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Untersuchungen zur Assoziation zwischen Ketose und dem Insulin-like Growth Faktor-1 System

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Academic year: 2022

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Untersuchungen zur Assoziation zwischen Ketose und dem Insulin-like Growth Faktor-1 System

INAUGURAL – DISSERTATION Zur Erlangung des Grades einer Doktorin

der Veterinärmedizin

– Doctor medicinae veterinariae – (Dr. med. vet.)

vorgelegt von Vanessa Jacobs

Berlin

Hannover 2016

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Frau Dr. JProf. Marion Schmicke geb. Piechotta Tierärztliche Hochschule Hannover,

Klinik für Rinder, Endokrinologisches Labor

1. Gutachterin: Frau Dr. Jun.-Prof. Marion Schmicke geb. Piechotta

2. Gutachter: Herr Prof. Dr. med. vet. Gerhard Breves

Tag der mündlichen Prüfung: 10.11.2016

Gefördert durch die H. WILHELM SCHAUMANN STIFTUNG

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Meiner Familie

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“IGF-1 was not predictive for early postpartum ketosis in a field study” Jacobs, V., Araujo, M., Tietze, R., Schmicke (Piechotta), M.

16th International Conference on Production Diseases in Farm Animals (ICPD).

20 – 23. Juni 2016 Wageningen, Netherlands.

(5)

2.1.1. Ketose bei der Milchkuh ... - 3 -

2.1.1.1. Pathomechanismus und Symptome der Ketose des Rindes ... - 4 -

2.1.1.2. Vorkommen und Bedeutung ... - 5 -

2.2. Bedeutung endokriner Mechanismen in der Pathophysiologie der Ketose ... - 7 -

2.2.1. Die somatotrope Achse ... - 7 -

2.2.1.1. Zusammenhang zwischen der somatotropen Achse und dem Metabolismus- 8 - 2.2.1.2. Entkopplung der somatotropen Achse ... - 10 -

2.2.1.3. Zusammenhang zwischen Ketose und somatotroper Achse ... - 11 -

2.2.2. Insulin ... - 14 -

2.2.2.1. Bedeutung in der Transitphase ... - 14 -

2.2.2.2. Zusammenhang zwischen Insulin und der somatotropen Achse ... - 16 -

2.3. Überwachung der Stoffwechselgesundheit im Hinblick auf Ketose-Erkrankungen - 18 - 2.3.1. Diagnostische Parameter ... - 18 -

2.3.1.1. Betahydroxybutyrat ... - 19 -

2.3.1.2. Nicht veresterte Fettsäuren ... - 21 -

2.3.1.3. Insulinähnlicher Wachstumsfaktor-1 ... - 22 -

2.4. Einsatz und Wirkungen von Glukokortikoiden bei der Ketose-Therapie ... - 22 -

3. Material und Methoden ... - 26 -

3.1. Herkunft der Tiere ... - 26 -

3.1.1. Versuchsbetriebe ... - 26 -

3.1.1.1. Agrar GmbH Vipperow ... - 26 -

3.1.1.2. LWB J. Mewes/GbR Liebenow ... - 27 -

3.1.1.3. LHG Gotthun ... - 28 -

3.1.1.4. Sievers/Ramm GbR ... - 29 -

3.2. Auswahl und Anzahl der Tiere, Versuchsaufbau ... - 29 -

3.3. Erhebung von Reproduktions- und Milchleistungsdaten ... - 33 -

3.4. Allgemeine Untersuchung ... - 33 -

3.5. Body Condition Score ... - 34 -

(6)

3.8.1. Nachgeburtsverhaltung ... - 34 -

3.8.2. Klinische Metritis ... - 35 -

3.8.3. Mastitis ... - 35 -

3.8.4. Labmagenverlagerung ... - 35 -

3.8.5. Hemorrhagic Bowl Syndrom ... - 35 -

3.9. Laboranalytische Bestimmungen in den Blutproben ... - 36 -

3.9.1. Klinisch-chemische Parameter ... - 36 -

3.9.1.1. Betahydroxybutyrat ... - 36 -

3.9.1.2. Nicht veresterte Fettsäuren ... - 36 -

3.9.2. Endokrinologische Parameter ... - 37 -

3.9.2.1. Wachstumshormon ... - 37 -

3.9.2.2. Insulinähnlicher Wachstumsfaktor-1 ... - 37 -

3.9.2.3. Insulin ... - 38 -

3.10. Statistische Auswertung ... - 38 -

4. Ergebnisse ... - 40 -

4.1. Herkunft, Auswahl und Anzahl der Versuchstiere, Ketoseprävalenz ... - 40 -

4.2. Reproduktionsdaten und Milchleistungsdaten ... - 43 -

4.2.1. Laktationsnummer ... - 43 -

4.2.2. Vorjahresleistung ... - 45 -

4.2.3. Zeitpunkt der Diagnosestellung relativ zum Kalbedatum ... - 45 -

4.3. Body Condition Score ... - 46 -

4.4. Auftreten sonstiger peripartaler Erkrankungen ... - 47 -

4.5. Ketose-Behandlung ... - 48 -

4.6. Grenzwerte und Korrelation der Betahydroxybutyrat-Messwerte ... - 48 -

4.7. Laboranalytische Bestimmungen in den Blutproben ... - 49 -

4.7.1. Klinisch-chemische Parameter ... - 49 -

4.7.1.1. Betahydroxybutyrat ... - 49 -

4.7.1.2. Nicht veresterte Fettsäuren ... - 51 -

(7)

4.7.2.3. Insulin ... - 57 -

4.8. Effekt der Behandlung bei den Einzeltieren ... - 59 -

5. Diskussion ... - 61 -

5.1. Betriebsspezifische Unterschiede ... - 62 -

5.2. Auswahl, Anzahl und Herkunft der Versuchstiere ... - 66 -

5.3. Zeitpunkt der Diagnosestellung relativ zum Abkalbedatum ... - 67 -

5.4. Einfluss der Laktationsnummer auf die gemessenen Parameter ... - 68 -

5.5. Einfluss der Vorjahresleistung auf die gemessenen Parameter ... - 70 -

5.6. Einfluss des Body Condition Score auf Ketose-Erkrankungen ... - 71 -

5.7. Grenzwerte und Korrelation der Betahydroxybutyrat-Messwerte ... - 73 -

5.8. Zusammenhang zwischen klinisch-chemischen Parametern und Ketose ... - 74 -

5.8.1. Betahydroxybutyrat ... - 74 -

5.8.2. Nicht veresterte Fettsäuren ... - 76 -

5.9. Zusammenhang zwischen endokrinologischen Parametern und Ketose ... - 77 -

5.9.1. Wachstumshormon ... - 77 -

5.9.2. Insulinähnlicher Wachstumsfaktor-1 ... - 79 -

5.9.3. Insulin ... - 82 -

5.10. Effekt der Behandlung auf die Laborparameter ... - 84 -

5.10.1. Effekt der Behandlung auf die klinisch-chemischen Parameter ... - 85 -

5.10.2. Effekt der Behandlung an pp0 auf die Parameter der somatotropen Achse .... - 87 -

5.10.3. Effekt der Behandlungen auf die Insulin-Konzentration ... - 89 -

5.11. Schlussfolgerungen ... - 90 -

6. Zusammenfassung ... - 93 -

7. Summary ... - 96 -

8. Literaturverzeichnis ... - 98 -

9. Anhang ... - 122 -

9.1. Futterrationszusammensetzungen der relevanten Tiergruppen ... - 122 -

9.2. Tabellenanhang Mittelwerte ± Standardfehler für die verschiedenen Parameter .. - 130 -

(8)

9.4.2. Einzeltierkonzentrationsverläufe Nicht-veresterte Fettsäuren ... - 140 -

9.4.3. Einzeltierkonzentrationsverläufe Wachstumshormon ... - 146 -

9.4.4. Einzeltierkonzentrationsverläufe Insulinähnlicher Wachstumsfaktor-1 ... - 152 -

9.4.5. Einzeltierkonzentrationsverläufe Insulin ... - 158 -

(9)

speziellen Abkürzungen verwendet.

Abb. Abbildung

Ac Aceton

AcAc Acetoacetat

ALS Acid Labile Subunit

ap antepartaler Untersuchungszeitpunkt BCS Body Condition Score

BHB Betahydroxybutyrat EDTA Ethylendiamintetraacetat

ELISA Enzyme Linked Immunosorbent Assay GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts GH Wachstumshormon (Growth Hormon) GHIH Growth Hormone Inhibiting Hormone

GHR Wachstumshormonrezeptor (Growth Hormone Receptor) GHRH Growth Hormone Releasing Hormone

GmbH HF

Gesellschaft mit beschränkter Haftung Holstein Friesian

IGF-1 Insulinähnlicher Wachstumsfaktor-1 (Insulin-like Growth Factor) IGFBP Insulin-like Growth Factor Binding Protein

IGFR Insulin-like Growth Factor Receptor

KM Körpermasse

LHG Landwirtschafts- und Handelsgesellschaft LMV Labmagenverlagerung

lsmean Mittelwert der kleinsten Quadrate (least square mean) LWB Landwirtschaftsbetrieb

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NEFA nicht veresterte Fettsäuren (non esterfied fatty acids) NGV Nachgeburtsverhaltung

p.i. nach Besamung (post inseminationem)

pp postpartaler Untersuchungszeitpunkt, postpartum pp0 Tag der Diagnose

pp1 einen Tag nach Diagnosestellung pp3 drei Tage nach Diagnosestellung pp7 sieben Tage nach Diagnosestellung

Tab. Tabelle

TM Trockenmasse

TMA Trockenmasseaufnahme TMR totale Mischration UZP Untersuchungszeitpunkt VK Variationskoeffizient

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1. Einleitung

Die Ketose ist eine wichtige und ökonomisch bedeutsame Stoffwechselerkrankung, die vor allem bei der hochleistenden Milchkuh im postpartalen Zeitraum vorzugsweise in den ersten zwei bis sieben Wochen nach der Geburt auftritt (Nielsen & Ingvartsen 2004). Neben endokrinologischen Adaptationen, die unter anderem die Schilddrüsenhormone und Insulin betreffen, scheint die somatotrope Achse für die metabolischen Regulationen bei der Milchkuh eine besondere Rolle zu spielen (Breier, 1999; Frago & Chowen, 2005; Lucy, 2001; Renaville et al., 2002). Diese endokrine Achse stellt einen entscheidenden Stoffwechselweg für den Übergang von der späten Trächtigkeit zur frühen Laktation dar (Bell 1995) und es gibt Hinweise, dass diese auch bei der Entstehung einer Ketose von Bedeutung sein könnte (Piechotta et al. 2012; Piechotta et al. 2015). Für die Lipolyse des körpereigenen Fettgewebes in Phasen negativer Energiebilanz (NEB) liegen erhöhte Wachstumshormonkonzentrationen (Growth Hormon, GH) und erniedrigte Konzentrationen des insulinähnlichen Wachstumsfaktors-1 (Insulin-like Growth Factor-1, IGF-1) vor (Lucy 2001). Es ist bekannt, dass eine solche katabole Stoffwechsellage zu einer hepatischen GH-Resistenz und folglich zu einer geringeren IGF-1-Konzentration im Blut führt (Breier 1999). Aufgrund des fehlenden negativen Feedback-Mechanismus von IGF-1 auf die hypophysäre GH-Sekretion wird vermehrt GH ausgeschüttet (Radcliff et al., 2003; Winkelman et al., 2008; Kim et al., 2004).

