1
PH-FR
Z e i t s c h r i f t der
Pädagogischen
H o c h s c h u l e Freiburg
Umschlag:
Franqois Morellet: 10 zufällige Linien, 1971
Zum Thema: Forschung an der Pädagogischen Hochschule Freiburg (2)
Allgemeine Einführung - siehe Haubrich/Mattl in PH-FR 1989/ 1, S. 2/3 Dietrnar Guderian: Mathematik und Kunst 2
Günter Brinkrnann: Erziehungsraum Schule 4
Ferdinand Graf: So ein bißchen Fernsehen ist doch (k)ein Problem 6 Martin Rauch: Schulbücher für d e n Sachunterricht 8
Guido Schrnitt: Migration und Integration 10
Günter Waldrnann: Produktiver Umgang mit Literatur 12
Wolfgang Hug: Zwischen Säkularisation und Selbstbehauptung 14 Udo Kernpf: Lehrerbildung in Q u e b e c (Kanada) 16
Bernhard Maurer: Meditation als Beitrag zur humanen Bildung 18
Erdmuthe Bauer/Roswitha Lehrnann/Bernd Steinhoff/Antonius Wolf: Das Seniorenstudiurn an d e r PH Freiburg
Berichte
-
Meinungen
-
Informationen
Wolfgang Schwark: in mernoriam Prof. Alfred Assel 22 Dietrich von Heymann: Bernhard Maurer wurde 60 23
Ekkehard Blumenthal: Zum Gedenken a n Prof. Paul Rothmund 23
Roswitha Lehrnann/Gerhard Preiß: Eröffnung d e s Instituts für Weiterbildung an d e r PH Freiburg 24 Wolfgang Behler: Antonius Wolf zum 60. Geburtstag 25
Kleine Meldungen 25 Personalia 21 Presseecho 28
Schwerpunktthema des nächsten Heftes:
Gesundheit und Eniehwig
Impressum
Herausgeber Der Rektor d e r Padagogischen Hochschule Freiburg
Redaktion und Gestaltung Hartwig Haubrich, Walter Matt1 E r ~ c h Kaiser Peter Staechelin Reinhold Voß Druck Buchdruckerei Franz Weis KG, Freiburg
-- - --P
Z u m
Thema:
Forschung
an
der
Pädagogischen
Hochschule
Freiburg
(2)
Dietmar Guderran
Mathematik
und
K u n s t
-
1.- J I s sr: 1:. sc-chen An~vendung und VisualisieninqMaihematicchpc Danken hat von ] e h e r Einfluß auf kunsile- rixinp Gestaltunaen des Menschen. insbesondere auf seine Malerei und Plas'rP crencimrnen In prahistririscher Zeit be- qanr.en d i e M e n s c h ~ n . ihre Kultgegenstande mit einfachen mathematischen Grundformen zu s:rukrurieren Irn Laufe d e r Geschic\tc d e r Menschheit liefene die Malhernatik, zur ~?r*~s~eruschaf: ant7?:!ckeL:. kornplizlerte Hillsmittel (z B die perspektivische Konctruktiori) fur d e n Bildaufbau In d i e s ~ m J a h r h i r n d ~ x i erhalt dlo Mathematik d a n n einen a a n z neuen
5 . ~ 1 i ~ c ~ 4 v n c S!e u b ~ r n i m r n t Fur die Ent;.,kckiunq d e r rnoder- npn terhnologlcchen Gesellschati eine SchIusselrolIe und ri=ril y n l u r r h auch fur V I P ~ P Kunst!er in d e n Mitrelpunkt des 1l;t~rnsspc Ihre Kunstwerke, mit J o s ~ f Albers d i e nv!cuelle F-rrnuliening unserer Reaktion auf d a s Leben., Iassen sich
'r~lvi15( oder u n b w u R P aiii Methoden d e r Mathemailk ein 310 !n unserer technisierten Umwelt in industriellen Prgauk- tiinsorozessen b e ~ d e r Serrenherstellung. In der Datenver- sr+.tlin.~ u n d in d e r Forschung ( z B in der Raumfahrt G P ~ -
t ? : h n ~ ~ ? n p , Kricta11oqaph!e) t-inqnsetzt w e r d e n Die Matternatik liefert a b e r haulig nicht nur Hilfsmittel: ihre ver-
c z h i ~ d o n ~ n Inhalte ylzor¢pn als s ~ l r h e zu Inhalten in d e r Kunst P?r?l!c31 7u der neuen Ro!le der Mathematik f i x d i e
T$rhnoloqie s c h i ~ i d e r Durchbruch zur G e ~ e n s t a n d s l o s i u kpir in d e r E i l d ~ n d e n Kunst. d e r sich in d i e s e m Jahrhundert e r p i m e t e ein zusatzliches CFJrrkungsfeld fur die Mnthe- rnstrk
D r c e i sind e s n!chf allein die bereits seit Jahrhunderten in ~ F T Kunst einqesptzton rnarhernatisch~n Sachverhalte - Per-
?::?.E l+int-n S p i ~ q ~ l und suche S ~ i e a e l a c h s e n
spektive, Gcildener Schnitt. Fibonaccr-Folge us1.v - d i e KunsiPer auch heute noch einsetzen, sondern e s finden s ~ c h Etitlehnunaon hzw Anwendungen a u s d e n v e r s c h i e d e n s t ~ n Teilgebieten d e r Mathematik a u s Anthmiatik (Zahldarstel- Iungen. ZahIentolgen - Progressionen, Matrix-Darstellun- gen). aus Geometrie (ebene und raumliehe Grundformen. Spiegelung. Drehung. Parallelverschiebung. Vergrößerung - V ~ r k i e i n e m n a ) a u s Tapologie (haer sind es vor allem tra- ditirinelicl elementare Inhalte, a b e r auch moderne Ansatze im Zusammenhang mit d e r Chaostheorie sind anzutreffen). a u s Kombinatorik und Informatik
F.1lßer in Malerei und Skulptur finden sich Anwendungen d e r Matheanatik auch in allen a n d e r e n kunstlerischen Berei- c h e n in d e r Musik (Kompos~tionen mlt e l e k r o n i s c h e r Musik h e l Stockhausen U a
.
'traditionelle. Kompositionen z B. mitSvrnmetrisi~rungen bei Boris BIacher U a ), beim Ballett {in den vergangeneri Jahrzehnten insbesondere ausgeherrd
vor. Maurice Belarts Einstudieninuen seines Balletts des Z.nranz!gsten Jahrhunderts zu elektronischer Musik bis hin zu
Computoranimationen unserer Tage) in d e r P.rchitektur (Computersimulation~n von G e b a u d e n und Ensembles). in Dichrunu (Konkrete b e s i e ) . in Desia, (CAD] u m
Die Arbeit lrn Farschungcprojekt 1st ivegen der Vielzahl
dar kunctlerischen Ansatze unc! vfeuen fortlaufend neuer Arten d e s Visualicierung durch d i e Kunstler wett uefacherr Es lassen sich a b e r folgende lachdidaktische b m faehwis-
senschaftlrch-fachd~ctak~cche Schwerpunkte füiieren
F rn!. !;?:~na oeb 191-
Fo-eh-gsansatz iii der Fachdidantlk
Der Maihi-.riotiki;nterricht i r ? (;Pi i ~ u i i r i ~ r l . 5 - h . u l ~ erlebt
von vpsschiedcnen Seiten Reein:rsch:igungen Lehrplanre- Formen der letzten zwei Jahrzehnte schraubten d e n Umfang d e s Mathematikunterrichtc in den verschiedenen Schular- ten und -stufen zunick (z 3 zum Nutzen d e r Informatik, de- ren Schulstunden unmiitelbar m Lasten d e s Faches Mathe- matik gingen, im Rahmen d e r Oberstufenreform. a b e r auch mgunsten a n d e r e r wahlbarer Leistungsfacher) Glerchzeitia nahmen die Lehrpläne fur d a s Fach fortlaufend n e u e - Leh- rern, Eltern und S c h d e r n ungewohnte - Inhalte auf, d e r e n Nutzen spontan kaum einsichtig aemacht werden konnte
Um
d i e s e Beeintrachtigunuen aufzufangen, w r d e und wird hier systematisch u n d in Absprache mit d e n beteiligten Kunstlern versucht, Nahtstellen zwischen der Mathematik und a n d e r e n Fachern (hier insbesondere d e m Kunatunterricht~ aufzuspuren, an d e n e n allen Beteiligten punktuell d e r G e g e n w a r t s b e m g insbesondere moderner Inhalte d e s Mathematikunterrichtes aufgezeigt werden kann Die Ergebnisse derartiger Untersuchungen Rossen ein in die Arbeit e i n e s bundesweiten Arbeitskreises Tur fa-c h e m b e r g r e i f e n d e n Unterricht (mit dem Autor als kommis- s a r i s r h e m Leiter), in Schulbucher verschiedener Schulctu-
fen (*Wir lernen Mathematik* 1911ff
-
Verlag Herder IHrsq Walter Neunng), insbesondere in das Schulbuchwerk ~Cppe- len. rechnen. s e l b e r denken# Jahrgange I IV 1975ff-
Dme- s t e r w e g Verlaq (Hrcg Dietmar Guderian, Mitarbeit H-D Metzger U a., s A b 5 1) Sie finden weiterhin ihren Nieder-s c h l a g in entsprechenden Publikat16insorganed in seit 1971 regelrnaßig angebotenen Vorlesungen und Ubungen sowie in Vortrauen zu d e m Thema ber Lehrerfortbildungsveran-
staltungen. in Forschungsins~ituten. in Museen und an Wni- versitjten im In- und Ausland
Vrele unter A n l e ~ t u n g entstandene ZuIassun~sarbeiten an
d e r Padagogischen Hochschule befaßten sich in d e n zu- nickliegenden Jahren mit Seilaspekten - wobei fur d i e Stu- d i e r e n d e n insbesondere d e r bblor das Forschungsvorhaben hergestellte direkte Kontakt m haufig internatic~ial renom- mierten Krinstlern b e s o n d e r s motivierend auf Anlage und Fortgang d e r hrbe~ten iwrkte Leider tauchen in Veroffentli- c h u n g e n Dritter aus d e m Zusammenhang qerissene Ergeb- nisse aus d e r hier angestellten jahrzehntelangen such- und Forschunqsarbeit a u s d i e s e m Farschungsprolekt auf, d i e d e r S a c h e wenlg dienen,
Es
geht hier doch nichi nur - wie es bereits kurz ,vor d e r Jahrhundertwende am Beisplel mit- telalterlicher Kirchen M o d e ?.war - um mathematische Sach- verhalte, die um jeden Preis aufzulisten sind, sondern es a e h t um e i n e sinnvolle E i n b e m n u marhemahscher Sachver- halte in a n d e r e G e b ~ e t e wobei durchaus auch einmal d e r Mathematiker als Impuls-ber fur den Kun-tier auftreten kann (z B G Bigalke. s Anm 5) Insbesondere a b e r bvrrd hier durch die E r k l a r b a r k ~ i t von Teilaspekqon von Kunst ver- sucht. sie aus d e r Isolation h e r a u m f i i h r e n und SE EinPm Demokratisienrnasprozeß zu ohfnenDer fortlaufend notwendiae Kontakt mit d e r aktuellen Kunstszene (mit vor kurzem sogar nNeuGeo* als ModetrendE
führte un~veiqeriich zu AMivitaten in Z u s a m m ~ n a r b e i t mit
I
a n d e r e n 1ns:iiutionen (zB
1987 iin Wrlhelm-Hack-Museumin Iludwigchäfen zur Konzipieruncj d e r ersteri <~rcil??n P.i~s- stellung zum Thema *Mathematik in d e r Kunst* nach ee!?
