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Klimawandel und Forstwirtschaft

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Academic year: 2022

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Klimawandel und Forstwirtschaft – Übereinstimmungen und Unterschiede bei der Ein- schätzung der Anpassungsnotwendigkeiten und Anpassungsstrategien der Bundesländer

Andreas Bolte*, Dirk-Roger Eisenhauer**, Hans-Peter Ehrhart***, Joachim Groß****, Marc Hanewinkel*****, Christian Kölling******, Ingolf Profft*******, Martin Rohde********, Peter Röhe*********, Kurt Amereller******

* Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), Institut für Waldökolo- gie und Waldinventuren, (andreas.bolte@vti.bund.de)

** Staatsbetrieb Sachsen-Forst, Kompetenzzentrum Wald und Forst- wirtschaft, (Dirk-Roger.Eisenhauer@smul.sachsen.de)

*** Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rhein- land-Pfalz (FAWF), (hans-peter.ehrhart@wald-rlp.de)

**** Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE), Außenstelle Potsdam, (Joachim.Gross@LFE-P.brandenburg.de)

***** Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), (Marc.Hanewinkel@forst.bwl.de)

****** Bayerische Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF), (christian.koelling@lwf.bayern.de, Kurt.Amereller@lwf.bayern.de)

******* Thüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei, (ingolf.profft@forst.thueringen.de)

******** Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, (Martin.Rohde@nw-fva.de)

********* Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern, (p.roehe@lu.mv-regierung.de)

Zusammenfassung

Eine von der Forstchefkonferenz (FCK) beauftrage Bund-Länder- expertenrunde der forstlichen Forschungseinrichtungen berichtet zu gemeinsamen und abweichenden Einschätzungen der Bundesländer zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel.

Die Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern in den Fragen der Ge- fährdungen und der Anpassung von Wäldern und Klimawandel über- wiegen gegenüber den Gegensätzen. Weitgehend einheitlich wird die Bedeutung des Klimawandels und seiner regionalen Gefährdungen für die Wälder und die wichtige Rolle biotischer Gefährdungen beur- teilt. Hohe Übereinstimmung gibt es auch bei der Einschätzung der Anpassungspotenziale der Baumarten in bezug auf den Klimawandel:

Die Fichte wird als wenig an die zu erwartenden Klimabedingungen angepasst eingeschätzt, wohingegen den eingeführten Baumarten Douglasie und Roteiche eine relativ gute Anbauperspektive bereits heute und insbesondere bei sich ändernden Klimabedingungen un- terstellt wird. Nach wie vor werden aber auch mehrere heimische Baumarten als wenig anfällig gegenüber den Einflüssen des Klima- wandels eingeschätzt. Unterschiede wurden allerdings bei der Wahl der Anpassungsstrategien deutlich: Einzelne Länder befürworten eher eine gerichtete aktive Anpassung (z. B. Waldumbau mit dem Ersatz sensitiver Baumarten), andere eher eine Kombination aus Waldumbau und ungerichteter Risikominderung (Mischwaldoption). Eine passive Anpassungsoption wird überwiegend eher negativ bewertet.

Einigkeit herrscht zur Notwendigkeit einer intensivierten und national abgestimmten interdisziplinären Forschung sowie von koordinierten Pra- xisversuchen zur Anpassung von Wäldern und der Waldbewirtschaftung.

Schlüsselwörter: Trockenheit, Sturm, Anpassungsfähigkeit, Baumarten, biotische Gefahren, Baumarten, Stresstoleranz, Waldbau, Monitoring, Standortskartierung

Abstract

Climate change and forest management – accordances and differences between the German states regarding assess- ments for needs and strategies towards forest adaptation

A federal working group of German forest research that was man- dated by the Federal Forest Task Force (FCK) reports on the accor- dances and differences between the German states (Bundeslaender) regarding assessments of forest adaptation to climate change.

Regarding the threats of climate change and the possibility of ad- aptation to it, responses were mostly quite similar within the group.

The highly significant nature of climate change and the scope of its regional impacts were evaluated by the respondents in a similar man- ner. The important role of biotic threats was likewise acknowledged by all parties. We found also only slight differences in the assessment of forest tree species’ adaptive potential to climate change: Norway spruce is expected to have low adaptive potential whereas the intro- duced species Douglas fir and red oak will presumably be more highly adaptive. Several native species are still considered to be quite toler- ant against climate change effects as well. However, differences are obvious regarding adaptation strategies. Some states prefer active ad- aptation (e.g. forest transformation aiming at replacing sensitive tree species), while others prefer a combination of active adaptation and risk minimization strategies (e.g. by establishing tree species mixtures).

Passive adaptation is predominantly a less preferred option.

All respondents agreed on the need for more intensive interdisci- plinary research and for coordinated trials concerning forest adapta- tion and forest management in the face of climate change.

Keywords: Drought, storm, adaptiveness, tree species, biotic threats, stress tolerance, silviculture, monitoring, site mapping

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1 Einleitung

Die Forstchefkonferenz (FCK) hat auf Ihrer Sitzung am 7./8.05.2008 in Würzburg beschlossen, die Forschungs- und Versuchsanstalten des Bundes und der Länder zu be- auftragen, die Übereinstimmungen und Unterschiede bei der Einschätzung der Anpassungsnotwendigkeiten und -strategien im Hinblick auf den Klimawandel darzustellen.

Der Bund wurde um Federführung gebeten. Das Bundes- ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- cherschutz (BMELV) beauftragte das Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), die Aktivität zu koordinieren.