Diese in der Literatur als „Entkopplung der somatotropen Achse“ bezeichnete endokrine Adaptation ist bereits seit den 80er Jahren bekannt (Vandehaar et al. 1995; Grum et al. 1996;

Kobayashi et al. 2002; Butler et al. 2003). Es konnte bereits gezeigt werden, dass eine Assoziation zwischen der somatotropen Achse und der Ketoseinzidenz von Milchkühen besteht. Die IGF-1-Konzentrationen waren bei Holstein Friesian (HF) Milchkühen antepartal niedriger, sofern die Kühe ein erhöhtes Risiko für eine metabolische Produktionserkrankung wie die Ketose nach der Geburt aufwiesen (Piechotta et al. 2012; Piechotta et al. 2015).

Piechotta et al. (2015) schlugen IGF-1 als diagnostischen Parameter zur frühen Erkennung von Risikotieren vor. In den Studien von Piechotta wurden antepartale Blutproben von Kühen eines Betriebes entnommen. Alle Kühe, die innerhalb von drei Wochen nach dem Kalben eine Ketose-Erkrankung aufwiesen, wurden in die Studienauswertung einbezogen. Die IGF-1 Konzentration wurde nur vor der Abkalbung bestimmt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Tiere

(12)

klinisch gesund, zeigten keine deutliche Erhöhung der nicht veresterten Fettsäure (NEFA)- Konzentrationen und befanden sich auch noch nicht in einer klinischen Ketose. Nicht bekannt ist, ob die Kühe, die antepartum (ap) deutlich niedrige IGF-1-Konzentrationen haben, diese auch postpartum (pp) noch aufweisen. Werden Kühe entsprechend ihrer IGF-1-Konzentration vor dem Kalben in eine Gruppe mit hoher versus niedriger IGF-1-Konzentration eingeteilt, unterschieden sich die Gruppen zum Zeitpunkt der Geburt hinsichtlich der IGF-1- Konzentration nicht mehr (Piechotta et al., 2014).

Für die vorliegende Arbeit sollen Milchkühe verschiedener Betriebe in einem – mit den oben genannten Studien vergleichbaren – antepartalen Zeitfenster beprobt werden, um diese Tiere postpartal weiterzuverfolgen. Es soll geprüft werden, ob die antepartalen IGF-1- Konzentrationen auch für eine betriebsübergreifende Anwendung zur Identifikation eines erhöhten Ketoserisikos geeignet sind oder ob betriebsspezifische Unterschiede bestehen, was den Nutzen des Parameters deutlich einschränken würde. Des Weiteren soll untersucht werden, inwieweit sich die Konzentrationen an Betahydroxybutyrat (BHB), NEFA, GH, IGF-1 und Insulin zwischen gesunden und kranken Tieren vor der Kalbung sowie im postpartalen Verlauf unterscheiden. Augenmerk soll insbesondere darauf gelegt werden, wie sich somatotrope Achse pp bei Tieren, die eine klinische Ketose ausweisen, adaptiert. Auch soll untersucht werden, wie sich die Parameter der somatotropen Achse unter Ketose-Therapie, insbesondere unter Dexamethason, verhalten und inwiefern sich die postpartale IGF-1-Konzentration als Indikator für eine erfolgreiche Ketose-Therapie eignet. In bisherigen Studien konnte ein direkter Einfluss von Insulin auf die Growth Hormone Receptor (GHR)-Expression und die IGF-1-Sekretion in der Leber gezeigt werden (Butler et al. 2003). Daher soll die Assoziation zwischen Insulin und der GH/IGF-1-Achse in dieser Arbeit betrachtet werden.

(13)

2. Literatur

2.1. Energiestoffwechsel in der Transitperiode

Nach Goff & Horst (1997) entspricht die Transitperiode der Milchkuh dem peripartalen Zeitraum vom Übergang der später Trächtigkeit in die frühe Laktation. Grummer (1995) bezeichnet die Zeitspanne von drei Wochen vor bis drei Wochen nach der Kalbung als Transitperiode. Die Kuh wird in dieser Phase vor die Herausforderung gestellt, den – durch fetales Wachstum und das Einsetzen der Laktogenese – wachsenden Ansprüchen an ihren Energiebedarf bei gleichzeitig sinkender Futteraufnahme gerecht zu werden. Zusätzlich setzen mit Geburt und Laktation gravierende Adaptationen im endokrinologischen System der Tiere ein (Grummer 1995). Wenn sich der Stoffwechsel der Tiere unzureichend anpasst, erhöht sich die Anfälligkeit für metabolische und infektiöse Erkrankungen der Kühe (Lean 2013; Roche et al. 2013; Piechotta et al. 2015; Drackley et al. 2005; Chagas et al. 2007; Duffield 2000; LeBlanc et al. 2005; Goff & Horst 1997; Herdt 2000b). Studienergebnisse belegen, dass gesundheitliche Probleme bei Milchkühen unverhältnismäßig stark in dieser Periode auftreten (Drackley 1999).

2.1.1. Ketose bei der Milchkuh

Die Ketose repräsentiert eine elementare Störung der Adaptation an die NEB in der Transitphase (Goff & Horst 1997; Herdt 2000a). Die Anpassung des Energie- und Fettstoffwechsels durch den Abbau körpereigener Fettdepots ist ein essentieller Mechanismus, um dem rasch steigenden Energiebedarf, der in dieser Zeit nicht allein durch Futteraufnahme gedeckt werden kann, gerecht zu werden. Dabei werden NEFA bereit gestellt und in Leber, Milchdrüse sowie anderen Organen verwertet (Bauman & Currie 1980). Gelangen hohe NEFA- Konzentrationen in die Hepatozyten, ist eine verstärkte Ketogenese die Folge (Herdt 2000a;

Leblanc 2006) und die Ketonkörperspiegel in Harn, Milch und peripherem Blut erhöhen sich.

Eine BHB-Blutkonzentration von < 1000 µmol/L (= 1 mmol/L) und BHB-Milchkonzentration von < 100 µmol/L (Dirksen, Breitner 1995) gelten dabei als physiologische Anpassung. Fallen im Organismus aber mehr Ketonkörper an als physiologisch verstoffwechselt werden können, führt dies letztlich zu den unter 2.1.1.1. beschriebenen Symptomen.

(14)

2.1.1.1. Pathomechanismus und Symptome der Ketose des Rindes

Die Ketose des Rindes tritt typischerweise in der frühen Laktation ein (Baird 1982). Ursächlich ist ein Energiedefizit, das durch die Laktation und dem damit verbundenen erhöhten Energiebedarf entsteht. Da die Futteraufnahme einige Tage vor der Geburt sinkt und erst im Verlauf der Laktation wieder ansteigt, verstärkt sich die NEB (Bertics et al. 1992; Harrison et al. 1990; Butler & Smith 1989). Übersteigt der Energiebedarf das Angebot der im Pansen durch Fermentation bereitgestellten kurzkettigen Fettsäuren, wird Fett aus körpereigenen Depots mobilisiert (Stöber, M., Dirksen 1982). Hierbei wird Körperfett in freie NEFA sowie Glycerin gespalten und über das Blut zur Leber transportiert. In der Leber werden die Fettsäuren zu Acetylcoenzym A (Acetyl-CoA) abgebaut, an Oxalacetat gebunden und zur Energiegewinnung in den Citratzyklus eingeschleust (Löffler et al. 1998). Die Verstoffwechselung der freien Fettsäuren in der Leber steht aber durch den Verbrauch von Oxalacetat in Konkurrenz zur Glukoneogenese. Werden vermehrt Fettsäuren in die Leber aufgenommen, werden diese zum Teil als Triglyceride, gebunden an Apolipoprotein, wieder ins Blut abgegeben. Die Kapazität dieses Mechanismus ist jedoch begrenzt, so dass Trigylceride bei deutlicher Lipolyse in der Leber eingelagert werden (Leberverfettung) (Rukkwamsuk et al. 1999; Collins & Reid 1980).

Durch das aus den freien Fettsäuren gebildete, im Überschuss anfallende Acetyl-CoA und das Fehlen von Oxalacetat zur Reaktion im Citratzyklus verstärkt sich die Ketogenese in den Mitochondrien der Hepatozyten. Dabei werden aus zwei Acetyl-CoA-Molekülen letztlich die Ketonkörper BHB, Acetoacetat (AcAc) und Aceton (Ac) gebildet (Baird et al. 1968; van Knegsel et al. 2005). Ketonkörper werden darüber hinaus auch aus Buttersäure, die während der Vormagenverdauung entsteht, im Epithel entsteht der Pansenwand in Form von BHB gebildet (ruminale Ketogenese). Ketone oder Ketonkörper sind Kohlenwassertoff-Moleküle, die als funktionelle Gruppe eine C=O Gruppe (Ketogruppe) aufweisen. Obwohl BHB rein chemisch kein Keton ist, wird es trotzdem als ein solches bezeichnet. Bei einem – wie oben geschilderten – Energiedefizit der Milchkuh fallen wesentlich mehr Ketonkörper an als physiologisch verstoffwechselt oder ausgeschieden werden können. Das Verhältnis der vorliegenden Ketonkörper-Konzentration verschiebt sich zugunsten von AcAc und Ac (Rosenberger et al. 1978). Die Akkumulation dieser zirkulierenden Stoffwechselprodukte kann zu einer metabolischen Störung, der Ketose und damit zu folgenden Symptomen führen:

(15)

Die „digestive Form“ der Ketose geht mit Appetitlosigkeit, verminderter Pansentätigkeit, Indigestion, reduzierter Darmmotilität und nachfolgender Obstipation einher (Rosenberger et al. 1978). Eine stark sinkende Milchleistung und eine deutliche Abnahme der Körpermasse (KM) sind weitere Folgen. Zeigen die Kühe nervöse Symptome und oder sind „leicht erregbar“, liegt die „nervöse Form“ der Ketose vor (Baird 1982; Andersson & Olsson 1984; Foster 1988).