K r i e ~ . zur Einladunq, in Bremen an-? .41~srielluna ?UF eiern
I
Themenkreis zur Jubiläumstagung zum hundertjähriqen Be- Litera-:
stehen der ~ ~ ~ t ~ ~
iggO
h zu ~ I: Franke Herbert W Cornputergraphik ~ . ~ ~ - Computerkunst, Berlin 1983 ~ ~ & ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ - ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ & ~ ~2) Wi1:y Rotrier Ra:.vnale Konzepte Zuricn 1988
konzipieren USW.). 3) G u d e r a n Dietrnar Zufallsbiider im facherubergreifenden Unterricht in Beitrage zum
Mathematikunterricht 1972
treten während der Arbeit Nebener-
4 ) Guderian Dietmar Mathematik in d e r Kunst Wilheim-Hack-Museum Ludwigshaien
gebnisse auf, d i e separat ZU behandeln sind. So wird eine 1987 und e d ~ t i o n iahurniere Paris 1989 iNeubearbeiiuna,
5) G i d e r i a n Dietmar (Betreuer) Mathematik und Kunst - Themenheite d e s nZentralbiatt [ur Didaktik d e r Mathematik" H e f t e 3 (19801 E (1980) E (1389)
Abb. 2. Gewiiier u b e r d e r Stadt, 1988. Cornputergraphik (Schülerar-
beit. Pestalozzi-Realschule, Freiburg 7 Schul].) Z u den Titelbildern
»Der organisierte Zufall gibt d e m Subjektiven einen Rahmen und gibt d e m Objektiven eine Offnung.« (Diet Sayler) Die Titelbilder d e r beiden PH-FR-Hefte ü b e r Forschung zei- g e n aleatorisch bestimmte Arbeiten von Diet Sayler und Franqois Morellet. Die Künstler g a b e n die Rahmenbedin- gungen vor: mögliche Stablängen, Winkelgrößen und ähnli- c h e s bei Sayler, Richtung und Länge d e r Linien bei Morellet. Per Zufall kombin~erten sie d i e s e und wählten dann a u s d e n erhaltenen Zusammenstellungen aus: ein neuer Aspekt künstIerischer Kreativität und zugleich Beispiele für visuelle Grundlagenforschung.
kleine Ausstellung in d e r Pestalozzi-Realschule in Freiburg im Laufe d e s WS 89/90 anhand von Schülerarbeiten a u s d e m Forschungssemester ~ C o m p u t e r und Kunstu d e s Autors zei- g e n , d a ß die vielgeschmähte Vorherrschaft d e r Jungen ge- g e n ü b e r d e n Mädchen fast vollkommen verschwinden, so- g a r ins Gegenteil umschlagen kann, wenn d e r erste Kontakt ni:? d e m Computer anstatt mit rein mathematischen Proble- men auf d e m ~Umwegu ü b e r Aufgabenstellungen a u s d e m musisch-ästhetischen Gegenstandsbereich erfolgt (Abb. 2).
Foischungsansab in FachwissensM
-
E'achdidaktik
Bei aller Vielfalt d e r anstehenden Probleme lassen sich doch einige wenige Schwerpunkte nennen, d e n e n zur Zeit d a s Hauptaugenmerk d e s fachwissenschaftlich-fachdidakti-
s c h e n Interesses im Forschungsprolekt gilt
- Mathematsche Grundlagen d e r Computeranimation Die in jungster Zeit immer rasanter voranschreitende Entwick- lung erzwingt immer neue Verknupfungen zwischen dieser neuen Kunstsparte und Methoden d e r Angewandten Mathe- matik (Stochastik, Knotentheorie, Topologie)
- Chaostheorie und Evolution Analog zu d e n Erscheinun- g e n :n d e r Kunst vor d e r Erfindung und in d e n Jahren kurz nacn d e r Popularisierung d e s Computers trifft man jetzt - u c e r die ganze Welt verstreut - Kunstler a n , d i e sich mit d e n Gedanken (oft auch nur mit d e n Denkanstoßen) d e r noch riic?+ einmal ruanziglahrigen Katastrophentheone befassen m 3 haüfig in Zusammenarbeit mit Mathematikern Visuali-
c e r m q e n dazu suchen (s Salvador Dalis letztes Bild bzw
ule ;;n Rune Mields mit Hilfe von Fibonnaci Zahlen ent- :iicko:te Arueit s Abb 3)
-- *Asihetisches Wohlempfinden« Die vor funfzig Jahren von Birki..o!i aufgestellten Ansatze zur objektiven Festlegung ei- nos M s k s fur »Schonheit* ?;urden vor zwanzig Jahren von M-:es Berise u a in die Informationsasthetik transformiert Aas =er ürsprungiich makro asthetische. Betrachtungs- :,eise ~vilriio e,ne mikro-asthetische um so ZU einer numeri- schen Erfassunq eines Maaes iur objektives bzw sublekti- des Wohlemplinden beim Betrachten e m e s Kunstwerkes zu ~ e l a n y e n Aus Nebonergebnissen dieser schon bei ihrem Entsrenen heftig umstrittenen Ansatze wird hier versucht auf d a s kreati-re Verhalten d e s Einzelnen (nicht nur d e s Kunst- lers)
zu
schlief3enGünter Brinkmann
Eniehungsraum Schule
Eine international vergleichende Studie - Das Beispiel Ita- lien
Seit Mitte d e s Jahres 1988 bin ich a n d e m Forschungspro- jekt ~Erziehungsraum Schule - ein internationaler Vergleich zur Schulwirklichkeit« d e s Deutschen Ifistitutes für Interna- tionale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt betei- ligt. Das Gesamtprojekt bezieht sich auf europäische und au- ßereuropäische Industriestaaten und wird von d e n Wissenschaftlern d e s DIPF sowie von auswärtigen und aus- ländischen sog. Länderexperten bearbeitet. Bisher liegen Vorarbeiten zu folgenden Länderstudien vor: BRD, DDR, So- wjetunion, Polen, Dänemark, Frankreich, Spanien, Italien, G r ~ e c h e n l a n d und Japan.
Der theoretische Ansatz d e s Gesamtprojektes geht von Grundüberlegungen aus, welche in Industriestaaten für d e n umfassenden Prozeß d e r ~ M o d e r n i s i e r u n g ~ - d i e soziale, politische und kulturelle Entwicklungen umgreift - bedeut- sam sind. Es soll untersucht werden, welche unterschiedli- c h e n Gewichte in Industriestaaten d e r Schule im Prozeß d e r gesellschaftlichen ~Modernisierungw zugemessen werden und wie sich demzufolge d a s Spannungsverhältnis zwischen Außensteuerung und relativer Autonomie im Schulalltag spiegelt
Die Modernisierungstendenzen in unseren Industriestaa- ten und d a s Gewicht d e r Schule in diesem Prozeß sind von ausschlaggebender Bedeutung für d i e Bewältigung unserer Zukunft
Folgende Problemfelder sollen vorrangig berücksichtigt werden.
- Strukturdaten,
z.
