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Untersuchungen an Kälbern mit enzootischer Bronchopneumonie

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(1)

Untersuchungen an Kälbern

mit enzootischer Bronchopneumonie:

klinische, labordiagnostische und impulsoszilloresistometrische Ergebnisse

I N A U G U R A L - D I S S E R T A T I O N zur Erlangung des Grades eines

D O C T O R M E D I C I N A E V E T E R I N A R I A E durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Corinna van Bömmel

aus Sande

Hannover 2000

(2)

1. Gutachter: Prof. Dr. H. Scholz 2. Gutachter: Prof. Dr. Szentkuti

Tag der mündlichen Prüfung: 29.11.2000

(3)

Giuliano, Rachele und Paola

(4)

1. EINLEITUNG

1

2. SCHRIFTTUM

3

2.1. Enzootische Bronchopneumonie der Kälber 3

2.1.1. Pathogenese 2.1.1.1. Anatomische und physiologische Besonderheiten der Lunge des R indes 4

2.1.1.2. Das respiroprotektive System 5

2.1.1.2.1. Die mucociliäre Clearance 5 2.1.1.2.2. Die alveoläre Clearance 6

2.1.1.2.3. Interaktionen zwischen unbelebten bzw. belebten Krankheitsursachen 7 und respiroprotektivem System 2.1.2. Ätiologie 8

2.1.2.1. Bovines respiratorisches Syncytialvirus (BRSV) 12

2.1.2.2. Infektiöse bovine Rhinotracheitis 13

2.1.3. Pathomorphologische Veränderungen bei Kälbern mit Enzootischer 14

Bronchopneumonie 2.1.4. Klinischer Verlauf 15

2.1.5. Blutgasanalysen bei Kälbern mit Bronchopneumonie 17

2.1.5.1. Respiratorische Partial- und Globalinsuffizienz 17

2.1.5.2. Die alveolo-arterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz: Parameter 18

zur Einschätzung des Schweregrads einer Ventilationsstörung 2.1.6. Therapie 20

2.1.6.1. Antibiose 21

2.1.6.2. Unterstützende therapeutische Maßnahmen 23

2.1.7. Prophylaxe 23

2.2. Atemmechanik 27

2.2.1. Elastische Atmungswiderstände 27

(5)

2.2.2. Viscöse Atmungswiderstände 28 2.3. Methoden zur Quantifizierung von Ventilationsgrößen und

Atmungswiderständen 30

2.3.1. Spirometrie 30

2.3.2. Pneumotachographie 31

2.3.3. Bodyplethysmographie 31

2.3.4. Oesophagusdruck-Messung 32

2.3.5. Unterbrecher- oder Verschlußdruck-Methode 33 2.3.6. Die forcierte Oszilloresistometrie 33 2.3.6.1. Monofrequente Oszilloresistometrie (MFO) 35

2.3.6.2. Multifrequente Oszilloresistometrie 35

2.3.6.2.1. Funktionsprinzip der Impulsoszillometrie (IOS) 36 2.3.6.2.2. Adaptation der IOS an verschiedene Tierarten 37 2.3.6.2.3. Äußere Einflüsse auf die Meßergebnisse 38

3. MATERIAL UND METHODEN

40

3.1. Experimenteller Versuchsaufbau 40 3.1.1. Überblick über die Durchführung der Wirksamkeitsstudie 40

3.1.2. Versuchstiere 41

3.1.2.1. Aufstallung und Fütterung 42

3.1.2.2. Wiegen 44

3.1.3. Blindung der Studie 44

3.1.3.1. Vorbereitung und Verabreichung der Medikamente 45

3.1.4. Klinische Untersuchung 45

3.1.4.1. Befundbogen I: Allgemeine Untersuchung 46

3.1.4.2. Befundbogen II: Organsysteme 46

3.1.4.3. Befundbogen III: Spezielle Untersuchung des Respirationstrakts 46 3.1.5. Kriterien zur Beurteilung des Gesundheitsstatus der Tiere 46 3.1.6. Ausschluß von Tieren aus der Studie 51

(6)

3.1.7. Parenterale Behandlung 51

3.1.8. Weiterführende Untersuchungen 51

3.2. Blutgasanlyse 52

3.2.1. Zeitpunkt der Entnahme 52

3.2.2. Technik der Entnahme 52

3.2.3. Analyse 53

3.3 Untersuchung der Lungenfunktion mit Hilfe der Impulsos- 54 zilloresistometrie (IOS)

3.3.1. Zeitpunkt der Untersuchungen 54

3.3.2. Durchführung der Untersuchungen 54

3.3.3. Auswertung der Untersuchungen 56

3.3.3.1. Prüfung der Validität der Messungen 56 3.3.3.2. Vorversuche zur Auswahl des Auswertungsintervalls 57

3.3.4. Statistik 60

3.3.5. Spezielle Auswertung der Versuchsergebnisse 60 3.3.5.1. Körpergewicht und Lebensalter als Einflußfaktoren auf die 60

Ventilationsgrößen und IOS-Parameter

3.3.5.2. Intraindividuelle Varianz der Ventilationsgrößen und 61 IOS-Parameter bei klinisch lungengesunden Kälbern

3.3.5.3. Ventilationsgrößen und IOS-Parameter bei klinisch gesunden 61 und lungenkranken Kälbern

3.3.5.4. Vergleich der Ventilationsgrößen und IOS-Parameter von nicht bzw. 62 nur oral behandelten Kälbern mit parenteral behandelten Kälbern

3.3.5.5. Veränderungen der Ventilationsgrößen und IOS-Parameter im 63 Verlauf einer bronchopneumonischen Erkrankung

3.3.5.6. Berechnung von Korrelationen 63

4. ERGEBNISSE

64 4.1. Körpergewicht und Lebensalter als Einflußfaktoren auf Ventilations- 64

größen und IOS-Parameter

(7)

4.2. Intraindividuelle Varianz der Ventilationsgrößen und IOS-Parameter bei 64 klinisch lungengesunden Kälbern

4.3. Ventilationsgrößen und IOS-Parameter bei klinisch lungengesunden 68

und lungenkranken Kälbern 4.3.1. Ventilationsgrößen 68

4.3.2. IOS-Parameter 71

4.4. Blutgasparameter 74

4.5. Ventilationsgrößen, IOS-Parameter und Blutgasparameter bei klinisch 75

lungengesunden und lungenkranken Kälbern. Einteilung gemäß Score- Punkten auf Befunderhebungsbogen „Respirationstrakt“ 4.5.1. Ventilationsgrößen 75

4.5.2. IOS-Parameter 76

4.5.3. Blutgasparameter 76

4.6. Vergleich der Ventilationsgrößen und IOS-Parameter von nicht bzw. 88

nur oral behandelten Kälbern mit parenteral behandelten Kälbern 4.6.1. Ventilationsgrößen 88

4.6.2. IOS-Parameter 88

4.7. Veränderungen der Ventilationsgrößen und IOS-Parameter im 96

Verlauf einer bronchopneumonischen Erkrankung 4.8. Berechnung von Korrelationen 99

5. DISKUSSION

103

5.1. Diskussion der Methodik 103

5.1.1. Versuchsdurchführung 103

5.1.2. Ablauf der weiterführenden Untersuchungen 104

5.1.3. Klinische Befundung 5.1.4. 104 Durchführung der IOS-Messungen 105

5.1.4.1. Intraindividuelle Varianz 106

(8)

5.1.4.2. Einfluß von Körpergewicht, Tageszeit und Kopfhaltung 106

5.1.4.3. Einfluß der Atemmaske 107

5.1.5. Blutgasanalyse 108

5.2. Diskussion der Ergebnisse 109

5.2.1. Ventilationsgrößen, IOS-Parameter und Blutgasparameter bei

klinische lungengesunden Kälbern 109

5.2.1.1. Ventilationsgrößen 109

5.2.1.1.1. Atemfrequenz 109

5.2.1.1.2. Atemzugvolumen 111

5.2.1.1.3. Atemminutenvolumen 111

5.2.1.2. Blutgase 112

5.2.1.3. Änderungen der IOS-Parameter bei lungengesunden und

lungenkranken Tieren 113

5.2.1.3.1. R esistance 113

5.2.1.3.2. R eactance 115

5.2.2. Blutgasanalytik und IOS 116

5.2.3. Vergleich der Ventilationsgrößen und IOS-Parameter von nicht bzw. nur oral behandelten Kälbern mit parenteral

behandelten Kälbern 120

5.3. Beurteilung des Verlaufs einer pneumonischen Erkrankung

mit Hilfe der IOS 120

6. Zusammenfassung

123

7. Summary

125

8. Literaturverzeichnis

127

(9)

Aa-DO2 : alveolo-arterielle Sauerstoffdifferenz

Abb. : Abbildung

BRSV : Bovines respiratorisches Syncytialvirus

BVD : Bovine Virus Diarrhoe

d : day (Tag)

DSB : Deutsche Schwarzbunte

Fa. : Firma

h : Stunde

IBR : Infektiöse bovine Rhinotracheitis

i. m. : intramuskulär

IOS : Impulsoszilloresistometrie

l : Liter

i. v. : intravenös

KG : Körpergewicht

kg : kilogramm

mg : milligramm

Sat.-O2. : Sauerstoffsättigung pO2 : Sauerstoffpartialdruck pCO2 : Kohlendioxidpartialdruck

ppm : parts per million

Rz : zentrale Resistance

Rp : periphere Resistance

R5 R20 : Resistance bei 5...20 Hertz

s. c. : subkutan

SEM : Standardfehler0

SD : Standardabweichung

X5...X20 : Reactance bei 5...20 Hertz

(10)

1. EINLEITUNG

Enzootische Bronchopneumonien gehören zu den wichtigsten Ursachen für wirtschaftliche Verluste in der Kälberaufzucht und in der Kälbermast. Es handelt sich um eine Faktorenerkrankung, die durch das Zusammenwirken von nicht-infektiösen Ursachen (z. B. ungünstiges Stallklima, Streß, Fütterungsfehler), viralen Erregern (z. B.