Die Initiative begründet sich dadurch, dass Wälder und Waldbesitzer zu den Hauptbetroffenen des Klimawandels zählen. Die Forstwirtschaft wird als Wirtschaftszweig mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Anpassungslei- stungen gezwungen werden, und klimabedingte Schä- den am Waldvermögen und am Waldökosystem werden selbst bei einem vergleichsweise günstigen Klimawandel- Szenario vielfach nicht zu vermeiden sein (vgl. Zebisch et al., 2005; Bolte und Ibisch, 2007; Spellmann et al., 2007;

Kölling, 2008). Allerdings unterscheiden sich länderweise die Einschätzungen der kommenden Entwicklungen, der Anfälligkeit der verschiedenen Waldtypen und Baumarten sowie die Anpassungsnotwendigkeiten und -strategien der Forstwirtschaft. Soweit diese Unterschiede sich nicht aus regionalen oder örtlichen Besonderheiten begründen, bergen sie das Risiko fachlicher Fehleinschätzungen und erschweren die politische Argumentation sowie die Kom- munikation mit den Waldbesitzern. Daher wird eine breit diskutierte und abgestimmte Grundeinschätzung zum Thema benötigt.

Im Sommer/Herbst 2008 konstituierte sich eine Bund/

Länder-Ad-hoc-AG, in der Experten vieler forstlicher For- schungsanstalten der Länder und des vTI vertreten waren.

Ziel gemeinsamer Aktivitäten war es, einen Überblick über den aktuellen Stand zu den erwarteten Wirkungen des Klimawandels auf Wälder und zu den notwendigen Anpassungsstrategien und –maßnahmen in unterschied- lichen Regionen Deutschlands zu erhalten.

2 Methodik

Um zur gewünschten breit diskutierten Grundeinschät- zung zu kommen, wurde ein Fragebogen mit spezifischen Fragen zu Klimawandel und Waldanpassung entwickelt.

Der Themenbereich umfasste vier Teilbereiche: (A) Aus- prägung des Klimawandels, (B) Biotische Gefahren, (C) Reaktion der Wälder auf den Klimawandel sowie (D) An- passungskonzepte und Maßnahmen. Die Aufteilung in die Teilbereiche richtete sich nach der Wirkungs- und Maß- nahmenkette in Einflüsse und Gefährdungen einerseits und Anpassungsmaßnahmen andererseits. Es wurden

insgesamt 27 Fragen gestellt. Die Fragebögen wurden Anfang August an Ressortforschungseinrichtungen aller Bundesländer außer den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin versandt mit der Bitte, die Fragebögen in Ab- stimmung mit Entscheidungsträgern der Landesforstver- waltungen bzw. –betriebe zu beantworten.

Bis Anfang September erfolgte ein annähernd voll- ständiger Rücklauf aus 11 Bundesländern (Mecklenburg- Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern). Die Er- gebnisse wurden zentral am Johann Heinrich von Thünen- Institut in Eberswalde ausgewertet und zusammengestellt.

Aus den Diskussionsergebnissen des Workshops an der LWF in Freising wurde ein kommentiertes Thesenpa- pier mit 20 Punkten erarbeitet (Anhang, Amereller et al., 2009), das vorrangig zur Ergänzung und Diskussion der Befragungsergebnisse verwendet wurde.

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Einflüsse und Gefährdungen für die Wälder

Nach der Meinung der befragten Einrichtungen sind viele (zukünftige) Einflüsse und Gefährdungen für deutsche Wälder durch den Klimawandel zum einen eher überregional ausgeprägt, zum anderen liegen bei einzel- nen Einflüssen regionale Schwerpunkte vor. Neben abi- otischen Einflüssen wird insbesondere biotischen Gefähr- dungen durch Insekten und Pilze eine hohe Bedeutung zugeschrieben.

3.1.1 Übergreifende und regionale Schwerpunkte Dem Klimawandel und der Anpassung der Wälder wird von der weit überwiegenden Mehrheit der Versuchsein- richtungen eine hohe bis sehr hohe Priorität eingeräumt.

Die Klimafolgen werden einheitlich allgemein vorwiegend als negativ angesehen. Dies deckt sich mit Einschätzungen auf internationaler Ebene für das gesamte Mitteleuropa (Bolte et al., 2009). Als mögliche positive Folge wird aller- dings zum Teil ein gesteigertes Wachstum durch Klimae- rwärmung und eine verlängerte Vegetationsperiode auf Standorten mit auch zukünftig ausreichender Wasserver- sorgung sowie in Höhenlagen gesehen. In der Befragung wurden folgende möglichen Konsequenzen des Klima- wandels für Wälder auf einer Skala von nicht besorgnis- erregend (J) bis extrem besorgniserregend (L) eingestuft (Abbildung 1).

(3)

Abbildung 1:

Konsequenzen des Klimawandels hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Wälder

Trockenheit/Hitze und Sturm werden als die hauptsäch- lichen abiotischen Gefahren genannt. Sturmereignissen wird eine höhere Priorität in den südlichen Gebirgsländern eingeräumt, während viele norddeutsche und ostdeutsche Länder besonders Trockenheit und Hitzewellen fürchten.

Im nordostdeutschen Tiefland sorgt man sich über eine mögliche zunehmende Waldbrandgefahr. Zudem werden übergreifend biotische Schaderreger als besorgniserre- gend klassifiziert (vgl. folgender Abschnitt). Zusätzlich fürchtet man gefährliche Wirkungen folgender Faktoren- kombinationen:

• Hitze – Trockenheit (+Ozon, UVB)

• Sturm – Trockenheit – biotische Gefahren

• Winterfeuchte – Sturm

• Winterwärme – Veratmungsverluste

Die bisherigen forstlichen Unterlagen zu den natür- lichen Produktionsbedingungen (Klima- und Bodeninfor- mationen der Forstlichen Standortserkundung) gehen von der Konstanz zuvor beobachteter Umweltbedingungen aus (Punkt 12, Anhang). Um die laufende und zukünf- tige Standortsveränderung in der Waldbauplanung besser berücksichtigen zu können (vgl. Bolte und Ibisch 2007), planen (fast) alle Versuchseinrichtungen eine dynamische Standortserkundung und -kartierung, die Szenarien des Klimawandels mit integriert. Im 20-Punkte-Papier wird zudem auf die Notwendigkeit hoch aufgelöster neuer Flä- cheninformation hingewiesen, die als Planungsgrundlage für Waldbewirtschaftungsstrategien fungieren kann.