B. Stundenplane, Schul- und Klassengrö- Ren, Verhaitnis ~ ~ i s c h e n öffentlichem und privatem Un- terricht- Curriculum-Fragen, z. B. zum Verhältnis von obligatori- schen und fakultativen Unterrichtseinheiten
- Bedeutung von Zertifikaten und Prufungen - Rolle d e s Schulers
- D e r Lehrer u n d s e i n e Rolle seine Aus- und Fortbildung sowie s e i n e Arbeitsbedingungen
- Verhaltnis d e r Schule zu außerschulischen »Erziehern« (F3milie, M e d i e n u s w )
Zur Erforschung d i e s e r Problemfelder sind unterschiedli- c h e methodische Vorgehensweisen erforderlich N e b e n d e r Analyse von Dokumenten, Literaturquellen und Statisti- k e n sind empirische E r h e b u n g e n und Interviews mit d e n b e teiligten Personen u n d G r u p p e n sowie Langzeitbeobachtun- g e n einzelner Schulen durchzufuhren Es liegt auf d e r Hand d a ß diese Vorgehensweisen einen erheblichen zeitlichen Aufwand u b e r e i n e n l a n g e r e n Zeitraum erfordern
In d e r e r s t e n Prolektphase, die Mitte des Jahres 1989 a b g e - schlossen war, w u r d e d e r Zeitfaktor in d e n Schulsystemen d e r g e n a n n t e n Industriestaaten bearbeitet Dazu h a b e ich E n d e 1988 ein e r s t e s Manuskript erstellt Das Thema lautet Zeit im italienischen Schulwesen Dies ist hausintern vom DIPF in Frankfurt publiziert worden u n d liegt inzwischen a u c h in italienischer S p r a c h e vor Da d i e s e »Vorpublikationu sich auf d a s italienische Schulwesen im Pflichtschulbereich (scuola e l e m e n t a r e u n d scuola media) beschrankt, h a b e ich im Fruhjahr 1989 e n t s p r e c h e n d e Untersuchungen zur Se- kundarstufe I1 in Italien (scuola superiore) durchgefuhrt, d i e in e i n e u b e r a r b e i t e t e Fassung des Manuskriptes »Zeit im ita- lienischen Schulwesen« einmunden Diese Fassung bildet d i e G r u n d l a g e - zusammen mit d e n e n t s p r e c h e n d e n Er- g e b n i s s e n a u s d e n u b r i g e n Landern - fur einen zu erstel- l e n d e n Vergleichsband u b e r rSchulzeit in ausgewahlten In- d u s t r i e s t a a t e n ~
Die Schwerpunkte des ersten Forschungskomplexes ge- h e n a u s d e r G l i e d e r u n g d e r erwahnten Vorpublikation her- vor, die wie folgt lautet
Zeit in der italienischen Schade
1 Einleitung
2 Zielsetzungen fur d a s allgemeinbildende Pflichtschul- Wesen
3 Struktur u n d Entwicklung des allgemeinbildenden Schul Wesens
4 L e h r p l a n e u n d Stundenplane fur d i e scuola elementare u n d fur die scuola m e d i a
5 Allgemeine Beschreibung von Zeit in d e r Schule 6 Schuljahr u n d Unterrichtsjahr
7 Beschreibung d e r Zeit fur Schuler im Durchgang bis zum E n d e d e r Pflichtschule
8 Authentisches Fallbeispiel a u s d e r scuola media 9 Zusammenfassende Bewertung
E s zeichnet sichletzt bereits a b , d a ß die Forschungsergeb- nisse zum Aspekt Zeit in d e r Schule von erheblicher Bedeu- tung fur die aktuelle bildungspolitische Diskussion in d e r BRD s e i n w e r d e n Gegenwartig ist d i e F r a g e d e r Verkur- m n g d e r Schulzeit bis zum Abitur umstritten Befur~rorter u n d G e g n e r e i n e r Verkurzung d e r Schulzeit von 13 a u f 12 J a h r e b e d i e n e n sich d a b e i d e s auslandspadagogischen Ar- g u m e n t s Erfahrungen in gewissen auslandischen Schulsy- s t e m e n hatten gezeigt, d a ß dies s e h r wohl moglich ( o d e r un moglich) sei Dabei wird d e r Faktor Zeit s e h r oberflachlich e r f a ß t zumeist nur in Schuljahren g e m e s s e n ohne d i e tat sachliche Unterrichtszeit in d i e s e n Schuljahren in d i e Argu mentation einzubeziehen
D a s ist bisher a u c h nicht moglich weil e n t s p r e c h e n d e Da ten a u s d e n v e r s c h i e d e n e n Schulsystemen nicht vorliegen D i e s e Lucke v e r m a g unser Forschungspro~ekt zu schiie ß e n D a b e i w e r d e n nicht n u r verlaßliche Daten a u s wichti-
g e n Industriestaaten zur Verfugung gestellt s o n d e r n nach e i n e m einheitlichen Untersuchungsraster e r h o b e n e Daten d i e d a d u r c h kompatibel sind Damit wird d e r in Vorberei tung befindliche Vergleichsband u b e r »Schulzeit in a u s g e wahlten Industriestaaten« eine empfindliche Forschungs lucke schließen und gleichzeitig d i e bundesdeutsche Diskussion u b e r d a s Fur und Wider e i n e r Verkurzung d e r Schulzeit versachlichen
D e r zweite Forschungsbereich bezieht sich auf d i e didakti s c h e Planung bzw auf Curricula/Lehrplane Dabei geht e s nicht nur um Kompetenz und Mitwirkungsfragen - z B wer u b e r d i e Einfuhrung und Revision von Lehrplanen verfuqt o d e r wie Lehrplane vorbereitet w e r d e n und fur welchen Wirkungsbereich sie gelten -, s o n d e r n auch um konkrete Verfahrensweisen a u s d e r Schulpraxis In Italien wird d i e fur d i e tagliche Unterrichtsarbeit entscheidende didaktische Planung beispielsweise a n d e n einzelnen Schulen vorge nommen Die verbindlichen Lehrplane fur d i e einzelnen Schulformen h a b e n d e n Charakter von Rahmenlehrplanen Sie sind auf theoretisch hohem Niveau abgefaßt sind sozusa- g e n reprasentativ fur d e n jeweiligen erziehungswissen schaftlichen und fachdidaktischen Erkenntnisstand g e b e n a b e r keine konkreten Hinweise auf fachliche Lernziele In halte o d e r Methoden
In d e r scuola m e d i a d i e von allen Schulern e i n e s Jahr- g a n g s vom 6 bis 8 Schuljahr besucht wird sind d i e Kol- legialorgane fur die didaktische Planung zustandig Im Klas- senrat (consiglio di classe) wird die Jahresplanung zu Beginn
des Schuljahres vorgenommen, in monatlicheri Sitzungen turnusmaßig uberpruft und a n n e u e Si:rationen angepaßt sowie a m E n d e d e s Schuljahres abschließend bewertet Hieran wird deutlich d a ß die Kollegialorgane von entschei- d e n d e r Bedeutung fur d i e jeweilige didaktische Jahrespla- nung sind, d a ß sie e i n e n g r o ß e n Freiheitsraum h a b e n , eine situationsangemessene und schulerorientierte Planung vor- zunehmen Da im Klassenrat alle in e i n e r Klasse unterrich- t e n d e n Lehrer zusammenarbeiten. kann gleichzeitig dafur gesorgt w e r d e n , d a ß jeder einzelne Lehrer -- auch bei g e - meinsamen Unterrichtsprojekten - g e n u g e n d Freiheit be-
hält, seine personlichen Vorstellungen im Unterricht zu real! sieren.
Aus d e r a m Beispiel d e r scuola media dargestellten Ver- fahrensweise geht hervor. d a ß man d i e didaktische Plafiunci a n italienischen Schulen nur exemplarisch erfassen kann Dazu ist es erforderlich, d i e e n t s p r e c h e n d e n Planungspa- p i e r e zu bekommen und auszuwerten o d e r - im gunsttgsten Fall - a n d e n Planungssitzungen se!bst teilzuneh,men Das letztere konnte ich im abgelaufenen Schu!jahr 1988; 89 m r h r - fach verwirklichen, s o d a ß tch wichtige Grundlagen fiir eine realitatskonforme Analyse d e s Untersuchungsgegenstari-
des l e g e n konnte.
D e r dritte zukunftige ForschungsDerei~h bezieht sich auf Prufungssysteme biw auf formelle Leistufigsko3irrilen ur,d Prufungen Hier sind grund!iche Rrchercher! und e i n e um- f a s s e n d e Darstellung erforder!ich. ~ v e i l siri-L ciss italienische Schulsystem in d i e s e n Aspekten gruridss!z:ich vom 'r:i:ndrs- deutschen unterscheidet So sifid inri Pflichtsch~ilbereich
nicht nur d i e herkommlichen Noten fast qär,z ahgesi:isfit a u c h d i e Prufiingen h a b e n eine .ioli:g a n 5 e r e Fiink:iori D;cs
ist aufgrund eines S t u d i u n s :.ori Literatcr Eriassec mci cili-
zieilen Dokumenter, zu ermitteln ur,:?; 21; b e l e g e n Die Verfah- rensweisen mussen wiederum - ;vie bei cier ciiciaktischen Planung - vor Ort studiert werden. wei! cier Bereich d e r Va- lutation in d i e Kompetenz d e r Kc,llegialorgane fallt Das macht d i e Untersuchlingen in gleicher Weise zeitaufviendig und interessant.
