Research Collection
Doctoral Thesis
Ueber Fluoreszeïne und Rhodamine der Naphthalinreihe
Author(s):
Gubelmann, Ivan Publication Date:
1912
Permanent Link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-000092407
Rights / License:
In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
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ETH Library
Ueber Fluoreszeme und Rhodamine der Naphtalinreilie
D
Von der
Eidgenössischen technischen Hochschule
in Zürich
zur Erlangung der
Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften
genehmigte Promotionsarbeit
vorgelegt von
Ivan Gubelmann, dipl. techn. Chemiker
von Meilen.
Referent: Herr Prof. Dr. M. CÉRÉSOLE Korreferent: Herr Prof. Dr. R. WILLSTÄTTER
DBBBB ZÜRICH 1912 aasn
Druck von Gebr. Leemann & Co.
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in herzlicher Dankbarkeit.
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mischen Laboratorium derEidgenössischenTechnischen Hochschule ausgeführt.
Es seimiran'dieser Stelle gestattet,meinem hoch¬
verehrten Lehrer,
Herrn Prof. Dr. M. Cérésole,
auf dessenAnregung diese Arbeit unternommen wurde, für seine wertvolle Unterstützung und für sein reges
Interesse, das ermeinenUntersuchungen jederzeit ent¬
gegengebracht hat, meinen herzlichsten Dank auszu¬
sprechen'.
Zu verbindlichstem Dank bin ich auch der ver¬
ehrlichen Badischen Anilin- und Sodafabrik verpflichtet, die mir meine Untersuchungen durch be¬
reitwilligste Ueberlassung von Ausgangsmaterialien sehr erleichtert hat.
Der Verfasser.
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Seite
Einleitung 9
Theoretischer Teil 18
I. Die Naphtalindicarbonsäuren 18
UeberdieDarstellungder1,2-Naphtalindicarbonsäure 18
lieber dieDarstellungder2,3-Naphtalindicarbonsäure 21
II. Allgemeines über die Kondensationsfähigkeit der
Naphtalindicarbonsäuren 22
III. Fluoreszeine und Rhodamine der Naphtalindicarbon¬
säuren 25
a) Fluoresze'ine 25
b) Rhodamine 25
c) Sulfurierte Rhodamine 26
d) Rhodaminester (Anisoline) .... 27 IV. Zur Konstitution der Fluoresze'ine und Rhodamine der
Naphtalindicarbonsäuren 28
V. Färbereichemische Eigenschaften der Rhodamine 30 VI. Versuche zur Darstellung von Naphtorhodamin 32
Experimenteller Teil 37
À. Darstellung der 1,2-Naphtalindicarbonsäure 37
1. l-Amido-2-Naphtalinsulfosaures Natrium . . 37
2. l-Diazo-2-Naphtalinsulfosäure .... 38
3. l-Chlor-2-Naphtalinsulfosaures Kalium ... 39
4. l-Brom-2-Naphtalinsulfosaures Kalium ... 40
5. l-Jod-2-Naphtalinsulfosaures Kalium ... 41
6. 2-Brom-l-Naphtalinsulfosaures Kalium . .• . 42
7. 1,2-Dicyannaphtaliu 44
8. 1, 2-Naphtalindicarbonsäure . ... 46 B. Darstellung der 2,3-Naphtalindicarbonsäure . 49
1. 2,3-Aminonaphtoesäure 49
2. 2,3-Cyannaphtoe8äure 52
3. 2,3-Naphtalindicarbonsäure 55
4. 2,3-Naphtalindicarbonsäureanhydrid ... 57
C. Fluoreszeine der1,2- und2,3-Naphtalindicarbonsäuren 58
1. 1,2-Naphtalindicarbonsäurefluoreszeln ... 59
2. 2,3-NaphtaIindicarbonsäurefluoresze'in ... (il
Seite D Rhodamme der Naphtahndicarbonsauren 64
1 Tetramethyl-1,2-Naphtahndicarbonsaure-Rhodamin 64
a) Chlorhydrat . 64
b) Base 66
2 Tetramethyl2,3-Naphtalindicarbonsaure-Rhodamm 68
a) Chlorhydrat 68
b) Base 69