Der Bearbeitungsstand zur Dynamisierung der Verfahren ist allerdings unterschiedlich und reicht von der Planung bis zur bereits laufenden Überarbeitung bestehender Ver- fahren.

3.1.2 Biotische Gefährdungen

Bei Klimawandel ist von einer geringeren Widerstands- kraft der Bäume zur Abwehr von biotischen Schadfak- toren und einer verminderten Fähigkeit zur Regeneration auszugehen, während die Fitness- und Vermehrungsraten verschiedener Schädlinge ansteigen könnten. Daher kön- nen sich Befallsintensitäten erhöhen und Befallsgebiete

Verlängerung der

Vegetationsperiode Winterwärme

Frostregime Waldbrand Schaderreger

Symbiontenregime

mehr Winterniederschläge

Starkregen Grundwasser

Sommerwärme Hitzewellen Sturm

Trockenheit

ausweiten. Bisher weniger bedeutsame Schädlinge kön- nen ihre Befallskraft erhöhen, neue Schädlinge können auftreten und treffen auf nicht angepasste Wirtspflanzen.

Wechselwirkungen zwischen Schaderregern (Insekten, Pilze, Viren) sind zu erwarten (Punkt 2, Anhang).

Nach der Befragung steht eine erhöhte Befallsstärke be- kannter Schaderreger wie von Borkenkäfer im Fokus der Betrachtungen (Profft et al., 2008). Die Gefahr von ein- wandernden neuen Arten (invasive Arten) wird allerdings auch als mittel bis hoch für die Produktivität und den Ar- tenschutz bzw. die Biodiversität in Wäldern eingeschätzt (vgl. Petercord et al., 2008). Auf die Erholungsfunktion soll sich das vermutlich geänderte Schaderregerregime aber nur vergleichsweise wenig auswirken. Rückmeldungen nach dem Ende der Befragung ergaben doch neuerdings gebietsweise Einschränkungen durch den Eichenprozessi- onsspinner und mittlerweile auch den Pinienprozessions- spinner. Folgenden Schadorganismen wird eine höhere Bedeutung in Zukunft zugeschrieben:

• Borkenkäfer (Buchdrucker, Kupferstecher, u. a.), Prachtkäfer

• Blatt-/Nadelfressende Insekten

• Maikäfer

• Pilze (allgemein)

• Eichenprozessionsspinner

• Kiefernholznematode (invasive Art)

3.1.3 Reaktionen von Wäldern und einzelnen Baumarten Nach den Ergebnissen der Befragung wird durch den Klimawandel allgemein überwiegend eine Abnahme des Verjüngungserfolgs und der Produktivität von Wäldern erwartet, während sich Absterberaten und die Fruktifika- tionsintensität erhöhen sollen. Zusätzlich werden gerin- gere Grundwasserneubildungsraten und eine geringere Sickerwasserqualität unter Wald erwartet; die Erosion, z.

B. aufgrund von Starkregenereignissen, soll zunehmen (Abbildung 2).

Abbildung 2:

Reaktion der Wälder auf den Klimawandel (Einschätzung nach Fragebogen)

Betrachtet man unterschiedliche Bestandesstrukturen, werden großflächige, strukturarme Reinbestände, vor allem aus Nadelbaumarten, wegen der günstigen Aus- breitungs- und Vermehrungsbedingungen für Schador- ganismen als besonders anfällig für Schäden angesehen

Verjüngungserfolg Sickerwasserqualität

Grundwassermenge

Produktivität Habitatqualität Baumartenzahl

Fruktifikation

- / +

Zuwachsänderung

Erholungsqualität Erosion

Absterberaten

- +

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(vgl. Zebisch et al., 2005; BMUNR, 2008). Dies gilt auch für abiotische Schädigungen. Hier ist nicht nur oft mit ei- ner erhöhten Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden zu rechnen, es sind auch das Schadensausmaß und die Folge- kosten besonders hoch, wenn es z. B. zu einem flächigen Ausfall kommt (Punkt 3, Anhang).

Hinsichtlich der Anfälligkeit von einzelnen Baumarten werden die Fichte und mit Abstrichen die Lärche als die klaren potenziellen ‚Verlierer’ des Klimawandels unter den Nadelbaumarten angesehen (Zebisch et al., 2005; Kölling et al., 2007; Profft et al., 2007), während Tanne und Dou- glasie als wenig anfällig gelten (s. a. Kölling et al., 2009).

Ergänzend führt das 20-Punkte-Papier aus, dass sich die Fichte an ihrer Wärme- und Trockenheitsgrenze regional als äußerst risikoreiche Wirtschaftsbaumart erwiesen hat (Punkt 4, Anhang) und dass das Anbaurisiko und damit der Anteil gefährdeter Anbauregionen der Fichte selbst bei moderatem (< 2 °C) Temperaturanstieg deutlich zuneh- men wird. Davon werden zukünftig auch bislang ertrag- reiche Anbaugebiete betroffen sein (Punkt 5, Anhang).

Die Einschätzungen zur Kiefer unterscheiden sich zwi- schen norddeutschen Ländern (wenig anfällig) und süd- deutschen Ländern (anfällig). Die Kiefer scheint trocken- heitstoleranter als die Fichte zu sein. Ob ihre Toleranz gegenüber Wärme ähnlich ausgeprägt ist, kann noch nicht zweifelsfrei belegt werden. Es gibt Hinweise für eine Wärmegrenze der Kiefer im Wallis und in der Oberrheine- bene (Punkt 4, Anhang, auch Bigler et al., 2006).

Bei den Laubbaumarten werden Buche und Stieleiche als indifferent eingeschätzt, während Roteiche, Traubenei- che und Birke weniger anfällig sein sollen (Abbildung 3).