Ferdinand Graf
So
ein bikhen Fernsehen ist doch
&)ein Problem
Fernsehen und Erziehung - ein unbewältigtes Forschungs- und Praxisfeld
Besorgt fragen Eltern wie man sich zum immer weiter sich ausdehnenden Programmangebot und d e m damit anstei- g e n d e n Fernsehkonsum verhalten soll Lehrer g e b e n er- schreckende Berichte u b e r die Auswirkungen von erhoh- tem Fernsehkonsum d e r Schuler
Der Fernsehkonsum und dessen Auswirkungen sind nicht einfach zu e r h e b e n und festzustellen Sie konnen nur als 'In- dizienbeweise' aufgrund beobachtbarer Reaktionen er- bracht werden
Die Forschungsberichte sind d a h e r notwendig vielfaltig im Ansatz und unterschiedlich in d e r Aussage, dementspre- chend kommen sie auch zu unterschiedlichen Folgerungen Die Ratschlage die daraus abgeleitet werden, klingen oft widerspruchlich Meinen die einen mit gutem Grund, d a s Fernsehen sei eine Droge im Wohnzimmer und fordern nab- schalten. so machen andere darauf aufmerksam, d a ß durch d e n Fernsehkonsum d e r Horizont erweitert und sowohl sprachliche als auch soziale Kompetenz gefordert wurde Si- cherlich haben beide Ansichten etwas fur sich, a b e r e s gilt zu differenzieren
Es ist einsichtig d a ß die unterschiedlichen Programme und auch d e r e n Gestaltung mit berucksichtigt werden mus s e n Die Bandbreite d e s Angebots reicht von Bildungspro- grammen bis zu Horror und Gewaltpornos auf Video vom of- fentlichen Fernsehen bis zum Verleih unter d e m Ladentisch (~Horrrlr und Pornos bei Teenies beliebtn Schlagzeile einer uberregionalen Tageszeitung a m 11 5 1989)
Aufgrund von Anstoßen und Fragen von Lehrerinnen und Lehrern von Erzieherseite her a b e r auch von Seiten d e r Produktion (ARD) angeregt wurden unterschiedliche Unter- suchungen zum Problemfeld Fernsehen und Erziehung durchgefuhrt
Positive Moglichkeiten d e r Nutzung, wie auch d i e Gefah- ren d e s Konsums wurden in die Untersuchungen einbe- zogen
Fur d e n Unterricht bietet d a s Fernsehen hervorragende
Gesta--unqsmoglichkeiten die durch einen hohen Anre- gungscharakter auf Schuler eine aktivierende Wirkung aus- user. Kcnnen Schwierige Zusammenhange konnen durch eire g l t eingesetzte Bildtechnik a m konkreten Sachverhalt a31tgezei$ unc ins Modellhafte abstrahiert und ubertragen i%ercieii I 2 TOB angelegten Untersuchungen konnte a n d e r Entwicrimg ~ i n d Uberprufung d e s Schulfernsehens mitge- nirkt ,veraen Modellversuche zum Einsatz d e s Schulfernse- nens Felaexperimente und Felduntersuchungen erbrach- :en umfan2reiche Erkenntnisse und Einsichten fur den me;-odiscner, Einsatz und die Gestaltung d e s Fernsehens im Un*err,eLsiingsprozeß sowohl fur die s c h u l i s r ~ e wie auch ryr d L e außerschulische Bildung Trotz dieser Einsichten und o b ~ ~ o h ! ausgezeichnete (und international anerkannte) An- gebote ;rorliegen die lehrplangerecht sind mit d e n Kultus- miLlsterien abgesprocnen Lind von :nnen mitgetragen wer- d e n ist d i e Ubernahme d e r Einsatz in d e n Schulen durch
A i e Lehrer erschreckend gering d e r Informationsstand u b e r d a s Angebot beschamend niedrig und d a s Vorurteil
g e g e n die Verwendung d e s Mediums Fernsehen im Unter- richt erstaunlich hoch.
Lehrer, die ü b e r d a s Schulfernsehen sowohl inhaltlich als auch methodisch unterrichtet sind und dieses im Unterricht schon eingesetzt haben, nutzen diese Hilfe immer intensiver und öfter und setzen dieses Medium lernwirksam und aktivi- tätsfördernd ein. Lehrer ohne diese Erfahrung und methodi- sche Kenntnisse gehen zwar von einer möglichen positiven Wirkung aus, neigen a b e r zu rezeptivem Einsatz, (»Schul- fernsehen ist immer nur so gut wie d e r Lehrer, d e r es ein- setzt~). In d e r Schule sollte mit größerer Sorgfalt an eine fä- cherintegrierte Medienerziehung gedacht werden, hat man doch auch im Unterricht die Erziehung zum guten Buch zum Ziel gesetzt. Aber um die Medienerziehung zu bewältigen, wäre in d e r Lehrerfortbildung noch viel nachzuholen. Vor- schläge zu Konzeptionen liegen vor, kommen a b e r nicht zur Umsetzung.
»Die Kinder sehen sowieso zuviel fern, sollen sie jetzt in d e r Schule auch noch fernsehen?* J a , sie sollen in d e r Schule fernsehen und fernsehen lernen. Auch d a s Fernsehen hat seine »Grammatik#, von d e r man etwas verstehen sollte. Im Zusammenhang mit Schulfernsehen werden methodische Hilfen g e g e b e n durch eine Schulfernsehzeitschrift und eine Programmübersicht ü b e r d a s ganze Schuljahr, die alle Schu- len kostenlos bekommen. Es kann nicht darum gehen, mög- lichst viel Fernsehen im Unterricht einzusetzen, sondern darum, d e n Anregungscharakter aufzunehmen und Hilfen für die Unterweisung auszunützen. Hilfen, die d e r Lehrer nicht bereitstellen kann, die d e n Schülern jedoch d e n Zu- gang und die Einsicht in neue Sachverhalte erleichtern. Fernsehen ist eine Kulturtechnik, die e s zu kultiviereii gilt, denn e s wird Immer mehr zur Probe unserer Kultur. Darum brauchen wir nicht nur d e n programmwahlberechtigten, sondern auch d e n programmkritischen und d e n programm- mündigen Bürger.
Die Wirkungen d e s außerschulischen unkontrollierten Fernsehkonsums werden im Grunde von niemandem ernst- haft in A b r e d e gestellt, nur eindeutig nachzuweisen sind sie nicht.
Wenn jedoch bei Schülerbefragungen gelegentlich ein Fernsehkonsum bis tief in d i e Nacht zugegeben wird und ü b e r Unausgeschlafenheit zur Aufstehenszeit, ü b e r Unlust in d e r Schule und ü b e r Konzentrationsschwierigkeit geklagt wird (Fernsehen als Zeitfalle), darf man meines Erachtens in diesem Zusammenhang auch Ursache und Wirkung an- nehmen.
Die typischen »Vielseher«, wie sie in Untersuchungen aus d e n USA auftauchen, haben wir in Deutschland (noch) kaum, a b e r durch Kabel und Rekorder werden sie immer wahr- scheinlicher. In einer kleinen Erhebung wurden Schüler in folgende drei Gruppen eingeteilt, die wenig (0-4 Sendungen pro Woche), mittelmäßig ( 5 - 1 Sendungen pro Woche) und e h e r mehr (8-19 Sendungen pro Woche) Fernsehen konsu- mieren (Wissenschaftliche Hausarbeit, C. Gauer). Vor allem wurden Zusammenhänge zur Schulleistung untersucht. Da nur sieben Klassen mit 144 Grundschüler/innen in diese Stu- die einbezogen werden konnten, kann man weniger von #Er- g e b n i s s e n ~ sprechen, als von nHinweisenr ausgehen. Mäd- chen schauen weniger fern als Jungen Vor allem sind die Töchter nicht berufstätiger Mütter unter d e n ~Wenigsehernu. Hat d i e Mutter eine ~ h o h e r e Schulbildungu, so sind die Kin- d e r - auch wenn die Mumer berufstätig ist - e h e r bei d e n ~Wenigsehernu. Die Gruppe d e r Schüler mit mittlerem und hohem Fernsehkonsum haben e h e r berufstätige Mütter ohne höheren Bildungsabschluß als die nwenigseheru. Es bestätigt sich, was in vielen Untersuchungen herausgestellt
Plastellinarbeit eines 4 1/2]ahrigen Madchens ,,Der gor dem g ~ ! b e n Fernse her hat gelbe Augen d e r vor d e m grunen hat yrune Adgen * Nicht nur die Au gen haben die Fdrbung d e s Gerates soraern adch d i ~ Arme (Hande) una d e r Mund sind bei d e m einer- gelb beim anderen grur, Die Weltsichr d a s Handeln und Sprechen ??erden nach dieser Darstellung vom Fernseher y e pragt P'ograrnrne progrdmmieren
wird, d a ß Fernsehkonsum vom sozialen Umfeld abhängt, e b e n s o kann m a n vermuten, d a ß d i e Wirkung (nicht nur d e r Konsum) vom familiären Umfeld a b h ä n g i g ist.