Baird (1982) spekulierte, dass Hyperketonämie und/oder Hypoglykämie zu den nervösen Symptomen führen könnten. Laut Bergman (1971) führt eine plötzlich eintretende Hyperglykämie zu nervösen Symptomen. Grund hierfür ist laut dem Autor die unzureichende Adaptation der Gewebe, insbesondere des Gehirns, an die Nutzung von NEFA und Ketonkörpern als Energieträger. Nach Rosenberger et al. (1978) ist die nervöse Ketose vermutlich auf besonders hohe Gehalte von Ac und AcAc im Blut zurückzuführen. Leidet ein Tier an einer subklinischen Ketose, sind zwar noch keine klinischen Symptome erkennbar, aber der Spiegel an Ketonkörpern in Blut, Harn und Milch ist bereits erhöht (Andersson 1988). Im Blut können des Weiteren eine Hypoglykämie und erhöhte Konzentrationen an NEFA nachgewiesen werden. Die hepatische Glukoneogenese ist vermindert (Bergman 1971;

Kronfeld 1971).

2.1.1.2. Vorkommen und Bedeutung

Mit Steigerung der Produktivität in Milchviehherden ist die Ketose zu einer wichtigen und häufigen postpartalen Stoffwechselerkrankung geworden (Andersson 1988; Duffield 2000).

Die klinische Ketose wird mehrheitlich in den ersten, seltener in den zweiten vier Wochen der Laktation und nur sporadisch im weiteren Verlauf der Laktation diagnostiziert (Ingvartsen 2006). Die Inzidenz der klinischen bzw. subklinischen Ketose ist hierbei stark abhängig vom jeweils festgelegtem Parameter und dessen Grenzwert zur Diagnose einer Ketose (Duffield 2000). BHB macht mit ca. 81 % den Hauptbestandteil der Gesamtketonkörper-Konzentration beim Wiederkäuer aus und wird bereits in der frühen Literatur als der aussagekräftigste labordiagnostische Indikator für das Abschätzen der Energiebilanz sowie der Ketogenese beschrieben (Russel & Wright 1983). Empfehlungen für die Definition des Grenzwertes reichen hierbei über BHB-Konzentrationen von 1,00–3,00 mmol/L für die klinische (Duffield 2000;

Duffield 2004; Oetzel 2004) und bis 1,00–1,40 mmol/L für die subklinische Ketose (Whitaker

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et al. 1993; Whitaker et al. 1983). Zu Laktationsbeginn zeigten bei einmaliger Untersuchung ca. 50 % der Kühe (Dohoo et al. 1984) und bei wiederholter Kontrolle über einen Zeitraum von sechs Wochen postpartum bis zu 97 % der Tiere eine subklinische Ketose (Asl et al. 2011).

Klinische Fälle von Ketosen treten dagegen in hochleistenden Herden mit einer Häufigkeit von ca. 5–10 % und bei unzureichender oder nicht an die Leistung angepasster Fütterung auch erheblich öfter auf (Moore & Ishler 1997). In einer Arbeit von Suthar et al. (2013), die in zehn europäischen Ländern durchgeführt wurde, wurde die subklinische Ketose durch eine Serum- BHB-Konzentration von > 1,20–1,40 mmol BHB/L zwischen Tag 2 und Tag 15 pp definiert.

Hierbei wiesen innerhalb der zehn Länder insgesamt 21,8 % (11,2–36,6 %) der Tiere eine subklinische Ketose auf. In einer erst kürzlich vorgenommenen Untersuchung, in der die Prävalenz von Ketosen in großen Managementsystemen verschiedener westeuropäischer Länder bestimmt wurde, lag der Herdendurchschnitt für eine Ketose bei insgesamt 39 % und in Deutschland bei 43 % (Berge & Vertenten 2014). Die Ketose ist demnach eine Erkrankung mit großen Auswirkungen auf die Milchviehhaltung. Nachteile ergeben sich dabei unter anderem aus Einbußen durch finanzielle Verluste durch sinkende Milchleistung. Verschiedene Studien ergaben, dass die Milchleistung ketotischer Kühe im Vergleich zu nicht ketotischen Kühen um 1–10 L pro Tag reduziert ist (Dohoo et al. 1984; Duffield et al. 1999; Gröhn et al. 1999; Rajala- Schultz et al. 1999). Weitere finanzielle Verluste entstehen durch Störungen der Fruchtbarkeit, Verkürzung der Nutzungsdauer sowie zusätzliche Behandlungskosten aufgrund der Ketose selbst und/oder der daraus resultierenden Folgeerkrankungen (Ospina et al. 2010a; Chapinal et al. 2012; Roberts et al. 2012). Nach Erstbesamung sind die Trächtigkeitsraten vermindert (Walsh et al. 2004) und sowohl die Dauer als auch die Schwere von Mastitis-Erkrankungen sind bei Tieren mit Ketose erhöht (Suriyasathaporn et al. 2000). Eine Kuh mit subklinischer Ketose entwickelt im Vergleich zu einem gesunden Tier drei- bis achtmal öfter eine linksseitige Labmagenverlagerung (LMV) (LeBlanc et al. 2005; Mulligan et al. 2006; Geishauser, Leslie &

Duffield 2000; Duffield et al. 2009). Demnach sind eine nachhaltige Beeinträchtigung der Tiergesundheit und somit auch der Milchproduktion unmittelbare sowie mittelbare Folgen der Ketose.

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2.2. Bedeutung endokriner Mechanismen in der Pathophysiologie der Ketose

Für die Bewältigung der metabolischen Herausforderung, vor die hochleistende Milchkühe in der Transitphase gestellt werden, scheint die individuelle Anpassungsfähigkeit eine entscheidende Rolle zu spielen (Kessel et al. 2008). Komplexe Adaptationsvorgänge im endokrinen System sind nötig, um die Stoffwechselhomöostase aufrechtzuerhalten. Hierbei scheint neben den Veränderungen im Bereich der Schilddrüsenhormone und des Insulins (Stichwort Insulinresistenz), die somatotrope Achse ein entscheidender Stoffwechselweg für den Übergang von der späten Trächtigkeit zur frühen Laktation zu sein (Bell 1995; Lucy 2001;

Breier 1999; Frago & Chowen 2005; Renaville et al. 2002). Da die somatotrope Achse im Hauptfokus der vorliegenden Arbeit steht, soll diese im Folgenden näher beschrieben werden.

Wachstumshormon ist zentraler Bestandteil der somatotropen Achse und ein maßgeblich regulierender Faktor für die Insulinsensitivität in peripheren insulinabhängigen Geweben (Dominici et al. 2005). Insulin scheint für die GH-Sensitivität in der Leber zum Geburtszeitpunkt eine tragende Rolle zu spielen (Butler et al. 2003). Demnach soll auch auf Insulin im Weitern näher eingegangen werden.

2.2.1. Die somatotrope Achse

Die somatotrope Achse besteht aus GH, IGF-1 und den jeweiligen Bindungsproteinen. GH wird im Hypophysenvorderlappen synthetisiert und über die im Hypothalamus gebildeten Releasing- bzw. Inhibiting-Hormone pulsatil sowie geschlechtsspezifisch ausgeschüttet (Tuggle &

Trenkle 1996; Jansson et al. 1985). Die Sekretion des Growth Hormone Inhibiting Hormone (GHIH) und des Growth Hormone Releasing Hormone (GHRH) erfolgt durch einen negativen Feedbackmechanismus, der unter anderem über die Konzentrationen von GH (Pellegrini et al.

1996; Yamauchi et al. 1991; Zeitler et al. 1990), Insulin und IGF-1 (Butler et al. 2003) gesteuert wird. Indem GH an seinen Rezeptor (GHR) bindet, wird die Bildung von IGF-1 stimuliert (Lucy et al. 2001; McGuire et al. 1992).

Im Blut schließt sich der Großteil des hepatisch sezernierten IGF-1 zu ternären Komplexen zusammen und liegt im Serum zu etwa 95 % gebunden vor (Etherton 2004). Die meisten dieser Komplexe bestehen aus einer Dreifachkombination von IGF-1, dem spezifischen IGF- Bindungsprotein 3 (IGFBP3) sowie der Acid Labile Subunit (ALS) (Clemmons et al. 1998),

(18)

einem GH-abhängigem, primär aus der Leber stammenden Glykoprotein (Ooi et al. 1998;

Woelfle & Rotwein 2004; Twigg & Baxter 1998). Neben IGFBP3 wurden mindestens fünf weitere IGFBP in der Kuh identifiziert (Neuvians et al. 2003). Eine der wichtigen Funktionen der Bindungsproteine ist die Verlängerung der Halbwertszeit von ca. 10 Minuten (freies IGF- 1) auf ca. 15 Minuten (in binärem Komplex mit einem IGFBP) bzw. auf bis zu 15 Stunden (gebunden in ternären Komplex mit ALS) (Twigg & Baxter 1998; Zapf et al. 1986; Kim 2014), da IGF-1 gebunden in ternären Komplexen endotheliale Barrieren nicht überwinden kann (Binoux & Hossenlopp 1988; Kim 2014). Die IGFBP steuern den Zugang des IGF-1 zu seinen spezifischen Rezeptoren (Firth & Baxter 2002) und damit die Wirkung von IGF-1 am IGF- Rezeptor (IGFR) (Thissen et al. 1994). Allgemein ist aber wenig über Expression, Verteilung und Wirkung dieser scheinbar wichtigen Komponenten des endokrinologischen Systems bekannt, so dass die Aussagen über ihren Einfluss bei der Entstehung einer NEB noch sehr begrenzt sind (Fenwick et al. 2008). Bekannt ist, dass in der späten Trächtigkeit die Menge von IGFBP3, dem in höchster Konzentration vorliegenden IGFBP (Clemmons et al. 1998), sinkt (Piechotta et al. 2013). Dadurch kommt es neben der – durch die im peripartalen Zeitraum auftretende GH-Resistenz verursachten – verminderten IGF-1-Konzentrationen, zusätzlich zu einem Absinken der Gesamt-IGF-1-Konzentration im Blut. Im Mausmodell wurde gezeigt, dass bei Tieren mit einem ALS-Defizit IGF-1 um 62 % und die IGFBP3-Zirkulation um 82 % reduziert ist. Dadurch werden die IGF-1-induzierte Entwicklung und das Wachstum vermindert (Ueki et al. 2000). Auch bei der Milchkuh wurde bereits nachgewiesen, dass Tiere mit niedrigen IGF-1-Konzentrationen auch eine geringere hepatische ALS-Expression aufweisen (Piechotta et al. 2013; Piechotta et al. 2014).