3 Tetramethyl-Naphtalsaure-(1,8-Naphtalindicarbon
saure-jRhodamin 72
a) Chlorhydrat 72
b) Base 74
E Amsohne (Ester) der Naphtalmdicarbonsaure-Rhoda-
mine . 75
F Tetramethyl Naphtalindicarbonsaure Rhodaminsulfo-
sauren . 78
Tetramethyl-1,2 Naphtahndicarbonsaurerhodaminsulfo-
saure . 79
G DasAusgangsmatenalfur die Versuche?ur Darstellung
von Naphtorhodamin 80
1 1,3-Napb.tylaminsulfosaure 80
2 Dimethyl-1, 3-Naphtylaminsulfosaures Natrium 82
3 Naphtofluoreszein 8-5
4 Einwirkung vonPhosphorpentachlond aufNaph¬
tofluoreszein . 84
A. v. Baeyer fand im Jahre 1871, dass sich Phenol und Phtalsäureanhydrid beim Erhitzen mit wasserentziehenden Mitteln, wie Schwefelsäure, Zink¬
chlorid u. s. w., zu einem Kondensationsprodukt ver¬
einigen, das Phenolphtale'in genannt wurde und den ersten Repräsentanten einer neuen Körperklasse dar¬
stellte, die man in der Folgezeit als Phtale'ine be¬
zeichnete. Zahlreiche Kondensationsversuche lehrten, dass sich gewisse Phenole ganz besonders zu dieser Reaktion eignen; es waren diejenigen, die eine freie Parastelle aufwiesen. Von dieser engeren Gruppe der Phenole zeichneten sich insbesondere wieder diejenigen durch grosse Kondensationsfähigkeit aus, die zwei
Hydroxyle in MetaStellung enthielten. So führte die
Anwendung des Resorcins mit grosser Leichtigkeit, auch ohneKondensationsmittelzum Fluoreszeïn, dessen auffallend schöne Fluoreszenz in alkalischer Lösung die Aufmerksamkeit der Chemiker auf sich zog. Das Fluoreszeïn als solches konnte jedoch zunächst keine Bedeutung für die Färberei erlangen, da die damit er¬
haltenen gelben Färbungen von zu geringer Echtheit
waren. Erst als Ca r o einige Jahre später durch Halo- genierung des Fluoresze'ins wertvolle rote Farbstoffe erhielt, bildete es ein geschätztes Ausgangsmaterial für die Darstellung der Eosine, Erythrosine, Phloxine
u. s. w., welche Farbstoffe sich in der Technik rasch Eingang verschafften. Nachdem in der Folgezeit zahl¬
reiche Arbeiten von berühmten Chemikern, wie
v. Baeyer, E. Fischer und A. W. Hofm a n n
sich mit der Phtaleïnreaktion beschäftigt hatten, trat ein kleiner Stillstand auf diesem Gebiete ein.
Als dann im Jahre 1887 Cérésole im Labo¬
ratorium der Badischen Anilin- und Sodafabrik die
wichtige Entdeckung machte, dass auch alkylierte meta-Amidophenole zur Phtaleïnkondensation geeignet sind, erlangte die Phtaleïngruppe neue Bedeutung für die Darstellung der Ehodamine und deren verwandten Farbstoffe. Die zahlreichen Patente, die in den fol¬
genden Jahren zur Darstellung dieser roten fluores¬
zierenden Farbstoffe genommen wurden, lassen im
Prinzip zwei verschiedene Verfahren erkennen:
1. Die Badische Anilin- und Sodafabrik ver¬
schmilzt alkylierte meta-Amidophenole bei An- oder Abwesenheit von Kondensationsmitteln mit Phtalsäure- anhydrid, wobei die Rhodaminbildung nach folgendem Schema sich vollzieht:
B,x R9
OH HO-
=N- -N<
/ßi
R,
C— 0
—N
R, R3
0 +2H,0
2. Die Höchster Farbwerke stellen aus Resorcin und Phtalsäureanhydrid Fluoresze'in dar, lassen dar¬
auf Phosphorpentachlorid einwirken und erhalten Fluoresze'inchlorid, welches beim Erhitzen mit pri¬
mären und sekundären Aminen unter Rhodaminbildung reagiert.