So s e h e n Kinder berufstätiger Mütter (ohne höheren Bil- dungsabschluß) durchschnittlich fast doppelt s o viele Sen- d u n g e n p r o Woche allein, a l s Kinder, d e r e n Mütter nicht b e - rufstätig sind, d i e s e s p r e c h e n a u c h öfters mit ihren Kindern ü b e r d e n Inhalt d e r S e n d u n g e n (18 %) als d i e Mütter d e r e r - s t e n G r u p p e (55 %). D a offensichtlich Mütter mit höherem Bildungsabschluß, a u c h w e n n sie berufstätig sind, e h e r mit ihren Kindern ü b e r S e n d u n g e n s p r e c h e n (14 %), scheint hier nicht d i e Berufstätigkeit d e r Mutter allein d i e entscheidende Komponente zu sein, s o n d e r n d i e Sprachbereitschaft, d a s Klima (die Kommunikationsstruktur) innerhalb d e r Familie. Die Frage, inwieweit können Verarbeitungshilfen u n d a u c h a n d e r e A n r e g u n g e n g e g e b e n w e r d e n , erscheint von g r o ß e r Wichtigkeit. Nicht berufstätige Mütter können d e n Fernseh- konsum ihrer Kinder leichter kontrollieren als berufstätige. Oft wird das Fernsehen a l s Erziehungsmaßnahme einge- setzt u n d damit aufgewertet. Obwohl weniger kontrollierbar, e r h a l t e n Kinder berufstätiger Mütter häufiger Fernsehen als Belohnung u n d m e h r Fernsehentzug a l s Strafe als die Kinder d e r Mütter, d i e nicht berufstätig sind. W i e sich a u s Schüler- g e s p r ä c h e n ergibt, hat d a s Fernsehen e i n e n hohen Stellen- wert in d e n meisten Familien. O b nun d e r bisher geschil- d e r t e Fernsehkonsum e i n e direkte Wirkung auf die
Schulleistungen u n d auf a n d e r e bewertete Gebiete wie In- t e r e s s e u n d Motivation, auf Aktivitätsbereitschaft, Selbstan- digkeit, Sorgfalt, Konzentrationsfähigkeit U. a . m. hat, o d e r o b die Auswirkungen e h e r vom sozialen Umfeld a u s g e h e n , kann n u r im Einzelfall entschieden w e r d e n . Sicher wirken d i e unterschiedlichen Faktoren (auch nicht genannte und nicht untersuchte) zusammen. A b e r es gibt zu d e n k e n , wenn mit e r h ö h t e m Fernsehkonsum d i e a n g e g e b e n e n Bereiche u n d Noten sich verschlechtern. Bei Jungen e r g a b sich e i n e s t ä r k e r e Auswirkung zum Negativen als b e i M ä d c h e n . Ge- nerell zeigte sich in d i e s e r Studie folgender Zusammen- h a n g : ~Wenigseheru w e r d e n b e s s e r beurteilt und h a b e n bes- s e r e Noten g e g e n ü b e r d e n ~Vielsehernu. d i e schlechter beurteilt w e r d e n u n d schlechtere Noten aufzuweisen h a b e n Schüler mit mittlerem Fernsehkonsum zeigen a u c h e h e r durchschnittliche Leistungen. Ein ähnlicher Zusammenhang
(d. h . noch nicht die Kläning von Ursache u n d Wirkung) iaßt sich a u c h b e i d e n a n g e g e b e n e n beurteilten Dimensionen feststellen. D e r Fernsehkonsum d e r niedrig motivierten Schüler ( o d e r mit s c h w z c h e r Konzentrationsfahigkeit) ist ho- h e r a l s d e r hoch motivierter ( o d e r stark konzentrationsfähi-
g e r ) Schüler. Da bei d e n beurteilten Dimensionen a u c h Aus- geglichenheit, Aktivitätsbereitschaft und Selbstandigkeit in Beziehung gesetzt zur Sehhäufigkeit a b n e h m e n , muß in Be- tracht gezogen w e r d e n , d a ß e h e r unselbstandige Schuler mehr Sendungen konsumieren. Das ist a u c h d a s Ergebnis e i n e r weiteren Untersuchung (Zulassungsarbeit zur zweiten Dienstprüfung, G. Ziegler), in d e r herausgestellt wird. d a ß z. B. Sonderschüler (Lernbehinderte) einen hoheren Fern- sehkonsum aufweisen als d e r Durchschnitt Gleichaltriger, und d a ß diese Schüler vor d e m Fernseher ~!!?en zu Zeiten, für d i e sie a n g e b e n , a m liebsten Fußball zu spielen, nun a b e r S e n d u n g e n a n s c h a u e n , d i e sie nach e i g e n e r Einschat- zung für langweilig halten. Der *Sog« d e s Fernsehens ist zu groß, als d a ß d e m e i g e n e n Willen (Fußball zu spielen) nach- g e g a n g e n w e r d e n kann. Vielleicht schaut g e r a d e d e r An- triebsschwache, d e r e h e r Unselbstandige mit wenig Aktivi- tätsbereitschaft aufgrund d i e s e r Schwachen mehr fern O b nun d i e Schwächen d e r Grund fur d e n hohen Fernsehkon- sum sind o d e r o b man annehmen kann, d a ß erhohter Fern- sehkonsum d i e s e Schwachen bewirkt, aufbaut o d e r bestan- d i g vermehrt, bedarf d e r Einzelfalluntersuchungen
Für d i e Abnahme d e r Konzentrationsfähigkeit konnte man ähnlich argumentieren, d o c h gibt es noch a n d e r e Erklariin- g e n , d i e z. B. auch die Gestaltung d e r Sendungen mit b e - rücksichtigen. Durch d i e 'Schnittechnik' werden in Sendun- g e n oft schnelle Perspektiven- o d e r Szenenwechsel vorgenommen, die Kinder noch nicht nachvollziehen konnen und d i e d a h e r zur Verwirrung beitragen. Die Handlung kann nicht mit- und nicht nachvollzogen w e r d e n , bieibt unfertig und ungelöst Das beschaftigt Kinder bis in d e n Traum hin- ein und wird als s e h r angsterregend angenommen Kinder abstrahieren weniger, für sie sind d i e dargestellter: Perso- n e n r e a l e r als für Erwachsene Man stelle sirn als L ~ i a r h s e - n e r vor, man w ü r d e allen diesen d2rgesteli:en Personen personlich b e g e g n e n Bei einem derartigen ~TVJGochen- e n d b e s u c h * wären gut zwischen 2C und 50 G a s t e . zt; e m a r - ten und zu verkraften Bei einer derartige; Beiostur.i: ;s: e s kaum ver\ivunderiich, d a ß d i e Kinder d a n n rnon:a:s uker3r;- strengt und unkonzentriert sind
W i e d i e l e ~ e i l i g e n Inhalte x i r k e n m a g iir.;ersch;oii!i,bi eingeschatzt w e r d e n Wenn %Cer ~ ¿ l ; i l a l I e r - ~ r r E ' e n Teil :m
Fernsehen Konflikte d u r c h G ~ ~ ~ ; a l t a n . ; e n d i < n ~ teri~ig:i;cr? gelöst ;verden (Untersuchung 'Ge-siilt im Fernsehen'j. d a r i man annehmen 3afi erfolgreiches Tun an; ehes?en iiber- nommen -.vird und d i e SchT~:ei!e g e g e n Brutalitat und Gewalt- tätigkeit alinahlich sinkt. zd-leick a b e r d i e Angst. selbst Op- f e r von Ge;va!t zu w e r d e n . steigt.
Martin Rauch
Schulbücher für den Sachunterricht
Eine vergleichende Analyse und Bewertung von Unter- richtswerken
Gleichgultig, o b es um Technisches wie Mikrowellen- h e r d e o d e r e i n e Auto-Alarmanlage geht, o b um Fragen d e r Gesundheit bei Grippe- o d e r Abführmitteln, o d e r o b es sich um Didaktisches wie Fahrschulen, Atlanten o d e r Superlear- ning handelt, - nie wird d e r Verbraucher ratlos gelassen, unter diesen und vielen Stichworten mehr kann e r sich kun- 3ig machen bei Institutionen wie d e r STIFTUNG WAREN-
TEST
Nur Lehrerinnen sind weitgehend auf sich selbst ge- stdlt. wenn es um d i e Entscheidung geht, welches Schulbuch sie/er anschaffen sollen - sei e s , d a ß sich d e r Lehrplan geändert hat, d i e Bücher aus d e m Leim g e h e n , d e r u ~ ~ e r s e h e n s Mlttel zur Beschaffung bereitstehen.Der Plan, in einer gewissen Analogie zu verfahren, wie sie
der Vergleichende Warentest entwickelt hat, Schulbücher zu 'testen', hat bei Experten (Schulbuchforschern) Skepsis, bei d e r betroffenen Branche (Schulbuchverlagen) Unruhe und Ablehnung, b e i d e r Lehrerschaft einhellige Zustim- mung hervorgerufen, wenn man d a s Echo bei Tagungen, die Erkaufszahlen d e r Buchveröffentlichung d e s Arbeitskrei- Ses Gründschule und des REUTLINGER RASTERS als Grad- niesser nimmt.
Nachdem sich d i e erste Aufregung gelegt hat, kann eine Zwischenbilanz fur d a s Projekt gezogen werden. Der Nach-
-.ro. .,.A konnte erbracht werden, daB e s möglich ist, für ein Un-
:errichtsfach sämtliche Unterrichtswerke (d. h. Schulbücher tlnd Begleitmedien wie Lehrerhandbücher und Arbeits- rxappen) vergleichend einer sog. 'Schreibtischinspektion' zu unterziehen. die erfahrungswissenschaftlichen Anforde- rungon genügt (also lnehr ist als eine subjektive Rezension). Eisiang bezogen sich 'Jergleiche auf international verglei- ~ h e n d e U n t e r s u c h u n g ~ n (auf diesem Gebiet arbeitet d a s Gcrg-Eckert-Institut in Braunsch;veig), auf Aspektuntersu- churlgefi ( ' D a s Bila d e s Unternehmers in Schulbüchern für 3 e n Politikunrerricht') o d e r auf Untersuchungen einzelner Kategorien wie Schulbuchtexte o d e r Bildmaterial in Schul- biaAern Der Sachunterricht als Schulfacki bot sich a n Ire-
q e n cier Begreczung auf d i e Primarstufe. ]und weil seine Un- :?rr!lhrsme~;eri alle d e n k b a r e n Kateg'zzien eines Schul- b u c h s esthalten
Neben e h e r marginaien Aktivitaten - N i e d e r Beschaffung aller 33 Unterrichts&-erke. d e r Auswertung von Prospekten, d e r Untersuchung d e r Frage wie Schulbücher auf Messen lind Ausstellungen präsentier: und durch Außenmitarbeiter angeboten werden, ging e s um d i e Entwicklung eines geeig- neten Analyseinstrurnents. eines Analyserasters; d e n n d i e Auswertung vorhandener Raster zeigte, d a ß mit d e r e n An-
wendung die gestellte Aufgabe nicht zu leisten war. Mit d e m 'REUTLINGER RASTER zur Analyse und Bewertung von Schulbüchern und Begleitmedien' liegt ein Analyseraster Lror, mit d e s s e n Hilfe Lehrer(kol1egien) entscheiden können, welches Schulbuch für ihre Zwecke mehr, welches weniger geeignet ist. Der Anwendungsbereich wurde vom Sachun- terricht auf alle a n d e r e n Unterrichtsfächer erweitert. Das Raster besteht a u s einem Einführungsteil, in d e m d i e Hand- habung erläutert wird, und a u s vier Teilrastern (für d e n All- gemeinen Teil, d e n Lehrerband, Schülerband und die Ar- beitsmappe). Die zu analysierenden Unterrichtswerke wer- d e n in neun Kategorien durch c a . 250 Merkmale erfaßt. Die Kategorien: Bibliographische Angaben, Ziele und Inhalte,
Lehrverfahren/Unterrichtsorganisation, Adressaten, Gestal- tung, Text, Aufgaben, Bild, Bild/Text. Hier zwei Merkmale als Beispiele:
Es r i n a Hinweise vorhanden, da0 das Werk i m Unterricht erprobt ist 3 - nein
und z w a r folgende:
9.2' Text u n d 3 , i d i r e n e r in folSender inhaltlicher üeziehung:
'IeiJopneiung: Ter: u r d Bild r s r m i t t e i n dieselben Inhalte 0
rn
Beifugunp: Der T e * t erganz* d i e 8i:dinfcrrnatian odei ~ m g e k e h r t i ( 0 ) [I?7
S~bst:!dtlon: Der T e ~ t e r r e t r r das Sild oder umgekehrt (08
rn
Kontradiktion: D a s B i l a steht r u m Text i n Spannung 'z.B. iianirch,
wbderrprechend' i n :
rn
&lDie Ergebnisse d e r Analyse w e r d e n durch ein Katego- riendiagramm (Abb.) veranschaulicht. Die Baikenlängen stellen d i e Summe d e r Einzelpunkte für alle Merkmale je Kategorie d a r , ausgedrückt in Prozent. An d i e Stelle einer pauschalen Wertung treten differenzierte Aussagen zu zen- tralen Aspekten eines Unterrichtswerks.
