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1 Elektromagnetische Verträglichkeit elektronischer Geräte

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1 Elektromagnetische Verträglichkeit elektronischer Geräte

1.1 Begriffe und Probleme der EMV

1.1.1 Störphänomene, Schutzkonzepte, Störabstand, Gegentakt- und Gleichtaktsignale, Erde und Masse, Einheiten und Rechengrößen

Definition

"Elektromagnetische Verträglichkeit ist die Fähigkeit eines elektrischen oder elektronischen Gerätes oder einer Anlage, in seiner elektromagnetischen Umwelt bestimmungsgemäß zu funktionieren, ohne dabei andere Geräte und Anlagen störend zu beeinflussen."

Nutzstrahlung kann auch als Störstrahlung wirken!

Begriffe

EMV Elektromagnetische Verträglichkeit EMB Elektromagnetische Beeinflussung EMI Electromagnetic Interference = EMB EMC Electromagnetic Compatibility = EMV Funk-Entstörung

ESD Electrostatic Discharge

LEMP Lightning electromagnetic (im)pulse NEMP Nuclear electromagnetic (im)pulse

TEMPEST Temporary Emanation and Spurious Transmission - oder

Test for Electromagnetic Propagation, Emission and Secure Transmission

= Problemkreis der Abhörsicherheit von Datenverarbeitungsanlagen RADHAZ Radiation Hazards = Gesundheitsgefährdung von Personen

EMVU Elektromagnetische Umweltverträglichkeit (Gesundheitsgefährdung von Perso- nen)

EMF Electromagnetic Fields (Gesundheitsgefährdung von Personen) Beispiele

Bild 1.1/1 zeigt Beispiele unerwünsch- ter elektromagnetischer Beeinflussun- gen zwischen Störquellen und Störsen- ken in einem Wohnhaus. Diese uner- wünschten Wirkungen sind natürlich völlig harmlos.

Bild 1.1/1: Beispiele unerwünschter elekt- romagnetischer Beeinflussungen in einem Wohnhaus

Wesentlich gefährlicher wird es, wenn z.B. Funk- oder Telefonkanäle von Sicherheitsdiensten ausfallen (z. B. Rettung, Feuerwehr), oder wenn Beeinflussungen der KFZ-Elektronik (z. B.

Airbag, elektronische Motorregelung), oder gar Flugzeugelektronik (ein Airbus wird vollelekt- ronisch gesteuert!) auftreten. Beispiele sind der Autopilot, die Triebwerkssteuerung, die Ra- darsysteme und diverse Alarmmelder.

Auch lebensrettende oder lebenserhaltende technische Einrichtungen in Krankenhäusern ar- beiten heute meist mit elektronischer Steuerung. Dementsprechend besteht „Handyverbot“.

Neue elektronische Einrichtungen müssen sorgfältig abgestimmt und geprüft werden.

(2)

In der Industrie kann jeder Stillstand von Datenverarbeitungssystemen (Banken, Sparkassen) oder elektronischen Steuerungen von Fertigungsanlagen großen wirtschaftlichen Schaden verursachen.

Unfälle im militärischen Bereich werden immer wieder auf unkontrollierte elektromagnetische Beeinflussungen bei elektronischen Waffensystemen zurückgeführt.

Auch Fälle beabsichtigter (krimineller) elektromagnetischer Störbeeinflussungen sind bekannt geworden, etwa zur Ausschaltung von Sicherheitssystemen in Banken oder Juweliergeschäf- ten, in Spielcasinos zur Beeinflussung von Spielautomaten oder zu Terrorzwecken.

