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Antränkverhalten von Jersey- und Holstein-Kälbern

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TIER UND TECHNIK

3.2009 | LANDTECHNIK

209

Die Haltung von Aufzuchtkälbern in Gruppen ab dem 14. Lebenstag ist gängige Praxis auf deutschen Milchviehbe- trieben. Der Gruppenhaltungsphase geht in den meisten Fäl- len eine Einzelhaltung der Kälber in Iglus oder Hütten voran.

Einige Gründe führen zu der Überlegung, auf die Einzelhal- tungsphase zu verzichten und Kälber, nach der Erstversor- gung mit Kolostrum, direkt in Gruppen an Abrufstationen zu halten. So kann beim Einsatz von Tränkeautomaten ein gradueller Übergang von Kolostrum zur Milchaustauscher- oder Frischmilchtränke erfolgen, wenn die Automaten für die Vertränkung von Frischmilch ausgerüstet sind [1]. Investiti- onen in Kälberiglus oder Kälberhütten sind bei ausschließ- licher Gruppenhaltung nicht notwendig. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass Arbeitszeit eingespart werden kann, die in der Einzelhaltung für die täglichen Fütterungsarbeiten angesetzt werden muss. Weitere Arbeitszeiteinsparungen können dadurch entstehen, dass eine Reinigung und Desin- fektion von Iglus oder Einzelboxen nicht anfallen. Ein Um- stallen der Tiere aus der Einzelhaltung in die Gruppe entfällt ebenfalls. Den Einsparungen dieser Arbeitszeiten durch die Teilautomatisierung des Fütterns stehen auf der anderen Sei- te höhere Anforderungen an das Gesundheits- und Hygiene- management sowie an die Tierbeobachtung entgegen.

Die Frühgewöhnung von Kälbern an Tränkeautomaten wurde in verschiedenen Studien untersucht. Versuche von PIRKELMANN mit 16 Kälbern (Einstallungsalter 36 Stun- den) zeigten, dass diese im Durchschnitt ein- bis zweimal an die Saugstelle geführt werden mussten [2]. BÜSCHER et al.

erzielten ähnliche Ergebnisse mit 40 Holstein/Kälbern, die zwischen zwei und drei Tagen alt waren [3].

In der vorliegenden Untersuchung wurde das Antränk- verhalten von weiblichen Kälbern der Rassen Jersey und Hol- stein vergleichend betrachtet.

Material und Methode

Auf einem großen Milchviehbetrieb in Minnesota (USA) wurden nahezu zeitgleich jeweils 60 weibliche Jersey- und Holstein-Kälber mit einem maximalen Alter von 24 Stunden Wolfgang Büscher und Dörte Quinckhardt

Antränkverhalten

von Jersey- und Holstein-Kälbern

Die Gruppenhaltung von Kälbern bei Einsatz von Tränkeautomaten ist ein weit verbreitetes Verfahren in der Aufzucht, wobei eine vorherige Einzelhaltung mit Eimerfütterung der Tiere üblich ist. Ein Verzicht auf diese Phase könnte aus ernährungsphysiologischen, arbeitswirt- schaftlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen sinnvoll sein. Gleichzeitig erhöhen sich die Anforderungen an den Landwirt im Bereich der Tierbeobachtung sowie des Gesundheits- und Hygienemanagements. Die Gewöhnung sehr junger Kälber an Tränkeautomaten stellt ebenfalls eine Herausforderung dar, die als Teilaspekt in einem Versuch auf einem nordamerikanischen Milchviehbetrieb näher betrachtet wurde.

Schlüsselwörter

Gruppenhaltung, Kälberaufzucht, automatische Tränketechnik

Keywords

Group housing, calf raising, automatic feeding Abstract

Büscher, Wolfgang and Quinckhardt, Dörte

Training behaviour of jersey and holstein calves on automatic feeders

Landtechnik 64 (2009), no. 3, pp. 209 - 211, 3 fi gures, 1 table, 3 references

Group housing of calves with automatic feeding is state- of-the-art technology for raising calves. Usually, individual housing and hand-feeding is set prior to group housing.