•0.
Cl-Y Y Y Y-Cl
+2 NB Ri R9
Bt
R, N-
CO +2HCl
Seitdem sich die Naphtalinchemie, besonders dank der Arbeiten der Farbstoffchemiker, zu einem ansehn¬
lichen Wissensgebiet emporgeschwungen hatte, war
es ein natürliches Bestreben der Forscher. Reaktionen, die in der Benzolreihe aufgefunden wurden, auch auf die Naphtalinreihe zu übertragen. Der Erfolg in Be¬
zug auf die Farbstoffe bestand innerhalb derselben Farbstoffklasse allgemein in einer mehr oder weniger starken Vertiefung der Nuance.
Um zu Fluoresze'inen und Rhodaminen der Naph¬
talinreihe zu gelangen, kann man einerseits die iso-
meren Anhydride derNaphtalindicarbonsäuren mit Re-
sorcin bezw. alkyliertem meta-Amidophenol, ander¬
seits das 1,3-Dioxynaphtalin (Naphtoresorcin) bezw.
das alkylierte 1, 3-Amidonaphtol mit Phtalsäure- anhydrid kondensieren. Im ersten Falle erhält man
entsprechend den drei isomeren ortho- bezw. peri¬
ständigen Naphtalindicarbonsäuren:
Fluoreszeïn der 1, 2-Naphtalindicarbonsäure
Rhodamin (Base) der 1, 2-Naphtalindicarbonsäure
Fluoreszeïn der 2,3-Naphtalindicarbonsäure
Rhodamin (Base) der 2,3-Naphtalindicarbonsäure
1,8-Naphtalindicarbonsäure 1, 8-Naphtalindicarbonsäure
Im zweiten Fall gelangt man zu folgenden Farb¬
stoffen:
HO
0 Ri\
OH >N ß2y
0
-N
Rx R,
0
CO
Naphtofluoreszeün
0
CO
Naphtorhodamin (Base) Es mögen im Folgenden diejenigen Arbeiten kurz Erwähnung finden, welche sich mit der Darstellung
von Fluoreszeinen der Naphtalinreihe befassen; An¬
gaben über Naphtalinrhodamine habe ich in der Lite¬
ratur nicht gefunden.
Terrisse1) veröffentlichte im Jahre 1885 eine ausführliche Arbeitüber Naphtalfluoreszeïn und Naph-
') Ann. 227, 133—143, B. B 28. 159 c.
taleosin, die ausserdem auch die Beschreibung einiger Derivate des Naphtalfluoreszei'ns in sich schliesst.
L. Francesco ni und G. Barge11ini2) stellten
aus Halogen- und Nitroderivaten des Naphtalsäure- anhydrides Fluoreszei'ne dar und untersuchten den Einfluss der Substituenten auf die Fluoreszenz.
C1e ve3) erwähnt anlässlich der Darstellung der 1,2-Naphtalindicarbonsäure, dass er beim Zusammen¬
schmelzen ihres Anhydrides mit Resorcin bei Gegen¬
wart von Chlorzink einen in alkalischer Lösung pracht¬
voll fluoreszierenden Körper erhielt. Dieses Fluores¬
zeïn ist jedoch nicht isoliert und auch nicht näher beschrieben worden.
Liebermann und Wölbung4) benutzten zur Darstellung von Oxyfluoreszeïnen verschiedene Di- carbonsäuren und erhieltenaus 1, 2-Naphtalindicarbon- säureanhydrid und Oxyhydrochinon das entsprechende Oxyfluoresze'in.
Ein Patent der Farbenfabriken vormals Friedrich Bayer & Co.6) in Elberfeld aus dem Jahre 1895 schützt ein Verfahren zur Darstellung von Naphtofluoreszei'n
aus 1,3-Dioxynaphtalin und Phtalsäureanhydrid.
Vorliegende Arbeit wurde in der Absicht unter¬
nommen, den Einfluss des Naphtalinkerns in verschie¬
denen Stellungen im Fluoreszeïn-, besonders aber im Rhodaminmolekül auf die Eigenschaften der resul¬
tierenden Farbstoffe zu untersuchen. Für die Fluores¬
zei'ne liegen diese Resultate zum Teil schon vor uns.