Auffällig ist, dass mit der Douglasie und der Roteiche zwei eingeführte Baumarten als besonders wenig anfällig gel- ten.

Abbildung 3:

Anfälligkeit von Baumarten gegenüber Einflüssen des Klimawandels (Einschät- zung nach Fragebogen)

Unterschiedliche Auffassungen bestehen zwischen den Ländern bezüglich des Kenntnisstands zum Verhalten der einzelnen Baumarten unter Klimawandel. Bei den Haupt- baumarten wird je nach Land das Wissen als ausreichend oder nicht ausreichend eingeschätzt. Das 20-Punkte-Pa- pier (Anhang, Amereller et al., 2009) präzisiert aber da- hingehend, dass zum Reaktionsverhalten der Baumarten insbesondere an ihren ökologischen Grenzen erhebliche Wissenslücken bestehen (Punkt 7, Anhang). Übergreifend

Fichte Lärchenarten Kiefer Tanne

Douglasie

Roteiche Traubeneiche

Birke Kirsche Ahorn Buche

Esche Stieleiche

- / +

- +

werden Wissenslücken insbesondere bei den eingeführten Baumarten (Douglasie, Roteiche) und bei Baumarten mit regionaler Bedeutung wie der Tanne ausgemacht.

3.2 Anpassungsstrategien und Maßnahmen

Die Bundesregierung hat am 17.12.2008 die Deutsche Anpassungsstrategie (DAS, BMUNR 2008) beschlossen, die unter ‚Wald und Forstwirtschaft’ Hinweise zur Anpas- sung von Wäldern enthält. Auf Länderebene wurden in Bayern (Klimaprogramm Bayern, 2020; Bayerische Staats- regierung, 2008; Bayerische Klimaanpassungsstrategie, Bayerische Staatsregierung, 2009; zit. n. Sailer, 2009), Thüringen (Thüringer Klima- und Anpassungsprogramm, TMLNU 2009) und Nordrhein-Westfalen (MUNLV, 2009) offizielle Anpassungsstrategien verabschiedet; in anderen Ländern existieren Vorstufen oder Planungen hierzu.

In den Waldbauplanungen wird der Klimawandel nach dem Ergebnis der Befragung bereits berücksichtigt. In Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen werden Wald- umbauten als aktive Anpassungsmaßnahme geplant oder bereits durchgeführt. Andere Länder verfolgen eher Stra- tegien einer Risikominderung durch forcierte Mischwald- begründung und naturnahe Waldwirtschaft. Die Einschät- zung vorgegebener Konzepte zur Waldanpassung ergab folgendes Ergebnis:

• Risikominderung (Mischung): + bis ++

• Aktive Anpassung (Umbau): + bis ++

• Passive Anpassung (Sukzession): o

• Beibehaltung bisheriger Waldbausysteme: - bis ++

Damit werden aktive Anpassungsstrategien deutlich po- sitiver eingeschätzt als passive Anpassung. Allerdings er- gibt sich eine Unterscheidung zwischen Ländern mit klarer Umbaupräferenz gegenüber Ländern mit einer Kombina- tion von Waldumbau und/oder Fortführung bestehender Waldbausysteme und Risikominderungsstrategien (Misch- waldoption). Letztere streben derzeit keinen gezielten Um- bau von möglicherweise durch Klimawandel gefährdeten Beständen an. Allerdings wird auch der Waldumbau zur Begründung von Mischbeständen eingesetzt.

Bei der Unterstützung der Anpassung durch waldbau- liche Maßnahmen wurden bisher folgende Erfahrungen gemacht:

• Positiv: Naturverjüngung, Mischwald, Vitalitätsauslese, Anbau eingeführter Baumarten, standortsangepasste Bestandespflege, Standortsmelioration;

• Negativ: Überdichte Reinbestände, Anbau von Baumar- ten im Grenzbereich der standörtlichen Eignung, Pfle- gerückstände, schnelles Wechseln der Behandlungs- konzepte, Schädigung durch Wildverbiss.

(5)

Fast alle Länder haben Praxisversuche zur Anpassung der Wälder und der Waldbewirtschaftung begonnen und planen solche. Dazu gehören:

• Provenienzversuche (inkl. eingeführter Baumarten)

• Waldbauliche Versuche (Waldumbau, Bestandesdich- teregulation)

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass sich die ein- zelnen Länder derzeit mit hohem Tempo und Aufwand auf die Aufgaben der Waldanpassung vorbereiten und z.T. schon gezielte Maßnahmen initiieren. Dabei wün- schen sich die Versuchsanstalten der Länder vom Bund die Moderation und Koordination der Aktivitäten, z. B. Hin- weise auf Konflikte und Überlappungen, eine finanzielle Forschungs- und Aktivitätsförderung, die Erarbeitung und Bereitstellung von bundesweiten Referenzdaten sowie Unterstützung bei der bundesweiten Harmonisierung der Standortskartierungsverfahren.

3.3 Weitere Schritte

Ein wichtiger Aspekt des Austausches auf Bund-Län- derebene (Fragebögen und Workshop) war die Identifi- zierung weiterer abgestimmter Aktivitäten. Als wichtige zukünftige Schwerpunkte in Forschung und Praxis werden angesehen:

Ökologische Grundlageninformationen (Stress- toleranz einheimischer und eingeführter Ar- ten, insbesondere an ihrem Verbreitungsrand) Die Auswirkungen des Klimawandels auf Vorkommen und Leistung bestimmter Baumarten, aber auch auf die multifunktionale Leistungsfähigkeit spezifischer Wälder werden an den warm-trockenen Arealrändern der Baumarten zuerst zu beobachten sein. Hier können durch Beobachtungen und Experimente schon heute einige der Effekte studiert werden, die künftig auch in den bislang kühleren Regionen erwartet werden.

Besonders in dieser Frage sind länder- und staatenü- bergreifende Projekte notwendig (Punkt 19, Anhang).

