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Schonendes Veröden der Hornanlage bei Kälbern

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17. Jahrestagung, 18.– 20. Oktober 2016, LLA Triesdorf

1 | S e i t e

Schonendes Veröden der Hornanlage bei Kälbern Ulrike Bauer, Jan Harms, Daniel Mehne, Andreas Randt

Landesanstalt für Landwirtschaft, Prof.-Dürrwaechter-Platz 2, 85586 Poing-Grub

Gesetzliche Grundlagen

In Deutschland ist das Veröden der Hornanlage bei Kälbern laut Tierschutzgesetz (TierSchG – Vierter Abschnitt – Eingriffe an Tieren) bis zum 41. Lebenstag erlaubt. Seit der Agrarminis- terkonferenz 2015 (AGRARMINISTERKONFERENZ, 2015) ist beschlossen, dass die Anwendung eines Beruhigungs- und eines Schmerzmittels beim Enthornen verpflichtend wird. Je nach Bundesland sind die entsprechenden Vorgaben bereits in den Cross Compliance Vorgaben enthalten und werden kontrolliert. Sind die Tiere älter als 41 Tage, dürfen sie nur nach tier- ärztlicher Indikation (z. B. Verletzung am Horn, einwachsendes Horn etc.) und unter Ver- wendung einer Betäubung enthornt werden.

In der ökologischen Tierhaltung darf eine Enthornung nach EU-Öko-Verordnung (VO (EG) Nr. 889/2008 - Artikel 18 Absatz 1) nicht routinemäßig durchgeführt werden. Die zuständige Behörde kann das Enthornen / Veröden jedoch im begründeten Ausnahmefall genehmigen. Je nach Öko-Verband haben die Betriebe zusätzliche Vorgaben zu beachten.

Forschungsprojekt zum schonenden Veröden der Hornanlage

Um das Veröden möglichst schonend und stressfrei für die Kälber vornehmen zu können, wurde ein Gemeinschaftsprojekt des Tiergesundheitsdienstes Bayern e.V. und der Bayeri- schen Landesanstalt für Landwirtschaft (Institut für Landtechnik und Tierhaltung) durchge- führt. Gefördert wurde es durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten.

Ziel war die Etablierung eines praktikablen Schmerzmanagements für eine schonende Enthornung verbunden mit einer einfachen Umsetzbarkeit für den Landwirt.

Insgesamt wurden in knapp zwei Jahren 493 Kälber auf sieben bayerischen Betrieben unter- sucht. Die Kälber wurden dazu in verschiedene Versuchsgruppen eingeteilt:

• Gruppe A: Sedierung/Schmerzmittel/Eisspray/Veröden

• Gruppe B: Sedierung/Schmerzmittel/Veröden

• Gruppe C: Sedierung/Schmerzmittel/Lokalanästhesie/Veröden

• Gruppe D: Veröden ohne Schmerzreduktion

• Gruppe E: Kontrollgruppe ohne Medikamente, nur Fixieren und kaltes Gerät ansetzen Neben der unterschiedlichen Medikation wurden Kälber verschiedener Altersgruppen und Rassen sowie die Anwendung von sieben verschiedenen Enthornungsgeräten getestet. Jedes Kalb wurde unabhängig von der Versuchsgruppe nach einem gleichen Bewertungsschema beurteilt. Neben Gesundheitsparametern (Körpertemperatur, Durchfall etc.), dem Trinkverhal- ten und Verhaltensbeobachtungen zu verschiedenen Zeitpunkten (siehe unten) wurden von jedem Kalb vier Speichelproben zur Cortisolbestimmung gewonnen:

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1. Zeitpunkt: -0,25h vor dem Veröden 2. Zeitpunkt: direkt nach dem Veröden 3. Zeitpunkt: 0,75h nach dem Veröden 4. Zeitpunkt: 24h nach dem Veröden

Cortisol ist ein Stresshormon und wird bei Stresssituationen, zu denen auch das Veröden der Hornanlage gehört, ausgeschüttet.