Parainfluenza-3-Viren, Reo-, Adenoviren) und Bakterien (z. B. Pasteurellen, Mykoplasmen, Chlamydien) hervorgerufen wird. Das Krankheitsbild ist zunächst charakterisiert durch die Ansiedlung der viralen Erreger im oberen Respirationstrakt, aus der sich eine interstitielle Pneumonie entwickeln kann. Nach einer bakteriellen Sekundärinfektion treten darüber hinaus häufig katarrhalisch-eitrige oder fibrinöse Bronchopneumonien auf. Die therapeutischen Bemühungen (Beseitigung resistenzmindernder Faktoren, antibakterielle Chemotherapie, Bronchosekretolytika, u.

U. Paramunitätsinducer) basieren überwiegend auf empirischen Erfahrungen und führen sehr häufig nur zu unbefriedigenden Ergebnissen.

Die klinische Diagnostik basiert auf der klinischen Untersuchung des erkrankten Tieres;

zusätzliche Informationen ergeben sich aus der Analyse der Blutgase im arteriellen Blut sowie dem Erregernachweis vorzugsweise aus Tracheobronchialsekret. Prognostische Aussagen auf der Basis dieser Befunde bleiben trotzdem relativ vage.

Es ergibt sich die Frage, ob eine Beurteilung von Atmungswiderständen Diagnostik und Therapiekontrolle bei respiratorischen Erkrankungen sinnvoll ergänzen kann. Die multifrequente Impulsoszilloresistometrie (IOS) repräsentiert eine neu entwickelte Anwendungsform der forcierten Oszilloresistometrie. Es handelt sich um eine nicht- invasive und von der Mitarbeit des Patienten unabhängige Untersuchungsmethode; sie eignet sich demzufolge gut für den Einsatz in der Veterinärmedizin. Eine Validierung der IOS für das Kalb erfolgte vor allem durch REINHOLD (z. B. REINHOLD et al., 1998a, b).

(11)

Es war Ziel der vorliegenden Arbeit zu klären, ob etablierte Untersuchungsverfahren bei Kälbern mit enzootischer Bronchopneumonie durch die IOS sinnvoll ergänzt werden können. Die Untersuchungen erfolgten dazu an Kälbern, die im Rahmen einer klinischen Wirksamkeitsstudie zunächst gesund in der Klinik für Rinderkrankheiten aufgestallt wurden und während der folgenden Tage zu einem hohen Prozentsatz – wie in der Praxis üblich – mit einer respiratorischen Symptomatik erkrankten. Dieser Ansatz ermöglichte es, die Befunde der Tiere während des gesamten Krankheitsgeschehens zu erfassen.

Im einzelnen wurden folgende Fragen im Rahmen dieser Arbeit untersucht:

1. Läßt sich die klinische Befunderhebung bei Kälbern mit enzootischer Broncho- pneumonie durch Anwendung der Impulsoszilloresistometrie sinnvoll erweitern ? 2. Wie ändern sich die verschiedenen IOS-Parameter im Verlauf einer für Kälber

typischen Atemwegserkrankung ?

3. Sind Korrelationen zwischen dem klinischen Bild, Ergebnissen der arteriellen Blutgasanalysen, Ventilationsgrößen und IOS-Parametern bei Kälbern nachweisbar ?

(12)

2. SCHRIFTTUM

2.1. Enzootische Bronchopneumonie der Kälber

Die enzootische Bronchopneumonie ist die wirtschaftlich bedeutendste Atemwegserkrankung von Rindern. Sie tritt gehäuft bei Kälbern im Alter zwischen zwei Wochen und sechs Monaten auf, wobei Kälber in der fünften und sechsten Lebenswoche am häufigsten betroffen sind (AMES, 1997; BOWLAND u. SHEWEN, 2000). Grundsätzlich wird unterschieden zwischen (a) enzootischen Pneumonien, die sich als akute Atemwegsinfektionen äußern, (b) systemischen Pasteurellosen mit perakut- septikämischem Verlauf sowie (c) atypischen, chronischen Pneumonien (STAMP et al., 1955; GILMOUR, 1978; JONES u. GILMOUR, 1983).

Die enzootische Bronchopneumonie der Kälber gilt als Faktorenerkrankung. Ursachen des gehäuften Auftretens von Pneumonien sind:

Faktoren, die sich aus dem Stallbau ergeben (z.B. ungünstiges Stallklima bzw.

Luftführung),

Fehler im Management (z. B. unsachgemäße Fütterung, Transportstreß, mangelhafte Stallhygiene und das Zusammenbringen von Tieren aus verschiedenen Beständen auf engem Raum („Crowding”), die zu einer Immunsuppression führen (TAOUDI et al., 1983; JOHNSON, 1985; KANDLER, 1989),

ein hoher Infektionsdruck sowie

ein ungenügender spezifischer Immunschutz der Tiere infolge einer nicht ausreichenden und/oder nicht adäquaten Versorgung der Kälber mit Kolostralmilch (WITTUM et al., 1995; PERINO et al., 1996).

(13)

2.1.1. Pathogenese

Die Pathogenese der enzootischen Bronchopneumonie ergibt sich – ausgehend von den Besonderheiten der Lungenfunktion beim Rind - aus der Interaktion zwischen unbelebten bzw. belebten Krankheitsursachen und dem respiroprotektiven System.

2.1.1.1. Anatomische und physiologische Besonderheiten der Lunge des Rindes

Im Unterschied zur Lunge der Fleischfresser und Pferde ist bei der Lunge des Rindes eine ausgeprägte Läppchenzeichnung auffällig (NICKEL et al., 1987), die auf den hohen Anteil des interstitiellen Bindegewebes zurückzuführen ist. Es ergeben sich aufgrund dieser bindegewebigen Septen einzelne Segmente, die Lobuli pulmonis. Jedes dieser Lungensegmente repräsentiert eine makroskopisch-anatomisch abgrenzbare Einheit des Lungenparenchyms und wird durch einen Bronchus belüftet, dem die zugehörigen Blutgefäße anliegen. Vorteilhaft ist diese ausgeprägte Segmentierung der Lunge insofern, als infektiöse Prozesse räumlich gut voneinander abgegrenzt bleiben.

Nachteilig ist demgegenüber, daß die Obstruktion eines Bronchus dazu führt, daß das betreffende Segment vermindert oder – im Extremfall – nicht mehr belüftet wird. Die beim Rind häufig vorkommenden Atelektasen lassen sich dadurch ebenso erklären wie die fehlende Kollateralventilation (REINHOLD, 1997c).

Zusätzlich ist die Lamina muscularis der Lungengefäße bei Rindern (und Schweinen) deutlich stärker entwickelt als bei Pferden, Fleischfressern und Schafen. Die bei einer alveolären Hypoxie ausgelöste Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Reflex) ist somit bei Rindern ausgeprägter als bei anderen Haustierspezies (ROBINSON, 1997). Dies ist vorteilhaft für das Tier, solange nur relativ geringe Anteile der Lunge von der Hypoxie betroffen sind; handelt es sich demgegenüber um eine generalisierte Hypoxie (z. B.

(14)

Atmung in Höhenlagen), so endet die hypoxische Vasokonstriktion in einer pulmonalen Hypertonie, vermehrter Arbeit des rechten Herzens, einem Cor pulmonale und schließlich in Ödemen vor allem im Bereich von Triel und Kehlgang aufgrund des Rückwärtsversagens des rechten Herzens („Brisket disease”; BLAKE, 1968; NAEIJE, 1997).

Von VEIT und FAR R ELL (1978) wird die im Vergleich zu anderen Haustieren geringe Kapillardichte und die geringe am Gasaustausch beteiligte alveoläre Oberfläche der Rinderlunge hervorgehoben. Entsprechend ist die Ventilationsrate in Ruhe beim Rind etwa dreifach höher als beim Pferd, so daß mit der inspirierten Luft mehr Infektionserreger

und Staubpartikel pro Zeiteinheit aufgenommen werden.