Potential advantages in terms of nutritional physiology, in economic considerations, and in terms of work

organization may lead to abdication of individual housing.

By doing so, great demands are placed on the farmer in terms of management, i.e. health care, hygienic measures, and animal monitoring. Training of very young calves on automatic feeders is one challenge

which was closer looked upon as a part of a trial on a North American dairy.

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TIER UND TECHNIK 210

in getrennte Gruppen á 30 Tieren eingestallt. Dabei standen pro Gruppe zwei Saugstellen zur Verfügung. Der Altersun- terschied der Kälber in den Gruppen betrug maximal drei Tage. Der Gewichtsunterschied zwischen den Jersey- und den Holstein-Kälbern betrug beim Einstallen 13,7 kg, wobei die Jersey-Kälber im Durchschnitt 26,5 kg wogen. Die sehr sorg- fältige Versorgung der Kälber mit Kolostrum fand vor der Einstallung noch im Abkalbebereich statt. Der Großbetrieb hat seine Kälber bisher — wie in den USA üblich — in Einzel- haltung in Außenhütten aufgezogen. Wegen der großen Käl- berverluste in den Wintermonaten wurde ein neues Warm- stallkonzept im Winter 2008/2009 mit Tränkeautomaten der Firma Förster in Betrieb genommen.

Das Einstallen der Kälber erfolgte aus logistischen Gründen immer morgens. Das erste Heranführen an den Automaten wurde am darauf folgenden Tag vorgenommen (Tabelle 1). Kälber, die die Station einmal alleine gefunden und Tränke aufgenommen hatten, wurden nicht noch einmal an die Futterstelle herangeführt. Anfänglich waren die Lohn- arbeitskräfte mit den neuen Aufgaben nicht vertraut, standen aber der Gruppenhaltung insgesamt aufgeschlossen gegenü- ber.

Das Antränken an sich beinhaltete das Auftreiben des Kalbs und seine (falls erforderlich wiederholte) Heranfüh- rung an den Sauger. Die Automaten waren mit Antränk- pumpen ausgerüstet, die während der Antränkvorgänge ein- gesetzt wurden. Die Mitarbeiter notierten die angetränkten Kälber in ausgehängte Listen. Kälber, die die Station ohne Hilfe aufgesucht hatten, wurden mit Hilfe der Verzehrskon- trolle im Automaten identifi ziert und in der ausgehängten Liste gekennzeichnet.

Antränkbedarf der Holstein-Kälber

Abbildung 1zeigt die Ergebnisse bezüglich des Antränkver- haltens der Holstein-Kälber. Innerhalb der ersten zwei Tage nahm die Zahl der anzuträn-

kenden Kälber kontinuierlich ab. Am zweiten Tag mussten abends 31 % der Kälber ange- tränkt werden.

Die Trainingspause am dritten Tag morgens führte dazu, dass am selben Tag abends lediglich sechs Kälber an die Station geführt wurden.

An den weiteren Tagen wur- den ausschließlich Kälber in die Station begleitet, die einen schwachen Gesamteindruck machten. Einschließlich bis zum Abend des dritten Tages benötigten die Holstein-Kälber im Durchschnitt 2,7 Antränk- hilfen.

Antränkbedarf der Jersey-Kälber

Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse des Antränkens der Jersey- Kälber im Versuch. Am Abend des zweiten Tages benötigten 58,3 % der Versuchskälber eine Antränkhilfe durch die Tierbe- treuer. Im Vergleich mit den Holstein-Kälbern verlief der Lern- prozess der Jersey-Kälber etwas langsamer. Im Durchschnitt waren bei den Jersey-Kälbern 3,2 Antränkhilfen pro Kalb not- wendig. Die rassenspezifi schen Unterschiede im Antränkbe- darf werden in Abbildung 3 deutlich. Hier wird die Anzahl der Antränkungen pro Kalb in den ersten drei Tagen dargestellt.