Dass der Naphtalinkern nicht in jeder Stellung den gleichen Einfluss auf die Nuance ausübt, zeigt uns ') Centrbl. 1902, II, 898. (Gaz. ehem. ital. 32, N, 7b—96).
*) B. B. 25, 2475.
*) B. B. 35, 1784.
•) D. R. P. 84990.
ein Vergleich des Naphtofluoresze'ins (D.R. P. 84990) mit dem von Terrisse dargestellten Naphtalsäure- fluoreszem. Ersteres stellt ein dunkelbraunes bis schwarzes Pulver dar, das sich in Alkohol mit rot¬
brauner, in Alkali mit dunkelroter Farbe und schwach dunkelgrünerFluoreszenz auflöst; es erzeugt auf Seide fleischrote Färbungen. Das Naphtalsäurefluoresze'in hingegen unterscheidet sich in seinen Eigenschaften
sehr wenig vom gewöhnlichen Fluoreszeïn.
v. Georgievics erwähnt in seinem Lehrbuch derFarbenchemie,6) wie Substituenten,inverschiedenen Stellungen im Fluoreszei'nmolekül verschiedene Effekte hervorrufen können. Das Tetrabromfluoreszeïn, dar¬
gestellt aus Tetrabromphtalsäure und Resorcin (I), weicht in seinen Eigenschaften wenig ab von seiner Muttersubstanz, dem Fluoreszeïn, während das Eosin (II) sich ziemlich stark von demselben unterscheidet.
Br 0 Br
HOr Y Y Y>H HO^/ ^f^011
Br
II.
Auch für die Rhodamine der Benzolreihe kann
man leicht nachweisen, dass Veränderungen, die man im Amidophenolrest vornimmt, grösseren Einfluss auf die Nuance haben als dieselben Veränderungen im
') p 108. (III. Auflage 1907.)
Phtalsäurerest. So erhält man nicht wesentlich ver¬
schiedene Nuancen, ob man das Anhydrid der Phtal-
säure oder der Bernsteinsäure mit Diaethyl-m-Amido- phenol kondensiert:
^ /0X /xX /yN=(C2H6)2 (C2H5)2Nf
1 i Gl
//\ //
C
COOH
Phtalsäurerhodamin
(C,HB),N^Y X'^X^I
Cl C'
CH2—CH2—COOH Bernsteinsäurerhodamin
Kondensiert manhingegen m-Oxydiphenylamin mit den genannten Anhydriden, so erhält man violette Farbstoffe (Violamine):
/\ /0\ xx /<NH-08H6 C0HB-HN-
Cl
COOH
Phtalsäureviolamin
CRH5_HN-A/0X^X^r_C6H5
Cl
VW
CH2—CH2—COOH Bernsteinsäureviolamin
Diese Beispiele weisen deutlich darauf hin, dass der Benzolkern, wenn er am Stickstoff als Substituent auftritt, die FarbevonRotnach Violett zuverschieben vermag, dass aber der Ersatz des Phtalsäurerestes durch den aliphatischenRest der Bernsteinsäurekeine wesentlichen Farbenänderungen hervorruft.
I. Die Naphtalindicarbonsâurert.
Von dendrei theoretisch möglichen orthoständigen Naphtalindicarbonsäuren, welche zufolge ihrer Eigen¬
schaft, Anhydride zu bilden, zur Darstellung von Fluoresze'inen und Rhodaminen geeignet sind, waren bis anhin deren zwei bekannt: Die 1,2- und 1, 8-Naph- talindicarbonsäure. Von diesen war die .letztere, die Naphtalsäure, durch Oxydation des Acenaphtens leicht zugänglich, während dieBeschaffung grössererMengen
der ersteren einige Schwierigkeiten bereitete. Ueber die 2, 3-Naphtalindicarbonsäure habe ich in der Lite¬
ratur keine Angaben gefunden.
Ueber die Darstellung der 1,2-Naphtalindicarbonsäure.