Die Veränderung der Cortisolkonzentration wurde genutzt, um das Stresslevel der Kälber in den unterschiedlichen Versuchsgruppen bestimmen zu können. Bei allen Versuchsgruppen (außer der Kontrollgruppe) ist ein Anstieg der Cortisolkonzentration vom 1. ZP zum 3. ZP zu erkennen (siehe Abbildung 1). Das Veröden der Hornanlage verursacht je nach Medikation der Kälber unterschiedlich viel Stress.

Abb. 1: Verlauf der mittleren Cortisolkonzentration zu verschiedenen Probenahmezeit- punkten

Der Cortisolwert der Gruppe D (Veröden ohne Medikamente) ist zum ZP 3 signifikant höher als bei allen anderen Gruppen. Auf Grund des sehr unterschiedlichen Niveaus in der Cortisol- konzentration zwischen den Versuchsgruppen wurde zusätzlich die Veränderung der Kon- zentration vom 1. ZP zum 3. ZP untersucht. Der Anstieg der Cortisolkonzentration der Grup- pe D ist wiederum signifikant höher als der der anderen Gruppen. Die Veränderungen der Gruppen A und B (Sedierung und Schmerzmittel ± Eisspray) unterscheiden sich nicht signifi- kant von Gruppe C mit der zusätzlichen Lokalanästhesie. Im Hinblick auf die Cortisolwerte sprechen die Ergebnisse für die Anwendung einer Sedation und eines Schmerzmittels als ei- nem geeigneten Schmerzmanagement.

Praktische Umsetzung

Sowohl die Ergebnisse der Cortisolkonzentration als auch die Beobachtungen der Abwehrbe- wegungen der Kälber bestätigen, dass das Enthornen von sedierten und mit einem Schmerz-

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8

-0,25h 0h 0,75h 24h

Cortisolkonzentration g/L]

Probenahmezeitpunkte

Gruppe A Gruppe B Gruppe C Gruppe D Gruppe E

Veröden der Hornanlage

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3 | S e i t e mittel behandelten Kälbern mit weniger Stress, Anstrengung und Verletzungsgefahr verbun- den ist als ohne Medikation.

Bei der Anwendung der Medikamente ist es wichtig, die vorgegebenen Wirkzeiten zu beach- ten, um die gewünschte Wirkung erzielen zu können. Nach der Gabe des Schmerz- und Beru- higungsmittels sollten ca. 15 bis max. 20 Minuten bis zum Veröden der Hornanlage gewartet werden. Für ein schnelles Ablegen der Tiere ist ein ruhiger Umgang entscheidend. Stresssi- tuationen im Stall kurz vor der Medikamentengabe können sich negativ auswirken und das Ablegen der Tiere verzögern. Fressgitter und ähnliche Öffnungen müssen geschlossen sein, um ein Erdrosseln der Tiere zu verhindern. Weiterhin ist bei sedierten Tieren die Durchfüh- rung von zusätzlichen Managementmaßnahmen (z.B. in den Schatten bzw. in trockenes Stroh legen und vor Witterungseinflüssen schützen, Kälber in Brustlage ablegen etc.) notwendig, da sich die Tiere selbst den Witterungseinflüssen nicht entziehen können und der Kreislauf her- untergefahren ist.

Die Wirkdauer der Sedation ist, unabhängig von der verabreichten Dosis, tierindividuell sehr unterschiedlich. Deshalb empfiehlt es sich, das Veröden der Hornanlage so in den Betriebsab- lauf einzugliedern, das öfter ein Kontrollgang im Kälberstall durchgeführt werden kann und bei festen Tränkzeiten die Kälber dann wieder fit sind. Die Tiere sollten nicht direkt nach der Aufnahme von großen Mahlzeiten sediert werden (ca. 1-2 Stunden Abstand), um Komplikati- onen zu vermeiden.