Schließlich ist die Compliance des Thorax beim Kalb geringer als bei anderen vergleichbar großen Jungtieren (SLOCOMBE et al., 1982); die Autoren erklären damit eine geringe Residualkapazität und das häufige Auftreten von Atelektasen bei Kälbern.

2.1.1.2. Das respiroprotektive System

Das respiroprotektive System ergibt sich einerseits aus Mechanismen, die insbesondere im Bereich der oberen Atemwege Bedeutung haben und andererseits aus Mechanismen, die vor allem im alveolären Bereich eine Rolle spielen.

2.1.1.2.1. Die mucociliäre Clearance

Die Tracheobronchalschleimhaut wird durch eine zweireihige Schicht hochprismatischer kinocilientragender Zellen gebildet („Flimmerepithel”). Zwischen diesen Epithelzellen liegen mucussezernierende Gobletzellen, deren Dichte von der Luftröhre zu den Bronchien abnimmt, sowie andere apocrine Drüsenzellen. Der Schleim wird durch die

(15)

Cilienschläge in Richtung Kehlkopf transportiert (mit einer Geschwindigkeit von ca. 15 mm/min) und schließlich abgeschluckt oder abgehustet. Mit dem Schleim werden Staubpartikel und in der Luft suspendierte Mikroorganismen abtransportiert („mucociliäre Clearance“). Unter physiologischen Bedingungen gelangen Partikel mit mehr als 10 µm Durchmesser bereits vor der Bifurkation, Partikel mit 3-10 µm Größe hingegen aufgrund der verzögerten Sedimentation erst in den Stamm- und Segmentalbronchen in den Tracheobronchalschleim. Lediglich Partikel, die kleiner als 3 µm sind, verbleiben zumindest teilweise in den respiratorischen Bronchuli und den Alveolen.

2.1.1.2.2. Die alveoläre Clearance

Die alveoläre Clearance ergibt sich aus der Phagozytoseaktivität von Alveolarmakrophagen. Diese entwickeln sich aus Monocyten, die aus einer Blutkapillare durch das Alveo-larepithel in die Alveole migrieren. Teilweise erfolgt auch eine Aufnahme von gelösten Partikeln durch das Alveolarepithel in das Blut bzw. in den interstitiellen Raum, aus welchem Partikel über terminale Lymphgänge in das Lymphsystem gelangen können. Unlösliche Partikel, die nicht phagozytiert werden, können eine lokale Reaktion hervorrufen, die zu einer bindegewebigen Sequestration innerhalb der Lunge führt (wie z.B. bei Asbestose).

Zu den spezifischen Abwehrmechanismen der Lunge gehört ferner das dimerische Immunglobulin A, welches aus den Plasmazellen stammt, die der Schleimhaut angelagert sind. Bei Virusinfektionen spielt Interferon eine wichtige Rolle, welches im Schleimhaut-immunsystem des Respirationstrakts gebildet wird (KIMMAN et al., 1993).

Beim Immunsystem des Respirationstrakts des Rindes sollen darüber hinaus δ-κ-T- Lymphozyten eine Rolle spielen, die sich in den Schleimhautzellen befinden. Diese cytotoxischen Zellen treten auch im peripheren Blut und im Bereich anderer Schleimhäute auf (KIMMAN et al., 1993; PERINO, 1997).

(16)

2.1.1.2.3. Interaktionen zwischen unbelebten bzw. belebten Krankheitsursachen und respiroprotektivem System

Mängel im Stallklima repräsentieren die wichtigste unbelebte Ursache von Atemwegserkrankungen. Neben Lufttemperatur, relativer und absoluter Luftfeuchte sowie der Luftströmungsgeschwindigkeit können Schadgase (Ammoniak, Methan, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff) und Staubpartikel die Schleimhaut des Respirationstrakts irritieren; hohe Staubkonzentrationen begünstigen außerdem Infektionen aufgrund ihrer Bedeutung als Vektoren für Mikroorganismen (GROTH, 1988;

AWAD-MASALMEH u. KÖFER, 1993). Schließlich induzieren Streßsituationen (z. B. durch Transport, mangelhafte Stallhygiene, hohe Belegungsdichte sowie Crowding) eine verminderte Aktivität der phagozytierenden Zellen und der Immunreaktionen.

Unabhängig von der auslösenden Ursache entwickelt sich eine Suppression der zellulären und humoralen Abwehrmechanismen und ggf. eine katarrhalische Entzündung. Daraus ergeben sich Bedingungen, die eine virale Primärinfektion und damit die Beteiligung belebter Faktoren begünstigen. Insbesondere die Kombination von hohem Infektionsdruck, hoher Belegdichte und ungünstigen Stallklimaverhältnissen begüngstigt eine hohe Inzidenz von Pneumonien (MOSIER, 1997). Virale Infektionen schwächen vor allem nicht-zellgebundene Abwehrfunktionen der Schleimhäute (Lysozyme, Lactoferrin, Komplementsystem, Immunglobuline); bestimmte Viren (BRSV, PI-3, BHV-1) hemmen darüber hinaus direkt die Aktivität von Alveolarmakrophagen und neutrophilen Granulozyten (BICKERT et al., 1985; PANUSKA et al., 1990; ADAIR et al., 1992).

Die meisten bakteriellen Erreger der enzootischen Bronchopneumonie werden obligat und nahezu ubiquitär im Respirationstrakt des Rindes gefunden. Unter normalen Bedingungen ist ihre Präsenz von geringer Bedeutung; dies ändert sich in Streßsituationen, die die übermäßige Vermehrung der Bakterien begünstigen. Hingegen ist bisher unklar, wie Pasteurella haemolytica die Schleimhäute des Respirationstraktes

(17)

besiedelt, da dieser Erreger nur selten bei gesunden Tieren isoliert werden konnte (FRANK u. SMITH, 1983; FRANK, 1986).

2.1.2. Ätiologie

Die enzootische Bronchopneumonie wird als Faktorenerkrankung durch unterschiedliche virale und bakterielle Erreger (Tab. 1) in Verbindung mit unbelebten Faktoren verursacht. Das bovine respiratorische Syncytialvirus (BRSV), das bovine Herpesvirus-1 (BHV-1) und Pasteurellen können demgegenüber monokausal unabhängig von den Begleitumständen spezifische Krankheitsbilder auslösen (s. u.); im engeren Sinne gehören sie insofern nicht zu den Erregern der enzootischen Bronchopneumonie. In der Praxis jedoch macht eine derartige Unterscheidung wenig Sinn, da zunächst das klinische Bild im Vordergrund steht. Es wird deshalb auch von „bovine respiratory disease“ (MUSSER et al., 1996), „undifferentiated bovine respiratory disease“ (HOAR et al., 1998) oder „undifferentiated fever“ (JIM et al., 1999) gesprochen, wobei unter diesem Terminus auch die durch spezifische Krankheitserreger verursachten Erkrankungen subsummiert werden.

Wichtige virale Erreger von Atemwegsinfektionen sind somit das Parainfluenza-3-Virus (PI-3), das bovine respiratorische Syncytialvirus (BRSV) und der Erreger der bovinen Virusdiarrhoe. Darüber hinaus wurden auch Coronaviren, Reoviren, Rhinoviren, Enteroviren und bovine Adenoviren nachgewiesen (BRYSON, 1985; AMES 1997;

BOWLAND u. SHEWEN, 2000). Insbesondere das bovine Herpesvirus-1 (BHV-1) und das Parainfluenza-3-Virus sollen für primäre Läsionen im Respirationstrakt verantwortlich sein (SHOO, 1989); in mehreren Untersuchungen wurde das BRS-Virus als das häufigste Virus bei Ausbrüchen von enzootischen Bronchopneumonien nachgewiesen (BAKER et al., 1986; SIVULA et al., 1996).

Auch das BVD-Virus wird oft aus Lungen pneumoniekranker Kälber isoliert (REGGIARDO, 1979; RICHER et al., 1988; BOWLAND u. SHEWEN, 2000). Sowohl der cytopathogene

(18)

als auch der nicht-cytopathogene Biotyp können eine relativ leichte Pneumonie induzieren; Tiere, die mit cp72 infiziert wurden, entwickelten jedoch nach sekundärer Infektion mit Pasteurella haemolytica eine deutlich schwerere klinische Symptomatik als Kälber, die mit ncp 2724 infiziert worden waren (POTGIETER, 1997).

Bakterielle Infektionen entwickeln sich in den meisten Fällen nach einer viralen Pri- märinfektion, Streßsituationen oder unter dem Einfluß anderer prädisponierender Faktoren (BRYSON et al., 1985; HAZIROGLU, 1997). Pasteurellen, und zwar vornehmlich Pasteurella haemolytica Serotyp 1, werden andererseits auch für Pneumonien ohne virale Primärinfektionen und Streßfaktoren verantwortlich gemacht (GIBBS, 1985).