Diese Unterschiede sind statistisch signifi kant (p=0,1).

Ergebnisse

Ergebnisse früherer Studien [2, 3] zum Antränkbedarf von jun- gen Kälbern lagen etwas unter den eigenen Werten. Die Kälber mussten in der vorliegenden Studie durchschnittlich öfter an- getränkt werden. Allerdings sind die Startbedingungen für die Kälber in diesen Untersuchungen nicht wirklich vergleichbar.

Im Zusammenhang mit dieser Aussage sind die Begleitum- stände der eigenen Untersuchungen zu berücksichtigen. Zum einen fand die Haltung der Versuchkälber auf sehr hartem Beton-Vollspaltenboden statt. Diese Bedingungen haben den Kälbern das freiwillige Aufsuchen der Station erschwert. Die-

3.2009 | LANDTECHNIK Antränkverhalten weiblicher Holstein-Kälber

Fig. 1: Training behaviour of holstein heifer calves Abb. 1

0 10 20 30 40 50 60 70

Day 1 morning

Tag 1 morgens

Day 1 evening Tag 1 abends

Day 2 morning

Tag 2 morgens

Day 2 evening Tag 2 abends

Day 3 morning

Tag 3 morgens

Day 3 evening Tag 3 abends

Day 4 morning

Tag 4 morgens

Day 4 evening Tag 4 abends

Day 5 morning

Tag 5 morgens

Day 5 evening Tag 5 abends Anzahl Kälber Number of calves

0 20 40 60 80 100

Angetränkte Kälber in % Share of trained calves in %

Kälber / Calves Angetränkte Kälber / Trained calves

Angetränkte Kälber in % / Trained calves in %

Gestaltung des Antränkverfahrens für die Kälber in der Untersuchung Table 1: Training schedule for calves in the trial

Tag Antränkverfahren

Ankunftstag Kein Antränken der Kälber

Tag 1 Antränken erfolgt morgens und abends

Tag 2 Antränken erfolgt morgens und abends

Tag 3

Kein Antränken am Morgen. Abends An- tränken der Kälber, die bis dato noch nicht selbstständig die Station gefunden hatten

Tab. 1

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3.2009 | LANDTECHNIK

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ser Umstand kann mit einem eingeschränkten Bewegungs- und Erkundungsverhalten erklärt werden. Zum anderen war die ganze Stallanlage zum Zeitpunkt des Versuches erst seit zwei Monaten in Betrieb. Aus diesem Grund waren Arbeitsabläufe wie das Antränken für die Mitarbeiter noch neu.

Wodurch die höhere Anzahl an Antränkhilfen bei den Jer- sey-Kälbern verursacht wurde, kann nicht eindeutig bestimmt werden. Neben der möglicherweise existenten rassenspezi- fi schen Unterschieden in der Lernfähigkeit der Kälber könnten auch Unterschiede im Gesundheitszustand eine Rolle gespielt haben. Generell war festzustellen, dass die Vitalität der Jersey- Kälber — vielleicht bedingt durch das geringere Geburtsgewicht

— deutlich geringer ausgeprägt war als bei den Holstein-Käl- bern.

Arbeitsablauf

Die Umsetzung des Antränkverfahrens wurde von den Tier- betreuern als anstrengend empfunden, da sich vor allem das Auffi nden einzelner Kälber bei einer Gruppengröße von

dreißig Tieren als nicht einfach erwies. Als unangenehm emp- fanden die Arbeitskräfte auch die Tatsache, dem Spiel- und Saug- trieb der übrigen Kälber in der Gruppe ausgesetzt zu sein, wäh- rend sie ein Kalb in der Tränke- station betreuten.

Schlussfolgerungen

In der vorliegenden Untersuchung wurden maximal 24 Stunden alte Kälber in Gruppen eingestallt und an die Fütterung am Tränkeauto- maten gewöhnt. Dabei erlernten alle Kälber die selbstständige Fut- teraufnahme am Automaten. Rasse- spezifi sche Unterschiede bezüglich des Antränkbedarfs konnten festgestellt werden. Als beeinfl us- sender Faktor auf alle Kälber ist die ungünstige Bodengestal- tung zu berücksichtigen, die als dringende Umbaumaßnahme gegenüber der Betriebsleitung angesprochen wurde.