2.2.1.1. Zusammenhang zwischen der somatotropen Achse und dem Metabolismus

Wachstumshormon ist ein Peptidhormon, das viele metabolische Prozesse, inklusive des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels, reguliert (Lupu et al. 2001; Le Roith et al. 2001). Im Wesentlichen ist GH ein anabol wirkendes Hormon (Kostyo 1968). Die metabolische Funktion von GH wird durch eine direkte Wirkung auf seine Zielzellen vermittelt und ist beispielsweise gekennzeichnet durch einen Anstieg der Glukoneogenese sowie einer vermehrten Proteinsynthese in der Leber, einer verminderten Liponeogenese und einer reduzierten

(19)

Insulinsensitivität von Fettgewebe. GH wirkt direkt am Fettgewebe und erhöht die Lipolyse (Le Roith et al. 2001). Hierbei antagonisiert GH die insulinabhängige Glukoseaufnahme in periphere Gewebe und schwächt die Glukoneogenese vermindernde Wirkung des Insulins, um den steigenden Energieanforderungen für die einsetzende Laktogenese gerecht zu werden (Kim 2014). Dies verdeutlicht den nährstoffverteilenden Einfluss des GH in der frühen Laktation zugunsten der Milchproduktion beim Rind und seine Bedeutung bei der Milchkuh. Die Aktivität des GH wird durch die Menge der GHR, insbesondere durch die Expressionshöhe des leberspezifischen GHR1A-Transkripts, gesteuert. Obwohl GHR auch in peripheren Geweben exprimiert werden, findet sich die höchste Konzentration in der Leber (Lucy 2000). Die Bindung des GH an den GHR initiiert die Synthese von IGF-1. Bindet IGF-1 an seinen Rezeptor, wird die indirekte Wirkung des GH darüber vermittelt.

Der Großteil des im Blut zirkulierenden IGF-1 wird in der Leber produziert (Yakar et al. 1999;

Le Roith et al. 2001). Daneben wird IGF-1 allerdings auch in vielen verschiedenen Geweben lokal synthetisiert, wo es durch parakrine oder autokrine Signaltransduktion wirkt (Jones &

Clemmons 1995) und vor allem die Zelldifferenzierung, sowie -proliferation stimuliert. IGF-1 steht in engem Zusammenhang mit postnatalem Wachstum und Metabolismus (Le Roith et al.

2001). Es beeinflusst durch seinen anabolen Effekt den Stoffwechsel, die Laktation und die Reproduktion bei Tieren (Jones & Clemmons 1995). Insbesondere bei der Kuh wurde die IGF- 1-Konzentration im Blut bereits als ein Indikator für die Energiebilanz diskutiert (Spicer et al.

1990; Piechotta et al. 2012). Dementsprechend wurde gezeigt, dass Tiere nach Futterrestriktion in schwerer NEB deutlich verminderte IGF-1-Konzentrationen im Vergleich zu Kontrolltieren aufweisen (Fenwick et al. 2008; Gross et al. 2011; Vandehaar et al. 1995). Darüber hinaus gilt IGF-1 als ein wichtiges Signal für die hepatische Glukoneogenese. Wang et al. (2012) beschrieben einen hemmenden Effekt des IGF-1 auf Schlüsselenzyme der Glukoneogenese.

Daher wird ein physiologischer Zusammenhang zwischen IGF-1 und Stoffwechselerkrankungen, insbesondere der Ketose, vermutet (Piechotta et al. 2015). Obwohl in ersten Studien eine Assoziation zwischen niedrigen IGF-1-Konzentrationen und metabolischen Stoffwechselerkrankungen nachgewiesen wurde (Piechotta et al. 2012), ist der genaue Mechanismus der Assoziation zwischen Ketose-Erkrankungen und der somatotropen Achse nicht ausreichend bekannt und bedarf weiteren Untersuchungen. Spekuliert wurde, dass eine geringe IGF-1-Produktion in der Leber während der späten Trächtigkeit die GH-Sekretion

(20)

sowie die Lipolyse und damit die Menge der im Blut zirkulierenden Fettsäuren erhöht. Dadurch könnte das Risiko für eine Ketose-Erkrankung steigen (Piechotta et al. 2015).

2.2.1.2. Entkopplung der somatotropen Achse

Es ist bekannt, dass in einer katabolen Stoffwechsellage, wie sie während des peripartalen Zeitraums auftritt, eine hepatische GH-Resistenz vorliegt (Kopchick & Andry 2000; Lucy et al.

2001; Zhu et al. 2001; Kim & Boisclair 2008). Die GH-Resistenz ist charakterisiert durch reduzierte periphere IGF-1-Konzentrationen (Breier 1999) bei steigenden GH-Konzentrationen (Fenwick et al. 2008). Man geht davon aus, dass diese GH-Resistenz im peripartalen Zeitraum auf der verminderten Expression (Radcliff et al. 2003b; Lucy et al. 2001) des hepatischen GHR1A-Transkripts und einer daraus resultierenden verminderten IGF-1-Konzentration im Blut basiert (Radcliff et al. 2003b; Kobayashi et al. 1999). Aufgrund des fehlenden negativen Feedback-Mechanismus von IGF-1 steigt die hypophysäre GH-Ausschüttung (Winkelman et al. 2008; Kim et al. 2004; Radcliff et al. 2003a). Dies verdeutlicht, dass zur Lipolyse körpereigenen Fettgewebes in einer Phase der NEB eine hohe GH- und eine niedrige IGF-1- Konzentration vorliegen (Lucy 2001). Das Phänomen ist seit den 80er Jahren bei der Milchkuh bekannt und wird von einigen Autoren seit längerer Zeit als „Entkopplung der somatotropen Achse“ bezeichnet (Vandehaar et al. 1995; Grum et al. 1996; Butler et al. 2003; Kobayashi et al. 2002). Insbesondere hinsichtlich der Pathogenese der Ketose sind die Ursachen und genauen Funktionsweisen dieses endokrinen Regelmechanismus, der im Zeitraum um die Kalbung abläuft, nur teilweise und nicht hinreichend detailliert geklärt. Bei Milchkühen sinkt die hepatische GHR-Expression, vor allem die des leberspezifischen GHR1A Transkripts (Lucy et al. 2001), gemeinsam mit der IGF-1-Expression während der peripartalen Periode (Kobayashi et al. 1999; Radcliff et al. 2003b; Radcliff et al. 2003a; Fenwick et al. 2008). Im Zeitraum der frühen Laktation steigt sowohl die GHR1A- als auch IGF-1-Expression wieder an. In einer Arbeit von Kim (2014) blieb die IGF-1-Konzentration nach der Geburt niedrig, obwohl sich die hepatische Dichte der GHR und die IGF-1-mRNA-Expression bereits wieder auf präpartale Werte reguliert hatten. Die Autoren vermuteten, dass die verminderte Konzentration von IGF- 1 im Blut durch Veränderung des Expressionsmusters und der Affinität von IGFBP sowie ALS verursacht wurde, da diese einen großen Einfluss auf die Plasmastabilität von IGF-1 haben.

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Mehrfach wurde die – durch den erhöhten Energiebedarf aufgrund des fetalen Wachstums und der einsetzenden Laktation verursachte – NEB für die Entkopplung der somatotropen Achse verantwortlich gemacht. Jedoch stellte sich heraus, dass eine hepatische GH-Resistenz und in dessen Folge eine verminderte IGF-1-Konzentration auch im nicht peripartalen Zeitraum entsteht, wenn eine starke NEB vorliegt. Dabei wurde aber keine Verminderung der Expression des hepatischen GHR1A festgestellt (Kobayashi et al. 2002; Gross et al. 2011). Außerdem wurde verdeutlicht, dass die in der peripartalen Phase auftretende GH-Resistenz wesentlich stärker ausgeprägt ist als die GH-Resistenz, die durch Futterrestriktion entsteht (Gross et al.

2011).

2.2.1.3. Zusammenhang zwischen Ketose und somatotroper Achse

Die Entkopplung der somatotropen Achse wird bei Milchkühen, aber auch anderen Spezies im peripartalen Zeitraum beobachtet und ist nicht unweigerlich sowie direkt mit der Ketose der Milchkuh vergesellschaftet. So steigt beispielsweise die GH-Konzentration auch bei Ratten während der späten Trächtigkeit an (Carlsson et al. 1990). Aufgrund einer verminderten GHR- Genexpression sinken die IGF-1-mRNA-Expression und somit auch die IGF-1-Konzentration im Blut. Diese bei Ratten auftretende GH-Resistenz ist mit der Entkopplung der somatotropen Achse bei der Milchkuh vergleichbar und soll der Bereitstellung von Nährstoffen für den heranreifenden Fötus dienen (Escalada et al. 1997).