Zu den wichtigsten bakteriellen Erregern gehören Pasteurella haemolytica serotyp A1, Pasteurella multocida, Hämophilus somnus, Clamydien und Mykoplasmen (HAZIROGLU et al., 1997; AMES, 1997; MOSIER, 1997). Pasteurella haemolytica wird als der Erreger mit der höchsten Virulenz angesehen und am häufigsten aus der Lunge von Kälbern isoliert, die an der enzootischen Bronchopneumonie verendet sind (FRANK, 1979;

YATES, 1982). Bei den Mycoplasmen sollen vor allem Mycoplasma bovis und Mycoplasma dispar als primär pathogene Erreger eine wichtige Rolle spielen (BRYSON, 1985; ADEGBOYE et al., 1996; VIRTALA et al., 1996). Dabei wird eine synergistische Beziehung zwischen Mycoplasma spp. und Pasteurella haemolytica in Betracht gezogen (HOUGHTON, 1983; HAZIROGLU et al., 1997; BRYSON, 1997).

WELLEMANNS et al. (1985) untersuchten 110 Lungen von Kälbern, die an akuten Pneumonien verendet waren. Bei 32 % der Kälber wurden Salmonellen nachgewiesen (17 % S. typhimurium, 15 % S. dublin). Bei 31 % der Tiere wurden Viren nachgewiesen (BRSV 10 %, PI-3 10 %, BHV-1 6 %, BVD/MD 5 %). Mischinfektionen wurden bei 7 Kälbern nachgewiesen. Bei 43 % der sezierten Lungen konnten keine Erreger nachgewiesen werden.

TAOUDI et al. (1983) wiesen demgegenüber bei bakteriologischen Untersuchungen von Kälbern, die im Zusammenhang mit einer Bronchopneumonie verendet waren, in 49 %

(19)

Tab. 1: Übersicht über Erreger, die an der Entstehung der enzootischen Bronchopneumonie der Kälber beteiligt sind

Erreger Familie Gattung Bedeu-

tung Pathomorphologie Besonderheiten Referenzen Pasteurella

hämolytica +++ Akute exsudative Pneumonie Akute fibrinonekrotische Pleuropneumonie

Pleuropneumonie mit fibrinöser Exsu- dation

HOUGHTON, 1983 GONZALES et al., 1993 SHOO, 1987

MOSIER, 1995 MOSIER, 1997

HAZIROGLU et al., 1997 Pasteurella

multocida +++ Subakute bis chronische

fibrinopurulente Bronchopneumonie, auch exsudative Formen

SHOO, 1987 MOSIER, 1997

HAZIROGLU et al., 1997 Pasteurella-

ceae

Hämophilus

somnus +++ Fibrinopurulente Bronchponeumonie mit fibrinöser Pleuritis, interstitieller Entzündung und Exsudation

MOSIER, 1997

HAZIROGLU et al, 1997 E.coli ++ Akute interstitielle Pneumonie Hämatogene

Ausbreitung möglich (Sepsis)

TAOUDI et al., 1983 Salmonella

typhimurium ++ Hepatisation mit eitrigen Herden;

selten Emphyseme

Akute interstitielle Pneumonie

Hämatogene Ausbreitung möglich (Sepsis)

WELLEMANS et al., 1985 MOSIER, 1997

Enterobacte- riaceae

Salmonella

dublin + Akute interstitielle Pneumonie Hämatogene Ausbreitung möglich (Sepsis)

WELLEMANS et al., 1985 MOSIER, 1997

Pseudomo-

nadaceae Pseudomonas

aeruginosa + Eitrig-nekrotisierende Pneumonien

zusammen mit anderen Erregern TAUODI et al., 1983 Streptokokken + Subakute purulente Bronchopneumo-

nie TAOUDI et al., 1983

Micrococca- ceae

Actinomyces

pyogenes + Chronische fibrinopurulente

Bronchopneumonie Häufig

sekundärer Erreger

TAOUDI et al., 1983 AMES, 1997

Bakterien

Chlamydia-

ceae Chlamydien + Subakute interstitielle Pneumonie wird gelegentlich

isoliert MOSIER, 1997

(20)

Fortsetzung Tab. 1: Übersicht über Erreger, die an der Entstehung der enzootischen Bronchopneumonie der Kälber beteiligt sind Erreger Familie Gattung Bedeu-

tung Pathomorphologie Besonderheiten Referenzen Mykoplasma

bovis ++ Bronchitis, Broncholyse, Bronchopneumonie

Histologisch „cuffing-Pneumonia“, d. h. komprimierende peribronchale Anhäufung von Histiozyten und Lymphozyten

Wahrscheinlich Synergismus mit P. haemolytica;

wird oft bei chronischen Pneumonien isoliert

MOSIER, 1997 Bakterien Mykoplasma-

tales

Mykoplasma

dispar ++ Bronchitis, Broncholyse,

Bronchopneumonie Häufig zusam-

men mit anderen Erregern

MOSIER , 1997 Parainfluenza

-3-Virus ++ Entzündliche Veränderungen der oberen Atemwege;

Interstitielle Pneumonie

Milde Erkrankun- gen, zusammen mit anderen Er- regern schwere Pneumonien

KAPIL, 1997 RANDALL, 1997 Paramyxoviri-

dae

BRS-Virus +++ Atypische interstitielle Pneumonie Milde und schwere Verlaufsform

BAKER et al., 1997 Picornaviridae Rhinoviren + Geringgradige respiratorische

Symptome, leichtes Fieber AMES, 1997

WAGNER et al., 1978 Reoviridae Reoviren + Geringgradige respiratorische

Symptome BRYSON, 1985

WAGNER et al., 1978 Herpesviridae BHV-1 Sekundäre Bronchopneumonien

Viren

Flaviviridae Pestivirus

BVD (+) Interstitielle Pneumonie Häufig in Verbindung mit P. haemolytica

POTGIETER, 1997

(21)

der Fälle E. coli, bei 18 % Pasteurella multocida und in 16 % der Lungen Pasteurella haemolytica nach. Vereinzelt wurden außerdem Actinomyces pyogenes, β- hämolysierende Streptokokken, Pseudomonas aeruginosa und Klebsiellen nachgewiesen (TAOUDI et al., 1983; AMES, 1997).

2.1.2.1. Bovines respiratorisches Syncytialvirus (BRSV)

Das bovine respiratorische Syncytialvirus gehört zur Gattung der Pneumoviridae aus der Familie der Paramyxoviridae. Das BRS-Virus ist auf der ganzen Welt verbreitet, der Durchseuchungsgrad beträgt sowohl in Europa als auch in Amerika 65-81 % (BAKER, 1985; AMES, 1993). Die Virusübertragung erfolgt aerogen. Die Inkubationszeit beträgt 3 bis 5 Tage (BELKNAP, 1993). Die Morbidität schwankt zwischen 60-80 %, die Mortalitätsraten liegen zwischen 0 und 20 % (VAN DER POEL, 1995). BRSV-Infektionen treten gehäuft im Herbst und im Winter auf. Streß, wie z. B. durch Umstallen der Rinder, Crowding und Temperaturschwankungen, begünstigt die Krankheitsausbrüche. BRSV- Infektionen treten zwar prinzipiell bei Rindern aller Altersgruppen auf, am häufigsten sind jedoch Kälber bis zu einem Alter von sechs Monaten betroffen (BRYSON, 1978;

KIMMAN, 1988; GERSHWIN et al., 2000).

Klinisch w ird zw ischen einer gutartig-milden und einer bösartigen Verlaufsform unterschieden. Bei der gutartig verlaufenden Form der BRSV erholen sich die Tiere nach leichten respiratorischen Symptomen innerhalb von 2-3 Tagen wieder (BAKER et al., 1997). Die schwere Verlaufsform ist dadurch charakterisiert, daß die Tiere anfangs verminderte Freßlust und Abgeschlagenheit zeigen; der Nasenausfluß ist zunächst serös bis mukös und die Atemfrequenz gering, später stark erhöht. Später können die Tiere eine exspiratorische Dyspnoe entwickeln, teilweise mit Maulatmung einhergehend.

Aufgrund der hochgradigen Dyspnoe verweigern einige Tiere die Tränke (BAKER et al., 1997; GERSHWIN et al., 2000).

(22)

Histopathologisch findet man eine atypische, interstitielle Pneumonie (BRYSON, 1993;

BAKER, 1997), die sich ausgehend von den Spitzenlappen ausbreitet. In schweren Fällen liegt ein hochgradiges Lungenödem und Lungenemphysem vor. Sekundäre bakterielle Infektionen manifestieren sich als fibrinöse Bronchopneumonien. Die Lymphknoten im Mediastinum und in den Bronchen erscheinen vergrößert und ödematös.

Die Diagnose erfolgt aus Schleimhautzellen des Respirationstrakts oder Organmaterial mit Hilfe der direkten Immunfluoreszenzmikroskopie. Bei der Entnahme von Nasentupfern ist darauf zu achten, daß sich Schleimhautzellen am Tupfer befinden;

entsprechende spezielle Tupfersysteme wurden entwickelt (KAPIL u. BASARABA, 1997).