~ ~ t ~ Schulerband ~ ~ ~ Arbeitsmappe i ~ ~ Lehrerband d i ~ ~ ~ ~ ~ ~
Ziele und Inhalt Lehrverfahren.. Adressaten Gestaltung T e x t Aufgaben Bild B8ldIText
Ein Teil d e r Merkmale wird gesondert für die Feinanalyse herangezogen. Da es wegen d e s sonst unvertretbaren Auf- wands nicht leistbar ist, jedes Medium jedes Unterrichts- Werks für jedes Schuljahr mit gleicher Gründlichkeit durch- zusehen, w e r d e n einzelne Themen ausgewählt und einer b e s o n d e r s grllndlichen Analyse unterzogen (Prinzip d e r Stichprobe). Hierzu eignen sich natürlich beim Vergleich nur Themen, d i e in allen Unterrichtswerken enthalten sind. Der Analyseablauf selbst ist detailliert beschrieben, ein 'Mustergutachten' nbenfalls enthalten.
Die Anwendung d e s REUTLINGER RASTERS ist auch für professionelle Didaktiker, z. B.: Lehrerinnen/Lehrer, nicht auf Anhleb leistbar, dazu ist die Struktur d e r 250 Merkmale zu komplex. manche Kategorie zu ungewohnt, beispiels- weise d i e Kategorie 'Bild'. Als Trainingsmaterial werden derzeit Diarerhen mit Texiheften entwickelt, durch die jede Kategorie mit ihren Merkmalen in Beispielen aus d e n unter- suchten Unterrichtswerken für d e n Sachunterricht erläutert wird. Wie d a s REUTLINGER RASTER ist auch dieses Mate- rial autodidaktisch aufbereitet, so d a ß es durch d e n 'Selbst-
L e r n e r ' erschlossen w e r d e n kann und unabhangig von Per. sonal u n d Trainingsseminaren einsetzbar sein wird
D e r Band Martin RauchILothar Tomaschewski: ~ S c h u l b u - c h e r für d e n S a c h u n t e r r i c h t ~ enthalt in einem ersten Teil gi u n d l e g e n d e Beiträge zu d e n folgenden Themen: N e u e r e Tendenzen im Sachunterricht, Verwendungsmoglichkeiten
d e s Schulbuchs im Sachunterricht, d i e Wende im Schul- b u c h , Alternativen zum Schulbuch, Autorenerfahrungen mit d e r G e n e h m i g u n g von Schulbüchern, Methoden Verglei- c h e n d e r Schulbuchforschung, zur Durchführung d e r Ana- lyse.
D e r L e s e r erhält e i n e n Überblick u b e r d i e untersuchten Unterrichtswerke u n d erfahrt, welche davon für sein Bun- d e s l a n d zugelassen sind. Auch d i e nicht untersuchten, nur regional verbreiteten Unterrichtswerke w e r d e n aufgelistet, s o d a ß ein aktueller ~ b e r b l i c k u b e r d e n gesamten Markt g e b o t e n wird.
D e r zweite Teil bringt auf c a . 120 Seiten Gutachten d e r untersuchten Unterrichtswerke, nach Verlagen geordnet. Je-
des Gutachten besteht a u s e i n e r Seite »Steckbrief«, d e r sämtliche bibliographischen Daten enthält, und d e m Gu- tachtentext. Dieser Text gliedert sich in Aussagen zu neun Kategorien.
Bei Unterrichtswerken mit verschiedenen länderspezifi- s c h e n A u s g a b e n w u r d e dies in d e r Darstellung berücksich- tigt, i n d e m zeitlich früher entstandene Ausgaben ausführlich vorgestellt u n d Veränderungen (z. B. aufgrund revidierter Lehrpläne) anschließend dargestellt w e r d e n . D e n Band b e - schließt ein Preisvergleich, d e r für Schulbucher in d i e s e r Form erstmals veröffentlicht wird.
Gefördert w u r d e d a s Projekt in d e n Jahren 1984-86 durch d a s Arbeitsamt Reutlingen u n d d a s Ministerium für Wissen- schaft u n d Kunst d u r c h die Finanzierung einer ABM-Stelle, a n s c h l i e ß e n d d u r c h d i e Max-Traeger-Stiftung, d i e u. a . Sach- mittel bereitstellte. Durch d i e Schließung d e r Padagogi- s c h e n Hochschule Reutlingen 1987 w u r d e nicht nur d a s Pro- jektteam versprengt, es ist a u c h nicht ganz einfach, d i e zwangsläufig u n t e r b r o c h e n e Arbeit w i e d e r aufzunehmen. Einrichtungen wie die Forschungsstelle d e r Pädagogischen Hochschule Freiburg, d i e b e i d e r Auswertung d e r Autoren- b e f r a g u n g b e r ä t , sind hier hilfreich.
Ein weiteres Produkt a u s d e m Projekt konnte von Reutlin- g e n n a c h Freiburg verbracht werden: Eine Ca.
2
X 4,50 m g r o ß e Wandtafel mit e i n e r Synopse aller Themen d e s Sa- chunterrichts, aufgeschlüsselt nach d e n Lehrplänen von Ba- den-Württemberg u n d Nordrhein-Westfalen (senkrecht) und allen untersuchten 33 Unterrichtswerken (waagrecht). Mit Hilfe d i e s e r Tafel ist es Lehrerstudenten rasch möglich, sich u b e r T h e m e n d e s Sachunterrichts und d e r e n Verarbeitung in Unterrichtswerken zu informieren (als Teil d e r Didakti- s c h e n Analyse, z. B. für die Unterrichtsvorbereitung o d e r b e i Schriftlichen Hausarbeiten). Dieses Produkt d e s Prolekts kann a l s Beleg d i e n e n , wie Forschung a n Padagogischen Hochschulen unmittelbar d e r ~ r a x i s \ ~ e r b e s s e r u n g zugute kommt.Zeitlich parallel zur Begutachtung d e r Unterri~hm.Verke in d e r Projektgruppe w u r d e ein Fragebogen fur Schuibuchau- toren entwickelt u n d u b e r d i e Verlage a n alle Autoren und Mitarbeiter von Unterrichtswerken fur d e n Sachunterricht verschickt. S e i n e Auswertung wird Auskunft g e b e n Ober d!e Entscheidungsprozesse d e r Schulbuchentwicklun- 2y.d Re- vision, soweit sie Autoren zugänglich sind bz'~?. so;~-eil sie
s e l b s t aktiv Entscheidungen beeinflussen
Eltern und ihren Verbänden w e r d e n hier Informa:iafien zuganglich g e m a c h t , ü b e r d i e sie bislang nicht ve:fuGen Es ist n u r zu hoffen, d a ß sie damit verantwortungsvoll u m g e h e n
Dieser Appell erscheint angebracht d e n n Eltern inst?eson d e r e d e r e n Funktionare h a b e n sich in d e r Verydrigenheit haufig d u r c h Schulbuchschelte pro~iliert V'erantnortungs voller Umgang heißt Diejenigen Entscheidungen d i e Leh r e r zu treffen h a b e n auch Lehrer treffen zu lassen
Daß es moglich ist Schuler u b e r Unterrlchtswcrke urtei
l e n zu lassen b e l e g e n einige n e n i q e Untersuchuncien (V Nitzschke 1977 F Nonnenmacher 1977 M Rauch 1961: S Schmidt/D Klopfer 1984) Speziell iri d e r C r u n d i c h u l ~ (hier
im Sachunterricht) durfte d a s Urteilsvermoqen zu Schulbu c h e r n zwar beschrankt sein e s ware a b e r lohncnd hc.r~iis zufinden was fur Schuler a n und in Schulbiichcrn bedcut s a m ist d i e s e h a b e n ja vielfaltige mediale Erfahrunyeti mit gedruckten und technischen Medien Schließlich s ~ n d sie es, d i e mit Schulbuchern tagaus tagein in fast allen Unter richtsfachern zu tun h a b e n und entscheidend ist letztlich nicht, was Autoren a n guten Absichten bei d e r Verweridunc~ im Unterricht hineinstecken sondern wie Schulfr beirn Ler n e n mit Schulbuchern umqehen Hier ist nach sie vor ein
weites Feld fur d i e Unterrichtsforschung im allgemeinen und d i e Schulbuchforschung im b e s o n d e r e n
D e r methodologische Ertrag d e s Projekts kann hier nur kurz erwahnt w e r d e n Inhaltsanaiytische Verfahren zielen in d e r Regel auf d i e Erfassung von Teilen o d e r Aspekten Das ubliche Verstandnis von Inhaltsanalyse als Bedeutungsana- lyse ist fur unsern Untersuchungsgegenstand nicht direkt zu u b e r n e h m e n
Erstens handelt es sich beim Schulbuch nicht nur um Text s o n d e r n um Text/Bildmaterial (was d i e Untersuchung kom- pliziert) Zweitens geht es uns nicht darum spezielle Aspekte (»Rolle d e r Frau« u a ) zu erfassen sondern darum unterschiedliche Auspragungen von Schulbuchern anhand ausgewahiter T h e m e n zu vergleichen
Als Konsequenz ergibt sich d a r a u s d a ß im Unterricht zu d e n ublichen inhaltlichen Verfahren unser Kategoriensy stem alle relevanten Buchmerkmale erfassen muß nicht nur einige selektiv Bei u n s e r e m Raster reicht es nicht a u s riiir
Kategorien zu bilden (vgl Mayntz et al 1969 S 159) iori(lc3rn l e d e Kategorie muß in Merkmalen operationalisicrt xrrderi Grundlage hierfur ist d i e zusammenfassendp A~:>r>it ,oti
Mayring (1983)
Perspektiven
Nach Abschluß d e r noch laufenden Arbeiten sind ::.eitere Trainingsseminare fur Schulbuchgutachter qeplant s c i990