In einigen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen einzelnen Komponenten der somatotropen Achse und dem Auftreten klinischer Ketosen bzw. der Höhe der Ketonkörperspiegel nachgewiesen. Bekannt ist, dass eine erhöhte GH-Konzentration, beispielsweiße im Rahmen der entkoppelten somatotropen Achse während der Transitperiode bei Milchkühen, zu vermehrter Lipolyse (Williams et al. 1963) und damit zu einem verstärkten Transport von Fettsäuern in die Leber führt (Grummer 1993). Erhöhte NEFA-Konzentrationen in der Transitphase gehen mit einem erhöhten Risiko für Ketose-Erkrankungen einher (Duffield 2000; Osborne 2003; Drackley 1999). Ebenfalls konnte bereits eine positive Korrelation zwischen endogenen GH- und NEFA- sowie BHB-Konzentrationen im Blut frisch laktierender Milchkühe gezeigt werden (Hart et al. 1979). Nach den Ergebnissen früher Studien erhöht die Behandlung mit exogenem GH die Konzentrationen von freien Fettsäuren im Blut (Williams et

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al. 1963). Hohe GH-Konzentrationen wurden mit erhöhtem Blut-Ketonkörper-Konzentrationen und einem vermehrten Auftreten von Ketose-Erkrankungen in Verbindung gebracht (Kronfeld 1965). Aus neueren Studien, in denen der Effekt der Verabreichung von exogenem GH auf die Ketose-Inzidenz untersucht wurde, gehen allerdings zum Teil andere Ergebnisse hervor. In einer erst kürzlich durchgeführten Untersuchung fanden sich bei Milchkühen, die im frühen postpartalen Zeitraum mit GH behandelten wurden, tendenziell höhere NEFA-Konzentrationen als bei den Kontrolltieren. Es konnte aber kein Einfluss auf die Inzidenz von klinischer Ketose oder Hyperketonämie festgestellt werden (Gohary et al. 2015). In weiteren Studien, in denen GH bereits in der späten Trockenstehphase verabreicht wurde, sanken NEFA- und BHB- Konzentrationen vor dem Kalben (Putnam et al. 1999). Die unbehandelten Kontrolltiere litten 5,13-mal häufiger an Ketose als die Tiere der Behandlungsgruppe (Gulay et al. 2007). Aus einer weiteren Untersuchung geht ebenfalls hervor, dass die Gabe von exogenem GH einen hemmenden Effekt auf die Inzidenz von Hyperketonämie oder die Entstehung von klinischer Ketose hat. In einer Studie von Lean et al. (1994) war die Inzidenz von klinischen Ketose bei den mit GH behandelten Tieren signifikant geringer. In dieser Studie wurde die Behandlung bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeleitet und über einen langen Zeitraum fortgeführt (von 70 Tage nach der Kalbung bis 60 Tage vor der nächsten Kalbung). Im Einklang mit den Erkenntnissen über die lipolytischen Eigenschaften von GH auf den Organismus wurde als Haupteffekt der Langzeitbehandlung mit exogenem GH eine reduzierte KM aufgrund von stärkerer Fettmobilisation vor dem Kalben beschrieben (Lean et al. 1994). Dies stimmt mit Ergebnissen früherer Studien überein (Brown et al. 1989; Soderholm et al. 1988), in denen die GH-Behandlung ebenfalls zu einer signifikanten Reduktion der Körperkondition führte. Auch wurde in einigen Arbeiten bereits ein positiver Effekt der präpartalen GH-Administration auf die präpartale IGF-1-Konzentration festgestellt. Gulay et al. (2004) sowie Eppard et al. (1996) stellten als Reaktion auf die präpartale GH-Injektion eine höhere mittlere präpartale IGF-1- Konzentration bei Milchkühen fest. Laut Vicini et al. (1991) erhöht die Behandlung mit GH die IGF-1-Konzentration sowohl in der späten Trächtigkeit als auch in der frühen Laktation. Ob eine erhöhte präpartale IGF-1-Konzentration als (Teil-)Antwort auf die präpartale GH- Behandlung einen Beitrag zur Reduktion des Risikos für eine Ketose-Erkrankung geleistet hat, geht aus den genannten Studien nicht hervor, da die IGF-1-Konzentration aufgrund einer anderen Ausrichtungen der Untersuchungen nicht analysiert worden ist.

(23)

In einer Arbeit von Kessel et al. (2008) wurden Milchkühe anhand Ihrer BHB-Konzentrationen (Schwellenwert = 1,00 mmol/L) als BHB-positiv (mindestens einmalige Überschreitung des Schwellenwertes) oder BHB-negativ klassifiziert. Aus der Studie geht ebenfalls ein Zusammenhang zwischen erhöhten Ketonkörper-Gehalten und Veränderungen der somatotropen Achse hervor. Die IGF-1-Konzentration der als BHB-negativ klassifizierten Tiere war während des gesamten Untersuchungszeitraums höher als bei BHB-positiven Tieren.

Die als BHB-positiv klassifizierten Tiere zeigten in dieser Untersuchung bereits vor der Kalbung erniedrigte IGF-1-Werte. Die IGF-1-Konzentration sank wesentlich stärker als bei BHB-negativen Kühen und regulierte sich im Verlauf der Studie (bis 14 Wochen pp) nur sehr langsam.

Nachdem Piechotta et al. (2012) erstmals nachwiesen, dass Kühe, die nach dem Kalben eine stoffwechselbedingte Produktionserkrankung entwickeln, im Vergleich zu gesunden Kühen schon im antepartalen Zeitraum niedrigere IGF-1-Konzentrationen haben, wurde schließlich in einer weiteren Studie von Piechotta et al. (2015) ein direkter Zusammenhang zwischen niedrigeren antepartalen IGF-1- (sowie IGFBP2-) Konzentrationen und dem Auftreten klinischer Ketosen im postpartalen Zeitraum gefunden. Welchen Einfluss IGFBP und die ALS auf den Zusammenhang zwischen der Entkopplung der somatotropen Achse und einer Ketose- Erkrankung haben, ist bisher nicht hinreichend geklärt. Es wurde jedoch gezeigt, dass die ALS- mRNA-Expression in der späten Trächtigkeit bei Kühen mit hoher IGF-1-Konzentration höher ist als bei Kühen mit niedriger IGF-1-Konzentration (Piechotta et al. 2013). In einer Studie von Ueki et al. (2000) wiesen Mäuse mit inaktivierten ALS-Genen eine um 66 % verminderte Plasma-IGF-1-Konzentration im Vergleich zu unveränderten Mäusen auf. Das IGFBP3 ist im peripartalen Zeitraum (Piechotta et al. 2013; Gross et al. 2011) und bis Tag 56 pp erniedrigt (Kim 2014), so dass IGFBP3 und ALS von den Autoren als mögliche Faktoren für reduzierte IGF-1-Konzentration nach der Abkalbung diskutiert wurden (Kim 2014; Piechotta et al. 2013).

Nach der Arbeit von Piechotta et al. (2015) waren die IGFBP3-Konzentrationen ap bei klinisch gesunden Kühen und Kühen, die eine postpartale Ketose entwickelten, jedoch vergleichbar.

Insbesondere IGFBP2 scheint im Zusammenhang mit der Entstehung einer Ketose eine interessante Rolle zu spielen. Nach Ergebnissen der Studie von Piechotta et al. (2015) waren die antepartalen IGFBP2-Konzentration bei Kühen, die pp eine Ketose entwickelten, niedriger als bei Tieren, die gesund blieben. Fenwick et al. (2008) demonstrierten im Gegensatz dazu

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eine positive Korrelation zwischen den Metaboliten des Fettstoffwechsels (NEFA, BHB) und IGFBP2. Darüber hinaus wurde eine negative Korrelation von IGFBP2 und IGF-1 festgestellt (Fenwick et al. 2008; Vicini et al. 1991; Sharma et al. 1994; Vandehaar et al. 1995; Vleurick et al. 2000).

2.2.2. Insulin

2.2.2.1. Bedeutung in der Transitphase

Beim Wiederkäuer führen hohe Konzentrationen der bei der Pansenfermentation entstehenden kurzkettigen Fettsäuren, insbesondere Valerat, Propionat und Butyrat (Husveth et al. 1996;

Mineo et al. 1990), zur Insulin-Freisetzung aus den 𝛽-Zellen der Langerhansschen Inselzellen des Pankreas (Horino et al. 1968). Bei einem postprandial erhöhten Vagustonus wird ebenfalls vermehrt Insulin ausgeschüttet (Bloom & Edwards 1981). Insulin ist ein hypoglykämisches Hormon. Indem Insulin die Aufnahme und Speicherung von Stoffwechselprodukten, insbesondere Glukose, in die Zellen initiiert, senkt sich auch beim Wiederkäuer der Blutzuckerspiegel (de Boer et al. 1985; Lean et al. 1991; Brockman 1978). Außerdem stimuliert Insulin direkt die Aufnahme von Aminosäuren in extrahepatische Gewebe (Brockman et al.

1975) und fördert die Eiweiß- sowie Fettsynthese (Nelson & Cox 2004). Insulin steigert die Glykolyse in den somatischen Zellen und gleichzeitig den Einbau von Glykogen als Speicherform der Glukose in die Leber. Durch Hemmung der Aktivität der Gykogen- spaltenden Glykogen-Phosphorylase wird die Glykogenolyse vermindert (Bines & Hart 1982).

Insulin drosselt die Aktivität von Schlüsselenzymen der Glukoneogenese und wirkt damit der hepatischen Synthese von Glukose entgegen (O’Brien & Granner 1990; Bines & Hart 1982).

Da Insulin die Lipogenese stimuliert und die Lipolyse in peripherem Gewebe hemmt, wird die Aufnahme von Fettsäuren in die Leber begrenzt. Diese lipogenetischen Eigenschaften (Hart &

Bines 1978; Bines & Hart 1982) verdeutlichen die Rolle des Insulins als Gegenspieler von GH (Nelson & Cox 2004).

Im peripartalen Zeitraum zeigt die Insulin-Konzentration einen – dem IGF-1 ähnelnden – charakteristischen Verlauf (Kim 2014). Der Insulinspiegel fällt physiologischer Weise um den Geburtszeitpunkt stark ab (Lomax et al. 1979; Hove 1978; Herbein et al. 1985; Ingvartsen &

Andersen 2000) und bleibt niedrig, solange eine NEB vorliegt (Staufenbiel et al. 1992).