2.1.2.2. Infektiöse bovine Rhinotracheitis

Die Infektion des Rindes mit dem Bovinen Herpes-Virus Typ 1 (BHV-1) ist eine kontagiöse, akute, in der Bundesrepublik Deutschland anzeigepflichtige Infektion mit einem Virus aus der Familie der Herpesviridae (Subfamilie Alphaherpesviridae, Genus Varicellovirus, Spezies Bovines Herpesvirus Typ 1). Das BHV-1 ist weltweit verbreitet.

Der Erreger wird entweder durch latent infizierte Rinder oder durch Tiere im Virämiestadium in die Bestände eingeschleppt. Haupteintrittspforte für die respiratorische IBR-Infektion ist die Nasenhöhle; die genitale Infektion erfolgt durch den Deckakt (VAN OIRSCHOT et al., 1993). IBR-Infektionen breiten sich innerhalb von 2-4 Wochen in der gesamten Herde aus. Die Symptome reichen von milden Erkrankungen des Respirationstrakts bis zu schweren Bronchopneumonien nach Sekundärinfektionen, wobei die Mortalitätsrate dann 10 % betragen kann.

Bei der Erkrankung des Respirationstraktes kommt es nach einer Inkubationszeit von 2- 6 Tagen zu Fieber mit einer Körpertemperatur zwischen 40°C und 42°C, gestörtem Allgemeinbefinden, hochgradig geröteter Nasenschleimhaut - meist mit weißlichen Belägen und serösem bis mukopurulentem Nasenausfluß -, Lakrimation und Konjunktivitis. Ohne bakterielle Sekundärinfektionen beschränkt sich die Erkrankung auf

(23)

den oberen Respirationstrakt und heilt in der Regel innerhalb von 14 Tagen aus.

Meistens infizieren sich Tiere, die älter als sechs Monate alt sind, nachdem maternale Antikörper nicht mehr vorhanden sind (KAPIL UND BASARABA, 1997). Der Schweregrad der Erkrankung hängt vom Virusstamm, vom Immunstatus und vom Alter des Tieres ab (KAPIL und BASARABA, 1997). Bei neugeborenen Kälbern kann es zu einer systemischen Form der Erkrankung kommen, die im späten Trächtigkeitsstadium oder kurz nach der Geburt infiziert werden; die Mortalitätsrate beträgt 10 – 30 % (KAPIL UND BASARABA, 1997). Neben der klinischen Manifestation einer BHV-Infektion treten lebenslang andauernde, für Herpesviren charakteristische, latente Infektionen auf. Das Virus persistiert dann in Nervenzellen und in Zellen des Haut- und Schleimhautepithels;

bei Streß und/oder Krankheit kann eine erneute Virusauscheidung erfolgen (KUTISH et al., 1990)

2.1.3. Pathomorphologische Veränderungen bei Kälbern mit enzootischer Bronchopneumonie

Pathomorphologisch wird bei Virusinfektionen zumeist lediglich eine interstitielle Pneumonie beobachtet (GERSHWIN et al., 2000); bei bakterieller Sekundärinfektion findet man in der Regel katarrhalisch-purulente alveoläre Herdpneumonien; die Prozesse entstehen dabei multizentrisch im Lungenparenchym als zunächst kleine Verdichtungen, die sich anschließend vergrößern (ALLAN et al., 1985; DAOUST, 1989). Zunächst sind die cranio-ventralen Lungenabschnitte betroffen; die Prozesse können sich später auch im Bereich der Hauptlappen ausbreiten.

Charakteristische pathomorphologische Veränderungen bei Tieren nach Infektionen mit Pasteurella haemolytica sind fibrinöse Pleuropneumonien (WHITELEY et al., 1992). Für die pathologisch-anatomischen Prozesse spielen charakteristische Wechselwirkungen von Pasteurella haemolytica mit dem lokalen Abwehrsystem, den Alveolarmakrophagen und neutrophilen Granulozyten eine besondere Rolle (ALLAN et al., 1985; DUNGWORTH

(24)

et al., 1993). Pasteurella multocida scheint hingegen weniger pathogen als Pasteurella haemolytica; zur Auslösung einer Primärinfektion wird eine deutlich höhere Infektionsdosis benötigt (AMES et al., 1985). Bei Infektionen mit Pasteurella multocida steht eine fibrinöse Bronchopneumonie im Vordergrund, die zumeist weniger stark ausgeprägt ist als die durch P. haemolytica verursachten Pleuropneumonien.

Eine Infektion mit Haemophilus somnus kann auch primär eine Pneumonie verursachen, H. somnus wird jedoch bei Mischinfektionen meist zusammen mit Pasteurellen isoliert (ANDREWS et al., 1985).

Mykoplasmen verursachen beim Kalb Bronchitiden, Bronchopneumonien mit lymphozytären Entzündungen und Koagulationsnekrosen bei länger bestehender Erkrankung (DUNGWORTH et al., 1993; WALKER et al., 1995); die wichtigsten pathogenen Vertreter aus dieser Gattung sind dabei M. bovis, M. dispar und M.

bovirhinis. Immunsuppressive Eigenschaften von Mykoplasmen wurden nachgewiesen, die genauen Mechanismen der Pathogenese sind jedoch noch unklar (MOSIER et al., 1997).

HAZIROGLU et al. (1997) untersuchten pathologisch-bakterologisch die Lungen von 100 Tieren, die an der enzootischen Bronchopneumonie erkrankt waren. Histologisch waren bei 79 Kälbern proliferativ-exsudative Pneumonien und bei 21 Kälbern nur proliferative Pneumonien festzustellen. Zwischen dem Auftreten von exsudativen Entzündungen und der Präsenz von Pasteurella haemolytica und Pasteurella multocida gab es eine hochsignifikante Beziehung.

2.1.4. Klinischer Verlauf

Als “Viruspneumonie” wird allgemein die Bronchopneumonia catarrhalis et Pneumonia interstitialis acuta bezeichnet (WIZIGMANN, 1976). Diese ist charakterisiert durch

(25)

erhöhte Körpertemperatur (40,5 - 41,5 °C), serösen Nasen- und Augenausfluß, Tachy- pnoe, inspiratorische Dyspnoe und Husten. Es handelt sich um eine meist relativ mild verlaufende Erkrankung, bei der vor allem die Bronchien und die oberen Atemw ege betroffen sind und die sich entsprechend durch Rhinitis, Tracheitis und Bronchitis manifestiert. Diese leichteste Form der enzootischen Bronchopneumonie kann nach rascher Entfieberung schon innerhalb von 3-4 Tagen ohne Behandlung abklingen.

Bei einer bakteriellen Sekundärinfektion mit katarrhalisch bis purulenter Bronchopneumonie sind die Kälber inappetent und niedergeschlagen; der Nasenausfluß erscheint mucös, und die Tiere leiden unter trockenem Husten. Die Körpertemperatur schw ankt um 40 °C. Die Atemfrequenz ist erhöht, w obei auskultatorisch mittel- bis hochgradige, inspiratorische und exspiratorische Nebengeräusche vor allem tracheobronchial nachweisbar sind (ROSENBERGER, 1990). Der Atemtyp ist costo- abdominal bis abdominal. Bei hochgradig erkrankten Tieren kann Maulatmung auftreten;

die Herz-Kreislauf-Funktion ist dann massiv gestört. Eine Restitutio ad integrum ist zwar möglich, erfordert jedoch eine massive, konsequente und ausreichend lange Therapie.

Die cranio-ventralen Lungenabschnitte sind zunächst herdförmig betroffen; die Prozesse können sich später über nahezu das gesamte Lungenparenchym ausbreiten.

Bei inkonsequenter oder ausbleibender Behandlung sowie persistierenden Noxen schreitet die Allgemeininfektion fort und die Erkrankung kann chronisch werden. Die Körpertemperatur schwankt zwischen fieberhaften und subfebrilen Temperaturen; die Tiere sind inappetent, apathisch, husten häufig und leiden in der Mehrzahl unter exspiratorischen Dyspnoen. Selbst bei intensiver Therapie werden die Kälber sehr häufig zu Kümmerern. Pathologisch-anatomisch findet man bei derartigen Patienten eine fibrinöse Bronchopneumonie und/oder fibrinöse Pleuropneumonie mit roter und grauer Hepatisation bis zur Lysis (ALLAN et al., 1985; HAZIROGLU et al., 1997).