Als generelle Vorsorgemaßnahme schreibt der Gesetzesgeber heute Emissionsgrenzwerte für sämtliche elektrische und elektronische Geräte und Anlagen vor. Bild 1.1/2 zeigt typische Spektren der heute im "Äther" vorhandenen Nutz- und Störsignale. Weiters fordert der Gesetz- geber von elektronischen Geräten eine angemessene Störfestigkeit gegenüber der Einwirkung äußerer elektromagnetischer Felder. Dadurch sollen vor allem der ordnungsgemäße Betrieb der Telekommunikationseinrichtungen sowie sonstiger empfindlicher elektronischer Geräte so weit als möglich sichergestellt werden.

a) Jahr 1995

b) Jahr 2018 (umseitig)

Bild 1.1/2: Elektromagnetisches Spektrum im Freien, gemessen am Dach der TU Einteilung der Störphänomene

Störphänomene klassifiziert man nach Emission - Immission sowie nach dem Kopplungsweg zwischen Störquelle und Störsenke: Strahlung - Leitung, vgl. Tabelle 1.1/1.

Tabelle 1.1/1: Klassifikation von Störphänomenen Emission über Abstrahlung: Störstrahlung,

Störfeldstärke

Radiated Emission RE

Emission über Leitung: Störspannung, Störstrom, Störleistung

CE Conducted Emission Radiated Susceptibility RS

Störbeeinflussung über Strahlung

CS Conducted Susceptibility

Störbeeinflussung über Leitung oder elektrostatische Entladung

(3)
(4)

Frequenzbereiche

EMV-Probleme können grundsätzlich im Frequenzbereich von 0 Hz bis zu einigen hundert Gigahertz auftreten. Für die praktische Arbeit sind je nach Sachlage natürlich immer nur Teil- bereiche dieses Spektrums relevant. In Normen sind allgemeingültige Frequenzgrenzen fest- gelegt, z. B.:

- Netzrückwirkungen (Oberschwingungen): 100 Hz bis 2 kHz - Funkentstörung: 10 kHz bis 1 GHz (4/6/20/40 GHz)

- Messung leitungsgeführter, kontinuierlicher Störsignale: 150 kHz - 30 MHz - Messung von Funkstörfeldstärken: 30 MHz - 1 GHz

- Messung der äquivalenten Störstrahlungsleistung: 1 - 20 (40) GHz Schutzkonzepte

Je nach technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten für Abhilfemaßnahmen setzt man eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:

- Entstörung der Störquelle

- Entkopplung der Störquelle (Schirmung, Filterung) - Beseitigung der Beeinflussungswege

- Härtung der Störsenke.

Die technischen Maßnahmen dazu sind:

- Schirmung von Baugruppen, Geräten, Leitungen - Masseverbindung

- Symmetrierung von Nutzsignal-Übertragungsleitungen - Filterung

- Galvanische und räumliche Trennung von Störquellen und Störsenken - Gezielte Wahl der Impedanzverhältnisse in Schaltkreisen

- Gezielte Leitungsführung und Wahl der Leitungsarten Störsicherheitsabstand

Damit ein Empfänger ein Nutzsignal mit ausreichender Sicherheit aufnehmen kann, muss es i. a. stärker als sonstige, an den Empfänger gelangende Signale sein. Den Unterschied zwi- schen Intensität des Nutzsignals und Intensität des Störsignals bezeichnet man als Störsicher- heitsabstand, vgl. Bild 1.1/3.

Bild 1.1/3: Nutzsignalpegel, Störsicherheitsabstand, Störsignalpegel

Pegel (dB)

Frequenz (Hz)

Nutzsignale

Störsicherheitsabstände Störsignale

Analoge Systeme können durch ihr Signal-zu-Geräusch Verhältnis S/N gemäß (1.1-1) be- schrieben werden. Das Geräusch kann durch Eigenrauschen von Widerständen und Halblei- tern oder durch elektromagnetische Beeinflussungen verursacht werden.