Monitoring von Wäldern Für die Entwicklung und laufende Anpassung von Handlungsstrategien sind die Instrumente der forst- lichen Umweltbeobachtung unerlässlich. Nur wenn die Auswirkungen des Wandels in den Wäldern recht- zeitig erkannt werden, ist die Einleitung kurzfristiger Gegenmaßnahmen und langfristiger Anpassungsmaß- nahmen möglich. Dazu sind die vorhandenen Inventur- und Dauerbeobachtungsnetze messtechnisch, thema- tisch, zeitlich und räumlich an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen. Vor allem in Extrem-

jahren und auf Extremstandorten sind die Aufnahmen zu intensivieren. Die forstliche Umweltbeobachtung liefert die Grundlagen, um allgemein gültige Ursache- Wirkungs-Beziehungen aufzudecken und Schwellen- werte abzuleiten (Punkt 20, Anhang).

Alternative Waldbausysteme und Waldschutz (Schädlingsforschung)

Künftig wird trotz Anpassungsmaßnahmen der Anteil nicht angepasster, anfälliger Waldbestände zunehmen.

Um diese Bestände bis zur Erntereife zu sichern und zu stabilisieren, sind künftig verstärkt Maßnahmen des Waldschutzes und des Waldbaus notwendig. Präven- tive und kurative Maßnahmen für anfällige Bestände müssen teilweise erst entwickelt werden. Hier besteht erheblicher Forschungsbedarf (Punkt 11, Anhang).

Genausstattung und Anpassung

Häufig sind die Informationen über Angepasstheit und Anpassungsfähigkeit heimischer und fremder Popula- tionen nicht ausreichend. Die dazu erforderliche For- schung (überregionale Provenienz- und Anbauversuche) ist zu intensivieren. Sie stellt die Voraussetzung für er- folgreiche Praxisanbauten dar (Punkt 18, Anhang).

Dynamisierung STO-Kartierung/Bestockungsziel- typen

Die bisherigen forstlichen Unterlagen zu den natür- lichen Produktionsbedingungen (Klima- und Boden- informationen der Forstlichen Standortserkundung) gehen von der Konstanz zuvor beobachteter Umwelt- bedingungen aus. In den Zeiten des Klimawandels werden angepasste, hoch aufgelöste neue Flächenin- formationen benötigt, die die Dynamik der Verände- rung berücksichtigen (e.g. Schulz und Asche 2008), und damit als Planungsgrundlage für Waldbewirt- schaftungsstrategien, die die Auswirkungen des Kli- mawandels explizit berücksichtigen, dienen können (Punkt 12, Anhang).

4 Schlussfolgerungen

Die Befragung und die Diskussionen des Workshops zei- gen zusammen, dass die Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern in den Fragen der Gefährdungen und der An- passung von Wäldern und Klimawandel gegenüber den Gegensätzen überwiegen. Weitgehende Einigkeit herrscht bei der Einschätzung der Bedeutung des Klimawandels und auf diesen zurückzuführender Gefährdungen, bei der regionalen Differenzierung der Einflüsse, bei der Rolle biotischer Gefährdungen sowie mit Abstrichen beim An- passungspotenzial der Baumarten an den Klimawandel.

Unterschiede offenbarten sich bei der Frage der richtigen

(6)

Anpassungsstrategie, wobei zwischen den Befürwortern einer gerichteten aktiven Anpassung (Waldumbau mit dem Ersatz vulnerabler Baumarten) und den Befürwortern einer Kombination von Waldumbau und ungerichteter Ri- sikominderung (Mischwaldoption) unterschieden werden kann. Ein abschließendes Urteil zur Effizienz beider An- sätze kann aufgrund der bestehenden Kenntnislücken zu Klimaprojektionen und Anpassungspotenzial der Wälder derzeit von der Expertengruppe nicht getroffen werden.

Eine intensivierte und abgestimmte Forschung sowie ein dauerhafter Erfahrungsaustausch ist daher auf internati- onaler, nationaler und regionaler Ebene notwendig, um Anpassungsmaßnahmen zielgerichtet planen und steuern zu können. Auf nationaler Ebene wird daher die Einrich- tung einer Bund-Länderarbeitsgruppe zur Anpassung der Wälder und der Waldbewirtschaftung an den Klimawan- del angeregt.

Danksagung

Wir bedanken uns bei den Mitgliedern der Bund/Länder- Arbeitsgemeinschaft Forst (Forstchefkonferenz, FCK) für die Zustimmung, die Ergebnisse unserer Untersuchungen zu veröffentlichen.

Literatur

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Anhang:

„20 Freisinger Punkte“

Gemeinsame Basis der deutschsprachigen forstlichen Ressortforschung

Die „20 Freisinger Punkte“, von Vertretern der forst- lichen Ressortforschung im deutschsprachigen Raum bei einem Experten-Workshop am 29./30.Oktober 2008 in Freising erarbeitet, stellen den Grundkonsens der ange- wandten forstlichen Forschung der forstlichen Versuchs- anstalten der Länder, des Bundes und der Bundesländer im deutschsprachigen Raum zum Klimawandel dar. Trotz un- terschiedlicher Auffassungen in Teilfragen besteht grund- sätzlich Einigkeit darüber, dass Geschwindigkeit und Aus- maß der Klimaveränderung Risiken für unsere Wälder und deren nachhaltige multifunktionale Nutzung darstellen.