Cleve1) destillierte l-Chlor-2-Naphtalinsulfosaures Kalium mit entwässertem gelbem Blutlaugensalz und erhielt 1,2-Dicyannaphtalin, welches beim Verseifen 1,2-Naphtalindicarbonsäure lieferte. Abgesehen davon, dass seine Destillationsmethode eine ungeeignete war und er daher in Bezug auf Qualität wie Quantität
des erhaltenen Produktes nicht sehr gute Resultate erzielte, war vorallem die Wahl desAusgangsmaterials keine günstige. Ich ging bei meinen Versuchen von
') B. B. 24, 3474.
naphthionsaurem Natrium aus, lagerte es nach dem
D. R. P. 728332)in l-Amido-2-NaphtalmsulfosauresNa¬
trium um und stellte mit Hülfe der Sandmeyer'schen Reaktion die entsprechenden Halogennaphtalinsulfo-
säuren dar, deren Kaliumsalze der Destillation mit entwässertem Ferrocyankalium unterworfen wurden.
NH, NH2 Halogen CK
SO,Na |S03K
SOsNa
Die Destillation von je 15 gr des Kaliumsalzes der betreffenden l-Halogen-2-Naphtalinsulfosäure, ver¬
mischt mit je 40 gr entwässertem Ferrocyankalium, ergab folgende Resultate:
SO.K
SO,K
iS03K
TheoretischeAus¬
beute an Nitril in gr
9,5
8,2
Wirkliche Aus¬
beute anNitril in gr
3,1
4,3
Ausbeute in °/
Theorie
32,6
der
7,2 4,5
51,7
62,5
Diese Zusammenstellung zeigt, dass die Chlor- naphtalinsulfosäure die kleinste Ausbeute an Nitril
3) Frdl. III. 427.
ergibt. Das entsprechende Bromderivat reagiert schon
ganz bedeutend besser und das Jodderivat weist fast die doppelte Prozentzahl auf wie das Chlorderivat.
Anders verhält es sich mit dem Ersatz der Amido- gruppe durch Halogen nach der Sandmeyer'schen Re¬
aktion, wie folgende Zusammenstellung zeigt.
Das Ausgangsmaterial für alle drei Versuche be¬
trug 40 gr l-Amido-2-Naphtalinsulfosaures Natrium.
Theorie (gr) Versuch (gr) *£%££
45,6 35,5 77,8
52,8 38,0 72,0
60,7 41,0 67,5
Die Ausbeute an halogennaphtalinsulfosaurem Ka¬
lium ist hier beim Chlorderivat am grössten, sie ist kleiner beim Brom- und am kleinsten beim Jodderivat.
Die mir von der Badischen Anilin- und Sodafabrik gütigst in reichlichen Mengen zur Verfügung ge¬
stellte 2-Amido-l-Naphtalinsulfosäure wurde auch zu dieser Untersuchung herangezogen. Sie lieferte in guter Ausbeute (80,4»/o der Theorie) 2-Brom-l-Naph- talinsulfosaures Kalium, welches zur Darstellung des 1,2-Dicyannaphtalins verwendet wurde (Ausbeute
59,2% der Theorie). Für die Beschaffung grösserer Mengen des 1, 2-Dicyannaphtalins fand nun hauptsäch¬
lich die 2-Brom-l-Naphtalinsulfosäure Verwendung, die ein Produkt ergab, welches völlig identisch war mit dem Nitrit, das aus der l-Halogen-2-Naphtalinsulfo-
säure erhalten wurde. Beide Produkte lieferten bei der Verseifung die nämliche Naphtalindicarbonsäure
vom F. P. 175°.
Ueber die Darstellung der 2, 3-Naphtalindicarbonsäure.
Die 2,3-Naphtalinderivate gehören wohl zu den
am schwersten zugänglichen in der Naphtalinreihe, weshalb mir von Anfang an eine kleine Auswahl an
Ausgangsmaterialien, deren Zugehörigkeit zu der 2,3- Stellung sicher festgestellt ist, zur Verfügung stand.