2 log 2

* 20

US UR

UN N

S

 (1.1-1)

wobei

UN: Nutzsignalspannung (Effektivwert); UR: Geräuschspannung (Effektivwert) US ... Störspannung (Effektivwert)

(5)

Mit

s/r = UN/UR (1.1-2)

wird (3.1-1) zu

2

1 log

* 20



 



R S

U U r s N

S (1.1-3)

Die durch den Wert des Signal-zu-Geräusch - Abstandes s/r gegebene Leistungsfähigkeit ei- nes elektronischen Systems lässt sich durch EMV-Maßnahmen nicht verbessern. Der Entwick- ler sollte jedoch anstreben, dass diese Leistungsfähigkeit durch elektromagnetische Beeinflus- sungen nicht wesentlich verschlechtert werden kann. Dies ist näherungsweise dann gegeben, wenn US/UR < 0,1 bleibt. Bei konventionellen analogen Nachrichtenübertragungssystemen gel- ten z. B. folgende Werte des Störabstandes S/N als Entwicklungsziele:

Telefon: S/N > 10 dB UKW-Rundfunk: S/N > 60 dB Fernsehen: S/N > 48 dB

Digitale Systeme beschreibt man mit dem

 statischen Störabstand (Störsignaldauer ts > Signallaufzeit tp) und dem

 dynamischen Störabstand (Störsignaldauer ts < Signallaufzeit tp).

Statischer Störabstand

Die statischen Störabstände SH (HIGH) und SL (LOW) sind wie folgt definiert, vgl. Bild 1.1/4:

SH = IUE-H-min - UA-H-minI SL = IUE-L-max - UA-L-maxI Bild 1.1/4: Schaltschwelle

eines TTL-

Negationsgliedes

Dynamischer Störabstand

Impulse, deren Impulsdauer ti kleiner ist als die Signallaufzeit tp, müssen im Vergleich zur sta- tischen Betrachtung eine höhere Amplitude aufweisen, um einen unzulässigen Zustandswech- sel hervorzurufen, vgl. Bild 1.1/5. Verschiedene Logikfamilien weisen hier unterschiedliche Ei- genschaften auf.

(6)

a) Prüfanordnung b) Testsignale: für LOW: für HIGH:

UN: Nutzsignal, US: Störsignal; UE = UN + US

c) Höhe der Störspannung, die zu einer Störbeeinflussung führt, als Funktion der Impulsdauer

Bild 1.1/5: Untersuchung des dynami- schen Störabstandes von TTL-Gattern

Tabelle 1.1/2 vergleicht die Parameter

 Speisespannung UB  Einfluss auf den statischen Störabstand

 Störabstand: worst-case, typisch (z. B. für eingeschränkten Temperaturbereich)

 Signallaufzeit tp  Einfluss auf den dynamischen Störabstand

 Ausgangsimpedanz ZH und ZL  beeinflusst die Amplitude einer eingekoppelten Störung

 Störabstand am Spannungsversorgungsanschluss  maßgeblich für leitungsgebundene Beeinflussungen über die Spannungsversorgung

 Störabstand am Masseanschluss  maßgeblich für leitungsgebundene Beeinflussungen über den Masseanschluss

 Mindestwert der Impulsanstiegs- und Impulsabfallzeit (tr, tf)  maßgeblich für den Fre- quenzbereich der erzeugten Störspektren

Tabelle 1.1/2: Vergleich der Daten über die Störbeeinflussbarkeit von Logikfamilien Logik-

familie

Betriebs- spanung

UB [V]

Ausgangs- impedanz ZL ZH

Low High []

Störabstand (L/H) Worst- Typisch Case

[V]

Störabstand UB Masse

[V]

Anstiegs- Abfallzeit min (tr,tf)

[ns]

TTL- Standard Low Power Schottky (LS) Advanced Low Power Schottky (ALS)

5 5

5

30 140 0,4 / 0,4 0,3 / 0,7

0,3 / 0,7

1,1 / 2,6 0,8 / 2,4

0,9 / 2,1

3 1 10

6

5 CMOS

Standard

Low Voltage

15 10 5 3,3 2,5 1,8

460 670 1700

< TTL

1 k 1,5 k 4,8 k

< TTL

4,5 / 4,5 3,0 / 3,0 1,5 / 1,5

6,3 / 9,0 4,2 / 6,2 2,2 / 3,4

 UB/2

8,5 5,7 2,8

6,4 4,3 1

33 13 9 2 - 3 2,5 – 4

3 – 4

(7)

Typischer Propagation Delay (ns) versus Betriebsspannung (V) bei 500  / 30 pF Last

Begriffe Gegentakt- und Gleichtaktstörungen

Signalquellen, Übertragungsleitungen und Signalempfänger können symmetrisch oder un- symmetrisch arbeiten, vgl. Bild 1.1/6.

