Düngemittel
Philipps-Universität Marburg Fachbereich 15: Chemie
Wintersemester 2013/14 Experimentalvortrag
Dozenten: Prof. Dr. Neumüller & Dr. Reiß
Referentin: Katharina Willomitzer
Gliederung
1. Definition: Düngemittel
2. Geschichtlicher Hintergrund
3. Nährstoffbedarf und -aufnahme von Pflanzen V1
4. Überblick über Düngemittel und Hauptbestandteile V2, V3, V4 5. Problematik von Düngemitteln D1, D2, V5
6. Schulrelevanz
7. Quellenverzeichnis
2
Vorbereitung von Versuch 1
Nährstofflösung:
• 200 mg KCl
• 200 mg NH
4NO
3• 200 mg MgSO
4• 300 mL dem. Wasser
• Bromthymolblau
• 2 g Agar Agar
• pH-Wert 7
3
1 2
[1]
• natürliche oder künstlich hergestellte Substanzen oder Stoffgemische
• Einsatz in Landwirtschaft und Gartenbau
• stellen Pflanzen Nährstoffe zur Verfügung
• Ziele für ihren Einsatz:
® schnelleres Wachstum
® höhere Erträge (Nutzpflanzen)
® verbesserte Pflanzenqualität
Definition: Düngemittel
4
Geschichtlicher Hintergrund
• Düngung bereits in Bronzezeit mit tierischen und menschlichen Fäkalien
• „Gründüngung“ mit Pflanzenabfällen bei den Römern
• Mittelalter/frühe Neuzeit: Missernten und Hungersnöte
® Entstehung der „Agrikulturchemie“
• Mitte des 19. Jhd: J USTUS VON L IEBIG erschließt die Nährstoffe der Pflanze
® Experiment: Pflanzen in Porzellantiegel glühen, bis nur noch Asche übrig ist
® Ergebnis einer Untersuchung der Rückstände:
Salze der Elemente: N, P, K, Na, Ca, Mg, Fe, Cu
5
Geschichtlicher Hintergrund
® 1855: „Gesetz des Minimums “
• 1861: A DOLPH F RANK stellt Kalisalz für die Landwirtschaft her
• großer Durchbruch in Düngemittelindustrie durch H ABER und B OSCH
® 1909: F RITZ H ABER entwickelt zusammen mit C ARL B OSCH die großtechnische Herstellung von Ammoniak (H ABER -B OSCH -Verfahren)
® Seit 1913 kann Ammoniak und damit künstlicher Dünger produziert werden
Þ Beseitigung der Nahrungsmittelknappheit und somit der Hungersnöte in der westliche Welt!!!
6
[2]
Mo P P
Mn
• 16 Nährelemente werden von Pflanzen benötigt
® Makronährstoffe:
® Mikronährstoffe:
(Spurenelemente)
• H, C, O → Aufnahme über Blatt oder Wurzel als O
2, H
2O und CO
2• übrige Nährstoffe → Aufnahme als Anionen/Kationen der zugehörigen Nährsalze mit Bodenlösung über Wurzel
• ebenfalls nützliche Elemente: Na, Si, Co
® werden nicht unbedingt von Pflanze benötigt
® fördern trotzdem Pflanzenwachstum
® wichtig für tierische bzw. menschliche Ernährung
Zn Fe
Cu
Ca Mg
Nährstoffbedarf von Pflanzen
H H C C N N O O S S K K B B Cl
7
Versuch 1: Protonenabgabe von Wurzeln
Nährstofflösung:
• 200 mg KCl
• 200 mg NH
4NO
3• 200 mg MgSO
4• 300 mL dem. Wasser
• Bromthymolblau
• 2 g Agar Agar
• pH-Wert 7
8
1 2
[1]
Versuch 1: Protonenabgabe von Wurzeln
14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0
9
Versuch 1: Protonenabgabe von Wurzeln
10
Düngemittel Düngemittel
Handelsdünger Handelsdünger
Organische Düngemittel
(z.B. Guano, Torf, Harnstoff)
Organische Düngemittel
(z.B. Guano, Torf, Harnstoff)
Anorganische Düngemittel
(Mineraldünger)