Darauf wird die Forstwirtschaft mit veränderten Bewirt- schaftungsstrategien reagieren müssen. Auf dieser Basis wollen die Forstlichen Versuchsanstalten ihre Forschungs- anstrengungen künftig besser aufeinander abstimmen und koordinieren. Gleichzeitig sollen diese Punkte den Landesforstverwaltungen mehr Sicherheit bei der Kon- zeption von Anpassungsprogrammen geben. So werden die Sicherheiten und Unsicherheiten wissenschaftlicher Aussagen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Auseinandersetzung mit der Thematik und deren Vermittlung in die Praxis aufgezeigt. Vielgestaltigkeit und Komplexität des Klimawandels sowie die vielfältigen ge- sellschaftlichen Anforderungen an den Wald erfordern eine Zusammenarbeit über die Grenzen der einzelnen Län- der und Sektoren hinaus sowie eine Arbeitsteilung bei der Bearbeitung einzelner Fragestellungen. Diese Kooperation wollen die 20 Freisinger Punkte anstoßen.

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1. Der Klimawandel ist eine Tatsache. Wälder sind regional und lokal unterschiedlich vom Klima- wandel betroffen. Die Forstwirtschaft muss sich anpassen.

Es besteht Übereinstimmung, dass wir uns in einem anthropogen verursachten, rasanten Klimawandel be- finden, der sich ab der zweiten Hälfte dieses Jahrhun- derts besonders stark auf den Wald auswirken wird.

Die Forstwirtschaft als umweltgebundene Produktions- form ist wegen ihrer langen Produktionsräume in be- sonderem Maße vom Klimawandel betroffen. Auf einer breiten Standortspalette, besonders dort, wo Baumar- ten bislang in ihren klimatischen Grenzbereichen zum trocken-warmen Klima stocken, sind bereits heute An- passungsmaßnahmen wie z. B. ein Waldumbau hin zu besser angepassten Baumarten und/oder Herkünften notwendig.

2. Die Anfälligkeit der heimischen Baumarten ge- genüber Schadorganismen wird ansteigen.

Die Widerstandskraft der Bäume zur Abwehr von bio- tischen Schadfaktoren und ihre Fähigkeit zur Regene- ration sinken, wenn sich die derzeitigen Standortbe- dingungen ändern, die Bäume aus ihrem klimatischen Optimum heraus gedrängt und Witterungsstress aus- gesetzt werden. Fitness- und Reproduktionsraten ver- schiedener Schädlinge könnten dagegen ansteigen, Befallsintensitäten und Befallsgebiete könnten zuneh- men. Witterungsextreme wirken als starke Störung und fördern durch Brutmaterial und aufgerissene Bestände besonders die Massenvermehrung von Rindenbrütern.

Schädlinge, die im intakten Fließgleichgewicht bisher eine untergeordnete Rolle spielen, werden zu Schäd- lingen mit prioritärer Bedeutung. Mit einem Zusam- menspiel verschiedener tierischer und pilzlicher Schad- organismen ist zu rechnen. Neue Schädlinge können auftreten und treffen möglicherweise auf nicht ausrei- chend angepasste Wirtspflanzen.

3. Großflächige monostrukturierte (Nadelbaum-) Bestände sind besonders gefährdet.

Großflächige, monostrukturierte Reinbestände, vor allem aus Nadelbaumarten, sind wegen der gün- stigen Ausbreitungs- und Vermehrungsbedingungen für Schadorganismen besonders anfällig. Daneben sind Reinbestände häufig auch für abiotische Schädi- gungen besonders anfällig. Hier ist nicht nur oft mit einer erhöhten Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden zu rechnen, es sind auch das Schadensausmaß und die Folgekosten besonders hoch, wenn es z. B. zu einem flächigen Ausfall kommt.

4. Die Fichte ist an ihrer Wärme-Trockengrenze hoch anfällig, bezüglich der Anfälligkeit der Kiefer be- steht ein wissenschaftlicher Dissens.

An ihrer Wärme und Trockenheitsgrenze hat sich die Fichte regional als äußerst risikoreiche Wirtschafts- baumart erwiesen. Die Kiefer scheint trockenheitstol- eranter als die Fichte zu sein. Ob ihre Toleranz gegen- über Wärme ähnlich ausgeprägt ist, kann noch nicht zweifelsfrei belegt werden. Es gibt Hinweise für eine Wärmegrenze der Kiefer im Wallis und in der Oberr- heinebene.

5. Die Anbaufläche der Fichte in Deutschland wird abnehmen.

Das Anbaurisiko und damit der Anteil gefährdeter Anbauregionen der Fichte wird selbst bei moderatem (< 2 °C) Temperaturanstieg deutlich zunehmen. Pro- bleme, die jetzt nur Randregionen des Fichtenanbaus betreffen, werden zukünftig auch in Gebieten auftre- ten, die bislang als ertragreiche Anbaugebiete mit be- herrsch- oder tolerierbarem Risiko gegolten haben.

6. Zusammensetzung und Verbreitung der Wald- gesellschaften werden sich verändern. Verän- derungen der Konkurrenzbeziehungen und Interaktionen lassen sich jedoch nur begrenzt prognostizieren.

Einzelne Arten werden regional unterschiedlich stark auf Klimaveränderungen reagieren. Die vorhandenen Lebensgemeinschaften werden dabei teilweise ent- koppelt. Es könnten neu zusammengesetzte Wald- gesellschaften, entstehen, für die es in einigen Fällen derzeit kein Analogon in wärmeren Regionen gibt. An die neuen Gegebenheiten muss das Modell der poten- ziellen natürlichen Vegetation angepasst und erwei- tert werden. Die Veränderung der Waldgesellschaften durch den Klimawandel ist mit derzeit vorhandenen Methoden kaum simulierbar.

7. Es besteht Bedarf an interdisziplinärem und über- regionalem Wissens- und Erfahrungsaustausch zu den einzelnen Baumarten.

Über das Reaktionsverhalten der Baumarten insbeson- dere an ihren ökologischen Grenzen bestehen erheb- liche Wissenslücken. Die Forschung zu den Auswir- kungen des Klimawandels auf den Wald findet unter erheblichem Zeit-, Kosten- und Erwartungsdruck statt.

Nur im Zusammenwirken der Fachdisziplinen (z. B.