Symmetrische Leitung Unsymmetrische Leitung

Gegentaktströme (differential mode, DM) Gleichtaktströme (common mode, CM) als Störsignal

Bild 1.1/6: Symmetrische und unsymmetrische Schaltung von Signalquelle, Übertragungs- leitung und Last

Unsymmetrische, asymmetrische und symmetrische Störsignale werden in DIN 57 878 wie in Bild 1.1/7 dargestellt definiert.

a) Unsymmetrische Funkstörspannung:

"Unsymmetrische Funkstörspannung ist die hochfrequente Spannung zwischen dem Bezugs- potential und jeder Anschlussstelle für ankommende oder abgehende Leitungen eines elektri- schen Betriebsmittels"

"Asymmetrische Funkstörspannung ist die hochfrequente Spannung zwischen der elektri- schen Mitte einer Doppelleitung und dem Bezugspotential (Spannung einer Gleichtaktwelle)."

"Symmetrische Funkstörspannung ist die hochfrequente Spannung zwischen den Anschluss- punkten der Adern einer Doppelleitung (Spannung einer Gegentaktwelle)."

Bild 1.1/7: Unsymmetrische, asymmetrische und symmetrische Funkstörspannung nach DIN

b) Asymmetrische

Funkstörspannung:

c) Symmetrische

Funkstörspannung:

(8)

Bild 1.1/8 zeigt einen symmetrisch und einen unsymmetrisch betriebenen Stromkreis mit ein- gekoppelter Gegentaktstörung. Gegentaktstörungen können durch magnetische Kopplung oder durch Gleichtakt/Gegentakt-Umwandlung entstehen. Im symmetrischen Stromkreis ent- steht eine symmetrische Störspannung, im unsymmetrischen Stromkreis eine unsymmetri- sche Störspannung, vgl. Bild 1.1/8. Die Störspannung an der Last UStör berechnet man aus dem Spannungsteiler zu

Q L

L DM

Stör Z Z

U Z

U   (1.1-4)

Im häufig zutreffenden Fall IZQI << IZLI liegt die Störspannung UDM in voller Höhe an der Last.

Abhilfe: Niederohmige Last verwenden

a) Symmetrischer Stromkreis b) Unsymmetrischer Stromkreis

Bild 1.1/8: Gegentaktstörungen in symmetrischen und in unsymmetrischen Stromkreisen Bild 1.1/9 zeigt symmetrisch und unsymmetrisch betriebene Stromkreise mit eingekoppelten Gleichtaktstörungen. Gleichtaktstörungen entstehen, wenn zwischen Bezugsmasse und Stromkreis eine Störspannung anliegt, beispielsweise in Form einer transienten Erdpotential- anhebung oder bei Einwirken eines hochfrequenten elektromagnetischen Feldes auf eine Übertragungsleitung. In einem völlig symmetrischen Stromkreis entsteht keine Störspannung an der Last, ebenso in einem unsymmetrischen Stromkreis mit potentialfreier Last. In einem unsymmetrischen Stromkreis mit unsymmetrischer Last kann je nach Impedanzverhältnissen ein Teil des Gleichtaktsignales in ein Gegentaktsignal umgewandelt werden, vgl. Bild 1.1/9c.

a) Symmetrischer Stromkreis: b) Unsymmetrischer Stromkreis mit (idealisiert!) potentialfreier, (symmetrischer) Last:

Bild 1.1/9: Gleichtaktspannungen in symmetrischen und unsymmetrischen Stromkreisen U U U U Z Z Z

U U Z

Z Z

L L Q CM M Q L

Stör CM

L

L Q

 

( , , , , )

c) Unsymmetrischer Stromkreis mit unsymmetrischer Last

(9)