(26)

2.1.5. Blutgasanalysen bei Kälbern mit Bronchopneumonie

Die adäquate Aufnahme von Sauerstoff aus der Alveolarluft in das venöse Blut bzw. die Abgabe des Kohlendioxids in entgegengesetzte Richtung ist an mehrere Voraussetzungen gebunden (ROBINSON, 1997):

die ausreichende Belüftung der Lunge (Ventilation),

eine adäquate Verteilung der Luft innerhalb der Lunge (Distribution),

eine funktionierende Durchblutung der Lunge (Perfusion),

eine ausreichende Transportkapazität für die Atemgase, die bei schwerer Anämie oder Hypovolämie u. U. nicht vorhanden ist,

eine möglichst geringe Barriere zw ischen Alveole und Blut bzw . Blut und Gew ebe (Diffusion),

eine situationsgerechte Anpassung von Ventilation und Perfusion (Rhythmogenese).

Die Analyse der Blutgase im arteriellen Blut ermöglicht eine Einschätzung des Umfangs bzw. der Bedeutung einer Ventilationsstörung. Vergleicht man die Ergebnisse verschiedener Studien zu den Normalwerten gesunder Holstein-Friesian-Kälbern im Alter von 2-6 Wochen, so liegt der mittlere pO2 bei 9,8 – 12,5 kPa, der mittlere pCO2 bei 5,4 – 6,4 kPa, die alveolo-arterielle pO2-Differenz bei 1,6 – 3,1 kPa, der Blut-pH bei 7,37 – 7,44 und die Sauerstoffsättigung bei etwa 95 % (DONAWICK u. BAUE, 1968; KIORPES et al., 1978; LEKEUX et al., 1984; SCHÄFER et al., 1992; REINHOLD u. FÖDISCH, 1993).

2.1.5.1. Respiratorische Partial- und Globalinsuffizienz

Bei lungenkranken Kälbern manifestiert sich eine Ventilationsstörung zunächst durch einen verminderten pO2 im arteriellen Blut, während die Abgabe des Kohlendioxids aufgrund dessen drastisch höherer Löslichkeit und entsprechend besseren Diffusionsvermögens noch nicht gestört ist. Die resultierende Hypoxämie in Verbindung mit einer Normokapnie wird als respiratorische Partialinsuffizienz bezeichnet

(27)

(TAMMELING et al., 1980; SCHOLZ et al., 1987). Bereits im Anfangsstadium einer akuten katarrhalischen Bronchopneumonie ist bei 48 % der Kälber eine respiratorische Partialinsuffizienz nachweisbar (SCHÄFER et al., 1992); bei schwer erkrankten Kälbern wurden im arteriellen Blut von über 90 % der Tiere weniger als 70 mm Hg für den pO2 gemessen (SCHOLZ et al., 1987).

Der Kohlendioxidpartialdruck ist erst in späteren Stadien von respiratorischen Erkrankungen erhöht (TAMMELING u. QUANJER, 1980); eine Hypoxämie in Verbindung mit einer Hyperkapnie ist charakteristisch für eine respiratorische Globalinsuffizienz. Bei pneumoniekranken Kälbern der Rasse „Schwarzbuntes Milchrind“ im Alter von sechs Wochen war ein Abfall des pO2 von 11,0 auf 9,8 kPa sowie ein Anstieg des pCO2 von 6,4 auf 7,4 kPa nachweisbar (REINHOLD u. FÖDISCH, 1993).

Die Sauerstoffsättigung ist ein Parameter, der erst bei schwerkranken Kälbern signifikant abnimmt. Die sigmoide Form der Sauerstoffbindungskurve mit einem langen flachen Endabschnitt kennzeichnet eine hohe Affinität des Sauerstoffs zum Hämoglobin selbst bei nachhaltig vermindertem pO2 (ROBINSON, 1997).

2.1.5.2. Die alveolo-arterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz: Parameter zur Einschätzung des Schweregrads einer Ventilationsstörung

Die alveolo-arterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz (AaDO2) ist neben dem pO2 der empfindlichste Parameter zum Nachweis einer Ventilationsstörung (KLEIN u. DEEGEN, 1986). Die AaDO2 ergibt sich aufgrund von

Ventilations-Perfusions-Inhomogenitäten,

alveolärem Totraum bzw. venöser Beimischung und

anatomischem Rechts-Links-Shunt.

(28)

Die dorsalen Lungenabschnitte werden weniger gut ventiliert und perfundiert als die ventralen Abschnitte (PETRO u. KONIETZKO, 1986). Ursache dafür sind die Schwerkraft sowie die Dehnung der oberen Lungenabschnitte durch das Eigengewicht der unteren Abschnitte, die zu einer Versteifung der Alveolarwände im dorsalen Lungenparenchym führt. Der vertikale Gradient ist für die Perfusion jedoch drastisch größer als für die Ventilation; demzufolge nimmt die Perfusion nach ventral hin relativ stärker ab.

Auch in der Lunge gesunder Tiere gibt es somit dorsal hyperventilierte, nicht- perfundierte Lungenbereiche; diese werden aufgrund des fehlenden Gasaustausches auch als alveolärer Totraum bezeichnet (ROBINSON, 1997). Umgekehrt gibt es ventral im Extremfall nicht-ventilierte, hyperperfundierte Lungenanteile. Auch hier kann kein Gasaustausch stattfinden, so daß sich eine Zumischung nicht-arterialisierten und damit venösen Blutes zum arteriellen Blut ergibt („venöse Beimischung“, „Rechts-Links- Shunt“). Zwischen diesen durch die Schwerkraft bedingten extremen Bereichen nimmt das Ventilations-Perfusions-Verhältnis von dorsal nach ventral ab. Das hat Konsequenzen für den alveolären pO2: in der dorsalen Lunge ist die alveoläre Sauerstoffkonzentration hoch, da nur wenig Sauerstoff ausreicht, um das Blut mit Sauerstoff zu sättigen. Entsprechend ist der alveoläre pO2 hoch (viel Luft-wenig Blut). In den ventralen Lungenanteilen ist es umgekehrt: der alveoläre pO2 ist niedrig, da viel Sauerstoff benötigt wird, um das venöse Blut zu arterialisieren.

Die (relativ) hyperventilierten dorsalen Anteile des Lungenparenchyms haben einen höheren Anteil an der gesamten Ausatmungsluft als die (relativ) hypoventilierten ventralen Bereiche; entsprechend liegt der gemischt-alveoläre pO2 näher am pO2 der hyperventilierten (dorsalen) Bereiche. Der arterielle pO2 liegt demgegenüber näher am pO2 der (relativ) hyperperfundierten ventralen Bereiche als an dem der (relativ) hyperventilierten, jedoch (relativ) hypoperfundierten ventralen Bereiche. Demzufolge liegt der gemischt-arterielle pO2 niedriger als der gemischt-alveoläre pO2, es ergibt sich demnach eine AaDO2 bereits beim gesunden Tier mit ungestörter Ventilation (PETRO u.

KONIETZKO, 1986).

(29)

Schließlich wird die AaDO2 beeinflußt durch den Anteil des Bronchialvenenblutes, der der Versorgung des pulmonalen Bindegewebes dient und deshalb mit Alveolen ohnehin nicht in Berührung kommt („Vasa privata“; „nutritives Blut“; „anatomischer Rechts-Links- Shunt“). Dieses sogenannte nutritive Blut macht etwa 2 % des Herzzeitvolumens aus (ROBINSON, 1997).

Die Bestimmung der AaDO2 (PETRO u. KONIETZKO, 1986) beruht auf der Überlegung, daß - angesichts eines konstanten Stickstoffanteils in der wasserdampfgesättigten Alveolarluft - die Summe von pO2 und pCO2 in der Alveolarluft konstant ist. Die Berechnung der AaDO2 ergibt sich aus

AaDO2 [mm Hg] = ( Barometerdruck [mm Hg] – 47 [mm Hg Partialdruck von Wasser] )

* 0,2095 [Anteil des Sauerstoffs in der inspirierten Luft] – arterieller pCO2 [mm Hg].

Diese Abschätzung geht von folgenden Prämissen aus:

der alveoläre pCO2 entspricht näherungsweise dem arteriellen pCO2,

der pCO2 in der inspirierten Luft kann vernachlässigt werden, und

die Auswirkungen eines unterschiedlichen respiratorischen Quotienten auf den alveolären pCO2 sind quantitativ unerheblich.

Während der pO2 unmittelbar vom Barometerdruck und der Höhenlage des Meßplatzes abhängig ist, wird die AaDO2 von diesen Faktoren nicht beeinflußt. Die AaDO2 erlaubt deshalb bessere Vergleiche zwischen den Ergebnissen unterschiedlicher Arbeitsgruppen hinsichtlich der Einschätzung von Ventilations-Perfusions-Inhomogenitäten (KLEIN u.

DEEGEN, 1986) .

2.1.6. Therapie

Die Bekämpfung der enzootischen Bronchopneumonie ist aufgrund der komplexen Ätiologie schwierig. Anzustreben ist es, prophylaktische Maßnahmen in den Vordergrund zu stellen; treten trotzdem Erkrankungsfälle auf, so sind die Tiere frühzeitig und intensiv zu therapieren.