Am geeignetsten schien mir die technisch leicht zu¬
gängliche 2,3-Oxynaphtoesäure, deren Konstitution
von R. Möh 1au3) erforscht wurde. Mit konzen¬
triertem Ammoniak erhält man bei ca. 260—280" 2, 3- Amidonaphtoesäure,*) die ich dann mit Hülfe der Sand- meyer'schen Reaktion mit befriedigender Ausbeute in die Cyannaphtoesäure überführte. Diese gibt bei der Verseifung 2,3-Naphtalindicarbonsäure, die leicht in
ihr Anhydrid übergeht.
DieseneueNaphtalindicarbonsäure gleichtinihren Eigenschaften dem 1,2- und 1, 8-Derivat; sie besitzt
*) B.B. 28, 3100.
*) R. Möhlau, B.B. 28, 3096.
den Schmelzpunkt 241". Die bei der Darstellung als Zwischenprodukt auftretende 2-Cyan-3-Naphtoesäure konnte ich ihrer leichten Verseifbarkeit wegen nicht in reinem Zustande isolieren.
II. Allgemeines über die Kondensations-
fähigkeif der Naphfalindicarbonsäuren.
Terrisse0) stellte das Naphtalsäurefluoreszem durch Erhitzen von einem Teil Naphtalsäureanhydrid
mit drei Teilen Resorcin dar und liess die Konden¬
sationstemperatur bei Verwendung von Chlorzink auf 215°, ohne Chlorzink auf 260—270° steigen; im ersteren Falle erhitzte er 1—l1^, im letzteren 3 Stun¬
den. Einige Versuche zeigten, dass das Naphtalsäure¬
anhydrid sich in der Tat viel schwieriger konden¬
sieren lässt als Phtalsäureanhydrid; bei 200 ' kann
man ohne Kondensationsmittel überhaupt keine Naph- talfluoreszeïnbildung beobachten, auch mit Chlorzink tritt die Kondensation bei dieser Temperatur nur zum
Teil ein.
Dasselbe bestätigt sich auch bei der Einwirkung
von Dimethyl- bezw. Diaethyl-m-Amidophenol auf Naphtalsäureanhydrid. Hier sind die Bedingungen für die Kondensation noch mehr dadurch beschränkt, dass das Dimethyl- bezw. Diaethyl-m-Amidophenol beim anhaltenden Erhitzen auf Temperaturen über 180° Zer¬
setzung erleidet und dies besonders bei der Ver¬
wendung von Chlorzink. Durch Erhitzen von Dimethyl- m-Amidophenol mit Chlorzink für sich allein entsteht ein roter Farbstoff, der sehr wahrscheinlich der Tri-
"} Ann. 227, 133—143.
phenylmethanreihe angehört. Uebrigens wird auch das
schon gebildete Rhodamin zersetzt, wenn man die Schmelze zu lange und zu hoch erhitzt und es ent¬
stehen dann gelbstichigere Farbstoffe. Auf diese Er¬
scheinung gründet sich das Verfahren des D. R.P.
63325 (B.A. S.F.), welches durch Erhitzen tetraalky- lierter Rhodamine auf 230—235° die Darstellung gelb¬
stichiger Farbstoffe ermöglicht. Den Angaben dieses Patentes zufolgefindet dabeieineEntalkylierung state.
Erhitzt man Naphtalsäureanhydrid mit Dimethyl- m-Amidophenol, sofindet eineRotfärbung derSchmelze durch Rhodaminbildung erst bei Temperaturen weit über 200° statt; bei Verwendung von ühlorzink als Kondensationsmittel tritt schon bei ca. 160° geringe Rhodaminbildung ein und bei 170—180° ist sie schon etwas reichlicher. Durch kurzes, ca. 1—l'jstündiges Erhitzen mit Chlorzink auf 190—200° erhielt ich die besten Resultate sowohl in Bezug auf Reinheit als auch Ausbeute; dennoch war letztere sehr gering, sie stieg bei verschiedenen Versuchen nie über 8'n der Theorie. Der Grund für die geringe Konden¬
sationsfähigkeit des Naphtalsäureanhydrids liegt wohl nicht zum kleinsten Teil am hohen Schmelzpunkt (275"), sowie an der geringen Löslichkeit desselben in geschmolzenem Dimethyl-m-Amidophenol. Ich ver¬
suchte daher, auch Lösungsmittel, wie Naphtalin und dergleichen der Schmelze zuzusetzen, jedoch ohne Er¬
folg, indem sich dann das zugesetzte Chlorzink nicht auflöste und nur an der Oberfläche der einzelnen Körnchen zur Wirkung kam. Ausser Chlorzink wurden auch andere Kondensationsmittel anzuwenden versucht wie Schwefelsäure, Aluminiumchlorid, Phosphorpent- oxyd. Sie alle erfüllten aber ihren Zweck bei weitem nicht so gut wie Chlorzink. Aluminiumchlorid, das
ausser Chlorzink noch die besten Resultate ver¬
sprach,6) wirkte zu stark verkohlend.