Die Stromkreise in Bild 1.1/9 sind Idealisierungen, die nur für Gleichstromkreise und Nf-Kreise in guter Näherung gelten. Mit zunehmender Frequenz sind Streukapazitäten und Leitungsim- pedanzen ZLtg zu berücksichtigen. Haben die Streukapazitäten CStr1 und CStr2 in Bild 1.1/10 unterschiedliche Werte, so tritt ebenfalls Gleichtakt/Gegentakt-Konversion auf. Die Gleich- takt/Gegentakt-Dämpfung CDR (Common Mode – Differential Mode Rejection) ist daher ein Maß für die Störfestigkeit einer Schaltung:

 

20log ,

DM CM

U dB U

CDR  (1.1-5)

wenn

UCM ... Gleichtaktspannung am Schaltungseingang UDM ... Gegentaktspannung an der Last

Der Kehrwert der CDR ist der Gleichtakt/Gegentakt-Konversionsfaktor. Er entspricht der Gleichtaktverstärkung eines Operationsverstärkers, vgl. Bild 1.1/11. Ein weiterer, verwandter Begriff ist die Gleichtaktunterdrückung (CMR, common mode rejection ratio) eines Differenz- verstärkers.

Gleichtakt/Gegentaktumwandlung entsteht insbesondere auch durch unbeabsichtigte Unsym- metrien, z. B. Bauelementtoleranzen oder mechanisch unsymmetrischen Aufbau.

a) Symmetrischer Stromkreis b) Differenzverstärker Bild 1.1/11: Messung der Gleichtakt/Gegentakt-Konversion

Gegentaktstörungen infolge Gleichtakt/Gegentakt-Konversion begegnet man z. B. bei Erd- schleifen in der Messtechnik. Bild 1.1/12 zeigt ein Beispiel, in dem ein Oszilloskop über ein Koaxialkabel mit einer Signalquelle verbunden ist. Beide Gerätegehäuse sind über den Schutzleiter des Netzkabels mit Erde verbunden. In der Erdschleife entsteht z. B. durch mag- netische Einkopplung (Induktion) eine Spannung. Die Spannungsquelle treibt Ströme durch Mantel und Innenleiter des Koaxialkabels. Der Anteil der Störspannung an der Last ist umso größer, je höher die Lastimpedanz. Der Gleichtakt/Gegentakt-Konversionsfaktor CDC der Schaltung ergibt sich zu

 

Q L

L

Z Z CDR Z

dB

CDC  20log  (1.1-6)

Bild 1.1/10: Gleichtakt/Gegentakt- Konversion

(10)

Bild 1.1/12: Gleichtakt/Gegentakt- Konversion bei Erdschleifen

Begriffe Erde und Masse

Englisch: Erde - earth; Masse - ground od. circuit common.

Ein Stromkreis benötigt zu seiner Funktion grundsätzlich keinerlei Erdverbindung, vgl. Bild 1.1/13.

Schutzerdungen (Schutzleiter, protection earth, PE) dienen zum Schutz von Menschen, Tie- ren und Sachwerten.

Masse ist ein gemeinsamer Bezugsleiter elektrischer Schaltkreise (Teil eines Stromkreises).

Obwohl Erde und Masse in der Regel an einer Stelle miteinander galvanisch verbunden sind, unterscheiden sie sich doch wesentlich: Erdleiter führen nur im Fehlerfall Strom, Bezugsleiter führen betriebsmäßig Strom und stellen häufig den gemeinsamen Rückleiter mehrerer Signal- kreise zur Quelle dar, vgl. Bild 1.1/14.

Bild 1.1/14: Unsymmetrische Schaltungen mit Masseleitung

In der Installationstechnik wäre PE der Erdleiter, N (engl. neutral) hingegen die Masse. Bei der Schutzart Nullung muss N niederohmig geerdet sein, z. B. 1 x in einem Betriebsgebäude (Po- tentialausgleichsschiene). Bei Fehlerstrom- (FI-) Schutzschaltungen können PE und N eben- falls verbunden sein.