e i n e bundesweit a u s g e s c h r i e b e n e Tagung d e r Arbeitsge- meinschaft für Jugendliteratur und Medien in d e r GEW
Geplant ist ferner e i n e immer noch ausstehende B15i;o- graphie zum Thema Schulbuch. d i e in Z~isammenarbeit mit d e m Institut fur S c h u l b u c h f o r s c n u n ~ d e r Uni.~ersi!at Cüis- b u r g erstellt -ri.erden soll Schließlich -verden - qen:aß 3 e r immer w i e d e r einzufordernden hlaiiime. LoCrc ¿ir.U F?r- schung zu veri=iriden - koi-itinuierlicb S'Frans!a!t..is-er. in d e r Lehrerbildung durchgeiuhr:. so in 1auie::ßen ini:rirerie
mester e i n e Kooperationsveranst31!ur,g ':or, Cchu;padngoj;k und Dextsch zum Tnerna ~tHos! m13 Z1i.q brers:r,iion vce
Tex-
Guido Schmitt
M i g r a t i o n und I n t e g r a t i o n
Seit 15 Jahren praxisorientierte Forschung in padagogi- s c h e n Feldern
Ausgangspunkt: Probleme der I n t e r n a t i o n a l e n V o r b e r e i t r i n g s k l a s s e m i t ausländischen Arbei- t e r k i n d e r n
Im Herbst 1973 lud ich Lehrerinnen d e r Internationalen Vorbereitungsklassen fur Kinder auslandischer Arbeitneh- m e r von Lorrach Schopfheim, Mullheim, Freiburg u n d Of- fenburg zu einem Treffen ein Zeitungsmeldungen, die An- frage eines Verlagsmitarbeiters und Erzahlungen einer spanischen Lehrerin in einer Vorbereitungsklasse hatten mich a n d e n »explosiven« italienischen Jungen in meiner Ju g e n d g r u p p e und an d a s ~ugoslawische Madchen mit Sprachproblemen ~ ~ a h r e n d meiner Tatigkeit im Gymnasium erinnert Ich sah die Chance, a n einem aktuellen gesell- schaftlichen und padagogischen Problem Theorie und Pra- xis zu verbinden
Nach einem Jahr monatlicher Arbeitstreffen und leidlich ))theoretischer« Gesprache schloß ich mit d e r Lehrerin d e r V~r~ereit1;n;sklasse a n d e r Karlschule d e n »Pakt«, von Wo- cr.e zu Wocrie mit einer G r u p p e von Studierenden - auch in d e r r ~ r l e s u n g s f r e i e n Zeit - Unterricht zu planen u n d auszu- n e r ; i n Die Zahlen von auslandischen Schulern wuchsen damals sprunghaft a n - eine Folge d e s Anwerbestops im I i ~ r b s t 1973 Das »Gastarbeiterproblem« weitete sich von ei-
n-n? arbeitsmarktpoiitischen zu einem bildungs- und farni-
lie?poIitischen und uird immer mehr zu einem d e r Sozial- und Gesellschaftspolitik
H a n d l u n g s f o r s c h u n g , g e f ö r d e r t von der Stif-
tung V o l k s w a g e n w e r k
Mit d e n Kollegen Prof Dr W Roth (Pad Psychologie) Prof Dr W Sch-,vark (Schulpadagogik), b e i d e Padagogi- s c h e Hochschule Freiburg und Prof H Schwalb (Gemein- wesenarbeit Katholische Fachhochschule fur Sozialwesen und Rs.igionspadagogik Freiburg) wurde bei d e r Stiftung V2iks::rigenwerk ein Handlungsforschungspro~ekt bean- tr3gt [Titel *Schulische und außerschulische Sozialisation auslandischer Arbeiterkinder.) In d e r mittleren Großstadt Fre,Siirg mit einem durchschnittlichen Auslanderanteil an a e r W ~ n n ~ e v o i k e r u n g (rund 7 Prozent) sollte durch e i n e ver- ~ i ? ~ . ' e n e Intervention i;i d e n Bereichen Schule (Vorberei- + ,.„-~.asse) 7 n - -' 1 Hausaufgabenhilfe und Freizeitgestaltung El-
+irI.iTDPi+ J C ~ Padagogenausbildung die Situation von d;lsii:-'11;.s~h~ri Ar~eiterkinciern verbessert werden In le- ilerr, uieser Bereiche ;-;urden in dreilahriger Prolektarbeit
(1376--1373) Kgnzewtionen erarbeitet . Die Konzeption zum
Aiiicdhme- : ~ n d Deutschunterricti! in Vorbereitungsklassen -.V.-ird ir Fachkreiseri d e s Deutsch-als-F~ieitsprachen- und F r ~ r n l ~ ; w c h r n - i ~ t e r r i c h t s mi:tler-4veiie als Freiburger Mo-
-,03', >+-c,-h,-p
,.., _... „_LIL...~-t - Ais ~)Uir",aKttscher Baukaa-, i;. fand sie -
-..iG -1.- ,:- F r i i i i r u ~ ~ e n d e r E!rer:asbeir - Eingang in Fortbii- surigs~i?i:?ria:;en d e s Deutschen Instituts fur Fernstudien (DIFF; IU3i.-,yez ' Der Enk*;urf 211 einem Er~:eiterungsfach
iiiisianderpaciagzgi~ ftir die Pi5s2lventen d e s Lehramtsstu- diarns x ü r d e ls7.3 i c m Miaisterium genehmigt g e r a d e zu d e m Zeitpunkt. seit 'Äem nur noch -pjenige Junglehrer in d e n S c k u l d ~ e n s i einy-estoll: -r;erÜen
N e u e Probleme
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neue E i n r i c h t u n g e nWeil d i e Handlungsforscher d e s Prolektes sehr bald sa- hen, d a ß gesellschaftliche Veränderungen neue Institutiona- lisierungen erfordern, wurde schon 1977 die AUSLÄNDER- INITIATIVE FREIBURG (AIF) e. V. (gemeinnützig) gegründet (Vorsitzender: Prof. Dr. W Roth). Die AIF führt a n verschie- d e n e n Schulen Hausaufgabenhilie und Freizeitaktivitäten durch. Ein b e s o n d e r e r Schwerpunkt liegt auf d e r vermitteln- d e n Kulturarbeit mit ausländischen Arbeitern und Deut- s c h e n .
An d e r Hochschule wurde praxisorientierte Forschung mit wechselnden Mitarbeitern in d e r Forschungsstelle Auslän- dische Arbeiterkinder (FAAK) fortgeführt, seit neuestem we- g e n d e r Zuwanderung von Aussiedlern und Flüchtlingen umbenannt in FORSCHUNGSSTELLE MIGRATION UND IN- TEGRATION (FoMI) (Leiter: Guido Schmitt, AkOR, Senatsbe- auftragter für Ausländerpädagogik/interkulturelle Erzie- hung).
INTERKULTURELL
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Z e i t s c h r i f t zur Vermitt-lung zwischen W i s s e n s c h a f t und P r a x i s
Der I d e e , d e n Schlußbericht d e s Handlungsforschungs- projekts in die erste Nummer einer Zeitschrift zu drucken, stimmte die Stiftung Volkswagenwerk g e r n e zu: HAUSLAN- DERKINDER - Forum für Schule & Sozialpädagogik« wurde als Vierteljahreszeitschrift seit 1980 herausgegeben. Sie ver- mittelt zwischen Wissenschaft und pädagogischer Praxis und spricht Wissenschaftler, Lehrer und Sozialpädagogen an. In d e n Heftthemen spiegeln sich gesellschaftliche und pädagogische Entwicklungen. Die ersten Hefte bringen ins- b e s o n d e r e Ergebnisse des Freiburger Forschunasprojekts. Ausländerkindern sollen Integrationsleistung und interkul- turelles Lernen nicht länger alleine zugemutet werden. Des- wegen heißt d i e Zeitschrift seit 1988 »INTERKULTURELL« - Forum für interkulturelles Lernen in Schule & Sozialpädago- gik«. Der Jahrgang 1989 versucht, die Diskussion zur Schul- sozialarbeit und Jugendarbeit mit ausländischen Kindern und Jugendlichen voranzutreiben, wertet Erfahrungen in d e r Bildungs- und Erziehungsberatung aus und legt nahe, d a s »Leben in d e r multikulturellen Gesellschaft~ zu akzep- tieren.
F o r s c h e n und H a n d e l n im I n t e r e s s e ausländi- scher Jugendlicher
Bei d e r Forschungstatigkeit ist die Forschungsstelle von d e n Problemen d e r auslandischen Kinder in d i e d e r Ju- gendlichen hineingewachsen Zum Modellversuch »Berufs- ausbildung von auslandischen Jungen und Madchen in Handwerksbetrieben d e s Landkreises Emmendingens ei- nem von 25 Bundesmodellversuchen getragen von d e r Handwerkskammer Freiburg fuhrte sie die wissenschaftIi- c h e Begleitforschung durch In diesem Modellversuch wur d e n Ausbildungsplatze eingeworben auslandische Jugend- liche beim Abklaren ihrer Berufswahl beraten und in zwei Ausbildungsdurchgangen im Erwerb d e r Fachsprache in Fachrechnen und Fachkunde zusatzlich gefordert Einge schlossen war eine soziaipadagogische Begleitung und die Zusammenarbeit mit B e r u f s s c h u l ~ Betrieb und Eltern In Fachrechnen wurden unter Beratung von Prof Dr G A Lor- c h e r Materialien erarbeitet Fur Deutsch Fachkunde Fri- seurhandwerk und Kraftfahrzeughandwerk wurden wieder sogenannte cmziaktische Baukasten entwickelt curriculare Kcinzeptionen fur (Forder-)Lehrerhand "ie erlautern d i e b e s o n d e r e Si~riation auslandischer Jugendlicher im Hin- blick auf die jeweilige Berufsausbildung empfehlen, von ~ e r u f i ichen Handlungs- o d e r Sprechakten auszugehen, und
stellen Listen zu methodischen Moglichkeiten bis hin zu Aspekten wünschbaren Lehrerverhaltens zur Verfügung.