Weit bessere Resultate wie bei der Naphtalsäure erzielte ich bei der Kondensation von 1, 2- und 2,3- Naphtalindicarbonsäureanhydrid mit Resorcin und al- kylierten m-Amidophenolen. Diese beiden Säurean¬
hydride eignen sich schon ihrer niedrigeren Schmelz¬
punkte wegen besser zur Kondensation als Naphtal- säureanhydrid:
1,2-Naphtalindicarbonsäureanhydrid P. P. 165°
2,3 „ „ F.P. 241°.
Die Fluoresze'inbildung erfolgt besonders leicht bei der 2,3-Naphtalincarbonsäure, welche ohne Kon¬
densationsmittel ca. 60°,« der theoretischen Ausbeute
an gereinigtem Fluoresze'in liefert. Das Anhydrid der 1,2-Naphtalindicarbonsäure eignetsich wieder weniger gut zur Fluoreszemkondensation, so dass man hier bei
einer Temperatur von 200° ohne Chlorzink nicht aus¬
kommen kann. Etwas anders verhält es sich mit der Rhodaminbildung, bei welcher die 1, 2-Naphtalindicar¬
bonsäure etwas bessere Resultate liefert als das 2,3- Derivat. Beide Säureanhydride kondensieren sich bei der gewohnten Kondensationstemperatur von 170—
180° mit Dimethyl-m-Amidophenol auch ohne Kon<- densationsmittel ziemlich leicht zum Rhodamin. Einige Versuche haben jedoch ergeben, dass man zweck¬
mässig am Schlüsse der Schmelzoperation doch noch etwas Chlorzink zusetzt, wodurch die Ausbeute an Farbstoff noch wesentlich vermehrt, die Qualität während der kurzen Einwirkungsdauer des Chlorzinks (V-i bis V2 Stunde) nicht merklich geringer wird.
*) Lassar-Cohn, Arbeitsmethoden p.643,4. Aufl., 1907.
Von den beiden alkylierten m-Amidophenolen, dem Dimethyl- und Diaethyl-m-Amidophenol, die bei der Rhodamindarstellung zur Verwendung kamen und nicht wesentlich verschiedene Farbstoffnuancen erzeugten, scheint das Dimethylderivat schneller und vollstän¬
diger zu reagieren. Ersteres ist letzterem schon des¬
halb vorzuziehen, weil es viel leichter kristallisierende Produkte liefert. Technisch ist wohl bloss deshalb dem Diaethyl-m-Amidophenol der Vorzug eingeräumt worden, weil die entstehenden Rhodamine den für die Färbereitechnik wichtigen Vorteil der besseren Lös¬
lichkeit in Wasser besitzen.
III. Fluoreszeüne und Rhodamine der
Naphtalindicarbonsäuren.
a) Fluoreszeüne. Die Fluoreszei'ne der 1,2- und 2,3-Naphtalindicarbonsäure gleichen, ebenso wie das von Terrisse dargestellte Naphtalsäurefluores- zei'n, dem Baeyer'schen Fluoresze'in. Es sind sehr hoch schmelzende, gut kristallisierende, wasserhaltige Kör¬
per, die das Kristallwasser sehr energisch zurück¬
halten. Ihre alkalischen Lösungen sind kirschrot und zeigen eine grüne Fluoreszenz, die an Schönheit die¬
jenige des gewöhnlichen Fluoreszeïns übertrifft. Die Ausfärbungen auf Seide unterscheiden sich nur un¬
wesentlich von denjenigen des entsprechenden Phtal- säurederivates.