Anorganische Düngemittel
(Mineraldünger)
Einnährstoffdünger
Stickstoffdünger
Stickstoffdünger Phosphatdünger Phosphatdünger Kaliumdünger Kaliumdünger
Mehrstoffdünger
Zweinährstoffdünger Zweinährstoffdünger
NP NP NK NK PK PK
Mehrnährstoffdünger Mehrnährstoffdünger
NPK
+ Mg
+ Spuren- elemente
NPK
+ Mg
+ Spuren- elemente wirtschaftseigener Dünger
(z.B. tierischer Dung, Kompost, Trockenschlamm)
wirtschaftseigener Dünger (z.B. tierischer Dung, Kompost,
Trockenschlamm)
Überblick über Düngemitteln
11
Stickstoff (N)
• Stickstoffbedarf im Vergleich zu übrigen Nährstoffen besonders groß
• keine Verwertung von Luftstickstoff möglich
• Pflanze braucht Stickstoff in Form von NO
3-- und NH
4+-Verbindungen
• Beispiele: - Ammonsalpeter (NH
4NO
3; explosive Zersetzung) - Kalkammonsalpeter (NH
4NO
3/CaCO
3)
• Herstellung:
1. Darstellung von NH
3(H ABER -B OSCH -Verfahren)
2. Ammonium: NH
3in Wasser → NH
4OH; Umsetzung mit Säuren
Nitrate: Oxidation von NH
3→ NO
2in Wasser → HNO
3mit Lauge umsetzen
• Wirkung: Bildung von Aminosäuren und Eiweiß, Bauelement von vielen Enzymen,
„Motor des Wachstums“
• Mangelerscheinung: verringertes Wachstum, gelbe Verfärbung der Blätter 12
Versuch 2: Nachweis von Nitrat mit Lunges Reagenz
Chemikalien:
1. Düngemittel-Lösung
2. 1 Spatelspitze Zinkpulver 3. 1 mL Essigsäure (w = 1,0) 4. 1 mL Lunges I
5. 1 mL Lunges II
13
2 1 3 4
5
Versuch 2: Nachweis von Nitrat mit Lunges Reagenz
14
Versuch 2: Nachweis von Nitrat mit Lunges Reagenz
Herstellung des Nitrosyl-Kations mit konz. Essigsäure:
Diazotierung mit Lunges I (Sulfanilsäure):
Azokupplung mit Lunges II (-Naphthylamin):
-Naphthylamin (farblos)
15
Phosphor (P)
• natürlich vorkommende Phosphate sind unlöslich → für Düngung ungeeignet
• P wird von Pflanze als Orthophosphat-Ionen (H
2PO
4-, HPO
42-) aufgenommen
• schwerlösliche tertiäre Phosphate → leichter lösliche sekundäre/primäre Phosphate
• Beispiele: - Superphosphat {Ca(H
2PO
4)
2/CaSO
4 2 H
2O}
- Ammonphosphat {(NH
4)
2HPO
4}
• Umsetzung von tertiären Phosphaten :
1. sehr feines Vermahlen: feingemahlene „Thomasschlacke“
2. Zugabe von Säuren: Ca
3(PO
4)
2+ 2 H
2SO
4® Ca(H
2PO
4)
2+ 2 CaSO
43. Glühen: Rhenaniaphosphat bei 1100 – 1200 °C
• Wirkung: Energiehaushalt der Pflanze → ATP-Bildung, Zellbaustein, fördert Wurzelwachstum, Blüten- und Samenbildung
• Mangelerscheinung: violette Verfärbung von Blättern
16
Durchführung:
1. Düngemittel-Lösung
2. 2 mL konz. Salpetersäure (w= 0,65)
3. 5 mL Ammoniumheptamolybdat-Lösung
17
Versuch 3: Nachweis von Phosphat mit Ammoniumheptamolybdat
1
2
3
Versuch 3: Nachweis von Phosphat mit Ammoniumheptamolybdat
Phosphatnachweis:
Ammoniummolybdatophosphat (gelb)
18
Kalium (K)
• liegt nur in geringen Mengen im Boden vor
• muss als wasserlösliches Kalisalz aufgebracht werden
• Beispiele: - Kalidüngesalz (KCl 40%)
- Kornkali (KCl 37% + MgO 5%)
• Gewinnung:
→ aus Meeresablagerungen (Kalilagerstätten) 1. Kalirohsalze werden fein gemahlen
2. Abtrennung von Rohsalzen mittels Flotationsverfahren