Vergleichende Untersuchungen zum Arbeitszeitbedarf sind not- wendig, um eine Aussage darüber zu treffen, ob ein Verzicht auf die Einzelhaltung gleichzeitig eine Kosteneinsparung von Arbeitszeit darstellt.

Die Vor- und Nachteile dieser neuen Aufzuchtkonzepte müs- sen sich dann der einzelbetrieblichen Diskussion in Form der Nutzwertanalyse stellen. Für den amerikanischen Großbetrieb dürfte sich nach Lösung des Bodenproblems eine positive Ge- samtbilanz ergeben, weil die Erwartungen — durchaus übertrag- bar auf andere Großbetriebe in den USA — für Mensch und Tier erreicht werden.

Literatur

Maier, C. und I. Steinhöfel (2008): Gruppenhaltung ab erstem Lebenstag?.

[1]

Neue Landwirtschaft, 2008, H.2, S. 54-58

Pirkelmann, H., E. Friedag und S. Hörmannsdorfer (1993): Vergleich der [2]

Einzelhaltung von Saugkälbern zur Gruppenhaltung mit Frühgewöhnung an den Tränkeautomaten. In: Institut für Landtechnik (Hrsg.): Bau und Technik in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, Beiträge zur 1.

Internationalen Tagung vom 16. und 17. März 1993 in Gießen, S. 55-65 Büscher, W., T. Jungbluth und M. Kern (1993): Untersuchungen zum [3]

Anlernverhalten von Jungkälbern an prozeßrechnergesteuerte Tränke- automaten. In: Institut für Landtechnik (Hrsg.): Bau und Technik in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, Beiträge zur 1. internationalen Tagung vom 16. und 17 März 1993 in Gießen, S. 45-53

Autoren

Prof. Dr. Wolfgang Büscher leitet den Lehrstuhl Tierhaltungstechnik im Institut für Landtechnik an der Universität Bonn. E-Mail: buescher@

uni-bonn.de

Dörte Quinckhardt beschäftigte sich im Rahmen ihrer Diplomarbeit mit der Kälberhaltung auf einem nordamerikanischen Milchviehbetrieb.

E-Mail: quinckhardt@t-online.de

Danksagung

Die Untersuchungen wurden in Zusammenarbeit mit der Firma Förster- Technik GmbH aus Engen durchgeführt.

Antränkverhalten weiblicher Jersey-Kälber Figure 2: Training behaviour of jersey heifer calves Abb. 2

0 10 20 30 40 50 60 70

Day 1 mo rning

Tag 1 mo rgens

Day 1 evening Tag 1 abends

Day 2 mo rning

Tag 2 mo rgens

Day 2 evening

Tag 2 abends

Day 3 mo rning

Tag 3 mo rgens

Day 3 evening

Tag 3 abends

Day 4 mo rning

Tag 4 mo rgens

Day 4 evening

Tag 4 abends

Day 5 mo rning

Tag 5 mo rgens

Day 5 evening

Tag 5 abends

Anzahl Kälber Number of calves

0 20 40 60 80 100

Angetränkte Kälber in % Share of trained calves in %

Kälber / Calves Angetränkte Kälber / Trained Calves

Angetränkte Kälber in % / Trained calves in %

Anzahl der Antränkhilfen pro Kalb in den ersten drei Lebenstagen in Abhängigkeit der Rasse bei fünf möglichen Antränkhilfen Figure 3: Times of training within the fi rst three days with fi ve possi- ble times of training by breed

Abb. 3

0 5 10 15 20 25

1 2 3 4 5

Anzahl Antränkhilfen Times of training Anzahl Kälber Number of calves

Holstein Kälber / Holstein calves Jersey Kälber / Jersey calves

Referenzen

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