(25)

Während dieser Zeit ist eine verminderte Insulinsensitivität bzw. -antwort der Zielgewebe, das heißt eine Insulinresistenz, zu beobachten (Bauman & Griinari 2000). Dadurch wird die Insulinwirkung vermindert. Es wurde gezeigt, dass die Insulin-induzierte Glukoseaufnahme durch Muskel sowie Fettgewebe und die Insulin-induzierte Hemmung der Lipolyse in peripherem Fettgewebe während der späten Trächtigkeit im Vergleich zu Nichtträchtigkeit und Laktation signifikant verringert ist (Schlumbohm et al. 1997). Die Insulinresistenz beschreibt eine Stoffwechselsituation, in der eine physiologische oder eine erhöhte Insulin-Konzentration lediglich zu einem subnormalen biologischen Effekt (Glukoseaufnahme in die Zellen) führt (Kahn 1978; Muniyappa et al. 2008), was entweder auf eine verminderte Insulinsensitivität, eine verminderte Insulinantwort oder beide genannten Optionen zurückgeführt werden kann (Rizza et al. 1981a; Rizza et al. 1981b). Folge ist die Hemmung der Glucoseaufnahme in periphere, insulinabhängige Gewebe wie Muskulatur und Fettgewebe (Chagas et al. 2007;

Hayirli 2006; Kim 2014). In Phasen der NEB während der frühen Laktation der Milchkuh führen hohe GH-Konzentrationen zur Lipomobilisation (Pedron et al. 1993). Durch einen niedrigen Insulinspiegel wird die Lipolyse verstärkt und durch die verminderte Insulinwirkung gelangen verstärkt Metabolite für die Milchsynthese ins Euter (Staufenbiel et al. 1992; Bauman et al. 1983). Damit ist die Hypoinsulinämie in der frühen Laktation ein Teil der physiologischen koordinierten peripartalen Veränderungen, die die Milchsynthese unterstützt. Dies macht deutlich, warum Zuchtselektion zugunsten steigender Milchleistung in HF-Kühen zunehmend in reduzierter Insulinzirkulation resultiert (Bonczek et al. 1988; Butler et al. 2003). Bereits seit Längerem werden sinkende Insulin-Konzentrationen mit der Entstehung einer Ketose in Verbindung gebracht (Brockman 1979). Wie bereits erwähnt, bewirkt Insulin eine Stimulation der Lipogenese und eine Hemmung der Lipolyse, was den Einstrom von NEFA in die Hepatozyten hemmt (Schlumbohm et al. 1997). Ein weiterer Effekt ist die Beeinflussung der Ketonkörperumsetzung in peripheren Geweben. Vor allem die Aufnahme von ketogenen Verbindungen in Muskel- und Fettgewebe sowie deren Verstoffwechselung als Energieträger wird verbessert (Brockman 1978; Brockman 1979; Jarrett et al. 1976; Balasse & Havel 1971).

Außerdem führen Änderungen der Insulin-Konzentrationen zu Veränderungen der Enzymaktivitäten und der Verfügbarkeit von Substraten, die an der hepatischen Ketogenese beteiligt sind (Brockman 1979). Liegt allerdings eine sehr niedrige Insulin-Konzentration und damit eine stark erhöhte Lipolyserate vor, so dass NEFA in der Leber anfluten, steigt auch die

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Ketogeneserate und sinkt die Verstoffwechselung von Ketonkörpern. Eine klinische Ketose entsteht (Brockman 1979). In einer früheren Studie wurde bereits gezeigt, dass Kühe mit Ketose eine geringeres Reaktionsvermögen auf Insulin im Vergleich zu gesunden Kühen zeigen und dass Kühe unter Therapie mit Insulin schneller wieder genesen (Sakai et al. 1993). Nach Auffassung mehrerer Autoren kommt der Priorität der Milchdrüse bei der Nähstoffaufteilung durch die verminderte Insulinsensitivität der extrahepatischen Gewebe in der Transitphase (Sano et al. 1991; Kronfeld 1982) vermutlich eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Leberverfettung und Ketose zu (Holtenius 1993; Steen et al. 1997; Hayirli 2006).

2.2.2.2. Zusammenhang zwischen Insulin und der somatotropen Achse

Es ist bekannt, dass die somatotrope Achse bei Mäusen, Ratten und anderen Spezies über GH einen Einfluss auf die Insulinsensitivität der Gewebe hat (Brown-Borg 2015; Dominici et al.

2005). Eine Verabreichung von GH über mehrere Tage führte bei Ratten zu einer um ca. 35 % erhöhten Insulinantwort auf eine darauffolgende Glukosebehandlung im Vergleich zu den Kontrolltieren (Smith et al. 1997), was auf die Entwicklung einer Insulinresistenz, bedingt durch erhöhte GH-Konzentrationen, schließen ließ (Smith et al. 1997; Dominici et al. 2005).

Eine Insulin-Injektion senkte die GH-Konzentration und verminderte die Lipolyse bei trächtigen Ratten (Nieuwenhuizen et al. 1997).

Bei der Milchkuh liegt parallel zu der Entkopplung der somatotropen Achse im peripartalen Zeitraum auch eine niedrige periphere Insulin-Konzentration vor (Kim et al. 2004). Butler et al. (2003) nahmen an, dass die Hypoinsulinämie in der frühen Laktation verantwortlich dafür war, dass die GHR1A-Expression in der Leber herunterreguliert und damit die GH/IGF-1- Achse entkoppelt wurde. Milchkühe die einem hyperinsulinämischen euglykämischen Clamp unterzogen wurden, wiesen einen vierfachen Anstieg (Butler et al. 2003) der IGF-1- Konzentration im Vergleich zu den Kontrolltieren auf. Stieg die Insulin-Konzentration, erhöhte sich die hepatische Expression von GHR1A um das 3,6-fache sowie die Expression der IGF-1- mRNA um das 6,3-fache. Daraus resultierte ein markanter Anstieg der Plasma-IGF-1- Konzentration (Butler et al. 2003). Außerdem waren neben der steigenden IGF-1- Konzentration auch eine deutlich verminderte GH-Konzentration messbar (Mashek et al. 2001).

In Einklang damit verdoppelte sich die IGF-1-mRNA-Expression bei Milchkühe nach einer

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Insulin-Infusion beinahe in einer Studie von Rhoads et al. (2004). Ebenso verdoppelte sich die Plasma-Konzentration von IGF-1. In der Leber erhöhte sich die GHR-Dichte, vermutlich verursacht durch eine Veränderung der Expression des leberspezifischen GHR1A, der in dieser Studie während der Insulininfusion anstieg.

Bezüglich der Auswirkungen von Insulin auf die Expression derselben Faktoren im Fettgewebe kamen die Autoren zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während Butler et al. (2003) als Antwort auf die Insulin-Behandlung eine um das 1,8- bzw. 3,4-fach verminderte Expression von GHR1A- und IGF-1-mRNA im Fettgewebe beobachteten, berichteten Rhoads et al. (2004) nach Insulin-Infusion von einer Verdopplung der GHR-Protein-Konzentration im Fettgewebe, analysiert mittels Western Immunoblot. Einig sind sich die Autoren darüber, dass Insulin die Effizienz der GH-Wirkung reguliert (Rhoads et al. 2004) und die hepatische IGF-1-Synthese stimuliert (Butler et al. 2003; Rhoads et al. 2004; Kim 2014). In einer Arbeit von Radcliff et al.

(2003b) sanken die hepatischen GHR1A-Konzentrationen im peripartalen Zeitraum, noch bevor eine Abnahme der Insulin-Konzentration zu beobachten war. In einer nachfolgenden Studie wurde berichtet, dass Milchkühe bei Futterrestriktion im peripartalen Zeitraum eine reduzierte GHR1A-Expression zeigten, während die Insulin-Konzentration konstant blieb (Radcliff et al. 2006). Fenwick et al. (2008) spekulierten, dass ein ansteigender Insulinspiegel während der frühen Laktation den GH-Signalweg durch Steigerung der hepatischen GHR1A- Expression zwar wiederherstellen kann, aber nicht für die initiale Reduktion der hepatischen GHR1A-Expression verantwortlich ist. Wenn eine Ketose und die damit verbundenen niedrigen Gehalten an Glukose sowie kurzkettigen Fettsäuren im Blut vorliegen, sinkt die Insulin- Sekretion (Brockman 1978; Steen et al. 1997). Beim Wiederkäuer verursachen vor allem Veränderungen der Fettsäurekonzentrationen im peripheren Blut Schwankungen von Insulin- und Glucagon-Konzentrationen (Brockman 1978). Die Insulinausschüttung wird maßgeblich durch die Resorption von Propionat aus dem Pansen, das aber während einer Ketose in niedrigen Konzentrationen vorliegt, stimuliert (Bradford et al. 2006).

Die Anhäufung von NEFA im Zuge der Entwicklung einer NEB scheint einen zusätzlichen pathologischen Effekt auf die Insulinwirkung und damit einen triggernden Effekt auf die Ketose zu haben. Obwohl die Insulinresistenz des Rindes bisher nur unzulänglich untersucht ist, konnte in vielen Untersuchungen die Lipomobilisation für die Entwicklung einer Insulinresistenz verantwortlich gemacht werden (Bauman & Currie 1980; Bell 1995; Hotamisligil et al. 1993;

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Sinclair 2010; Allen & Piantoni 2013). De Koster & Opsomer (2013), Holtenius & Holtenius (2007), Kaske et al. (2004) und Ohtsuka et al. (2001) stellten bei Kühen mit Überkonditionierung und Leberverfettung eine verminderte periphere Insulinsensitivität fest.

In einer Untersuchung wurden gesunde Tiere, Tiere mit Leberverfettung sowie Tiere mit Leberverfettung und Ketose einem hyperinsulinämischen euglykämischen Clamp-Test unterzogen (Kaske et al. 2004). Tiere mit Leberverfettung und Ketose hatten gegenüber den gesunden Tieren eine um 60 % reduzierte Insulinantwort. Die Autoren zogen einen möglichen pathologischen Effekt der NEFA auf Insulin in Erwägung. Es wurde bereits nachgewiesen, dass NEFA die Insulin-Sekretion im Pankreas von Ratten reduziert (Mason et al. 1999). In weiteren Studien wurde der zytotoxische Effekt der NEFA auf pankreatische β-Zellen von Ratten durch Apoptoseinduktion nachgewiesen (Cnop et al. 2001; Maedler et al. 2001).

In einer Studie, die eine Korrelation zwischen erniedrigten antepartalen IGF-1-Konzentrationen und verminderter metabolischer Adaptationsfähigkeit ermittelte, wurde berichtet, dass der – physiologisch bei allen Kühen zu beobachtende – Abfall von Insulin mit fortschreitender Trächtigkeitsdauer (Tag 264 nach Besamung [p.i.] bis zur Kalbung) bei Milchkühen, die vor dem Kalben einen niedrigen IGF-1-Spiegel zeigten, wesentlich deutlicher ausfiel als bei den Tieren mit hohem antepartalen IGF-1-Gehalt. Hier blieben die Insulin-Gehalte bis zwei Tage vor der Kalbung weitestgehend konstant und sanken erst dann stark ab (Piechotta et al. 2014).