Standortkunde, Klimatologie, Hydrologie, Baumphy- siologie, Genetik, Waldwachstumskunde, Waldbau, Waldschutz) und im überregionalen Austausch über die Länder- und Staatengrenzen hinweg, lassen sich die vorhandenen Erfahrungen zusammenfassen und

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neue Erkenntnisse, z. B. durch gezielte Freilandbeo- bachtungen oder -experimente und Anbauversuche gewinnen.

8. Wir müssen Sicherheiten und Unsicherheiten der Klimaprojektionen und der Folgen des Klimawan- dels in allen gesellschaftlichen, forstlichen und politischen Bereichen kommunizieren.

Der Blick in die Zukunft ist immer mit Unsicherheit ver- bunden. Auch die Abschätzung des Klimawandels und seiner Auswirkungen kann nur mit Hilfe der Szenario- Technik (d. h. mögliche Entwicklungen, wenn gewisse Randbedingungen eintreten) vorgenommen werden.

Unterschiedliche Modelle stimmen in einigen Fragen überein (so. z. B. bei der Temperaturzunahme), wäh- rend in anderen Bereichen Divergenzen bestehen (z. B.

hinsichtlich saisonal und regional spezifizierter Ände- rungen der Niederschlagssumme). Letztlich geht es darum, das Risiko in Form der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und der möglichen Schadenshöhe möglichst zutreffend zu beschreiben. Die Forstwirt- schaft mit ihren langen Produktionszeiträumen bewegt sich immer schon in einem Bereich von Annahmen und Wahrscheinlichkeiten. Der Klimawandel verschärft die- se typische Grundkondition.

9. Politik, Gesellschaft und Wissenschaft müssen lernen, mit der Unsicherheit umzugehen.

Der zunehmende Umgang mit Unsicherheit und Ri- siko stellt eine Herausforderung für Gesellschaft und Forstwirtschaft im Klimawandel dar. Auch die verschie- densten Nutzergruppen einer multifunktional aus- gerichteten Waldbewirtschaftung müssen mehr Ver- ständnis für die abnehmende Planungssicherheit der Forstwirtschaft aufbringen. Neue Planungsgrundlagen und Entscheidungsmodelle werden dringend benötigt, um das Risiko in den verschiedensten Abwägungs- prozessen zu berücksichtigen. Betriebliche Entschei- dungen müssen zukünftig zunehmend auf Grundla- ge von unsicheren Informationen getroffen werden.

Daher gewinnen Maßnahmen zur Risikostreuung und Versicherung von Risiken an Bedeutung.

10. Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft tragen gemeinsame Verantwortung dafür, dass die Anpassungsfähigkeit der Waldökosysteme und der Forstwirtschaft an den Klimawandel nicht überschritten wird.

Die natürlichen Anpassungsmechanismen der Waldö- kosysteme gegenüber einem raschen und starken Kli- mawandel, wie sie einer nachhaltigen Forstwirtschaft zu Grunde liegen müssen, sind beschränkt. Auch wenn aktiv Anpassungsmaßnahmen eingeleitet werden, ist

der Erfolg dieser Maßnahmen davon abhängig, dass Geschwindigkeit und Ausmaß des Klimawandels be- stimmte Schwellenwerte nicht überschreiten, um flä- chenhaftes, katastrophales Zusammenbrechen von Wäldern zu vermeiden. Ein extremer Klimawandel schädigt die Leistungsfähigkeit von Waldökosystemen großflächig und irreversibel. Ohne wirksame Minde- rung der Emissionen klimaschädlicher Spurengase wird es keine angemessenen Reaktionen der Forstbetriebe und keine wirkungsvolle, bezahlbare Klimawandelan- passung in der Forstwirtschaft geben.

11. Risikominimierung und Schadensbewältigung werden in Zukunft noch mehr im Zentrum forst- wirtschaftlichen Handelns stehen müssen. Stand- ortkunde, Waldbau und der Waldschutz sind hier- bei von besonderer Bedeutung. Dem erhöhten Forschungsbedarf in diesen Bereichen muss da- her Rechnung getragen werden.

Künftig wird trotz Anpassungsmaßnahmen der Anteil nicht angepasster, anfälliger Waldbestände zunehmen.

Um diese Bestände bis zur Erntereife zu sichern und zu stabilisieren, sind künftig verstärkt Maßnahmen des Waldschutzes und des Waldbaus notwendig. Präven- tive und kurative Maßnahmen für anfällige Bestände müssen teilweise erst entwickelt werden. Hier besteht erheblicher Forschungsbedarf.

12. Waldanpassung braucht dynamisierte und hoch aufgelöste Flächeninformationen.

Die bisherigen forstlichen Unterlagen zu den natür- lichen Produktionsbedingungen (Klima- und Boden- informationen der Forstlichen Standortserkundung) gehen von der Konstanz zuvor beobachteter Umwelt- bedingungen aus. In den Zeiten des Klimawandels werden angepasste, hoch aufgelöste neue Flächenin- formationen benötigt, die die Dynamik der Verände- rung berücksichtigen und damit als Planungsgrund- lage für Waldbewirtschaftungsstrategien, die die Auswirkungen des Klimawandels explizit berücksichti- gen, dienen können.

13. Die Entwicklung von aussagekräftigen Risikoindi- katoren (z. B. zum Wasserhaushalt) wird weiter voranschreiten.

Bei erhöhten Temperaturen und/oder Veränderungen des Niederschlagsregimes wird es zu teilweise gravie- renden Veränderungen des Wasserhaushalts kommen.

Die Klimaabhängigkeit des Wasserhaushalts und seine Auswirkung auf Existenz und Wachstum der Bäume sollen zutreffend beschrieben werden. Schwellenwerte des Risikos sind herzuleiten und physiologisch abzusi- chern. Dies gilt auch für andere Risiken wie z. B. Hitze-

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schäden, Schädlingsbefall, Sturmwurf und Waldbrand.

Besonderes Augenmerk gilt dabei Extremereignissen und ihren Auswirkungen.