Bild 1.1/13: Stromkreis mit Erdverbindung

(11)

Gebräuchliche Einheiten und Rechengrößen: Pegel

Der Pegel A ist das logarithmierte Verhältnis von Spannungen, Strömen, Feldstärken, oder Leistungen in Relation zu einem gewählten Bezugswert, z. B.:

Spannungsverhältnis: Au = 20*log (U2/U0) dB (Faktor 2 ÷ 6 dB, Faktor 10 ÷ 20 dB) Wenn U0 = 1 µV  dBµV (1 µV ÷ 0 dBµV)

Weiters: dBµA, dBµV/m, dBµA/m

Leistungsverhältnis: Al = 10*log(P2/P0) dB (Faktor 2 ÷ 3 dB, Faktor 10 ÷ 10 dB) Wenn P0 = 1 mW  dBm (1 mW ÷ 0 dBm)

Weiters: dBpW

Vorteil: Leichtes Rechnen in Pegelplänen

Umrechnung von Spannung und Strom an 50 Ohm in Leistung:

P = U2/R  0 dBm ÷ 107 dBµV ÷ 73 dBµA Oberwellengehalt von Digitalsignalen

Unterscheidung: Transiente Signale - kontinuierliche Signale:

Die Darstellung transienter Signale erfolgt im Zeitbereich (Digitalspeicheroszilloskop), vgl. Bild 1.1/15a.

Zeit [s]

û

a) Zeitbereichsdarstellung b) Fouriertransformation des Zeitsignales Bild 1.1/15: Zeit- und Frequenzbereichsdarstellung eines einmaligen Rechteckimpulses Die Darstellung kontinuierlicher oder quasikontinuierlicher Signale erfolgt im Frequenzbereich (Spektrumanalysator), vgl. Bild 1.1/16.

Zeitbereich Frequenzbereich

Bild 1.1/16: Darstellung einer periodischen Rechteckspannung als Summe sinusförmiger Spannungen

Die Messung erfolgt bei genormter Zwischenfrequenz (ZF) - Bandbreite des Empfängers, z.

B. im Frequenzbereich 30 MHz - 1 GHz ist die ZF-Bandbreite BB(ZF) = 120 kHz.

Ist die Signalbandbreite größer als die ZF-Bandbreite des Empfängers, so spricht man von einem Breitbandsignal (z. B. Funkenstörungen elektrischer Maschinen, Zündkontakte, etc.).

Einheiten: dBµV/MHz, dBµA/MHz, dBµV/m/MHz, dBµA/m/MHz.

Frequenz [MHz]

Pegel [dBµV/Hz] 2030 4050 6070 8090

0.01 0.1  1 10

(12)

Ist die Signalbandbreite kleiner als die ZF-Bandbreite des Empfängers, so spricht man von einem Schmalbandsignal (z. B. unmoduliertes, sinusförmiges Signal).

Einheiten: dBµV, dBµA, dBµV/m, dBµA/m.

Bild 1.1/17 veranschaulicht die Unterscheidung zwischen Breitband- und Schmalband-Signa- len.

Bild 1.1/17: Schmalband- und Breitband-Signale (Quelle: Hewlett-Packard)

Auf dem Spektrumanalysator lassen sich Breitband- und Schmalbandsignale im Zweifelsfall folgendermaßen unterscheiden: Man ändert die ZF-Bandbreite von z. B. 30 kHz auf 100 kHz.

Wird der angezeigte Pegel größer, so handelt es sich um ein Breitbandsignal. Bleibt er hinge- gen gleich, so handelt es sich um ein Schmalbandsignal.

1.1.2 Darstellung periodischer und transienter Signale in Zeit- u. Frequenzbereich Periodische Signale (Fourierreihe)

x t c e

n jn t

n

( ) 



0 (1.1-7) mit

c

T x t e dt

n

jn t t

t T

1

0

1

1

( )

(1.1-8)

Enthält positive und negative Frequenzen. Umformung auf nur positive Frequenzen liefert

 

x t c c

n

n t c

n

n

( )   cos  

0 0

1

2 

(1.1-9) mit

c

n

c e

n j c n. (1.1-9)

Umgeformt:

gegeben ist. Bild 1.1/18 zeigt die Fourierkoeffizienten nach Betrag und Phase sowie für ein- seitige und zweiseitige Darstellung.