(30)

2.1.6.1. Antibiose

Wichtigstes Prinzip bei der Behandlung von Atemwegserkrankungen, insbesondere der Bronchopneumonien, ist die Bekämpfung der bakteriellen Infektionserreger (Tab.2). Die antibiotische Behandlung steht somit im Mittelpunkt aller therapeutischen Maßnahmen (BLOOD u. RADOSTITS, 1989). Bei rechtzeitiger Erkennung und sofortigem Beginn der Behandlung mit einem wirkungsvollen Antibiotikum bzw. Chemotherapeutikum tritt bei 85 bis 90 % aller betroffenen Tiere innerhalb von 24 Stunden eine nachhaltige Besserung des Krankheitsbildes ein (BLOOD u. RADOSTITS, 1989). Die antibiotische Therapie hat sich an den üblichen anerkannten Kriterien für den Einsatz von Antibiotika (LÖSCHER et al., 1999) zu orientieren:

anzustreben ist ein Erregernachweis mit Resistenztest vor Beginn der Medikation;

sollte kein Resistenztest vorliegen, ist mit einem möglichst breit wirksamen Antibiotikum zu behandeln; tritt innerhalb von zwei Tagen keine nachhaltige Besserung ein, so ist das Medikament zu wechseln;

die Medikation muß ausreichend lange erfolgen und sollte insbesondere auch nach Abklingen des Fiebers und der respiratorischen Symptome über mindestens zwei weitere Tage fortgeführt werden;

Behandlungen sind sorgfältig zu dokumentieren.

Die gegenwärtig bei vielen Präparaten unbefriedigende Resistenzlage ist einer der Gründe für das Ausbleiben befriedigender Therapieerfolge (KANDLER, 1989). Bei P.

multocida, die aus Lungen verendeter Kälber mit Bronchopneumonie isoliert wurden, erwiesen sich die Erreger bei 67 % der untersuchten Proben als resistent gegenüber den üblichen eingesetzten Antibiotika (LOTTHAMMER u. KLARMANN, 1999). Eine wirkungsvolle Therapie von ausschließlich virusbedingten Erkrankungen steht nicht zur Verfügung, scheint jedoch im Hinblick auf die relativ moderaten Krankheitssymptome bei reinen Virusinfektionen auch nicht zwingend erforderlich.

(31)

Tab. 2 : Übersicht gängiger Antibiotika, die zur Behandlung der enzootischen Bronchopneumonie der Kälber eingesetzt werden (in Anlehnung an LÖSCHER et al., 1999)

Wirkstoffgruppe Wirkstoff Wirkungsspektrum Wirkungsmechanis

mus Empfohlene

Dosierung Applika-

tionsart Besonderheiten

Makrolide Tilmicosinphosphat

(Micotil) Breitspektrum v.a. : P.multocida, P.hämolytica,

St.aureus A.pyogenes Fusobacterium

necrophorum

Bakteriostatisch (Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese)

10 mg/kg

einmalig s. c. beim Kalb im übertherapeutischen Dosisbereich

kardiovaskuläre Toxizität, Wartezeit 50 Tage Chloramphenicolgruppe Florfenicol

(Nuflor) Breitspektrum Bakteriostatisch (Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese)

20 mg/kg zweimal

im Abstand von 48 h

i. m. Reduzierte

Futteraufnahme ist Nebenwirkung von Behandlung Fluochinolone Enrofloxacin

(Baytril) Breitspektrum Bakteriostatisch und bakterizid (Hemmung der DNA-Gyrase)

2,5 mg/kg

über 5 Tage oral

s. c. Vereinzelt gastrointestinale Störungen,

knorpelschädigend (Hund, Katze, Mensch)

Cephalosporine Cefquinom (Cobactan) Ceftiofur (Exenel)

Breitspektrum Bakterizid Störung der

Glykosidstrangeinlage- rung in

ZellwandLysis

1 mg/kg

über 3 bis 5 Tage i.m. ß-Laktamasestabil, sehr gute Wirkung gegen Pasteurellen,

keine Behandlung von laktierenden Rindern mit Ceftiofur

Penicilline Amoxicillin (Clamoxyl, Synulox)

Breitspektrum Bakterizid

Lysis durch Störung der Glykosidstrangein- lagerung in Zellwand

oral 5-10 mg/kg i. m. 10 mg/kg alle 12 h

oral

i. m. Aufgrund schlechter Resistenzlage Kombination mit Clavulansäure von Interesse

Tetracycline Oxytetracycline

(Terramycin 100) Breitspektrum Bakteriostatisch (Hemmung der Proteinsynthese)

5 mg/kg

über 3-5 Tage i. m.

i. v.

s. c.

Therapeutischer Wert durch weit verbreitete Resistenzen stark eingeschränkt

(32)

2.1.6.2. Unterstützende therapeutische Maßnahmen

Neben der antimikrobiellen Therapie zielen die weiteren therapeutischen Maßnahmen vor allem ab auf die Beseitigung der Dyspnoe (HOFMANN et al., 1990), um die Auswirkungen der Ventilationsstörungen zu minimieren (Tab.3).

Darüber hinaus soll

die Wirksamkeit der Antibiotika verbessert,

die Freisetzung von Histamin supprimiert,

die humorale und zelluläre Immunabwehr des Körpers gestärkt,

das Fieber gesenkt und

das Allgemeinbefinden bzw. die Futteraufnahme verbessert werden.

Zusätzlich sollte die Behandlung durch Maßnahmen ergänzt werden, die auf eine Senkung des Infektionsdrucks abzielen, wie z. B. Verbesserungen im Management sowie zusätzliche hygienische Maßnahmen (Reinigungsmaßnahmen im Stallbereich, Optimierung des Mikroklimas im Tierbereich, Haltung neu zugekaufter Tiere in Quarantäneboxen, Reduzierung der Besatzdichte) (KANDLER et al., 1989).

Die Effektivität des Einsatzes von Paramunitätsinducern als Therapeutikum wird kontrovers diskutiert; grundsätzlich erscheint eine Wirkung auch bei hochgradig erkrankten Tieren über eine Aktivierung der Phagozytose, eine Stimulation der Lymphozyten und eine vermehrte Bildung von Interferon denkbar; allgemein jedoch werden Paramunitätsinducer eher im prophylaktischen und metaphylaktischen Bereich eingesetzt (METZNER et al., 1999).

2.1.7. Prophylaxe

Die Inzidenz von Jungtiererkrankungen ist bei Haltung von Kälbern in trockener, kalter Luft wesentlich geringer als in Warmställen, in denen die Luft zumeist mit Wasserdampf, Ammoniak, Staub und Luftkeimen angereichert ist (ANDERSON et al., 1979). Allein

(33)

Tab. 3: Übersicht einiger Medikamente, die zur unterstützenden Therapie bei der enzootischen Bronchopneumonie eingesetzt werden (in Anlehnung an LÖSCHER et al., 1999)

Wirkstoffgruppe Wirkstoff Wirkungsmechanismus Empfohlene

Dosierung Applikations-

art Besonderheiten

Reflexsecretolytica z. B. Bromhexin

(Bisolvon) Steigerung der serösen Sekretion in peribronchi- alen Drüsenzellen;

vermehrte Surfactant- Bildung; verbesserte Wirkung von Antibiotika

0,5 mg / kg täglich bis zur Besserung

i.m.

oral Große therapeutische Breite

Nicht-steroidale

Antiphlogistica z. B. Flunixin

(Finadyne) Cyclooxygenasehemmung 1 mg/kg

3 Tage i. v. Labmagenulcera können induziert werden

H1-Blocker z. B.

Ethanolamine (Benadryl)

Hemmung der

Ausschüttung bronchokon- striktorischer Substanzen

0,5 – 1 mg /kg 2 Tage i. m.

i. v. Wirkung bei Bronchospasmen unzureichend, fördern aufgrund anticholinerger Wirkung Sekretstau;

nicht mehr zugelassen ß2-Sympatho-

mimetica z. B. Clenbute- rol (Ventipulmin)

Bronchospasmolytische Wirkung; Hemmung der Synthese und Freisetzung von Histamin; Senkung des cholinergen Tonus

0,008 mg/kg

4 Tage i. m.

i. v. Bei lebensmittelliefernden Tieren verboten

Glukokorticoide z. B.

Dexamethason (Dexamethason 2%ig)

Verringerte Freisetzung von bronchokonstriktiven Mediatoren, Abnahme von entzündlichen Infiltra- tionen, Ödemen und Sekretion der Bronchial- schleimhaut

0,02 - 0,08 mg/kg;

nach vier Tagen eventuell Wiederholung

i. v.

i. m. Immunsuppressiv, kurzfristige, hochdosierte Anwendung gut verträglich;

länger dauernde Verabreichung nicht zu empfehlen

(34)

durch Verbesserung der Ventilation läßt sich eine verminderte Inzidenz von Atemwegserkrankung bei Kälbern erreichen, z. B. von 25 % auf 0,5 % (ANDERSON u.

BATES, 1979) bzw. von 35 - 43 % auf 19 - 24 % (GROTH, 1988). Bei 14 °C ist das Risiko von Lungenentzündungen signifikant geringer als bei 21 °C (ROY et al., 1979).