14. Die Emissionsszenarien und Klimaprojektionen (z. B. die globalen und regionalen Klimamodelle) werden sich permanent weiterentwickeln, damit wird auch der Grad der Unsicherheit der Aussa- gen abnehmen.

Die wichtigste Eingangsgröße für die Planung der An- passungsmaßnahmen sind regionale Klimamodelle, die auf Emissionsszenarien und globalen Klimamodel- len beruhen. Man kann davon ausgehen, dass mit fortschreitender Forschung und wachsender Erfahrung bei verbesserter Datenlage und gesteigerter Rech- nerkapazitäten auch der Grad der Unsicherheit der Klimapromodelle und -projektionen abnehmen wird.

Die Entwicklungen in diesem Wissenschaftszweig sind von der Forstwissenschaft ständig aufzunehmen und in die forstlichen Planungsgrundlagen einzuarbeiten.

Eine Lösungsmöglichkeit für das Problem der Szena- rien- und Modellvielfalt ist die Verwendung von En- semblebetrachtungen, eine andere die Verwendung von Mindesteintrittswahrscheinlichkeiten als konserva- tive Schätzungen. Die Modelle des IPCC sind teilwei- se schon heute nicht mehr gültig, da die gemessenen CO2-Konzentrationen deutlich über einigen Emissions- szenarien liegen.

15. Die verschiedenen Risiken müssen in Form von Gefährdungskarten (Vulnerabilität) dargestellt und kommuniziert werden.

Aus Verbindung von Karten der forstlichen Produkti- onsbedingungen (dynamisierte Standortskarten) z. B.

mit abgeleiteten und überprüften Schwellenwerten der Baumarteneignung resultieren Gefährdungs- oder Risikokarten. In diesen Karten können Schwerpunkte des Waldumbaus und Schwerpunkte für Waldschutz- und Waldbaumaßnahmen dargestellt werden. Ohne standörtliche Differenzierung werden Anpassungsmaß- nahmen nicht vermittelbar, ohne Schwerpunktsetzung nicht realisierbar sein. Dabei ist es auch wichtig, die in- dividuelle Unsicherheit bei der Gefährdungs- und Risi- kobewertung mit darzustellen und zu kommunizieren.

16. Veränderte Produktionsziele (z. B. Zieldurchmes- ser) können der Risikominimierung dienen. Die Wissenschaft muss der Praxis hierzu Handlungs- möglichkeiten aufzeigen.

In vielen Fällen kann der Waldumbau mit einem Wech- sel der Baumart oder der Herkunft eine angemessene Antwort auf den Klimawandel sein. In anderen Fällen kann z. B. eine Verkürzung der Produktionszeiträume

und eine damit verbundene Änderung der Produkti- onsziele einen Flexibilitätsgewinn bringen. Hierzu und zu den vielfältigen anderen Handlungsoptionen sind wissenschaftliche Untersuchungen nötig.

17. Eine Anpassung des Waldes an das künftige Kli- ma erfordert die Ausschöpfung des genetischen Potenzials heimischer Populationen sowie die ge- zielte Erweiterung des genetischen Spektrums mit klimaangepassten nicht heimischen Herkünften.

Strukturelle und genetische Vielfalt sind Garanten der Angepasstheit und Anpassungsfähigkeit der Arten und Lebensgemeinschaften im Ökosystem Wald. Das in den Beständen vorhandene genetische Anpassungs- potenzial muss unter allen Umständen erhalten und genutzt werden. In einigen Fällen kann es erforderlich werden, das genetische Spektrum um angepasste kli- magerechte Herkünfte geeigneter Baumarten aus war- men und trockenen Regionen anzureichern.

18. Es besteht immer noch ein Wissensdefizit im Be- zug auf Genausstattung und Anpassungspotenzi- ale der Wälder.

Häufig sind die Informationen über Angepasstheit und Anpassungsfähigkeit heimischer und fremder Po- pulationen nicht ausreichend. Die dazu erforderliche Forschung (überregionale Provenienz- und Anbauver- suche) ist zu intensivieren. Sie stellt die Voraussetzung für erfolgreiche Praxisanbauten dar.

19. Untersuchungen zu Stresstoleranzen und Verän- derungen der Waldgesellschaften sowie gezielte Experimente unter Extrembedingungen und -standorten können schnellen und effektiven Er- kenntnisgewinn bringen.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf Vorkommen und Leistung bestimmter Baumarten, aber auch auf die multifunktionale Leistungsfähigkeit spezifischer Wälder werden an den warm-trockenen Arealrändern der Baumarten zuerst zu beobachten sein. Hier können durch Beobachtungen und Experimente schon heute einige der Effekte studiert werden, die künftig auch in den bislang kühleren Regionen erwartet werden. Be- sonders in dieser Frage sind länder- und staatenüber- greifende Projekte notwendig.

20. Dauerbeobachtung (= Monitoring) und Inventuren sind für eine langfristig wirksame Anpassungs- strategie unverzichtbar. Die Beobachtungsnetze müssen verstärkt und an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst werden.

Für die Entwicklung und laufende Anpassung von Handlungsstrategien sind die Instrumente der forst-

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lichen Umweltbeobachtung unerlässlich. Nur wenn die Auswirkungen des Wandels in den Wäldern recht- zeitig entdeckt werden, ist die Einleitung kurzfristiger Gegenmaßnahmen und langfristiger Anpassungsmaß- nahmen möglich. Dazu sind die vorhandenen Inventur- und Dauerbeobachtungsnetze messtechnisch, thema- tisch, zeitlich und räumlich an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen. Vor allem in Extrem- jahren und auf Extremstandorten sind die Aufnahmen zu intensivieren. Die forstliche Umweltbeobachtung liefert Grundlagen, um allgemein gültige Ursache-Wir- kungs-Beziehungen aufzudecken und Schwellenwerte abzuleiten.

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