Für ein periodisches Rechtecksignal mit der Impulsdauer  und der Periode T gilt

 

c A

jn T e

n

 

jn

0

1

 0 (1.1-10)

c A

T

n T

n T

n

  

   

  sin

(1.1-11)

   c n

n

T



(1.1-12)

Die Amplituden der Spektralkomponenten liegen auf einer Hüllkurve H, die durch

H A  

T

f

  f  

 

sin

(1.1-13)

(13)

x(t)

t A

t

a) Zeitbereichsdarstellung b) Einseitiges Amplitudenspektrum Bild 1.1/18: Fourierdarstellung eines Rechtecksignales

Im einseitigen Spektrum sind alle Koeffizienten doppelt so groß wie im zweiseitigen - mit Aus- nahme des Gleichanteiles.

Transiente Signale (Fourierintegral)

Zur Herleitung des Spektrums eines einmaligen Vorganges betrachten wir den gleichen Vor- gang, jedoch zunächst periodisch wiederholt. Lassen wir nun bei gleicher Amplitude A und gleicher Signaldauer  die Periodendauer T gegen unendlich gehen, so werden dadurch so- wohl Grundfrequenz f0 = 1/T als auch die Harmonischen n.f0 sehr klein, rücken also immer näher zusammen. Für T =  entsteht ein Kontinuum an Spektralanteilen. Gleichzeitig nimmt die Amplitude bei einer Einzelfrequenz einen infinitesimal kleinen Wert an.

Für das Fourierspektrum eines einmaligen Vorgangs x (t) gilt

X (jω) ist die Amplitudendichte (Dimension V/Hz, A/Hz).

Betrachten wir als Beispiel das Fourierspektrum eines einzelnen Rechteckimpulses aus Bild 1.1/15. Die Berechnung nach (1.1-14) liefert

Diese Größen sind in Bild 1.1/19 dargestellt.

In Analogie zur Fourierreihe können wir uns die einmalige Zeitfunktion x (t) wieder als Zusam- mensetzung unendlich vieler sinusförmiger Einzelsignale vorstellen. Ein Unterschied besteht jedoch darin, dass nun die Einzelbeiträge infinitesimal klein sind. Erst bei Betrachtung eines Frequenzintervalls dω endlicher Breite (vgl. ZF-Bandbreite eines Empfängers oder Spektrum- analysators) erhalten wir endlich große Spektralkomponenten.

 

F x t ( )  X j ( )  x t e ( )

j t

dt



(1.1-14)

mit

x t ( )  X j ( ) e

j t

d



1

2  

(1.1-15)

X j A e

j

( )

sin

 







  



1

2 1 2

2 (1.1-16)

oder

X j ( ) A sin

 





  



1 2 1 2

(1.1-17)

X j (  )   1 

2

(1.1-18)

(14)

Kennen wir das Fourierspektrum eines einzelnen Impulses X (jω), so können wir daraus sofort die komplexen Koeffizienten der Fourierreihe eines periodischen Signales bestimmen, das aus wiederholten Impulsen besteht. Dazu ist in der Funktion X (jω) die Kreisfrequenz ω durch n.

ω0 zu ersetzen und die Amplitude durch T zu dividieren:

) 1 (

0

jn T X

cn  (1.1-19)

Bild 1/19: Zeitsignal und Amplitudendichtespektrum eines einmaligen Rechteckimpulses 1.1.3 Oberwellengehalt periodischer, trapezförmiger Signale

Digitale Clocksignale approximiert man durch trapezförmige Pulse, vgl. Bild 1.1/20.

