder „im Genuss sein". Alleiu

a oder eine Niete ist kein ia (ya), und weiter kann man nicht

wobl sagen , dass der Darius den Auramazda schützte. Genug,

patiyävahiy ist Comp, aus pafi-{-ä~\- vah\ dies Yah = Skr.

vas bed. „bitten , verehren" , wie im Skr. am deutlichsten zu Tage

tritt im denominativen Frequentativ varivasyati; sehr gewöhn¬

lich ist das Subst. vahma „Anbetung, Anrufung" im Bactrischen,

wie auch vahmya „anbetenswürdig, adorable"; patiyävah ist

„beten zu Einem"; pati ist hier=.Gr. ttoti. (ngog).

Z. 56. Statt k aman a ist hier uud überall soust kamna

1 I

(22)

Kern, zur Erklärung der alt-persischen KeiUnschriften. 233

„eiu weuig" zu sclireiben. Schon Spiegel (s. v.) hat die Bemerkung

gemacht, dass kamua auch einen guten Sinn geben würde. Nicht

nur das; k a mana, das überhaupt in keiner verwandten Sprache

sich findet, ist sehr unpassend. Oefter kommt es vor, dass Darius,

um die Niederlage eines Gegners kräftig auszumalen, sagt, dass

dieser mit kamnaibish agabäraibish entkommt; man wird

fühlen, dass in solchen Fällen die Hinzufügung eines Wortes für

„wenig" nöthig ist. Hier an dieser Stelle wäre eiu kam ana,

selbst wenn es „ergeben" bedeuten sollte, ganz unpassend Was

für Grosses hat Darius damit geleistet, dass er mit Unterstützung

„ergebener" Männer den Ueberwältiger angriff? Man pflegt doch

nicht sicb von nicht ergebenen Männern helfen zu lassen. Wohl

aber dürfte Darius es als eine lobenswertbe und unvergesslicbe That

erwähnen, dass er, als Schrecken im Lande herrschte, als Keiner

zu sprechen wagte, deu Muth batte, mit nur „einigen wenigen"

Männern im Bunde den Betrüger Gaumäta anzugreifen und das

Vaterland zu retten.

Jetzt wollen wir § XIV vornehmen, wovon „alle Erklärer ein¬

stimmig anerkannt haben, dass er zu den schwierigsten gehört".

Ohne Zweifel ist er schwierig, denn er euthält etliche anct^ Ityö-

fitva dicht neben einander, aber hofi'nungslos ist er nicht, uud ich

darf so weit gehen zu behaupten, dass der Inhalt im Ganzen voll¬

kommen deutlich ist. — Hier folgt der Text, erstens von Gl —62:

Tb. D. khsb. | khshathram tya hacä amäkham tau-

mäyä paräbartam äha, ava adam patipadam akuua-

V a m ; a d a m s h i m g a t h v ä a v ä g t ä y a m ; y a t h ä p a r u v a m c i y ,

avathä adam akunavam.

„Es macht kund König Darius: Die Herrschaft, welche von

unserem Geschlecht hinweggenommen war, stellte icb wieder her;

icb stellte sie hin auf die Grundlage'); ich machte es so, wie es

früher war". — Man sieht, Darius sagt ganz im Allgemeinen aus,

dass er nach dem Sturz des Gaumäta das alte Regime restaurirt

hat ; dies wird nun im Einzelnen ausgeführt :

ä y a d a u a t y ä G a u m ä t a h y a IM a g u s h v i y a k a( n) adam

niyathrärayam, kärahyä abäcaraish (?) gaithämcä mä-

niyamcä, vithibishcä tyädish Gaumäta hya Magush

adina.

„Die Ehrengaben (Abgaben) , welche Gaumäta der Mager ver¬

geudete, verwahrte ich, wie aucb Land und Gut des unterthänigen

(?) Volkes, und alles was Gaumäta der Mager den Lenten unrecht¬

mässig entriss".

Äy ada 11 a ist Acc. pl. nt. von ä yad anam, und dies ist

1) Diese CebeiMtzung ist ein wciiijr ungelenk, doch man wird den Sinn begreifen; gäthu i^i vollkommen identi>cli mit Basis (ansgen. das Suflix);

mau hat cs im I)eut.ichen zu über>etzen mit ,,Sitz . Stützpunkt, Grundlage, Boden" je nach Umständen.