Als sogenanntes Umsetzungsvorhaben schloß sich d a s Projekt »Beratungsdienst zur Berufsausbildung auslandi- s c h e r Jugendlicher (insbesondere Mädchen) in S ü d b a d e n ~ a n (1687 - März 1989). Nur e i n Drittel d e r männlichen auslän- d i s c h e n Jugendlichen, von d e n M ä d c h e n nur ein Fünftel e r - halten derzeit e i n e n Ausbildungsplatz. D a s Potential deut- s c h e r Auszubildender g e h t stark zurück, Handwerk und a u c h Industrie w e r d e n o h n e ausländische Jugendliche nicht auskommen. Mit einiger Unterstützung sind sie - ein Ergeb- nis d e r Bundesmodellversuche - nahezu e b e n s o erfolg- reich wie deutsche. In bilateralen Konferenzen mit Berufsbe- ratern u n d Sozialdezernenten d e r Landkreise in S ü d b a d e n , Personalleitern von Betrieben u n d Ausbildungsberatern d e r Kammern w u r d e verstärktes Problembewußtsein ange- bahnt. D a s Mitarbeiterteam ging mit einem Beratungsatelier (Ausstellung mit g r o ß e n problematisierenden Bildern) in d i e Lehrerzimmer d e r Berufsschulen und führte Fortbildungen d u r c h . Aufmerksam gemacht w u r d e insbesondere a u c h auf
die gesetzlich verankerten ABH-Maßnahmen (ausbildungs- b e g l e i t e n d e Hilfen). Beratungsbriefe w u r d e n g e s c h r i e b e n für Ausbilder u n d Berufsschullehrer. Die Arbeit d e s Bera- tungsdienstes w u r d e d u r c h Öffentlichkeitsarbeit in d e r P r e s s e flankiert. In Handreichungen w e r d e n d i e Ergebnisse für d i e Ausbildungs- u n d Beratungspraxis aufgearbeitet. Ein Aufruf zur Einstellung ausländischer Jugendlicher w u r d e von 200 Personen des öffentlichen L e b e n s unterzeichnet.
INTERKULTURELL
I
Forum für interkulturelles Lernen
in
Schule
&
Sozialpädagogik
Heft 1
Jahrgang 1989
Jugendarbeit und Schulsozialarbeit
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Öffnung von Jugendvcrbänden-
autonome Mädchengmppc-
Schulsozialarbeit mitausländischen Jugendlichen
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.Heimatn und interkultureilerUnterricht
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Unterricht mit Rüchtlingskindern-
Prarisnahe L e h r e r f o r t b i l d u n g
Direkte Impulse zur Verbesserung d e r padagogischen Praxis versuchte d i e Forschungsstelle u b e r d i e J a n r e hinweg d u r c h Workshops zum Unterricht mit Ausländerkindern zu g e b e n . Besonderes Interesse fand e i n e solche Tagung zur Herkunftskultur von Ausländerkindern mit einer Arbeits- g r u p p e zu türkischer Musik.
Im WS 1989/90 findet e i n e „Lernwerkstatt« fur Lehrer zum Unterricht mit Aussiedler- und Fluchtlingskindern statt
Arbeitsweise, M i t a r b e i t e r , P e r s p e k t i v e n
Die Forschungsstelle Migration und Integration (FoMI) fuhrt praxisnahe Forschung durch, gibt d i e Zeitschrift IN TERKULTURELL h e r a u s betreibt Lehrerfortbildung berat Lehrer, Sozialpadagogen Studierende und Wissenschaftler u n d stellt Kontakte im In- und Ausland h e r Die Arbeit wird geleistet von wechselnden Mitarbeitern auch auslandi s c h e r Herkunft, die wissenschaftliches Interesse und sozia- l e s Engagement einbringen mussen
Einerseits ist d u r c h Drittmittelfinanzierung begrenzte Ab- ordnungszeit e i n e s Lehrers, luristische Vorgaben und feh- l e n d e staatliche Mittel e i n e u b e r vier J a h r e hinausgehende Dauerbeschaftigung d e r Mitarbeiter - d i e Sekretarin a u s genommen - derzeit nicht moglich Andererseits arbeiten e h e m a l i g e Mitarbeiter in verschiedenen Einrichtungen in u n d um Freiburg, a u c h in Leitungsfunktionen, initiativ weiter (Z B im Auslanderprogramm Emmendingen in d e r Auslan- derinitiative Freiburg und in d e r ABH-Maßnahme Mull- heim) Die Zuwanderung von Aussiedlern u n d Fluchtlingen stellt die padagogische Forschung nicht vor vollig neuartige Probleme Im Unterschied zum Beginn d e r Handlungsfor- s c h u n g 1973 gibt es nun Konzepte fur d a s integrierende Ler- n e n d e r Zuwanderer u n d d a s interkulturelle Lernen mit d e r e i n g e s e s s e n e n Mehrheit
FoMI versteht sich als ein Zentrum fur Migrationsfor- schung, zweisprachige Erziehung und interkulturelles Ler- n e n in S u d b a d e n Auch im Hinblick auf d i e Zukunftsaufgabe in Europa bedarf es weiterer konzeptioneller und prakti s c h e r Impulse fur d a s Zusammenleben in d e r rnultikulturei l e n Gesellschaft
Gunter Waldmann
Produktiver Umgang mit Literatur
Ein Forschungskonzept
W s s e r i Sie vvas eine Metapher ist? Nicht s o ganz genau, ,a,--1. Sie Mochten Sie e s d e n n g e n a u e r wissen' Dann konn- -2-1 Sie e s ja in einem Lexikon nachschlagen Das wollen Sie 33er atzt nicht s a g e n Sie O d e r Sie konnten in einem Spiel ei;ene Erfahrung mit d e r Metapher machen Dazu hatten Sie mehr Lust? Dann brauchen Sie einen Wurfe1 Haben Sie
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n7 Nd? ~ u r f e l n Sie zweimal und schreiben d i e b e i d e n Zah-ler risoeneinander (etwa »6-3. es kann naturlich auch .?-3z$ sein) Das machen Sie bitte noch dreimal so d a ß Sie .n,cjesamt vier Zahlenpaare h a b e n die Sie untereinander ¿2hre1oe? Dann nehmen Sie d e n folgenden Metaphernbau-
1 , -
-.
e n 1 Metaphernbaukasteni
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naftpflichtversichert Freude i 3 pflegeleicht Trauer,
3 fohrplanmatig Liebe 4 schmutzabweisend Hoffnung 3 strom!inienformig Sehnsucht S vl;llautomatisch Kindheit3 3 t 3 n Sie nach. ;.iss Sie er->vurfelt h a b e n , und schreiben
.3:e die .iier er-:.;urfe!ten 'JVcrtpaare r ~ e b e n
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Ihre Zahienpaaret :L.?: E:-.':3 i ~ i - - j ~iollautnrnatische Liebe«). Suchen Sie sich :;J:-. 2in FVzrtpaar aus. ciäs Sie als besonders spannungshaft
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- i . . , d ~ .,kristate!es). Uenmsch miteinarider verbunden. Es ist so e i c e ir.k3i.gruenie. dissonante. gegensatzliche. ja wider- spruchliche ¿rna ciabei i. a n e u e Cprachfügung entstanden.
Sie wirkt interessant, stimulierend, ja provokativ, weil sie vor allem a n d e m verwendeten Substantiv teilweise entlegene Nebenbedeutungen (Konnotationen) aktiviert die sonst kaum o d e r g a r nicht g e s e h e n e Aspekte a n ihm auffallig ma c h e n und es insgesamt in - allerdings fur jeden Leser ver- schiedener - n e u e r und oft intensiverer Bedeuturlg erschei- nen lassen
Das, was Sie jetzt gelesen h a b e n hatten Sie so o d e r ahn- lich auch in einem (neueren) Fachlexikon finden konnen O b Sie e s d a n n auch s 6 intensiv und differenziert aufgefaßt hat- ten, wie es nach d e m eigenen aktiven undproduktiven Um- g a n g mit d e r Metapher d e r Fall ist, bezweifle ich Und weil ich uberhaupt Zweifel h e g e o b e i n e primar wissensmaßige, e i n e hauptsachlich kognitive Aneignung von Literatur in d e r Schule, a b e r auch in d e r Hochschule literarisch genugend folgenreich ist h a b e ich d a s Konzept eines aktiven, produkti- ven Umgangs mit Literatur entwickelt
Dennoch konnte 'produktiver Umgang mlt Literatur' als Forschungsvorhaben a n einer wissenschaftlichen Hoch- schule manchem merkwurdig, wenn nicht g a r anstoßig vor- kommen Bei wissenschaftlichem Umgang mit Literatur geht es denkt mancher um Erforschung, Analyse, Vermittlung von Literatur, nicht a b e r um produktiven Umgang um Pro duktion von Literatur Die ware ja doch wohl d i e Sache d e r zustandigen Spezialisten d e r Autoren, Schriftsteller Dichter - denkt mancher Und wenn e r dann noch autonomieasthe- tisch gebildet ist und einen literarischen Text fur ein unan- tastbares autonomes Gebilde halt o d e r wenn e r genieas- thetisch soualisiert wurde und literarisches Produzieren als etwas ansieht d a s ausschließlich einschlagiq Begabten vor behalten ist uird e r aktives produktives Umgehen mit Lite- ratur in d e r Schule und g a r a n d e r Hochschule fragwurdig finden
Andere Zeiten haben d a s ganz a n d e r s gesehen In a n d e - ren Zei'eri g a b es produktiven Umgang mit Literatur als ~ i c h t i g e Form literarischer Geselligkeit in d e r hofischen Gesellschar: ir, d e r Fruhromantik im Biedermeier Und ei
g e n e s Produzieren von Literatur war eine ernstgenommene Form d e r Aneignung von Literatur in Schule und Hochschule vor ailem im 17 Jahrhundert l o c h bis ins 19 Jahrhundert hinein (In angelsachsischen Landern ist e s noch heute