2.3. Überwachung der Stoffwechselgesundheit im Hinblick auf Ketose-Erkrankungen 2.3.1. Diagnostische Parameter

Für die Identifikation einer subklinischen Ketose bei der Milchkuh in der frühen Laktation können verschiedene Techniken zur Hilfe genommen werden (Duffield et al. 1997).

Zur Risikoeinschätzung für Produktionserkrankungen, insbesondere der Ketose, kann neben der Auswertung von Milchleistungsdaten und Körperkondition, der Einschätzung der Futteraufnahme sowie der Kalkulation der Energiebilanz (Jorritsmaa et al. 2003) die Labordiagnostik ein nützliches Werkzeug sein.

Die folgenden Parameter gelten als Indikatoren für eine unzulängliche Adaptation an die NEB und damit als Risikofaktoren für eine Ketose: erhöhte NEFA-Konzentration (Bell 1995;

Hachenberg et al. 2007; LeBlanc et al. 2005; Duffield et al. 2009), erhöhte BHB-Konzentration

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(Duffield et al. 2009; Bell 1995; Oetzel 2004; Nielsen et al. 2005), verminderte Glukose- Konzentration (Grum et al. 1996), verminderte Insulin- und IGF-1-Konzentration (Butler et al.

2003) sowie erhöhte Leberfettgehalte (Bertics et al. 1992; Grummer 1993; Starke et al. 2011;

Jorritsmaa, et al. 2003). Insbesondere auf die Parameter BHB, NEFA und IGF-1 sowie dessen Eignung als prädiktive Marker für postpartale Ketosen soll im Folgenden näher eingegangen werden.

2.3.1.1. Betahydroxybutyrat

Unter den Ketonkörpern ist BHB der stabilste und damit die dominant im peripheren Blut vorherrschende ketogene Verbindung (Työppönen & Kauppinen 1980; Wathes et al. 2007).

Daher ist BHB geeignet für die Erkennung subklinischer Ketosen bei Milchkühen (Zhang et al.

2012) und wird in der Diagnostik bevorzugt vor allen anderen ketogenetischen Verbindungen verwendet. Wird die BHB-Konzentration aller Tiere in der ersten und zweiten Woche pp untersucht wird, ist das Risiko, dass Tiere mit einer subklinischen Ketose unentdeckt bleiben, gering (Geishauser et al. 2001). Die Messung von BHB in Blutplasma oder Serum stellt den Goldstandard dar, um die Ketose bei Milchkühen zu diagnostizieren (Leslie et al. 2003; Zhang et al. 2012; Goldhawk et al. 2009; McLaren et al. 2006; Oetzel 2004; Suthar et al. 2013). Jedoch ist dieses Verfahren aufgrund von logistischen und finanziellen Einschränkungen für die routinemäßige Bestimmung der BHB-Konzentration nicht immer praktikabel (Duffield 2000).

BHB-Bluttests sind kostspielig und die entsprechenden Laboranalysen zeitintensiv (Duffield 2000). Alternativ sind eine Reihe von Cow-Side Tests zum Nachweis von Ketonkörpergehalten in Serum, Milch oder Urin entwickelt worden (Geishauser et al. 2000; Geishauser et al. 1997;

Nielen et al. 1994; Oetzel 2004). Vorteile sind die geringeren Kosten, der Verzicht auf ein Labor und das unmittelbare Vorliegen des Ergebnisses, so dass sie für die Diagnose der Ketose am Einzeltier besonders geeignet erscheinen. Die meisten dieser Tests weisen allerdings, verglichen mit der Messung von Blut-BHB, eine verminderte Sensitivität auf (Oetzel 2004). Im Gegensatz zum Blut erfolgen die Messungen in Milch und Harn in der Regel semiquantitativ durch Farbänderung eines Teststreifens oder Färbung der Milch. Hierbei kann sich eine genaue Quantifizierung der Ketonkörpergehalte als schwierig erweisen. Abweichungen in den Ergebnissen verschiedener wissenschaftlicher Arbeiten zeigen, dass Cow-Side Tests, basierend

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auf einem Farbumschlag, anfällig für subjektive Interpretationen und nur schwer zu standardisieren sind (Carrier et al. 2004). Der Vorteil eines Milchtests gegenüber der BHB- Bestimmung in Urin oder Blut liegt vor allem in der einfachen, nichtinvasiven, praxistauglichen und für das Tier stressfreien Gewinnungsmöglichkeit (Geishauser et al. 2001; Zhang et al. 2012;

Nielen et al. 1994). Tageszeit, Auswahl des zu testenden Viertels und Zeitpunkt der Probengewinnung in Bezug auf den Melkvorgang haben keinen Effekt auf die Ketonkörper- Konzentration in der Milch (Andersson 1988). Bei Mastitiden, die mit einem erhöhten somatischen Zellgehalt in der Milch einhergehen, sowie nach der Verfütterung schlecht fermentierter ketogener Silage mit hohen Buttersäuregehalten können die Milch- Ketonkörpermessungen falsch hohe Werte liefern (Geishauser et al. 2000; Iwersen et al. 2009;

Zhang et al. 2012).

Ein routinemäßig zur Überwachung von Ketose bei Milchkühen eingesetzter, vielversprechender Milchtest für eine semiquantitativen Messung von BHB in der Milch ist der Keto-Test (Ketolac Teststreifen; Sanwa Kagaku Kenkyusho Co. Ltd., Nagoya, Japan) (Geishauser et al. 1998; Geishauser et al. 2000), der unter verschiedenen Bezeichnungen (KetoTest, Ketolac BHB oder Sanketopaper) in vielen Ländern der Welt vermarktet wird (u.a.

Elanco, Animal Health, Antwerpen, Belgien, Oetzel (2004)). In zahlreichen vorrausgegangenen Studien wurden die Sensitivität und die Spezifität dieses Milchtests mit der BHB-Messung im Blut vergleichen und bewertet. Wurde Milch mit einem Grenzwert von 100 µmol/L verwendet, entsprechend einer Serumspanne von 1,00 bis 1,40 µmol/L, wurde je nach Arbeit eine Sensitivität zwischen 80 % und 95 % sowie eine Spezifität zwischen 69 % und 83 % ermittelt (Jorritsma et al. 1998; Geishauser et al. 2000; Osborne et al. 2002; Oetzel 2004).

Alternativen bieten Cow-Side-BHB-Tests in Form von elektronischen Handmessgeräten. Sie liefern einen sensitiven und spezifischen Cow-Side Test (Iwersen et al. 2009), wobei die Notwendigkeit einer laborbasierten Analyse entfällt. Diese Geräte finden Einsatz in der Überwachung von Einzeltieren oder der Prävalenz einer subklinischen Ketose in Milchviehherden (Zhang et al. 2012).

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2.3.1.2. Nicht veresterte Fettsäuren

In der Literatur wird die Bestimmung der NEFA-Konzentrationen im antepartalen Zeitraum als ein nützlicher Parameter für die Identifizierung eines erhöhten Risikos für die postpartale Ketose beschrieben. Bekannt ist, dass eine erhöhte NEFA-Konzentration während der letzten sieben Tage vor dem Kalben mit einem vermehrten Auftreten von Ketose, LMV und Nachgeburtsverhaltung (NGV) verbunden ist (Dyk et al. 1995; Drackley 1999; LeBlanc et al.

2005). Laut Duffield (2000) und Osborne (2003) haben Kühe mit einer angestiegenen NEFA- Konzentrationen in den letzten Wochen vor dem Kalben ein fünffach höheres Risiko an postpartaler Ketose zu erkranken als Tiere mit einer antepartalen NEFA-Konzentration von

< 0,70 mmol/L. In einer Arbeit von Piechotta et al. (2012) war der Mittelwert der präpartalen NEFA-Konzentrationen mit 0,26 ± 0,02 mmol/L niedriger bei Kühen, die nach dem Kalben gesund blieben, im Vergleich zu jenen, die eine postpartale Krankheit entwickelten (0,45 ± 0,03 mmol/L). In anderen Studien war die NEFA-Konzentration vor der Kalbung bei gesunden sowie kranken Kühen vergleichbar und es konnte kein Zusammenhang zwischen einer klinischen Ketose pp und dem antepartalen NEFA-Gehalt nachgewiesen werden (Piechotta et al. 2015). Nach neueren Untersuchungen (Ospina et al. 2010b; Ospina et al. 2010a) eignet sich die postpartale Bestimmung der NEFA-Konzentrationen besser als die Erfassung der postpartalen BHB-Konzentration bzw. der antepartalen NEFA-Konzentration, um das Risiko für das Auftreten von Erkrankungen einzuschätzen. Ospina et al. (2013) postulierten in ihrer Veröffentlichung, dass ab einem NEFA-Grenzwert von 0,26 mmol/L im Zeitraum von zwei bis acht Tage nach dem Kalben ein 1,8-fach erhöhtes Risiko, an einer klinischen Ketose zu erkranken, besteht. Die NEFA-Konzentration ist mit einem Grenzwert von 0,26 mmol/L als postpartaler Marker für eine subklinische Ketose in der frühen Laktation geeignet (Asl et al.

2011). Eine Messung der NEFA-Konzentrationen 14 Tage vor der Kalbung zeigte eine Sensitivität von 0,53 und eine Spezifität von 0,61 für das Auftreten einer klinischen postpartalen Ketose. Dabei lagen Spezifität und Sensitivität für postpartal gemessenes BHB bei 0,57 und 0,80. Mit der Messung von postpartalem NEFA wurden sogar eine Sensitivität von 0,74 und eine Spezifität von 0,59 erreicht (Ospina et al. 2010b; Piechotta et al. 2015).

Die Erfassung der antepartalen NEFA-Konzentration hat aber gegenüber der postpartalen Bestimmung des NEFA- oder BHB-Gehalts einen klaren zeitlichen Vorteil für die Diagnostik eines Energiedefizits, da die Tiere schon in der letzten Woche vor dem Kalben mit der

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Mobilisation von Energiereserven auf die einsetzende NEB reagieren. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist die NEB über die Konzentrationen von NEFA in Plasma oder Serum messbar (Duffield & Leblanc 2009).