• Wirkung: reguliert Wasserhaushalt der Pflanze, Festigung der Zellwände
• Mangelerscheinung: welke, vertrocknete Blattspitzen
19
Versuch 4: Nachweis von Kalium mittels Flammenfärbung
Durchführung:
• Sprühflasche mit Düngemittel-Lösung
• Lösung wird in Flamme gesprüht
20
Versuch 4: Nachweis von Kalium mittels Flammenfärbung
Abstrahlung von Licht Grundzustand angeregter
Zustand
21
Versuch 4: Nachweis von Kalium mittels Flammenfärbung
Spektrallinien des Kaliums:
→ 768,2 nm (rot)
→ 404,4 nm (violett)
• das Cobaltglas absorbiert gelbes Licht
• die violette Flamme des Kaliums wird deutlich sichtbar
[3]
22
Zusammenfassung: Vorteile der Düngung
23
• höhere Erträge
• Steigerung der Pflanzenresistenz
• schnelleres Wachstum
• höhere Erträge
• Steigerung der Pflanzenresistenz
• schnelleres Wachstum
• keine Nahrungsmittelknappheit
• keine Hungersnöte
in der westlichen Welt
• keine Nahrungsmittelknappheit
• keine Hungersnöte
in der westlichen Welt
Nahrungsmittel sind bezahlbar
Nahrungsmittel sind bezahlbar
Demo 1:
Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden
24
Demo 1: Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden
Apparatur:
25
Düngerlösung: Filtrat:
Demo 1: Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden
Nachweis von Nitrat-Ionen mittels Ringprobe:
26
Düngerlösung: Filtrat:
Demo 1: Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden
Nachweis von Ammonium-Ionen:
27
Demo 1: Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden
• Gartenerde besteht aus Bodenkolloiden
® Huminstoffe und Tonminerale:
• Huminstoffe:
- Stoffe mit uneinheitlicher (amorpher), makromolekularer Struktur - Bildung aus zusammen gelagerten Bruchstücken
→ „Löcher“ durch sterische Hinderung
28
Demo 1: Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden
• Tonminerale: Aufbau aus zwei charakteristischen Bauelementen
→ Tetraederschicht: eckenverknüpfte SiO
4-Tetraeder (Si
4+↔ Al
3+)
→ Oktaederschicht: kantenverknüpfte AlO
6-Oktaeder (Al
3+↔ Fe
2+, Mg
2+) Þ Bildung einer negativen Schichtladung ® Einlagerung von Kationen
[4]
29
Demo 1: Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden
• Tonminerale und Huminstoffe fungieren als Kationenaustauscher
• gute Bodenstruktur von pH 7 besitzt hohe Calcium-Sättigung
• Anionenaustausch:
→ nur in geringem Maße aufgrund der größtenteils negativen Bodenteilchen
Þ NO
3‾-Ionen werden nur gering vom Boden aufgenommen und somit ausgewaschen
→ Folgen: Nitratbelastung des Grundwassers, Eutrophierung
30
Folgen der Nährstoffauswaschung
Nitratbelastung des Grundwassers:
• Trinkwasser: 74% Grundwasser und Quellwasser
• Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser: 50 mg/L (Trinkwasserverordnung 2001)
• Qualität des Grundwassers durch Nitrate beeinträchtigt
® 2002: an 103 von 730 Messstellen war Grenzwert für Nitrat überschritten
® teilweise lag Nitratgehalt weit über 100 mg/L
• erhöhte Nitrataufnahme beim Mensch:
® Störung der Schilddrüsenfunktion