Auch die Unterbringung von neugeborenen Kälbern nach Abtrocknung des Fells in offenen, gut eingestreuten Einzelhütten hat sich als wirksame Maßnahme gegen eine hohe Morbidität und Mortalität erwiesen (z. B. PRITCHARD, 1977; GROTH, 1983;).

Die wichtigsten Einflußfaktoren auf die Überlebensrate neugeborener Kälber sind Geburtsgewicht und Geburtsalter, Personalmanagement, Herdengröße und die Fütterungsmethode (PRITCHARD, 1977). In Betrieben, in denen die Fütterung und Betreuung der Kälber von den Besitzern selbst vorgenommen wird, ist die Kälbersterblichkeit deutlich niedriger als in Betrieben, in denen Fremdpersonal diese Aufgabe übernimmt (POSTEMA et al., 1984).

Eine rechtzeitige und ausreichende Versorgung der Kälber mit Kolostrum sofort nach der Geburt ist entscheidend für den Immunstatus der Tiere und von zentraler Bedeutung für die Disposition des Kalbes für Jungtiererkrankungen (neonatale Diarrhoe, Omphalitiden, respiratorische Erkrankungen, Polyarthritiden THOMAS et al., 1973; DAVIDSON et al., 1981). Die Inzidenz respiratorischer Erkrankung korreliert negativ mit dem γ- Globulinspiegel (POSTEMA et al., 1984) bzw. der Gesamteiweiß-Konzentration (DONOVAN et al., 1998). Kälber mit weniger als 1200 mg/dl Immunglobulinen im Blut (IgG), erkranken doppelt so häufig an Pneumonien wie Kälber, die einen hohen IgG Gehalt im Blut aufweisen (> 1200 mg/dl, VIRTALA et al., 1999). Entscheidende Bedeutung kommt dabei dem Zeitpunkt der Verabreichung des Kolostrums sowie der Menge zu; so sollte das Kolostrum innerhalb der ersten vier Stunden nach der Geburt erstmals verabreicht werden; als optimale Menge gelten dabei 2 – 3 Liter (STREIT et al., 1992). Insgesamt sollte das Kalb am ersten Lebenstag möglichst fünf Liter Kolostrum erhalten (MEYER u. KAMPHUES, 1990).

(35)

Die Bedeutung von aktiven Vakzinationen ist differenziert zu betrachten: bei Vorliegen einer Immunität wird die Applikation von Vakzinen innerhalb der ersten vier bis sechs Lebensmonate des Tieres nicht zur Bildung von protektiven Antikörpern führen. Wurden andererseits keine Antikörper mit der Kolostralmilch übertragen, so ist eine ausreichende Immunantwort auch bei jungen Kälbern provozierbar. Bewährt haben sich dazu funktionell synergistische, inaktivierte Kombinationsvaccinen. Diese bestehen hauptsächlich aus den verschiedenen Virusarten (Reo-, Adeno-, Parainfluenza) und können zusätzlich Pasteurella haemolytica bzw. Pasteurella multocida-Komponenten enthalten (KANDLER et al., 1989; O‘MAHONY, 1994). Zusätzlich sind auf dem Markt Impfstoffe gegen andere monokausale spezifische Viruskrankheiten verfügbar, die mit klinischen Erscheinungen am Respirationstrakt einhergehen (IBR/IPV, BVD/MD). Nach der Geburt haben Kälber, deren Mütter gegen BRSV und BHV-1 geimpft wurden, signifikant höhere BRSV spezifische Serum-Antikörper; dagegen waren die BHV-1 spezifischen Serum-Antikörper nicht signifikant erhöht (ELLIS et al., 1996). Ein Impfprogramm in den USA ausschließlich gegen Viren erwies sich als nicht effektiv (HJERPE et al., 1990; GRIFFIN et al., 1995).

Der prophylaktische Einsatz von Antibiotika und Leistungsförderern über das Futter ist besonders in der Kälbermast weit verbreitet. Meist erhalten die Tiere beginnend mit der Einstallung über 10 Tage ein Antibiotikum, das in die Milchaustauschertränke eingerührt wird. Diese orale Behandlung erhöht jedoch das Risiko für eine Resistenzselektion, da der Wirkstoffgehalt vielfach zu gering ist, so daß therapeutische Konzentrationen nicht erreicht bzw. aufrechterhalten werden (UNGEMACH, 1999). Der Einsatz von Antibiotika als Leistungsförderer erscheint in der Nutztierhaltung bei einer Optimierung der Haltungsbedingungen entbehrlich, zumal sich durch den Einsatz dieser Stoffe Resistenzgene ausbreiten können (UNGEMACH, 1999).

(36)

2.2. Atemmechanik

Die Lunge folgt den Bewegungen des Brustkorbs, ohne an Brustkorb und Zwerchfell vollständig fixiert zu sein. Aufgrund ihrer Eigenelastizität und der Oberflächenspannung ihrer Alveolen hat die Lunge das Bestreben, sich zu verkleinern. Die Flüssigkeit, die sich im Pleuralspalt befindet, ist jedoch nicht ausdehnbar, so daß die Lunge an der Brust- korbinnenfläche haften bleibt, was dort zu einem negativen Druck gegenüber der Umgebung führt, dem interpleuralen Druck (Ppl). Bei der Inspiration erhöht sich der interpleurale Druck; bei der Exspiration wird er wieder schwächer.

Voraussetzung für den Gasaustausch zwischen Alveole und Umwelt ist ein Druckgradient. Während der Inspiration muß der intrapulmonale Druck geringer sein als der atmosphärische Druck, während umgekehrt bei der Exspiration der intrapulmonale Druck den atmosphärischen Druck überschreiten muß.

Entsprechend erweitert sich der Thorax während der Inspiration infolge der Kontraktion der Zwerchfell- und der inspiratorischen Brustwandmuskulatur; die Inspiration ist somit ein aktiver Vorgang mit dem Diaphragma als wichtigstem Inspirationsmuskel. Die Exspiration ist demgegenüber ein passiver Vorgang, bei dem das natürliche Retraktionsbestreben von Lunge bzw. Thorax genutzt wird (LEKEUX, 1993).

2.2.1. Elastische Atmungswiderstände

Bei jedem Atemzug müssen Widerstände überwunden werden, damit die Luft durch Konvektion während der Inspiration in die Alveolen bzw. während der Exspiration nach außen gelangen kann.

Bei jeder Inspiration werden zunächst die elastischen und bindegewebigen Elemente des Lungenparenchyms gedehnt. Zusätzlich muß die Oberflächenspannung zwischen der

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Luft in der Alveole und dem Flüssigkeitsfilm auf der Innenseite des Alveolarepithels überwunden werden, um einen Kollaps der Alveolen zu verhindern. Das von Typ II- Alveolarepithelzellen gebildete Surfactant, ein komplexes Lipoproteingemisch, spielt dabei eine wesentliche Rolle, indem es die Oberflächenspannung herabsetzt (KAUP u.

DROMMER, 1985). Die bei jeder Einatmung zu überwindenden Widerstände werden als

elastische Atmungswiderstände

bezeichnet; der reziproke Wert der elastischen Widerstände entspricht der Volumendehnbarkeit, die auch als Compliance bezeichnet wird und mit steigender Dehnbarkeit der Lunge zunimmt („Compliance C“; C = ∆ V / ∆ P [l / kPa] = 1/Relast.)(REINHOLD, 1997a.)

Die elastischen Atmungswiderstände sind der entscheidende Grund, daß die Inspiration aktiv erfolgen muß, wobei die Kontraktion des Zwerchfells am wichtigsten für die Vergrößerung des Thorax ist. Die Exspiration kann demgegenüber passiv erfolgen, da sich die Lunge infolge des Retraktionsbestrebens der gedehnten elastischen Strukturen quasi von selbst verkleinert. Die Exspiration kann jedoch durch die Muskeln der Bauchdecke und die Kontraktion der Musculi intercostales interni aktiv unterstützt werden (LEKEUX, 1993).

2.2.2. Viscöse Atmungswiderstände

Viscöse Atmungswiderstände

ergeben sich vor allem aus dem Strömungswiderstand innerhalb der Atemwege; zusätzlich tragen nicht-elastische Gewebswiderstände und Trägheitswiderstände innerhalb des luftleitenden Systems zu den viscösen Atmungswiderständen bei.

Der Atemwegswiderstand, die

Resistance

, ist definiert als R = ∆ P / (∆ V / sec) [kPa / ( l / sec )]. Ebenso wie im Blutgefäßsystem ist die Resistance proportional zur Länge der Atemwege und – auf der Grundlage des Hagen-Poiseuille’schen Gesetzes – umgekehrt proportional zur vierten Potenz des Durchmessers der luftleitenden Wege. Die Atemarbeit nimmt somit bei abnehmendem Widerstand bzw. zunehmender Resistance drastisch zu (ULMER, 1991).

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