(23)

234 Kern , zvr Erklärung de^i- allpersisclien Keilinschriflen.

Ableitung von ä y a d = Skr. ä y a j , wie mau auf den ersteu Blick

scbon erkennen konnte und auch erkannt hat. Merkwürdigerweise

hat man dem Worte eine Bedeutung untergeschoben, welche auf

yaj zurückführen könute, näralich: „Terapel" oder „Altar", doch

nicht auf äyaj. Ueberhaupt scheinen Manche zu glauben, dass

Präpositionen nur zur Zierde angebracht sind. Skr. äyaj bedeutet

besonders „eine Ehrengabe bringen, in Gegenwart einer hohen Per¬

son rait einera Geschenke koraraen", und auch „schenken" über¬

haupt. So bedeutet auch das abgeleitete äyaji „schenkend". Uas

Altp. äyadanam muss also, dem Sinne nach, dem Skr. upahära

„Ehrengabe, Darbringung" und präbhrta entsprechen, und eiu

milderer Ausdruck für bäzhi „Tribut" sein. Dass aber Darius

sich eben hier dieses Ausdruckes bedient, hat noch einen anderen

Grund. Die Abgaben wurden näralich vor Darius Zeit , wie uns

Herodot berichtet, eben als „Geschenke" betrachtet. Der Bequera-

lichkeit wegen setze ich hier die betreffende Stelle Herodots (3, 89)

her, besonders auch weil wir daraus erfahren, dass die erste Sorge

des Darius war, die erschütterten Finanzen in Ordnung zu bringen:

IIoiTjßccg Si tttVTtt iv Tlioaijai ciQ^ag xareaTrjactTO er/.oai, rag

aVToi xaksi'ßi aarQc<nr/tag' xarc«7r>i(sag Si rag änydg y.ai ceg-

XovTctg inianjaag iTcii,ato (f oooi'g oi ngooiivrci xar' «i'/re«. —

'Eni ycio Kvgov do^ovrog xai avrig Kccfißvasw ijv xarenri/xog

oi'Siv (fOQOV nigt, äkkd Süiga äyivtov.

Was viyakan betrifft, so bedeutet dasselbe eigentlich „aus¬

einanderwerfen", denn das Persische kan hat neben dem Begriff

des Grabens, auch deu des Werfens. Ganz deutlich ist dies in

nikan (Bebist. IV, 80) „niederwerfen, vernichten"; in avakan

(worüber später), und im Neupersischen ^^.^A-i-Vjl und ^..p^i^s „deji¬

cere, projicere, abjicere, demittere, exstruere, aedificare" Vikan ist also ganz „disjicere", oder, ura eiu gebräuchlicheres Synonym zu verwenden, „dilapidare". In der antipersisch gefärbten Darstel¬

lung des Herodot heisst es, dass der Pseudo-Smerdis die Abgaben

für drei Jahre abgeschafft hatte (3, 67): Jirtnefapag ydg 6 Mdyog

ig ndv ed-vog rüv r^gyt ngoeine dTi).eiav elvai argaTi/ifig xal

(fögov in irea rgia. Dies ist entweder nicht ganz genau ausge¬

drückt, denn vor Darius, wie Herodot uns selbst erzäblt, bestanden

keine bestimmten (f ogoi, sondern Sojgn , oder die Sache ist s,i zu

erklären, dass auch vor Darius cfogog, bäzhi gezollt wurde, aber

unter dem Namen Swga, ä yad ana. — Das Wort niyatbrära-

yara ist schon von andern richtig gedeutet; es ist das bactrische

1) Die BegrifTe ., graben, werfen, bauen" geben in eiuander iiber, weil die Handlungen ,,Erde graben" und ,,Erde aufwerfen. einen Wall maehen ' zu.<am- meuhängcn. So ist deutscher Teicb etymologisch eins mit Niederl. dyk;

Engl, ditch und dike; Gr. ritj^Ob, Iranisch daeza. Skr. deba; ein auderes Beispiel ist Skr. rapra und väpi, von vap. Analog ist Skr. nimitta und Lat. mitto, Franz. mettre.

Abbildung

Tafel Nr. 1.

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