Bild 1.1/20: Periodischer, trapezförmiger Puls als Modell für Clock- und Datensignale Die Fourierkoeffizienten sind

zu

c j A

ne

n n

e

n n

n e

jn r

r

jn f

f

jn

  r

 

 

 

 









2

1 2 1 2

1 2 1 2

0 0 0

2 0

0

2 0

0

2

 

 

 

 

  ( ) sin   sin  

(1.1-20)

Für den Fall r = f (oft näherungsweise erfüllt) gilt

c A

T

n n

n n

n e

r

r

jn r

 

 

 



  

 

 

 

  

sin 1 sin

12 2

1 12 2

0

0

0

0

2

0

(1.1-21)

Die Koeffizienten der einseitigen Reihe (nur positive Frequenzen) der symmetrischen Impulsfolge (r = f) erhält man aus

cn 2cn (1.1-22)

c A

T n

T n

T

n T n

T

n

r

r

 

 

  2

 









sin sin

für n  0 (3-23) und

c A

0

T

. (1.1-24)

(15)

Wir betrachten nun die obere Hüllkurve HK des Fourierspektrums. Dazu setzen wir f = n/T und erhalten

Man erkennt drei Bereiche:

Bei sehr tiefen Spektralkomponenten beträgt der Abfall der Amplitude mit der Frequenz 0 dB/Dekade. Ab der Eckfrequenz f1 = 1/() beträgt der Abfall 20 dB/Dekade, ab f2 = 1/(r) beträgt er 40 dB/Dekade, vgl. Bild 1.1/21. Dabei wird angenommen, dass  > r ist. Der Beginn des Frequenzbereiches mit steilem Abfall (40 dB/Dekade) hängt also von der Flankensteilheit des Signals ab. Steile Flanken verursachen daher starke Funkstörungen!

Bild 1.1/21: Hüllkurven trapezförmiger,

periodisch wiederholter Impulse, 50 % Duty Cycle, bei verschiedenen Anstiegs- und Abfallzeiten und verschiedenen Wiederholraten

Nichtperiodische, trapezförmige Signale

Mit Hilfe von (1.1-19) können wir auch die Amplitudendichte X(jω) transienter, trapezförmiger Signale aus (1.1-20) und (1.1-21) angeben. Für den Betrag der einseitigen, "physikalischen"

Amplitudendichte X+ eines trapezförmigen Impulses mit r = f erhalten wir

X X j A f

f

f f

r r

 2 ( )  2 sin( ) sin( )

   

 

 

 

(1.1-27)

Die Eckfrequenzen für die Bereiche mit 0, 20 und 40 dB/Dekade sind die gleichen wie bei den Reihenkoeffizienten. Bild 1.1/22 zeigt ein Beispiel eines nach (1.1-27) berechneten Amplitu- dendichtespektrums.

   

HK f A T

f f

f f

r r

( ) sin sin

2  





 (1.1-25)

und

   

20log (10 ) 20log10 2 20log10 sin 20 10 log sin

HK A

T

f f

f f

r r

 

 

  

 





 (1.1-26)

(16)

r = f = 5 ns;  = 10 ns Amplitude A = 1 V

Bild 1.1/22: Einseitiges Amplitudendichtespektrum eines einmaligen, trapezförmigen Impulses

1.1.4 Ringing

Als Folge parasitärer Induktivitäten und Kapazitäten zwischen Printbahnen tritt in digitalen Sys- temen das sog. "Ringing" auf. Bild 1.1/23a illustriert dies für ein Rechtecksignal: Wenn sich die Signalamplitude von einem logischen Pegel auf den anderen ändert, können Schwingungen auftreten. Verluste dämpfen die Schwingungen (z. B. diskreter Widerstand in Serie mit dem Treiberausgang, Ferritperlen). Diese Signalform kann mit K.e-t.sin(ωrt+) beschrieben wer- den, wobei  der Dämpfungskoeffizient und fr = ωr/2 die Schwingungsfrequenz ist. Bild 1.1/23b zeigt die Auswirkung der Schwingungen im Spektrum. Ringing kann daher erhöhte Funkstörungen im Bereich der Schwingfrequenz verursachen.

a) Zeitverlauf b) Frequenzspektrum

 

 

Ke(t T / )2 sinr tT /2 

Bild 1.1/23: "Ringing" bei einem digitalen Rechtecksignal

Frequenz [MHz]

Amplitudendichtespektrum [dB/Hz]

-240 -220 -200 -180 -160 -140 -120

1 10 100 1000

Referenzen

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