b) Rhodamine. Die Chlorhydrate der darge¬
stellten Tetramethylrhodamine der 1, 2-, 2,3- und 1, 8- Naphtalindicarbonsäure sind sehr schön kristalli- rende kristallwasserhaltige Substanzen, die in kaltem
Wasser schwer, leichter in heissem Wasser und leicht in verdünntem und absolutem Alkohol mit sehr schöner Fluoreszenz löslich sind. Die Sulfate, Nitrate und Jodhydrate sind in kaltem und heissem Wasser sehr schwer, wenig löslich in Alkohol.
Die Chlorhydrate lösen sich in Wasser, auch beim Kochen, nicht vollständig klar auf und es gelingtdann, mit Benzol oder Aether einen Teil der Farbbase aus¬
zuschütteln. Will man vollständig klare Lösungen der Chlorhydrate haben, so setzt man etwas Salzsäure hinzu. Die Hydrolyse macht sich beim entsprechenden Phtalsäurederivat in geringerem Masse bemerkbar;
man kann hier nur verhältnismässig kleine Mengen Base mit Benzol extrahieren. Diese Tatsachen deuten darauf hin, dass der Ersatz des Phtalsäurerestes durch den Naphtalindicarbonsäurerest eine Abnahme der basischen Eigenschaften der Rhodamine zur Folge hat.
Durch Versetzen der heissen verdünnt-alkoholi- schen Lösungen der Chlorhydrate des 1,2- und 1,8- Naphtalindicarbonsäurerhodamins mit wenig Ammoniak
fallen beim Abkühlen die wasserfreien Basen in rosa¬
rot gefärbten Kristallen aus. Versetzt man hingegen die Lösung des 2,3-Derivates mit Ammoniak, so färbt sie sich dunkelrot und erst beim längeren Stehen kristallisiert die wasserhaltige Base in kurzen, glän¬
zenden, dunkelroten Prismen aus. Beim 1,2- und 1,8- Derivat gelang es mir nicht, die wasserhaltigen Basen darzustellen.
c) Sulfurierte Rhodamine. Als besondere Eigenschaft dieser Naphtalindicarbonsäurerhodamine
ist hervorzuheben, dass sie sich sehr leicht sulfurieron lassen. Ohne Zweifel findet die Substitution im Naph- talinkern statt; denn merkwürdigerweise gelingt die Sulfurierung bei dem Tetramethylphtalsäurerhodamin
nicht, sie kann nur bei den aliphatisch di- und tri- alkylierten Phtalsäurerhodaminen mit Erfolg durch¬
geführt werden. Durch die Sulfurierung der Tetra- methylrhodamine der Naphtalindicarbonsäuren erhält
man leichter lösliche Farbstoffe, die in Form ihrer Natriumsalze für das Färben von Wolle und Seide in schwefelsaurem Bade Verwendung finden können.
d) Rhodaminester (Anisoline). Für die Darstellung der Rhodaminester (Anisoline), die zu¬
erst von der Firma Monnet in La Plaine in den Handel gebracht wurden, sind hauptsächlich zwei Ver¬
fahren gebräuchlich:
1. Man erhitzt die Rhodaminbase mit Halogen- alkylen bei An- oder Abwesenheit von Lösungsmitteln, eventuell unter Druck auf eine Temperatur von über 100°.')
2. Man erhitzt die Lösung des zu esterifizieren- den Farbstoffs in Alkohol mit Mineralsäuren.s)
Die Anwendung beider Verfahren auf die Rhodamine der Naphtalindicarbonsäure ergab gute Resultate. Die erhaltenen Ester unterscheiden sich
von ihrer Muttersubstanz durch grössere Löslichkeit in Wasser, vermehrte basische Eigenschaften, blau- stichigere Nuance undgrössereAffinität zurtierischen
und pflanzlichen Faser.
') D. R. P. 66238, 73880, 75 529 (B.A.S.F).
') D. R. P. 71490, 73451, 73573, 75528; D. R. P. An¬
meld.B. 17161, (B.A.S.F.).