2.3.1.3. Insulinähnlicher Wachstumsfaktor-1

IGF-1 wurde bereits in der Vergangenheit als ein empfindliches Signal zwischen Metabolismus und NEB beschrieben (Konigsson et al. 2008). Butler et al. (2003) bezeichneten die niedrige IGF-1-Konzentration als einen Indikator für eine unzulängliche Adaptation an die NEB. In einer Studie von Piechotta et al. (2012) wurde nachgewiesen, dass Kühe die pp eine stoffwechselbedingte Produktionserkrankung entwickelten, bereits ap (242-262 Tage p.i.) niedrigere IGF-1-Konzentrationen aufweisen als Tiere, die nach der Kalbung gesund blieben.

Daraus wurde eine deutliche Assoziation zwischen IGF-1-Konzentrationen und stoffwechselbedingten Produktionskrankheiten gefolgert (Piechotta et al. 2012). In einer weiteren Arbeit wurde schließlich demonstriert, dass Milchkühe, die nach der Kalbung unter einer klinischen Ketose litten, bereits ap deutlich niedrigere IGF-1- und IGFBP2- Konzentrationen im Vergleich zu gesunden Kühen aufwiesen, noch bevor die NEFA- und BHB-Konzentration im Blut anstiegen (Piechotta et al. 2015; Piechotta et al. 2014; Piechotta et al. 2013). Demnach versprechen der IGF-1- und IGFBP2-Gehalt, verglichen mit der Messung der NEFA-Konzentration, ein vielversprechender und vor allem früherer Vorhersageparameter für eine optimale metabolische Anpassung an die hohen peripartalen Energieanforderungen zu sein (Piechotta et al. 2015). Die Anwendbarkeit der antepartalen IGF-1-Konzentration als Risikoindikator für postpartale Ketosen, auch betriebsübergreifend und unter Verwendung von geringen Tierzahlen, soll in dieser Arbeit weiter untersucht werden.

2.4. Einsatz und Wirkungen von Glukokortikoiden bei der Ketose-Therapie

Die Grundlage für die Behandlung von Stoffwechselerkrankungen bei Milchkühen wurde schon vor über einem halben Jahrhundert geschaffen. Bereits Shaw (1947), Shaw (1951) und Dye et al. (1953) berichteten von Behandlungen einer Ketose mit glukokortikoiden Verbindungen. Heutzutage wird das Glukokortikoid Dexamethason beim Rind häufig eingesetzt. Seine Hauptwirkungen auf den Stoffwechsel ist der Anstieg der Glukose-

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(Andersson & Olsson 1984; Wierda et al. 1987; Maciel et al. 2001; Fürll & Jäckel 2005; van der Drift et al. 2015) und der Insulin-Konzentration (Jorritsma et al. 2004; Fürll & Jäckel 2005;

van der Drift et al. 2015). Weitere häufig beschriebene Effekte sind die Beeinflussung der NEFA- und BHB-Konzentrationen im Blut frischlaktierender Milchkühe. Während in einigen Studien die BHB- (Shpigel et al. 1996; Mehrdad et al. 2015; van der Drift et al. 2015) und NEFA-Konzentration (Fürll & Jäckel 2005) als Folge der Behandlung mit Glukokortikoiden sinken, geht aus anderen Untersuchungen hervor, dass Glukokortikoide keinen Effekt auf die Konzentrationen der Metaboliten des Fettstoffwechsels wie BHB (Jorritsma et al. 2004; Fürll

& Jäckel 2005) oder NEFA (Jorritsma et al. 2004; van der Drift et al. 2015; Mehrdad et al.

2015) haben. In früheren Arbeiten wurde beschrieben, dass die Injektion von Glukokortikoiden die Proteinbiosynthese hemmt und die Proteolyse stimuliert. Daraus resultiert eine vermehrte Freisetzung von Aminosäuren (Löffler et al. 1998), die als glukogenetische Vorläufer für die hepatische Glukoneogenese dienen können, was den Glukose-Spiegel steigernden Effekt der Glukokortikoide erklären würde. Van der Drift et al. (2015) untersuchten die Bedeutung von Plasma-3-Methylhistidin, einer Imidazol-Aminosäure, die überwiegend in den Muskelproteinen (Actin, Myosin) vorkommt. Plasma-3- Methylhistidin wird herangezogen, um den Abbau und Umsatz von Muskelproteinen zu beurteilen. Während sich die Konzentration dieser Aminosäure zwischen den Kühen, die mit Dexamethason behandelt wurden, und den Vergleichstieren nicht unterschied, wiesen die mit Glukokortikoiden therapierten Tiere höhere Glukose-Konzentrationen auf. Demzufolge vermuteten die Autoren, dass der größere Anstieg der Glukose-Konzentration bei den mit Glukokortikoiden behandelten Kühen nicht durch die erhöhte Zufuhr von glukoplastischen Aminosäuren aus der Muskulatur verursacht wird. Laut Exton et al. (1976) fördern Glukokortikoide die Aufnahme von Aminosäuren in die Leber und die hepatische Glukoneogenese. Dass eine Steigerung der Glukoneogenese für den hyperglykämischen Effekt des Dexamethasons verantwortlich sein soll, wurde auch in anderen früheren Studien beschrieben (Krone et al. 1976; Sistare & Haynes 1985; Jones et al. 1993).

Neuere Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass die durch Dexamethason ausgelöste Hyperglykämie nicht durch verstärkte Glukoneogenese, sondern durch eine verminderte periphere Glukoseaufnahme aufgrund einer Insulinresistenz verursacht wird (Starke & Wussow 2009; Scheuer et al. 2006). Diese Hypothese wird durch Untersuchungen gestützt, in denen gezeigt wurde, dass eine wiederholte Behandlung von neugeborenen Kälbern mit

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Dexamethason (Scheuer et al. 2006) bzw. eine einmalige Injektion von Flumethason bei drei Monate alten Kälbern (Sternbauer et al. 1998) zu einer bis um 74 % verminderten insulinabhängigen Glukoseutilisation führt. Des Weiteren konnte demonstriert werden, dass sich der Leberfettgehalt nach der Behandlung mit Dexamethason nicht erhöhte, obwohl die Verabreichung des Glukokortikoids theoretisch den hemmenden Effekt des Insulins auf die Lipolyse negativ beeinträchtigen kann. In einer früheren Studie hatte die Injektion von Dexamethason-21-Isonicotinat zwischen dem 9. und 15. Tag nach der Kalbung keine wesentlichen Auswirkungen auf die lipolytische Aktivität des Fettgewebes und keine Auswirkungen auf die Konzentrationen von NEFA und BHB im Blut. Die Plasma-Glukose- Konzentrationen stiegen zwei Tage und die Insulin-Konzentrationen zwei sowie vier Tage nach der Injektion an (Jorritsma et al. 2004). Laut Fürll & Jäckel (2005) bewirkte die Injektion von Dexamethason zwischen dem siebten und 15. Tag nach der Kalbung ebenfalls einen Anstieg der Glukose- und der Insulin-Konzentration, während die NEFA-Konzentration sank. Die Leberfettgehalte waren unverändert im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die BHB- Konzentrationen der behandelten Tiere blieben unverändert. Und auch die Ergebnisse von erst kürzlich durchgeführten Studien suggerieren, dass die Injektion von Glukokortikoiden die Lipolyse von Fettgewebe bei ketotischen Kühen nicht erhöht (van der Drift et al. 2015;

Mehrdad et al. 2015). Über die Wirkungen von Glukokortikoiden auf die Komponenten der somatotropen Achse gibt es in der Literatur zum Teil widersprüchliche Angaben. Es ist bekannt, dass langfristige Anwendung von Steroiden bei Menschen zu sinkenden GH-Konzentrationen führen (Mauras 2009) und dass kurzfristige Applikationen von Glukokortikoiden eine gesteigerte GH-Sekretion zur Folge haben (Casanueva et al. 1990). Es wurde gezeigt, dass Dexamethason bei Ratten die IGF-1- und GHR-mRNA-Expression hemmt (Beauloye et al.

1999; Kritsch et al. 2002). Die Autoren schlussfolgerten, dass die verminderte IGF-1-mRNA- Expression durch Dexamethason aufgrund einer verminderten GHR-Expression und der damit verbundenen reduzierten Rezeptorbindung von GH verursacht wird. Auch konnte bei mit Glukokortikoiden behandelten Ratten, die infolgedessen eine verminderte IGF-1- Konzentartion aufwiesen, durch die Applikation von GH kein Anstieg der IGF-1-Konzentration bewirkt werden (Asakawa et al. 1982). In einer erst kürzlich durchgeführten Untersuchung wurden bei Milchkühen nach der Behandlung mit Dexamethason auch die GH-Konzentrationen gemessen. Es zeigte sich, dass bei Milchkühen im Gegensatz zum Menschen nach der

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Behandlung mit Dexamethason keine signifikanten Veränderungen der GH-Konzentrationen im Blut nachgewiesen werden konnten (van der Drift et al. 2015). Eine In-vitro-Studie an Hepatozyten zeigte einen stimulierenden Effekt von Dexamethason auf die IGF-1- Konzentration (Arany et al. 1993). Im Widerspruch standen andere Untersuchungen: Durch die Verabreichung von Dexamethason wurde die GH-induzierte IGF-1-mRNA-Expression in der Leber gehemmt (Luo & Murphy 1989; Beauloye et al. 1999; Kritsch et al. 2002). Auch bei Kühen konnte bereits eine hemmende Wirkung von Glukokortikoiden auf die periphere IGF- 1-Konzentration demonstriert werden. Bei Kühe einer Studie, in der die Wirkung von Glukokortikoiden auf die Ovar-Funktion untersucht wurde, sank die Plasma IGF-1- Konzentartion um 58 % nach Dexamethason-Behandlung (Maciel et al. 2001). Sauter et al.

(2003) wiederrum demonstrierte, dass Dexamethason die GHR-mRNA-Expression und IGF-1- Konzentration bei neonatalen Kälbern ansteigen lässt, wohingegen die GH-Konzentrationen nach der Behandlung sanken.

Welchen Einfluss die Glukokortikoid-Therapie während einer klinischen Ketose auf die GH/IGF-1-Achse hat, ist beim Rind bisher nicht detailliert untersucht und ist daher Bestandteil dieser Dissertation.

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