• erhöhte Nitrataufnahme beim Säugling (unter 3 Monaten):
® geringerer Transport von Sauerstoff in Gewebe und Organe
® Säugling erstickt innerlich
® „Blausucht“
31
Folgen der Nährstoffauswaschung
Eutrophierung:
• Anreicherung eines Gewässers mit anorganischen Pflanzennährstoffen
[6]
32
[5]
Explosive Stoffe in Düngemitteln: Ammoniumnitrat
Katastrophe: Explosion von West Fertilizer Company in West (Texas) am 17.04.13
• Krater: 28 m
• Erbeben der Stärke 2.1
• noch 75 km entfernt hörbar
• Explosion von 25 t NH
4NO
3• 142 Wohneinheiten zerstört sowie 300 Häuser und Fahrzeuge beschädigt
• mindestens 15 Tote und etwa 200 Verletzte
Attentat: Anschlag auf Regierungsviertel in Oslo durch Anders Breivik (22.07.11)
[7]
33
Demo 2:
Herstellung von Schießbaumwolle aus Ammoniumnitrat
34
Demo 2: Herstellung von konz. Salpetersäure mittels Destillation
Gekühlter trockener Destillationskolben:
→ 25 mL konz. Schwefelsäure
→ 24 g getrocknetes, feingepulvertes Ammoniumnitrat
35
Destillations- apparatur:
Demo 2: Herstellung von konz. Salpetersäure mittels Destillation
36
Demo 2: Herstellung von konz. Salpetersäure mittels Destillation
Entstandene Salpetersäure:
→ stark sauer (pH-Papier: dunkelrot)
→ stark rauchend an Luft
→ stechender Geruch
Þ bei der Destillation wurden 11 mL Salpetersäure gewonnen
37
Herstellung von Nitriersäure:
→ 11 mL der abdestillierten Salpetersäure
→ 13 mL konz. Schwefelsäure
Demo 2: Herstellung von Schießbaumwolle
Nitryl-Kation
38
Demo 2: Herstellung von Schießbaumwolle
Veresterung der Cellulose mit Salpetersäure:
39
Versuch 5:
Verbrennung von Schießbaumwolle
40
Versuch 5: Verbrennung von Schießbaumwolle
Cellulose Cellulosenitrat
41
Versuch 5: Verbrennung von Schießbaumwolle
Verbrennung von Cellulose:
® Luftsauerstoff ist hierbei für die Verbrennung als Oxidationsmittel vonnöten
42
1 mol Feststoff + 6 mol Gas 11 mol Gas
Versuch 5: Verbrennung von Schießbaumwolle
Verbrennung von Cellulosenitrat:
→ verbrennt auch bei Abwesenheit von Luftsauerstoff
→ enthaltene Nitrate dienen als Oxidationsmittel
→ Reaktion wird durch ihre zusätzliche Triebkraft beschleunigt
43
2 mol Feststoff 22 mol Gas
Schulrelevanz
Klassenstufe Thema Inhalt Versuch
8G.2 Alkalimetalle Flammenfärbung
(fakultativ) Versuch 4 9G.2 Aufbau und Funktion
von Böden (fakultativ)
Nachweis von Mineralsalzen,
Ionenaustauschkapazität, Düngemittel
Versuch 1 Versuch 2 Versuch 3 Versuch 4
Demo 1 9G.2 Schwerlösliche Salze
(fakultativ) Nachweis ausgewählter Anion und Kationen
durch Fällung
Versuch 3
Q2 GK/LK Modifizierte Naturstoffe
(fakultativ) Baumwolle Versuch 5
Q2 LK
Q4 GK/LK Farbstoffe
(fakultativ) Natürliche und synthetische Farbstoffe, Synthese von Farbstoffen
Versuch 2
44
Schulrelevanz
Klassenstufe Thema Inhalt Versuch
Q3 GK/LK Fällungsreaktionen/
Nachweisreaktionen (fakultativ)
Untersuchungen von
Düngemitteln Versuch 2 Versuch 3 Versuch 4 Q4 GK/LK Großtechnische
Verfahren Darstellung von
Salpetersäure Demo 2 Q4 GK/LK Umweltchemie Untersuchung von Boden Demo 1
45
[8]