In der vorliegenden Untersuchung wurden die Hornanlagen nicht herausgehebelt (enthornt), sondern verödet, um die Wundfläche so gering wie möglich zu halten. Dementsprechend ist es wichtig, nach dem Brennvorgang die vollständige Trennung des Gewebes zu kontrollieren (Abb. 2). Es dürfen keine Verbindungen wie z.B. kleine Häutchen oder Ähnliches zwischen der Hornknospe und dem umliegenden Gewebe mehr bestehen, um eine erfolgreiche Enthor- nung gewährleisten zu können. Wie in Abb. 2 zu sehen, wurden die Hornanlagen vor dem Veröden immer freigeschoren. Somit können auch kleine Hornanlagen, die noch nicht gut tastbar sind, an der richtigen Stelle verödet werden. Weiterhin werden die Haare nicht in die Wunde gedrückt, was vor allem bei akkubetriebenen Geräten zu Problemen führen kann.

Abb. 2: Kontrolle des durchtrennten Gewebes nach dem Veröden der Hornanlage

Bei den Kälbern in der Studie wurden tierindividuell sehr unterschiedlich große Hornknospen festgestellt. Deshalb sollte bei der Auswahl des Enthornungsgerätes darauf geachtet werden, dass eine ausreichend tiefe Aussparung für die Hornknospe vorhanden ist. Hier ist es für den Betriebsleiter entscheidend, zu wissen, zu welchem Zeitpunkt (Lebenswoche der Kälber) das

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Veröden der Hornanlage auf seinem Betrieb stattfindet. So ist der Einsatz von Buddex® und Horn’up® (akkubetriebene Geräte) nur für Kälber in den ersten zwei Lebenswochen zu emp- fehlen.

Für die anderen Geräte gibt es unterschiedliche Brennköpfe, die ausgetauscht werden können.

Die auf dem Markt befindlichen Geräte haben verschiedene Vor- und Nachteile. Jeder Land- wirt sollte das Gerät nach den eigenen Präferenzen auswählen. Wichtig sind hierbei die Handgröße, die baulichen Gegebenheiten (Netzbetrieb möglich oder nicht), die Anzahl zu behandelnder Tiere an einem Tag, der Zeitpunkt der Behandlung (Alter der Tiere) usw.

Auf Grund der Erfahrungen aus der Studie wird empfohlen, das Veröden der Hornanlage in den ersten zwei Lebenswochen durchzuführen. In diesem Alter sind die Hornknospen noch relativ klein und der Eingriff ist dementsprechend kleiner als bei großen Hornknospen. Au- ßerdem befinden sich die Kälber in diesem Alter meist in Einzelhaltung und das Hand- ling / die Beobachtung und Kontrolle der Tiere sind leichter durchführbar. Zusätzlich müssen sich die Kälber zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem neuen Keimmilieu aus der Gruppenhal- tung bzw. Umstellung an den Tränkeautomat etc. auseinandersetzen, wodurch eine zusätzli- che Belastung des Immunsystems vermieden wird. Unabhängig davon sind nur vitale Kälber zu behandeln.

Im Hinblick auf die Vermarktung der Kälber haben sich in Bayern Bullenmast- und Fresser- organisationen, Viehhandel und die Bayerischen Rinderzüchter darauf geeinigt, das Markt- verhalten entsprechend anzupassen. Entweder werden bereits enthornte Kälber vermarktet (die schon auf dem Milchviehbetrieb enthornt / verödet werden) oder das Vermarktungsalter der Kälber wird an die gesetzlichen Fristen angepasst. Wichtig ist, die Kälber nicht kurz vor dem Vermarktungstermin zu enthornen, da es so oft zu Nachblutungen kommen kann, weil die Wunden nicht ausreichend abgeheilt sind.

Weitere Informationen zu den einzelnen Arbeitsschritten sowie Infomaterial und Flyer finden Sie unter: www.LfL.bayern.de/enthornen.

Literatur

Agrarministerkonferenz (2015): Ergebnisprotokoll der Agrarministerkonferenz am 20.03.2015 in Bad Homburg.

Verfügbar unter https://www.agrarministerkonferenz.de/documents/Endgueltiges_Ergebnisprotokoll _AMK_Bad_Homburg_20-03-2015_2.pdf, Zugriff am 28.08.2015.

Abbildung

Abb. 1: Verlauf der mittleren Cortisolkonzentration zu verschiedenen Probenahmezeit- Probenahmezeit-punkten
Abb. 2: Kontrolle des durchtrennten Gewebes nach dem Veröden der Hornanlage

Referenzen

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